OGH 5Ob63/93

OGH5Ob63/9323.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1) Alois H*****, ***** und 2) Agrargemeinschaft *****, ***** beide vertreten durch Dr. Wilhelm Grander, öffentlicher Notar in Telfs, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 26. Februar 1993, GZ 3 b R 7/93, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Silz vom 13. November 1992, GZ TZ 4501/92-1, bestätigt und abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsteller begehrten u.a. aufgrund des zwischen ihnen am 12. November 1991 abgeschlossenen Kaufvertrages im Grundbuch ***** die Bewilligung folgender Grundbuchseintragungen:

1. in EZ 329 die Einbeziehung der Teilstücke 2 und 3 aus Gst. 2562/1 in Gst. 9718/1;

2. von EZ 329 die Abschreibung der Teilstücke 1 und 4 aus Gst. 2562/1 (bei gleichzeitiger Löschung der Gst. Nr. 2562/1), der Teilstücke 6 und 7 aus Gst. 9718/1 und des Teilstückes 8 aus Gst. 2563/1 sowie die Zuschreibung der Teilstücke 1 und 6 zu EZ 1145 (bei Vereinigung mit Gst. 2563/3) und der Teilstücke 4, 7 und 8 zu EZ 34 (bei Vereinigung mit Gst. 2563/2);

3. in EZ 1145 (hinsichtlich Teilstück 1 und 6 laut Plan in Gst. 2563/3) und in EZ 34 (hinsichtlich Teilstück 4, 7 und 8 laut Plan in Gst. 2563/2) die Einverleibung des Wiederkaufsrechtes gemäß Vertragspunkt IV. und des Vorkaufsrechtes gemäß §§ 1072 ff ABGB für Agrargemeinschaft O*****;

4. von EZ 90032 die Abschreibung der Gst. 2562/2, 2561 und .559 sowie des Teilstückes 5 aus Gst. .152 und die Zuschreibung zu EZ 1145 (bei Vereinigung der genannten Gst. sowie der Teilfläche 5 mit Gst. 2563/3 und Löschung der Gst.-Nr. 2562/2, 2561 und .559);

5. in EZ 34 die Einbeziehung des Gst. .630 in das Gst. 2563/2 bei gleichzeitiger Löschung der Gst.-Nr. .630;

6. von EZ 1145 die Abschreibung des Teilstückes 9 aus Gst. 2563/3 und Zuschreibung zu EZ 90032 (bei Vereinigung dieses Teilstückes mit Gst. .152).

