Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:
"Es wird gegenüber der beklagten Partei festgestellt, daß die von der beklagten Partei im Konkursverfahren der Bauunternehmung F*****Gesellschaft mbH zu ***** geltend gemachte Masseforderung für Zuschläge zum Lohn für den Verrechnungszeitraum 18.1.1993 bis 31.1.1993 samt der Ausbildungszulage in der Höhe von insgesamt S 213.144,-- keine Masseforderung, sondern eine Konkursforderung ist."
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 66.435,-- (darin S 6.432,50 Umsatzsteuer und S 27.840,-- Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Über das Vermögen der F***** Gesellschaft mbH, Bauunternehmung, wurde mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz am 18.1.1993 der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Dieser löste die Arbeitsverhältnisse mit den bei der Gemeinschuldnerin beschäftigten Arbeitnehmern gemäß § 25 KO innerhalb Monatsfrist. Mit Schreiben vom 25.2.1993 begehrte die Beklagte Zahlung der Zuschläge zu den Arbeitnehmerlöhnen für den Zeitraum ab Konkurseröffnung in der Höhe von S 207.663,-- zuzüglich der Ausbildungsumlage in Höhe von S 5.481,--, insgesamt sohin S 213.144,-- als Masseforderung.
Mit seiner Klage vom 19.8.1993 begehrt der Masseverwalter die Feststellung, daß es sich bei den von der Beklagten im Konkursverfahren geltend gemachten Zuschlägen zum Lohn für den Verrechnungszeitraum 18.1.1993 bis 31.1.1993 in der Gesamthöhe von S 213.144,-- um keine Masseforderungen, sondern um Konkursforderungen handle.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dessen Abweisung.
Das Gericht erster Instanz wies das Klagebegehren aus folgenden Gründen ab: Nach dem Willen des Gesetzgebers komme den Zuschlägen nach § 21 BUAG eine privilegierte Qualifikation als Masseforderung zu. Es handle sich nicht um auf Forderungen der Arbeitnehmer entfallende öffentliche Abgaben, deren Einordnung als Masse- oder Konkursforderung von der Qualifizierung der Arbeitnehmerforderung abhängig sei, sondern es müsse gemäß § 46 Abs.1 Z 2 KO ausschließlich darauf abgestellt werden, ob der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt nach der Konkurseröffnung verwirklicht worden sei. Dies sei gegenständlich der Fall, weshalb die geforderten Zuschläge als Masseforderung zu beurteilen seien.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß die ordentliche Revision zulässig sei. In seiner Entscheidungsbegründung führte es aus: Es sei dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Arb 10.426 zu folgen, wonach der Zuschlag gemäß § 21 BUAG kein Teil des Lohnes des Bauarbeiters sei, sondern eine öffentlich-rechtliche Leistung, die der Arbeitgeber der Urlaubs- und Abfertigungskasse schulde. Nicht der Arbeitnehmer-Entgelt-Charakter der Zuschläge stehe im Vordergrund, sondern die Beitragsleistung des Unternehmers an eine Körperschaft öffentlichen Rechts.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das berufungsgerichtliche Urteil erhobene Revision des Klägers ist berechtigt.
Ob eine Abgabenforderung eine Masseforderung ist, hat das Gericht nach Maßgabe der Bestimmungen des Insolvenzrechtes zu entscheiden (SZ 14/20). Dem Masseverwalter ist ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung zuzubilligen, daß eine als Masseforderung geltend gemachte Forderung nicht zu den nach § 46 KO vorrangig zu befriedigenden Ansprüchen gehört (SZ 58/191; SZ 60/247).
Gemäß § 46 Abs.1 Z 2 1.Satz KO sind Masseforderungen alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind, einschließlich der Forderungen von Fonds und anderen gemeinsamen Einrichtungen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, sofern deren Leistungen Arbeitnehmern als Entgelt oder gleich diesem zugutekommen sowie der die Masse treffenden Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und anderen öffentlichen Abgaben, wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht wird. Zur Rechtsnatur der vom Arbeitgeber gemäß § 21 BUAG zu leistenden Zuschläge zum Lohn vertritt der Oberste Gerichtshof im Gegensatz zum Verwaltungsgerichtshof (vgl. Arb. 10.426) die Ansicht, daß trotz des systembedingten Leistungsumweges im Urlaubsentgelt ein vom Arbeitgeber entrichteter Teil des Arbeitsentgelts liegt, bei dem es sich nur formell - aus organisatorischen Gründen - um Leistungen der Urlaubskasse, tatsächlich aber um Entgeltzahlungen des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit handelt (Arb. 10.292; Arb. 10.435). Allerdings wird diese rechtliche Qualifikation nur auf die materielle Betrachtung des Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer angewendet, während für die isolierte Beurteilung des Charakters der Zuschlagsleistung des Arbeitgebers - gleich wie in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auf die formelle Konzeption des BUAG abgestellt wird (SZ 63/17). Danach sind die Lohnzuschläge gemäß § 21 BUAG öffentlich-rechtliche Beitragsleistungen an eine Körperschaft öffentlichen Rechts (§ 14 Abs.2 BUAG). Sie gelten als "andere öffentliche Abgaben" (§ 28 Abs.1 BUAG). Diese Legaldefinition stellt klar, daß die Zuschläge gemäß § 21 BUAG unter die Bestimmung des § 46 Abs.1 Z 2 1.Satz KO fallen.
