OGH 5Ob28/94

OGH5Ob28/9417.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwarz, Dr. Floßmann, Dr. Adamovic und Dr. Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Franz M*****, ***** 2. Brigitte M*****, ebendort, 3. Friedrich S*****, ***** und 4. Margarethe S*****, ebendort, sämtliche vertreten durch Dr. Horst Brunner und Dr. Emilio Stock, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Grundbuchshandlungen in der EZ *****, Grundbuch *****, infolge Rekurses von 1. des Anton T*****, ***** und 2. der Maria Theresia D*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 8. Oktober 1993, GZ 3 b R 139/93-4, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 23. Juni 1993, TZ 2290/93-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Erstgerichtes und die Entscheidung des Rekursgerichtes hinsichtlich des Punktes 2.) ihres Spruches, die in Ansehung der Bewilligung des Grundbuchsantrages zu Punkt

I. (Einverleibung der Löschung des Pfandrechtes für Darlehensforderung des Ö***** ob der gesamten Liegenschaft) als unangefochten unberührt bleiben, werden im übrigen, d.h. hinsichtlich der weiteren Anträge, nämlich

II. der Ersichtlichmachung der Aufschrift "Wohnungseigentum",

III. der Einverleibung des Wohnungseigentums an der Wohnungseigentumseinheit top 1 für den Erstantragsteller und die Zweitantragstellerin an je 141/380 Anteilen unter gleichzeitiger Verbindung dieser Anteile gemäß § 12 Abs 1 WEG 1975,

IV. der Einverleibung des Eigentumsrechtes und des Wohnungseigentums für den Drittantragsteller und die Viertantragstellerin an 98/380 Anteilen (top 2) im Rang der Anmerkung B-LNR 1 d und 2 d je zur ideellen Hälfte unter gleichzeitiger Verbindung dieser Anteile gemäß § 12 Abs 1 WEG 1975,

V. der Einverleibung des Vorkaufsrechtes für den Drittantragsteller und die Viertantragstellerin (in dieser Reihenfolge) ob den je 141/380 Anteilen des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin;

VI. hinsichtlich der Eintragungen ob den je 49/380 Anteilen des Drittantragstellers und der Viertantragstellerin, und zwar

1. der Einverleibung des Vorkaufsrechtes für den Erstantragsteller und die Zweitantragstellerin (in dieser Reihenfolge);

2. der Einverleibung der Löschung der Pfandrechte der B***** AG, C-LNR 1 a im Betrag von 571.702,-- S sA und C-LNR 2 a im Betrag von 214.900,-- S sA, und

3. der Einverleibung der Löschung der Pfandrechte zugunsten des Ö***** AG C-LNr 11 im Höchstbetrag von 120.000,-- S und C-LNR 13 im Höchstbetrag von 240.000,-- S, dahin abgeändert, daß diese Grundbuchsanträge

abgewiesen werden.

Text

Begründung

Die Ehegatten Franz und Brigitte M***** sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, bestehend aus den Grundstücken Nr. 942/3 und 942/4 mit einer Gesamtfläche von 1400 m**2 *****. Unter C-LNr 8 ist die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens auf dem Grundstück 942/3 gemäß Dienstbarkeitsvertrag vom 22. Oktober 1984 für Anton T*****, Maria Theresia D***** und Irmgard D***** und unter C-LNr 9 das Vorkaufsrecht aufgrund desselben Vertrages für Maria Theresia D***** und Anton T***** in dieser Reihenfolge (GZ 4356/86) einverleibt.

Mit Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 2. Februar 1993 verkauften die Ehegatten Franz und Brigitte M***** an die Ehegatten Friedrich und Margarethe S***** insgesamt 98/380 Anteile an der Liegenschaft EZ *****, verbunden mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung Top 2.