Das Erstgericht bewilligte dieses Gesuch in Ansehung der Punkte 1., 2. sowie 4. bis 6., wies jedoch den in Punkt 3. gestellten Antrag ab, weil die Einverleibung des Vor- und Wiederkaufsrechtes auf Grundstücksteilen nicht zulässig sei, zumal dies der Bestimmung des § 3 GBG widerspreche und die für Grunddienstbarkeiten geltende Sonderregelung des § 3 Abs 2 LiegTeilG hier nicht anwendbar sei.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragsteller in der Weise Folge, daß es den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne der gänzlichen Abweisung des Grundbuchsgesuches abänderte, wobei es aussprach, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000,-- S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht billigte die Ansicht des Erstgerichtes, daß jeder Grundbuchskörper als Ganzes zu behandeln sei (§ 3 Abs 1 GBG) und die Ausnahme, die für räumlich begrenzte Dienstbarkeiten gilt (§ 12 Abs 2 GBG), nicht ohne weiteres auf andere Fälle ausgedehnt werden kann. Es führte u.a. aus: Selbst wenn man annähme, daß die Einverleibung des Vorkaufs- oder Wiederkaufsrechtes auf einzelnen Grundstücken eines Grundbuchskörpers der Vorschrift des § 3 GBG nicht widerspricht, so könne doch schon vor allem im Hinblick auf die erforderliche Klarheit des Grundbuchsstandes die Einverleibung eines Vorkaufs- oder Wiederkaufsrechtes auf Grundstücksteilen keinesfalls als zulässig angesehen werden. Die von den Rekurswerbern angestrebte Einverleibung des Vorkaufs- und Wiederkaufsrechtes lediglich auf Grundstücksteilen sei daher nicht möglich. Das Erstgericht habe bei der Entscheidung über die an sich zutreffende Ablehnung der Bewilligung dieser Eintragungen die Bestimmung des § 96 Abs 1 GBG übersehen, wonach auch im Grundbuchsverfahren mehr oder etwas anderes, als die Partei angesucht habe, nicht bewilligt werden dürfe. Dem Rekursinhalt sei erkennbar zu entnehmen, daß - zumindest seitens der zweiten Antragstellerin - die Verbücherung des gegenständlichen Kaufvertrages nur insgesamt, insbesondere unter Eintragung auch des im Kaufvertrag ausdrücklich vereinbarten Vorkaufs- und Wiederkaufsrechtes bezüglich der Teilstücke 1, 4, 6, 7 und 8 zugunsten der Zweitantragstellerin, und nicht bloß zu einem Teil angestrebt werde. Daraus ergebe sich, daß die Antragsteller die vom Erstgericht vorgenommene Erledigung ihres Gesuches in Form einer bloß teilweisen Bewilligung nicht beantragt hätten, wobei die Ab- und Zuschreibung von Grundstücksteilen mit Belastung durch ein Vorkaufs- und Wiederkaufsrecht etwas anderes sei als die Ab- und Zuschreibung der Grundstücksteile ohne diese Lasten. Das Erstgericht habe daher kein minus, sondern etwas anderes (aliud) bewilligt. Da die von den Antragstellern neben den übrigen Punkten ihres Grundbuchsgesuches auch angestrebte Eintragung des Vorkaufs- und Wiederkaufsrechtes bloß auf Grundstücksteilen aus den angeführten Gründen jedoch nicht zulässig sei und der dem Grundbuchsgesuch zugrundeliegende Kaufvertrag ein einheitliches Ganzes darstelle, müsse das Grundbuchsgesuch zur Gänze der Abweisung verfallen (vgl. RPfSlgG 1857, 1466; JBl 1961, 369). Der Eintritt einer Teilrechtskraft des stattgebenden Teils der erstgerichtlichen Entscheidung sei nach Meinung des Rekursgerichtes unter den vorliegenden Umständen nicht anzunehmen.

Dem Rekurs der Antragsteller sei daher in der Weise stattzugeben gewesen, daß der erstgerichtliche Beschluß im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Grundbuchsansuchens abgeändert wird.

Die Voraussetzungen für die Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses an den Obersten Gerichtshof nach §§ 126 Abs 2 GBG, 14 Abs 1 AußStrG erachtete das Rekursgericht für gegeben, weil es meinte, es liege weder zur Frage, ob ein Vorkaufs- oder Wiederkaufsrecht nur auf dem gesamten Grundbuchskörper oder auch auf einzelnen Grundstücken oder allenfalls auch auf Grundstücksteilen einverleibt werden könne, noch zum Problem, ob unter den vorliegenden Umständen eine Teilrechtskraft des nicht ausdrücklich angefochtenen stattgebenden Teils der erstgerichtlichen Entscheidung anzunehmen sei, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor.