Gemäß § 46 Abs.1 Z 2 letzter Satz KO richtet sich die Beurteilung, inwieweit im Konkurs eines Unternehmers die im 1.Satz bezeichneten Forderungen von Fonds und von anderen gemeinsamen Einrichtungen sowie die auf Forderungen der Arbeitnehmer (arbeitnehmerähnlichen Personen) entfallenden öffentlichen Abgaben Masseforderungen sind, nach der Einordnung der Arbeitnehmerforderung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 31.5.1990, Zl. 89/09/0159 (teilweise veröffentlicht in ARD 4242/7/91 und ÖJZ 1991, 395) ausgesprochen, daß die Zuschläge nach § 21 BUAG als andere öffentliche Abgaben gemäß § 46 Abs.1 Z 2 1.Satz KO zu den Masseforderungen gehören, sofern nur der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht wird, ohne daß die im letzten Satz der genannten Gesetzessstelle normierte Einschränkung Platz greife, weil dort lediglich von "öffentlichen Abgaben" die Rede und bei der Gesetzesauslegung grundsätzlich von der Einheit der Rechtssprache auszugehen sei.
Dieser Ansicht vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu folgen. Die wörtliche Auslegung (§ 6 ABGB) zeigt, daß der Begriff "öffentliche Abgaben" im letzten Satz des § 46 Abs.1 Z 2 KO lediglich die im ersten Satz gebrauchten Begriffe ("Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und anderen öffentlichen Abgaben") zusammenfaßt. Dies folgt auch aus dem zweiten Satz der genannten Gesetzesstelle, welcher normiert, daß "hiezu... auch die nach den persönlichen Verhältnissen des Gemeinschuldners bemessenen öffentlichen Abgaben" gehören. Diese Formulierung schließt jeden Zweifel daran aus, daß der Begriff "öffentliche Abgaben" neben den im
1. Satz ausdrücklich genannten Steuern, Gebühren, Zöllen und Beiträgen zur Sozialversicherung eben auch andere nicht namentlich genannte öffentliche Abgaben umfaßt. Wie bereits der Verwaltungsgerichtshof in seinem zitierten Erkenntnis ausführt, war erklärte Absicht des Gesetzgebers des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982 BGBl. Nr.370, die Bekämpfung der sogenannten Massearmut, welches Hauptziel insbesondere durch Einführung des klassenlosen Konkurses und durch Reduktion des Volumens der Masseforderungen erreicht werden sollte. Der Gesetzgeber war sich dessen bewußt, damit bisherige Vorrechte der Abgabengläubiger sowie der Sozialversicherungsträger zu beschneiden. Ausdrücklich nannte er unter jenen Einrichtungen, für welche die gleichen Grundsätzen gelten sollten, jene nach der Art der Bauarbeiter-Urlaubskasse (1147 BlgNR 15.GP 2 und 7). Daß der Gesetzgeber gerade Forderungen nach dem BUAG einer anderen Regelung hätte unterwerfen wollen als Steuern, Gebühren, Zölle und Beiträge zur Sozialversicherung, ist daher nicht zu erkennen.
Wie bereits eingangs dargestellt, führt die materiellrechtliche Beurteilung der Rechtsnatur der Zuschläge nach § 21 BUAG zu dem Ergebnis, daß diese Teil des dem Arbeitnehmer geschuldeten Entgelts sind. Es wäre wertungswidersprüchlich, wollte man ohne ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers diese Zuschläge unabhängig von der Einordnung der Arbeitnehmerforderungen privilegieren und somit ohne sachlich erkennbaren Grund die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse besser stellen als etwa den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds, der aufgrund der Legalzession des § 11 IESG die Ansprüche nur wie der Arbeitnehmer selbst im Konkurs geltend machen kann (vgl. Schwarz/Reissner/Holzer/Holler, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz 241).