Das unter C-LNr 9 einverleibte Vorkaufsrecht betrifft ein im Südwesten des Grundstückes 942/3 gelegenes Dreieck mit einer Fläche von 170 m**2. Die gesamte Freifläche der EZ ***** ist laut Gutachten des Sachverständigen Ing. Franz O***** vom 2. Dezember 1992, welches der Nutzwertfestsetzung zugrunde lag, der (mit den den Ehegatten M***** verbliebenen Miteigentumsanteilen verbundenen) Wohnung top 1 zugeordnet.

Am 8. Juni 1993 beantragten Franz und Brigitte M***** sowie Friedrich und Margarethe S***** die aus dem Spruch ersichtlichen Eintragungen eines Pfandrechtes.

Das Erstgericht bewilligte das Grundbuchsgesuch in seinem ganzen Umfang.

Dem von Anton T***** und Maria Theresia D***** als Vorkaufsberechtigte gegen diesen Beschluß, und zwar nur gegen die Punkte II. bis einschließlich VI.1. erhobene Rekurs gab das Rekursgericht nicht Folge; es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit einem insgesamt 50.000 S übersteigenden Betrag und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig (Punkt 2.) des Spruches).

Die vom Rekursgericht auch ausgesprochene Zurückweisung des Rekurses, insoweit er von Irmgard D***** als Wegeberechtigte erhoben wurde (Punkt 1.) des Spruches), ist in Rechtskraft erwachsen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, es könne nicht geklärt werden, wie es zur unzulässigen Eintragung des Vorkaufsrechtes nur auf einem Grundstücksteil gekommen sei, da insoweit jeder Grundbuchskörper als ein Ganzes zu behandeln sei. Die Ausnahme für räumlich genau abgegrenzte Dienstbarkeiten könne nicht auf andere Fälle ausgedehnt werden. Die Eintragung des räumlich begrenzten Vorkaufsrechtes sei aber nicht derart "grundbuchswidrig", daß den Rekurswerbern die Rekurslegitimation genommen würde. Das Vorkaufsrecht betreffe nur einen Teil jener Fläche, die nach der Nutzwertfeststellung ausschließlich zum Wohnungseigentumsanteil top 1 (der bisherigen Eigentümer) gehöre. Das Vorkaufsrecht werde vom Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 2. Februar 1993, mit dem lediglich der Wohnungseigentumsanteil top 2 verkauft werde, nicht berührt, so daß keine "Einlösungspflicht" bestehe. Das Vorkaufsrecht laste vielmehr weiterhin auf der EZ ***** in der im Dienstbarkeitsvertrag vom 22. Oktober 1984 beschriebenen Weise; eine Verkürzung der beiden Vorkaufsberechtigten trete dadurch nicht ein.

Wegen des Fehlens einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung sei der ordentliche Revisionsrekurs zulässig.

Der gegen diesen rekursgerichtlichen Beschluß von Anton T***** und Maria Theresia D***** erhobene Rekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Mit Recht wenden sich die Revisionsrekurswerber in erster Linie gegen die Ansicht des Rekursgerichtes, ihr Vorkaufsrecht werde vom Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 2. Februar 1993 überhaupt nicht berührt, weshalb auch keine Anbotspflicht bestehe. Sie verweisen zutreffend auf das Wesen des Wohnungseigentums als untrennbare Verbindung eines ideellen Miteigentumsanteiles an der Liegenschaft mit im Gesetz normierten Nutzungsrechten an einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt, sowie darauf, daß beim ideellen Miteigentum nicht die Sache, sondern das Recht geteilt ist.

