Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 5.433,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 905,60 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 1.Februar bis 12.Juni 1991 bei der beklagten Partei als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Mit dem Kläger waren ein monatliches Fixgehalt von 18.000 S brutto sowie für die ersten drei Monate (Februar bis April 1991) eine Garantieprovision von 5.000 S vereinbart. Der Kläger, der im Außendienst auch außerhalb Wiens tätig war, hatte an Tagen, an denen er in Wien war und keine Kundenbesuche durchzuführen hatte, an seinem Arbeitsplatz im Betrieb ab Dienstbeginn um 8 Uhr anwesend zu sein. Der Kläger wurde wegen Zuspätkommens mehrfach verwarnt. Die letzte Verwarnung mit Androhung der fristlosen Entlassung erfolgte am 10.Juni 1991. Am 11.Juni 1991 war der Kläger ab 8 Uhr 36 im Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus zu einer ambulanten Kontrolle im Zuge der Behandlung einer Fußverletzung. Anschließend besuchte er einen Kunden und erschien danach im Büro der beklagten Partei. Der Kläger war verpflichtet, jeweils für die kommende Woche eine Vorausschau über die beabsichtigten Kundenbesuche sowie nach erfolgtem Kundenbesuch einen Kurzbericht über dessen Ergebnis zu verfassen. Da der Kläger diesen Verpflichtungen nicht immer pünktlich nachkam, wurde er mit Dienstanweisung vom 22.Mai 1991 zur Einhaltung dieser Pflichten aufgefordert. Daraufhin erstattete er die Berichte zeitgerecht und übergab sie der dafür zuständigen Mitarbeiterin. Der Kläger nahm Firmenpapier nach Hause und verwendete es dort für Firmenzwecke. Als dem Geschäftsführer der beklagten Partei dies im April 1991 bekannt wurde, forderte er den Kläger auf, das Papier zurückzustellen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach; daß weitere Aufforderungen erfolgten, wurde nicht erwiesen. Am 12.Juni 1991 wurde der Kläger entlassen.
Der Kläger begehrte 148.528,56 S brutto sA abzüglich 4.313,35 S netto an Kündigungsentschädigung für den Zeitraum bis 30.September 1991, Urlaubsentschädigung für 30 Werktage, Überstundenentgelt und Provisionsrückstand, wobei er ein Monatsgehalt von 23.000 S(inklusive 5.000 S Garantieprovision) zugrunde legte. Er habe die Weisungen der beklagten Partei über Dienstzeit und Wochenplan bzw Berichte befolgt; er habe Firmenpapier zum Entwurf von Computerlösungen für die beklagte Partei verwendet. Dies sei dem Geschäftsführer der beklagten Partei seit April 1991 bekannt gewesen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei zu Recht entlassen worden. Er habe sich beharrlich geweigert, den Dienstbeginn einzuhalten sowie Wochenplan und Besuchsberichte zu erstellen; darüber hinaus habe er Firmeneigentum nach Hause genommen.
Weiters wandte die beklagte Partei kompensando eine Gegenforderung von 2.970 S (für vom Kläger verursachte Mehrkosten) ein.
Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit 99.830,77 S brutto abzüglich 4.313,35 S netto zu Recht, die Gegenforderung der beklagten Partei von 2.970 S hingegen nicht zu Recht besteht, gab dem Klagebegehren mit 99.830,77 S brutto abzüglich 4.313,35 S netto sA statt und wies das Mehrbegehren von 48.697,70 S brutto sA ab. Da der Kläger gerade die letzten Wochenberichte zeitgerecht abgeliefert habe, habe er die Erfüllung der Berichtspflicht nicht beharrlich verweigert. Das zur Entlassung führende spätere Erscheinen am Arbeitsplatz sei durch den Spitalsaufenthalt und den Kundenbesuch gerechtfertigt gewesen. Soweit sich die beklagte Partei auf die Entwendung des Briefpapiers berufe, sei die Entlassung jedenfalls verspätet. Die Kompensandoforderung sei nicht berechtigt, weil der Geschäftsführer der beklagten Partei erklärt habe, diesmal werde die Rechnung vom Unternehmen bezahlt.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Soweit die beklagte Partei vorbringe, der Kläger sei zu Recht entlassen worden, sei die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehe. Daß der Kläger während der fiktiven Kündigungsfrist anderweitig gearbeitet habe und eine Vereinbarung gemäß § 20 Abs 3 AngG getroffen worden sei, habe die im Verfahren erster Instanz qualifiziert vertretene beklagte Partei nicht einmal behauptet.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Mit den Ausführungen zu diesem Revisionsgrund bekämpft die Revisionswerberin vor allem in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Soweit sie dem Berufungsgericht vorwirft, es habe über die erstmals in der Berufung aufgestellten Behauptungen, der Kläger habe in der Kündigungszeit anderweitig gearbeitet und Einkommen erzielt, es sei auch der 15. jedes Monats als Kündigungstermin vereinbart worden, der Kläger habe in der Zeit vom 13. Juni bis 31.Juli 1991 tatsächlich 30 Werktage Urlaub konsumiert, keine Beweise aufgenommen, ist sie darauf hinzuweisen, daß gemäß § 482 ZPO iVm § 63 ASGG für die im Verfahren erster Instanz durch einen Rechtsanwalt vertretene beklagte Partei im Berufungsverfahren Neuerungsverbot bestand.
Da die Rechtsrüge in der Berufung - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - nicht gesetzmäßig ausgeführt wurde, hatte das Berufungsgericht zur rechtlichen Beurteilung des von ihm unverändert übernommenen Sachverhaltes nicht Stellung zu nehmen. Da die solcherart versäumte Rechtsrüge im Revisionsverfahren nicht mehr nachgeholt werden kann, geht auch die Rechtsrüge der Revision ins Leere (siehe 9 Ob A 319/88; RZ 1991/5; zuletzt 9 Ob A 221/92).
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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