OGH 4Ob529/94

OGH4Ob529/9431.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Raimund P*****, vertreten durch Dr.Fritz Schneider und andere Rechtsanwälte in Bludenz, wider die beklagte Partei Frieda M*****, vertreten durch Dr.Johann Quendler und Dr.Gerhard Kucher, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Räumung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 26.Jänner 1994, GZ 3 R 548/93-46, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St.Veit an der Glan vom 8.Dezember 1993, GZ 1 C 84/92y-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.264 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 544 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 26.11.1951 zwischen der am 6.4.1928 geborenen Beklagten und dem am 5.2.1927 geborenen Johann M***** geschlossene Ehe ist nach wie vor aufrecht. Johann M***** war grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG G***** mit dem auf dem Grundstück Nr.***** errichteten Einfamilienhaus in G*****, welches dem Ehepaar als Ehewohnung diente. Die Beklagte und ihr Ehemann leben aber schon seit mehr als 20 Jahren getrennt. Während die Beklagte in der Ehewohnung verblieb, lebt Johann M***** seit kurz vor Weihnachten 1978 in Vorarlberg; er hat sich mit der Beklagten nicht mehr vertragen und ist einfach nicht mehr nach Hause gekommen. Vor Jahren forderte Johann M***** die Beklagte auf, ihm nach Vorarlberg zu folgen, doch hat sie das abgelehnt. Die Beklagte ist auf die Ehewohnung angewiesen; sie hat keine andere Wohnmöglichkeit.

Seit 1982 wohnt Johann M***** "in Untermiete" bei Anna P*****, der Mutter des Klägers, in V*****. Der monatliche Mietzins von 2.000 S sollte vereinbarungsgemäß so lange "angeschrieben" werden, bis er sein Haus in G***** verkauft hat. Johann M***** war damit einverstanden, daß sein Haus zur Abgeltung der gegenüber Anna P***** aufgelaufenen Mietzinsschuld an den Kläger übertragen wird. Am 3.8.1990 schloß er mit dem Kläger und Anna P***** einen Übergabsvertrag, mit welchem er dem Kläger das Eigentumsrecht an der Liegenschaft EZ ***** KG G***** übertrug, wofür ihm Anna P***** das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsrecht an einem Zimmer ihrer Eigentumswohnung in V***** samt Mitbenützungsrechten an Küche, Keller und Garten einräumte (Beilage A). Schon vor Abschluß des Übergabsvertrages war dem Kläger und seiner Mutter bekannt, daß die Ehe des Johann M***** mit der Beklagten aufrecht ist und daß die Beklagte nach wie vor im Hause ihres Ehegatten wohnt. Im Übergabsvertrag räumte der Kläger der Beklagten denn auch ein unentgeltliches Wohnungsrecht am Haus in G*****, allerdings nur befristet bis zum 31.12.1990, ein.

Seit 4.7.1991 ist der Kläger grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG G*****. Die Beklagte hat erst im Herbst 1991 vom Übergabsvertrag erfahren; sie hat dem Kläger aber niemals die Räumung des Hauses in G***** zugesagt.

Gestützt auf sein Eigentumsrecht und mit der Behauptung, daß die Beklagte das Haus in G*****, titellos benütze, begehrt der Kläger dessen Räumung. Die Beklagte habe ihren Ehemann durch die Weigerung, den ersten Stock des Hauses zur Vermietung zur Verfügung zu stellen, in eine Zwangslage gebracht. Hiedurch habe er für seine Unterkunft bei der Mutter des Klägers keinen Mietzins zahlen können und sei daher letztlich zur Übergabe des Hauses gezwungen gewesen. Aus seiner geringen, noch dazu mit Unterhaltsverpflichtungen an die Beklagte belasteten Rente habe Johann M***** keinen Mietzins zahlen können. Die Vermietung des ersten Stockes des Hauses wäre ohne Beeinträchtigung des Wohnbedürfnisses der Beklagten möglich gewesen. Sie hätte zu Beginn der 80iger Jahre monatliche Mieteinkünfte von 2.000 S erbracht.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie sei zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses auf die Nutzung des Hauses als Ehewohnung angewiesen. Ihr Ehegatte habe das Haus dem Kläger ohne ihre Einwilligung übereignet. Die beiden hätten in arglistiger Weise zusammengewirkt, um sie in ihrem gesetzlichen Wohnanspruch zu verkürzen. Der Kläger habe gewußt, daß die Ehe aufrecht ist und daß die Beklagte das ihm übereignete Haus bewohnt.