Gemäß § 22 Abs.5 BUAG hat die Urlaubs- und Abfertigungskasse für den Zuschlagszeitraum die Zuschlagsleistungen aufgrund der Meldung des Arbeitgebers zu errechnen. Bei Nichteinhaltung der Meldepflicht kann die Kasse die Zuschlagsleistungen des Arbeitgebers unter Zugrundelegung der letzten erstatteten Meldung oder aufgrund eigener Ermittlungen errechnen. Berechnungsgrundlage bildet gemäß § 21a Abs.3 BUAG für den Sachbereich der Urlaubsregelung der um 25 vH erhöhte kollektivvertragliche Stundenlohn, der sich für den einzelnen Arbeitnehmer aufgrund der gesetzlich oder vertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit für die Arbeitsstunde ergibt. Besteht keine kollektivvertragliche Regelung des Stundenlohns, gilt der vereinbarte Stundenlohn als Berechnungsbasis. Ist vertraglich eine kürzere wöchentliche Arbeitszeit als 31 Stunden vereinbart, so ist der erhöhte kollektivvertragliche Stundenlohn mit der Anzahl der für den Arbeitnehmer aufgrund der Vereinbarung geltenden wöchentlichen Arbeitsstunden zu multiplizieren und das Produkt durch die Anzahl der für die übrigen Arbeitnehmer des Betriebes geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu dividieren (§ 21a Abs.4). Nach der Berechnungsmethode des Abs.3 ist - ausgenommen abweichende kollektivvertragliche Regelungen - auch vorzugehen, wenn der Arbeitnehmer in einer Arbeitswoche mehr als die Hälfte der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Arbeitszeit im Akkord oder Leistungslohn beschäftigt war. Die Höhe des Zuschlages ist sodann durch Multiplikation mit dem gemäß § 21 Abs.1 BUAG durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales festzusetzenden Zuschlagsfaktor zu ermitteln. Die Zuschläge für den Sachbereich Urlaubsregelung sind gemäß § 21a Abs.2 BUAG für jede Anwartschaftswoche ausgenommen für Zeiten des Urlaubs und der Truppenübungen zu entrichten. Der dargestellte Berechnungsmodus zeigt, daß keinesfalls eine bloß abstrakte Ermittlung des Zuschlages erfolgt, sondern vielmehr die konkreten Umstände hinsichtlich jedes einzelnen Arbeitgebers die Berechnungsgrundlage bilden. Die Begrenzung mit der Höhe des kollektivvertraglichen Stundenlohnes hat ihre ausschließliche Ursache darin, daß die den anderen Urlaubsvorschriften fremde Diskrepanz zwischen dem Arbeitslohn auf der Ist-Lohnbasis und dem Urlaubsentgelt auf der Kollektivvertragslohnbasis, die für viele Bauarbeiter eine Härte darstellt, weitgehend gemildert werden sollte (Martinek/Widorn, BUAG 247). Diese Regelung ändert aber nichts daran, daß sich sowohl die vom Arbeitgeber abzuführenden Zuschläge als auch das dem Arbeitnehmer zustehende Urlaubsentgelt der Höhe nach am Lohn des Bauarbeiters orientieren (Arb. 10.435; SZ 63/17). Es stellen daher auch die Zuschläge zum Lohn gemäß § 21 BUAG öffentliche Abgaben dar, die auf die Forderungen der Arbeitnehmer entfallen. Für die Beurteilung, ob diese Zuschläge als Masseforderungen zu qualifizieren sind, ist daher § 46 Abs.1 Z 2 letzter Satz KO maßgebend.
Hier ist unstrittig, daß die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Arbeitnehmer, für die die streitgegenständlichen Zuschläge begehrt werden, gemäß § 25 KO vorzeitig gelöst wurden. Die Forderungen der Arbeitnehmer für die Zeit nach Konkurseröffnung stellen daher nach einhelliger Rechtsprechung - der durch das IRÄG 1994 geänderte § 46 Abs 1 Z 3 KO ist gemäß Art VIII Abs 3 IRÄG 1994 BGBl 153/1994 (Verfahrenseinleitung vor dem 28.Februar 1994) nicht anwendbar - keine Masseforderungen, sondern Konkursforderungen dar (SZ 58/211; EvBl. 1992/118; WBl. 1993, 158), weshalb auch für die darauf entfallenden Zuschläge zum Lohn diese Einordnung zu treffen ist (8 Ob 20/93).
Es waren daher in Stattgebung der Revision die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
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