Gegen diesen rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller, in dem die Bewilligung "der von den Rekurswerbern begehrten Grundbuchseintragung" beantragt wird.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Antragsteller räumen in ihrem Revisionsrekurs ein, daß ihrem Vertreter bei der Formulierung des Grundbuchsantrages ein "Kunstfehler" unterlaufen sei, es sei nämlich nicht exakt angeführt oder nicht eindeutig erkennbar, daß die Einverleibung des Vorkaufs- und Wiederkaufsrechtes "auf Gst 2563/3" und "auf Gst 2563/2" erfolgen solle. Das Rekursgericht sei der falschen Annahme, die Rekurswerber beharrten auf ihrem Standpunkt, die begehrte Eintragung sei auch auf bloßen Grundstücksteilen möglich. Da die Rekurswerber sehr wohl erkannt hätten, daß die begehrte Eintragung auf der betreffenden Parzelle erfolgen müsse, obwohl nur ein bestimmter Parzellenteil belastet sei, sei das Rekursgericht zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, das Erstgericht habe in Wahrheit ein aliud und nicht ein minus bewilligt, weshalb das gesamte Grundbuchsbegehren abzuweisen sei. Schließlich meinen die Revisionsrekurswerber, alle diese Ausführungen gingen jedoch ins Leere, sollte es - wie das Rekursgericht vollkommen rechtswidrig annehme - rechtlich tatsächlich so sein, daß ein Vor- und Wiederkaufsrecht nur auf dem gesamten Grundbuchskörper eingetragen werden könnte. Begehrt werde jedoch in Wahrheit die Eintragung auf den mehrfach genannten beiden Parzellen. Es gebe keinen Hinweis, daß die Eintragung eines Vor- oder Wiederkaufsrechtes auf einer Parzelle nicht möglich sei. Dem ist folgendes zu entgegnen:

Zu der hier relevierten Frage des Gegenstandes, an dem ein Vorkaufsrecht (oder ein Bestandrecht) einverleibt werden kann, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausdrücklich wie folgt Stellung genommen:

"Gemäß § 3 Abs 1 GBG ist jeder Grundbuchskörper als eine Einheit zu behandeln. Dies hat zur Folge, daß Belastungen nur ob dem ganzen Grundbuchskörper erfolgen können, mag sich auch der Inhalt des Rechtes, mit dem der ganze Grundbuchskörper belastet wird, nur auf einzelne Teile desselben beziehen (zB das Bestandrecht nur auf einzelne Flächen oder Räume; das Vorkaufsrecht nur auf einzelne Grundstücke der Liegenschaft). Der in § 12 Abs 2 GBG ausgesprochene Grundsatz, daß im Falle der Einverleibung von Dienstbarkeiten, die auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sein sollen, diese Grenzen genau bezeichnet werden müssen, ändert nichts daran, daß auch solche Dienstbarkeiten auf dem ganzen Grundbuchskörper - und nicht nur auf den durch die genannten räumlichen Grenzen umschriebenen Teilen desselben - einverleibt werden. Die Vorschrift des § 3 Abs 2 LiegTeilG zieht lediglich für den Fall der Abschreibung von Bestandteilen des Grundbuchskörpers, auf die sich eine Grunddienstbarkeit nicht bezieht, die grundbuchsrechtliche Konsequenz aus der materiellrechtlichen Bestimmung des § 847 ABGB, wonach im Falle der Teilung eines Gutes eine Grunddienstbarkeit hinsichtlich derjenigen Teilstücke erlischt, auf die sich die Ausübung nicht bezieht. Für die Frage der Zulässigkeit der Einverleibung des Bestandrechtes oder des Vorkaufsrechtes nicht auf dem ganzen Grundbuchskörper, sondern bloß auf demjenigen Teil desselben, auf den sich die Ausübung dieser Rechte bezieht, kann daher weder aus § 3 Abs 2 LiegTeilG noch aus § 12 Abs 2 GBG eine vom Grundsatz des § 3 GBG abweichende Regelung gewonnen werden. Es kann daher sowohl das Bestandrecht (Feil, Grundbuchsgesetz 34; SZ 31/65; MGA Grundbuchsrecht4 § 19 GBG/E 13 betreffend Judikatur der Rekursgerichte) als auch das Vorkaufsrecht (RPflSlgG 2121 - LGZ Wien) nur auf dem ganzen Grundbuchskörper einverleibt werden."

Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsansicht abzugehen, zumal die Rechtsmittelwerber auch keinerlei sachliche Argumente vorbringen, die gegen diese Gesetzesauslegung ins Treffen geführt werden könnten. Da in Ansehung der grundbuchsrechtlichen Behandlung zwischen dem Vorkaufsrecht und dem Recht des Wiederkaufes kein Unterschied besteht, gelten die vom Obersten Gerichtshof in der in EvBl 1993/73 veröffentlichten Entscheidung dargelegten Überlegungen auch für das Wiederkaufsrecht. Es kann daher auch das Wiederkaufsrecht nur auf dem ganzen Grundbuchskörper (und nicht nur auf demjenigen Teil, auf den sich die Ausübung dieses Rechtes bezieht) einverleibt werden. Damit gehen aber auch die im Zusammenhang mit der als "Kunstfehler" bezeichneten Formulierung des Grundbuchsgesuches angestellten Überlegungen, mit welchen dargelegt werden sollte, daß das Erstgericht kein Aliud, sondern bloß ein Minus bewilligt habe, ins Leere.

Der Vollständigkeit halber sei zu der vom Rekursgericht in seiner Begründung des Ausspruches über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses relevierten Frage der Teilrechtskraft noch folgendes bemerkt:

Der auch in den außerstreitigen Verfahren geltende Grundsatz der Wahrung der Teilrechtskraft kommt dann nicht zur Geltung, wenn der unangefochten gebliebene Teil der Entscheidung in einem untrennbaren Sachzusammenhang mit dem angefochtenen Entscheidungsteil steht (vgl MGA Verfahren Außer Streitsachen**2 E 10 zu § 18 AußStrG; auch Fasching, Lehrbuch**2, Rz 1748). Einen solchen untrennbaren Zusammenhang hat auch § 97 GBG im Auge. Nach dieser Bestimmung darf dann, wenn aus der Grundbuchsurkunde hervorgeht, daß dem Erwerber eines dinglichen Rechtes die Einverleibungsbewilligung unter Beschränkungen in der Verfügung über das erworbene Recht erteilt worden ist oder ihm zugleich Gegenverpflichtungen auferlegt worden sind, hinsichtlich derer die gleichzeitige Einverleibung für die daraus Berechtigten bedungen worden ist, die Eintragung jenes Rechtes nicht bewilligt werden, wenn nicht zugleich hinsichtlich der bedungenen Beschränkungen oder Gegenverpflichtungen die Einverleibung oder zumindest die Vormerkung beantragt wird. In dem dem Grundbuchsantrag zugrundeliegenden Kaufvertrag hielten die Vertragsteile ihren Vertragswillen ausdrücklich dahin fest, daß der Käufer das Kaufobjekt nicht zu Spekulationszwecken erwerben können solle, weshalb sie für den Fall eines beabsichtigten Verkaufes (der Grundstücksteile) die Verpflichtung des Käufers ....., der Verkäuferin die Grundstücksteile zum Wiederkauf anzubieten, und dazu grundbücherliche Sicherung als Wiederkaufsrecht gemäß §§ 1068 ff ABGB auf den erworbenen Grundstücksteilen vereinbarten. Gleichzeitig vereinbarten Käufer und Verkäuferin an den erworbenen Grundstücksteilen auch ein Vorkaufsrecht der Verkäuferin gemäß §§ 1072 ff ABGB sowie die grundbücherliche Sicherung dieses Rechtes (Punkt IV des Kaufvertrages). Damit erscheint die gleichzeitige Einverleibung des Wieder- und Vorkaufsrechtes mit dem Eigentumsrecht des Käufers als direkt wirksames Mittel gegen Grundstücksspekulation ganz unzweideutig bedungen (vgl. SZ 23/303), weshalb die alleinige Einverleibung des Eigentumsrechtes des Käufers - also ohne gleichzeitiger Verbücherung der hier rechtsgeschäftlich vorgesehenen Eigentumsbeschränkungen - nicht zulässig war. Wegen dieses rechtsgeschäftlich verfügten untrennbaren Zusammenhanges zwischen der Eigentumsübertragung und der Sicherung der Rechte der Verkäuferin kann in der Abänderung des stattgebenden Teiles des erstgerichtlichen Grundbuchsbeschlusses iS der gänzlichen Abweisung der begehrten Grundbuchshandlungen durch das Rekursgericht trotz der bloß teilweise erfolgten Anfechtung der erstinstanzlichen Entscheidung kein Rechtsirrtum erblickt werden.

Dem Revisionsrekurs konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

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