Das Erstgericht wies im ersten Rechtsgang das Räumungsbegehren des Klägers ab.

Das Berufungsgericht faßte einen Aufhebungsbeschluß, weil das Vorbringen des Klägers, daß die Vorgangsweise des Ehegatten der Beklagten im Sinne des § 97 Satz 2 ABGB "durch die Umstände erzwungen wurde", ungeprüft geblieben sei. Hiezu seien nicht nur Feststellungen über den Grund der finanziellen Schwierigkeiten des Johann M***** und über dessen Einkommensverhältnisse mindestens seit dem Jahre 1982, sondern auch darüber erforderlich, ob der Beklagten die Vermietung eines Teiles des Hauses möglich und zumutbar gewesen wäre, was allerdings zwei selbständige Wohneinheiten im Haus zur Voraussetzung hätte. Kein erzwungener Grund im Sinne des § 97 Satz 2 ABGB sei eine allfällige - wenn auch gemäß § 92 ABGB gerechtfertigte - Wohnungsverlegung, bestehe doch keine unmittelbare Folgepflicht des wohnungsbedürftigen Ehegatten, so daß auch ein Verstoß gegen die (abgeschwächte) Folgepflicht des § 92 ABGB noch nicht zur Sanktion der Wohnungsaufgabe berechtige. Diese Sanktion könnte allerdings durch wirtschaftliche Umstände im Zusammenhang mit einer rechtmäßigen Wohnungsverlegung gerechtfertigt sein, habe doch die Beklagte eine unrechtmäßige Wohnungsverlegung ihres Ehegatten gar nicht behauptet.

Im zweiten Rechtsgang brachte die Beklagte ergänzend vor, ihr Ehegatte habe die Ehewohnung grundlos und ungerechtfertigt verlassen, indem er seinen Wohnsitz nach Vorarlberg verlegte. Der Kläger bestritt dies, ohne hiezu ein konkretes Sachgegenvorbringen zu erstatten.

Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren des Klägers auch im zweiten Rechtsgang ab. Es traf nachstehende ergänzende Tatsachenfeststellungen:

Als Johann M***** nach Vorarlberg kam, hatte er aus einem bei der C***** aufgenommenen "Kredit für Mobiliar" Schulden in Höhe von ca 26.000 S. Ab Jänner 1979 war er zunächst drei Monate lang als Hilfsarbeiter bei der Firma E***** in S***** mit einem Monatsnettoverdienst von ca 6.000 S bis 6.200 S beschäftigt. Danach arbeitete er bis zum Herbst 1980 im Spanplattenwerk E***** in N*****, wo er monatlich ca 7.000 S netto verdiente. Damals wohnte er in S*****, wo er monatlich 1.200 S für Miete und Betriebskosten bezahlte. Im Herbst 1980 war Johann M***** drei Monate hindurch als Hausmeister bzw Hausbursche im Kurhotel in S***** mit einem Monatsnettoverdienst von rund 9.000 S tätig. Von Oktober 1980 bis September bzw Oktober 1981 fand er eine Beschäftigung in der Verzinkerei Z***** in B*****; sein Monatsnettoverdienst betrug etwa 7.000 S bis 7.500 S. Danach war Johann M***** ein bis zwei Jahre hindurch im Krankenstand. Er bezog bis Juli 1983 Arbeitslosenunterstützung in der Höhe von monatlich ca 3.500 S bis 3.600 S netto. Seither bezieht er eine Pension in der Höhe von anfangs monatlich 4.900 S (14 x), welche sich jährlich um 200 S bis 220 S erhöhte und derzeit monatlich 7.770 S (14 x) beträgt.

Johann M***** war mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 14.6.1983, GZ R 368/83-25 (Beilage 3), zunächst verpflichtet worden, der Beklagten für die Zeit vom 10.12.1981 bis 30.11.1982 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 600 S und ab 1.12.1983 bis auf weiteres einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 800 S zu leisten. Das Landesgericht Feldkirch ging dabei von der Trennung der Ehegatten und der Weigerung des Ehegatten der Beklagten, zu ihr in die Ehewohnung in Kärnten zurückzukehren, sowie davon aus, daß die einkommens- und vermögenslose Beklagte weiterhin im Hause ihres Ehemannes in Kärnten wohnt, wofür sie die Betriebskosten, ihr Ehegatte aber die Feuerversicherungsprämie und die Vermögenssteuer trägt. Der Ehe entstammten fünf bereits selbsterhaltungsfähige Kinder (Beilage 3). Unterhaltszahlungen in der zuletzt genannten Höhe leistete der Ehemann bis Juni oder Juli 1991. Danach wurde er vom Bezirksgericht Montafon zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 2.000 S an die Beklagte verhalten. Hiebei berücksichtigte das Gericht, daß der Ehegatte der Beklagten das Wohnen in seinem Haus kostenlos zur Verfügung stellt und die Feuerversicherungsprämie sowie die Vermögenssteuer bezahlt, die Beklagte aber die Betriebskosten trägt.