Gemäß § 3 Abs 1 GBG ist jeder Grundbuchskörper als ein Ganzes zu behandeln. Dies hat zur Folge, daß Belastungen nur ob dem ganzen Grundbuchskörper erfolgen können, mag sich auch der Inhalt des Rechtes, mit dem der ganze Grundbuchskörper belastet wird, nur auf einzelne Teile desselben beziehen (zB das Bestandrecht nur auf einzelne Flächen oder Räume; das Vorkaufsrecht nur auf einzelne Grundstücke der Liegenschaft). Der in § 12 Abs 2 GBG ausgesprochene Grundsatz, daß im Falle der Einverleibung von Dienstbarkeiten, die auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sein sollen, diese Grenzen genau bezeichnet werden müssen, ändert nichts daran, daß auch solche Dienstbarkeiten auf dem ganzen Grundbuchskörper - und nicht nur auf den durch die genannten räumlichen Grenzen umschriebenen Teilen desselben - einverleibt werden. Die Vorschrift des § 3 Abs 2 LiegTeilG zieht lediglich für den Fall der Abschreibung von Bestandteilen des Grundbuchskörpers, auf die sich eine Grunddienstbarkeit nicht bezieht, die grundbuchsrechtliche Konsequenz aus der materiellrechtlichen Bestimmung des § 847 ABGB, wonach im Falle der Teilung eines Gutes eine Grunddienstbarkeit hinsichtlich derjenigen Teilstücke erlischt, auf die sich die Ausübung nicht bezieht (EvBl 1993/73; 5 Ob 63/93).

Dem entsprechend wurde durch die grundbücherliche Einverleibung des Vorkaufsrechtes zugunsten der Revisionsrekurswerber der gesamte Grundbuchskörper belastet.

Das Vorkaufsrecht begründet die Befugnis zum bevorzugten Erwerb der Sache für den Fall, daß der Verpflichtete die Absicht hat, sie zu verkaufen. Dies gilt auch dann, wenn er bloß einen Anteil an der belasteten Sache verkaufen will. Hinsichtlich dieses Anteiles wird - wie die Rechtsmittelwerber zutreffend ausführen - die Anbotspflicht ausgelöst; in Ansehung der restlichen Miteigentumsanteile bleibt das Vorkaufsrecht weiterhin bestehen (Aicher-Rummel, ABGB**2 Rz 22 zu § 1072 mwH).

Im vorliegenden Fall haben die beiden Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ ***** den Eheleuten S***** insgesamt 98/380 Anteile an dieser Liegenschaft verkauft. Wenn auch nach dem der Nutzwertfestsetzung zugrundeliegenden Gutachten der Teil des Grundstückes 942/3, auf den sich nach dem Vertrag vom 22. Oktober 1984 das Vorkaufsrecht bezieht, zu jenen Teilen der Liegenschaft gehört, die der Wohnungseigentumseinheit zugeordnet sind, an der das ausschließliche Nutzungsrecht den bisherigen Liegenschaftseigentümern zustehen soll, so ändert dies doch nichts daran, daß mit dem Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 2. Februar 1993 Eigentumsanteile der bisherigen Eigentümer - unter Begründung von Wohnungseigentum - veräußert werden sollten. Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß mit diesem Rechtsgeschäft der Vorkaufsfall eingetreten ist und damit die Anbotspflicht des Ehepaares M***** ausgelöst wurde. Der Erstantragsteller und die Zweitantragstellerin waren demnach verpflichtet, den Rekurswerbern die Einlösung anzubieten.

Da die Antragsteller es unterlassen haben, durch einverleibungsfähige Urkunden nachzuweisen, daß sie ihrer Notifikationspflicht nachgekommen sind und die Vorkaufsberechtigten von ihrem Einlösungsrecht nicht Gebrauch gemacht haben (SZ 49/46 = JBl 1976, 484), kann dem Antrag in seinen Punkten II., III., IV., V. und VI. 1. kein Erfolg beschieden sein.

Wenngleich die Revisionsrekurswerber in ihrem Rechtsmittel an die zweite Instanz erklärten, die Bewilligung der Einverleibung der Löschung der unter C-LNR 1a, 2a, 11 und 13 einverleibten Pfandrechte (Punkte VI. 2. und VI. 3. des Antrages) nicht anzufechten, so wird diesem Löschungsbegehren doch dadurch die Grundlage entzogen, daß die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Drittantragstellers und der Viertantragstellerin nicht erfolgen kann und daher auch an diesen nicht existent gewordenen Miteigentumsanteilen keine weiteren Grundbuchseintragungen vorgenommen werden können.

Es mußten daher die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung der aus dem Spruch ersichtlichen Grundbuchsanträge abgeändert werden.

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