OGH 11Os53/94

OGH11Os53/9410.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Mai 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Jannach als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard H***** wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Ybbs vom 3. November 1993, GZ U 173/93-3, sowie gegen den gleichzeitig mit dieser Strafverfügung gefaßten Beschluß gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 StPO, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Verfahren zum AZ U 173/93 des Bezirksgerichtes Ybbs wurde das Gesetz verletzt:

1. durch die Strafverfügung vom 3.November 1993 ON 3 (im Strafausspruch) in den Bestimmungen der §§ 31, 40 StGB;

2. durch den Beschluß gemäß § 494 a StPO vom selben Tag in der Bestimmung des § 55 Abs 3 StGB.

Die Strafverfügung und der Beschluß werden aufgehoben und es wird dem Bezirksgericht Ybbs die Einleitung des ordentlichen Verfahrens aufgetragen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem (gemäß §§ 488 Z 7, 458 Abs 2 und Abs 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes St.Pölten vom 20.September 1993, GZ 16 E Vr 523/93-9, wurde Gerhard H***** des Vergehens der Nichtbefolgung des Einberufungsbefehles nach § 7 Abs 2 erster Fall MilStG schuldig erkannt und zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit rechtskräftiger Strafverfügung des Bezirksgerichtes Ybbs vom 3. November 1993, GZ U 173/93-3, wurde Gerhard H***** des am 28.August 1993 begangenen Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und zu einer (unbedingten) Geldstrafe verurteilt. Eine Bedachtnahme auf das vorerwähnte Urteil gemäß §§ 31, 40 StGB unterblieb.

Gleichzeitig wurde mit Beschluß gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 (sowie Abs 7 aF) StPO vom Widerruf der im Verfahren zum AZ 16 E Vr 523/93 des Landesgerichtes St.Pölten gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die dort ausgesprochene Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

Das oben bezeichnete Urteil steht - wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - zur angeführten Strafverfügung im Verhältnis des § 31 StGB, betrifft doch letztere eine Tat, die nach der Zeit ihrer Begehung schon im (vorangegangenen) Verfahren zum AZ 16 E Vr 523/93 des Landesgerichtes St.Pölten hätte abgeurteilt werden können. Richtigerweise wäre daher gemäß §§ 31 Abs 1, 40 StGB eine Zusatzstrafe zu verhängen gewesen. Die mit der Strafverfügung vom 3. November 1993 verhängte Strafe verstößt zwar dem Ausmaß nach nicht gegen die zwingenden Grenzen des § 31 StGB, sodaß der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO nicht verwirklicht ist; gleichwohl kann sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung in der Strafbemessung zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt haben; zudem sind mit der Unterlassung der Anwendung der genannten Gesetzesbestimmung tilgungsrechtliche Nachteile (§ 4 Abs 4 TilgG) verbunden (11 Os 185,186/93).

Aber auch der gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 (sowie Abs 7 aF) StPO gefaßte Beschluß verstößt - wie die Generalprokuratur weiters ausführt - gegen das Gesetz: Als Folge der Bedachtnahme nach § 31 Abs 1 StGB wäre die Frage des Widerrufs nicht (wie offenbar geschehen) anhand der Bestimmung des § 53 Abs 1 StGB, sondern nach § 55 Abs 1 StGB zu beurteilen gewesen. Unterbleibt aber der Widerruf und wird (wie hier) im zweiten Erkenntnis eine unbedingte Strafe verhängt, so kommt § 55 Abs 3 StGB nicht zur Anwendung, welche Bestimmung im übrigen - anders als die Vorschrift des § 53 Abs 2 StGB - eine (fakultative) Probezeitverlängerung durch Richterspruch nicht vorsieht (abermals 11 Os 185,186/93).

Auch die gesetzwidrige Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre wirkt sich sohin zum Nachteil des Verurteilten aus, weshalb spruchgemäß zu erkennen war.

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