Im derzeitigen Ausbauzustand sind die drei Zimmer des Obergeschosses des Einfamilienhauses nicht selbständig vermietbar, weil ein Zugang nur über den gemeinsamen Vorraum im Erdgeschoß möglich ist und das Dachgeschoß weder ein WC noch sonstige Küchen- oder Sanitärräumlichkeiten aufweist. Die Kosten der Installierung eines Sanitärraumes samt Wasserzu- und abflüssen sowie der Abtrennung eines eigenen Vorraumes im Erdgeschoß belaufen sich derzeit auf 216.000 S; sie hätten auf Preisbasis 1982 141.000 S (jeweils inklusive Umsatzsteuer) betragen. Nach der Adaptierung hätte eine ganzjährige Vermietung von 1982 bis 1993 geschätzte Mieteinnahmen von 248.000 S erbracht. Bei einer Vermietung zu Ferienzwecken (Sommer und Winter maximal 70 Tage jährlich) hätte sich 1993 ein Jahresreinertrag in der Größenordnung von 26.250 S ergeben.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht daraus, daß die Beklagte ein dringendes Wohnbedürfnis am Einfamilienhaus des Klägers habe und daher nicht nur gegen ihren Ehemann, sondern auch gegen den bösgläubigen Kläger Anspruch auf Schutz ihres Wohnrechtes genieße, habe dieser doch gewußt, daß sie das ihm übertragene Haus als Ehefrau des Übereigners bewohnt. Die behauptete Räumungszusage der Beklagten sei nicht erwiesen; die Eigentumsübertragung an den Kläger sei auch nicht durch die Umstände erzwungen worden. Der Ehegatte der Beklagten habe zwar zunächst nur eine geringfügige Pension bezogen, aber damals auch nur eine geringe Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beklagten gehabt, so daß er bei bescheidener Lebensführung seine Mietschulden hätte abdecken können. Dennoch habe er von Anfang an mit der Mutter des Klägers vereinbart, den Mietzins mit der Übergabe seines Hauses aufzurechnen. Die vom Kläger ins Treffen geführte Vermietung des Obergeschosses sei der Beklagten ohne vorherige Adaptierung nicht zumutbar gewesen. Die hohen Kosten für die Schaffung zweier selbständiger Wohneinheiten hätten aber die Aufnahme eines Kredites erfordert, so daß selbst eine anschließende Vermietung das Anwachsen der Mietzinsschuld des Johann M***** bei der Mutter des Klägers nicht verhindert hätte.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes sei zwar nach den ergänzend getroffenen Feststellungen die Eigentumsübertragung an den Kläger durch die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Ehemannes der Beklagten erzwungen worden, diese seien aber die Folge seiner ungerechtfertigten Wohnungsverlegung gewesen. In einem solchen Fall sei aber die Aufgabe der Wohnung nicht durch die Umstände im Sinne des § 97 Satz 2 ABGB erzwungen. Auch die von der Beklagten verweigerte Zustimmung zur Vermietung eines Teiles des Hauses führe nicht zum Wegfall ihres Wohnungserhaltungsanspruches. Bei der gebotenen Interessenabwägung wäre der Beklagten eine Teilvermietung nur dann zumutbar gewesen, wenn im Haus schon zwei selbständige Wohneinheiten vorhanden gewesen wären, was aber nach den Feststellungen nicht zutreffe. Daß der Ehegatte der Beklagten zur erforderlichen Adaptierung des Hauses überhaupt bereit und in der Lage gewesen wäre, habe der Kläger nicht einmal behauptet.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist entgegen der Meinung der Beklagten schon deshalb zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Ausnahmeklausel des § 97 Satz 2 ABGB fehlt; die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Ist ein Ehegatte über die Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt, so hat dieser gemäß § 97 ABGB einen Anspruch darauf, daß der verfügungsberechtigte Ehegatte alles unterlasse und vorkehre, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere. Dies gilt nicht, wenn das Handeln oder Unterlassen des verfügungsberechtigten Ehegatten durch die Umstände erzwungen wird. Dem § 97 ABGB liegt der Gedanke zugrunde, daß ein Ehegatte durch die Eheschließung ein Wohnrecht an der ihm nicht oder nicht allein gehörenden Wohnung, die seinem dringenden Wohnbedürfnis dient, erwirbt; die Bestimmung soll diesen Ehegatten in seinem Anliegen auf Sicherung seines Wohnbedürfnisses schützen (851 BlgNR 13.GP 23). Aus ihr wird ein Anspruch des Ehegatten, dem eine Wohnung zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses dient, auf Benützung dieser Wohnung, die nicht die Ehewohnung sein muß, abgeleitet (Pichler in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 97; SZ 50/105; SZ 52/190; MietSlg 38.002/42, 38.003 ua). Zwar richtet sich der aus § 97 ABGB abgeleitete Anspruch auf Sicherung des Wohnbedürfnisses grundsätzlich nur gegen den anderen Ehegatten; ausnahmsweise besteht aber ein Schadenersatzanspruch gegen einen Dritten, wenn dieser das fremde Forderungsrecht beeinträchtigt (Koziol, Die Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte, insb 159 ff; derselbe, Haftpflichtrecht2 II 48 f

ua) gegeben sind (Pichler aaO Rz 6 zu § 97; MietSlg 38.002/42; JBl 1987, 518; JBl 1991, 719 uva; zuletzt etwa 8 Ob 547/93). Daraus hat die Rechtsprechung abgeleitet, daß der Ehegatte, der ein dringendes Wohnbedürfnis hat, auch gegenüber dem schlechtgläubigen Erwerber der Wohnung geschützt ist und dessen Räumungsklage seinen familienrechtlichen Wohnungsbewahrungsanspruch mit Erfolg entgegenhalten kann (Pichler aaO; Koziol-Welser9 II 206; MietSlg 32.004/38, 38.002/42, 38.003; SZ 56/26; EFSlg 64.940/8). Schlechtgläubigkeit des Dritten liegt aber nicht erst bei arglistigem Zusammenwirken mit dem über die Wohnung verfügenden Ehegatten vor, sondern schon dann, wenn der Dritte - wie hier der Kläger - Kenntnis vom dringenden Wohnbedürfnis des auf die Wohnung angewiesenen anderen Ehegatten hat (Pichler aaO; Binder in Harrer-Zitta, Familie und Recht 80 f).

Folgerichtig beruft sich der Kläger demnach in seiner Revision auch nur mehr auf die Ausnahmeklausel des § 97 Satz 2 ABGB: Die Übertragung des Eigentumsrechtes durch den Ehegatten der Beklagten sei durch die Umstände, nämlich dadurch erzwungen worden, daß die Beklagte einer Teilvermietung nicht zugestimmt habe, wodurch eine Besserung seiner schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse verhindert und eine Zwangslage herbeigeführt worden sei, weil er ohne eigene Mieteingänge der Mutter des Klägers keine Mietzinse habe zahlen können. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung komme es entgegen der - im zweiten Rechtsgang erstmals und daher überraschend geäußerten - Meinung des Berufungsgerichtes nicht auf die Rechtmäßigkeit der Wohnungsverlegung des über die Wohnung verfügenden Ehegatten an.

Dem ist jedoch folgendes entgegenzuhalten:

Der Wohnungserhaltungsanspruch des wohnbedürftigen Ehegatten ist gemäß § 97 Satz 2 ABGB ausgeschlossen, wenn der Wohnungsverlust "durch die Umstände erzwungen wird", ein Erhaltung der Wohnung dem verfügungsberechtigten anderen Ehegatten also unzumutbar ist (Koziol-Welser9 II 206; Schwimann in Schwimann, ABGB Rz 5 zu § 97). Das Gesetz verlangt demnach (arg: "erzwungen") zwar eine gewisse Zwangslage des verfügungsberechtigten Ehegatten, die ihn zur Aufgabe der Wohnung nötigt (Ent-Hopf, Die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe 157; Migsch in Floretta, Das neue Ehe- und Kindschaftsrecht 37; Schimetschek in ImmZ 1979, 35 [36]); eine echte "Zwangslage" im Sinne fehlender Alternativen ist aber nicht gefordert (Pichler aaO Rz 7 zu § 97; Schwimann aaO; Binder aaO 59; strenger hingegen Schwind, KommzEherecht2, 79). Daher können auch wirtschaftliche Gründe den verfügungsberechtigten Ehegatten zur Wohnungsaufgabe nötigen. Ob ihm dann im Einzelfall dennoch die Erhaltung der Wohnung zumutbar gewesen wäre, ist auf Grund einer Interessenabwägung zu beurteilen (Schwimann aaO; Binder aaO). In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht entgegen der Meinung des Klägers zutreffend erkannt, daß wirtschaftliche Umstände dem verfügungsberechtigten Ehegatten die Erhaltung der Wohnung überhaupt nur dann unzumutbar machen können, wenn sie im Zusammenhang mit seiner rechtmäßigen Wohnungsverlegung aufgetreten sind (Pichler aaO Rz 8 zu § 97). Erfolgte nämlich die Wohnungsverlegung des verfügungsberechtigten Ehegatten unrechtmäßig, weil der andere Ehegatte gerechtfertigte Gründe von zumindest gleichem Gewicht hatte, nicht mitzuziehen (§ 92 Abs 1 ABGB), so überwiegt von vornherein dessen Interesse an der Erhaltung der Wohnung. Im Zweifel behält demnach das Beharrungsinteresse des Wohnungsbedürftigen über das Veränderungsinteresse des verpflichteten Ehegatten die Oberhand, besteht doch insoweit ein Gleichklang zwischen dem Regelungsmechanismus des § 92 Abs 1 ABGB und dem Schutzbereich des § 97 ABGB (Binder aaO). Andernfalls könnte der Schutz des wohnbedürftigen Ehegatten schon dadurch unterlaufen werden, daß der über die Wohnung verfügungsberechtigte Ehegatte eine unrechtmäßige Wohnungsverlegung vornimmt, deren Kosten ihn in solche wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt, daß er die Wohnung, auf die sein Ehegatte angewiesen ist, aufgeben müßte. Auch im vorliegenden Fall gehen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Ehegatten der Beklagten nicht auf die verminderten Einkünfte als Folge seiner Erkrankung und vorzeitigen Pensionierung zurück, sondern darauf, daß er einfach in die Kärntner Ehewohnung nicht mehr zurückgekehrt ist und seinen Wohnsitz schließlich nach Vorarlberg verlegt hat. Seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind daher in Wahrheit durch die Kosten der im Zweifel ungerechtfertigten Wohnungsverlegung verursacht worden.

Durch diese Rechtsansicht kann der Kläger auch nicht überrascht worden sein, hat doch die Beklagte erstmals im zweiten Rechtsgang ausdrücklich auch den Einwand erhoben, daß die Wohnungsverlegung ihres Ehegatten nach Vorarlberg grundlos erfolgte und unrechtmäßig war.

Die Erhaltung der Wohnung ist aber dem Kläger entgegen seiner Meinung auch nicht dadurch unzumutbar geworden, daß die Beklagte einer Vermietung des Obergeschosses des Hauses nicht zugestimmt hat:

Nach der Rechtsprechung soll dem betroffenen Ehegatten nach § 97 ABGB jene Wohnmöglichkeit erhalten bleiben, die ihm bisher zur Deckung der den Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse diente und die er weiter benötigt (EFSlg 64.940/8 mwN). Da im Falle des Ausziehens des belasteten Ehegatten - wie hier - in der Regel Räume frei werden, muß sich der betroffene Ehegatte grundsätzlich auf die von ihm weiter benötigten Räume beschränken lassen, weil sein Wohnbedürfnis nicht großzügiger als bisher befriedigt werden darf. Dies gilt allerdings nur dann, wenn eine Möglichkeit zur Abtrennung selbständiger Wohnungsteile besteht, die bestehende Raumgestaltung also eine solche erlaubt und diese auch durchgeführt worden ist (Binder aaO 64). Diese Voraussetzungen liegen aber hier in bezug auf die drei Zimmer im ersten Stock des Einfamilienhauses nicht vor. Die nur mit hohen Kosten verbundene Abtrennung dieser Wohnungsteile ist bisher vom Ehemann der Beklagten oder vom Kläger als nunmehrigen Eigentümer des Hauses nicht durchgeführt worden. Die Beklagte war daher nicht gehalten, einer Vermietung in diesem Umfang zuzustimmen.

Der Revision ist demnach ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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