OGH 8Ob27/93

OGH8Ob27/9328.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag, Dr. Jelinek, Dr. Rohrer und Dr. Adamovic als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Raiffeisenbank S***** reg. Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Maximilian Gumpoldsberger, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Dr. Wolfgang S*****, ***** vertreten durch Prof.Dr. Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen 5,939.968,27 S sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 8. Juni 1993, GZ 13 R 20/93-15, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 5. Jänner 1993, GZ 6 Cg 216/92g-7, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende Bank bringt vor, sie habe zwei Wechsel über LSt 141.000,-- (= öS 3,097.770,--) und LSt 105.000,-- (= öS 2,279.550,--) eskontiert. Ausstellerin sei jeweils die Firma B***** & Co Ltd. (kurz B***** Ltd.) gewesen; Bezogene und Annehmerin sei die R. & S. ***** GesmbH (kurz R. & S. Gesellschaft) gewesen, an die B***** Ltd. Brecheranlagen geliefert habe. Die Klägerin sei Inhaberin beider Wechsel. Da bei Fälligkeit am 29. August 1989 bzw. 6. September 1989 keiner der Wechsel eingelöst worden sei, habe sie den Beklagten jeweils beauftragt, Wechselprotest zu erheben und er habe dies am 31. August 1989 und am 8. September 1989 auch getan. In der Folge habe sie die R. & S. Gesellschaft zur Zahlung aufgefordert; dies sei erfolglos geblieben, weil diese Gesellschaft mit nahezu 20 Millionen Schilling überschuldet gewesen sei. Sodann habe die Klägerin versucht, die Wechsel bei der Ausstellerin einbringlich zu machen. Diese habe in dem in England eingeleiteten Wechselprozeß eingewendet, daß der Beklagte in beiden Fällen am falschen Ort, nämlich in S***** und nicht am Zahlungsort in L*****, Protest erhoben habe. Da sich dieser Einwand nach Prüfung als zutreffend erwiesen habe und die Ausstellerin mangels gültiger Proteste nicht mehr aus den Wechseln hafte, habe die Klägerin das Verfahren in England abgebrochen. Auf beiden Wechseln sei eindeutig die Raiffeisenbank O*****, ***** als Zahlungsort bezeichnet. Der Beklagte hätte die Proteste daher in L***** erheben müssen. Er hafte der Klägerin für den durch den Verlust der Regreßrechte gegen B***** Ltd. entstandenen Schaden, zumal B***** Ltd. die Bonität zur Zahlung der Wechselschulden gehabt hätte. Die Durchsetzung der Ansprüche gegen die R. & S. GesmbH und deren Geschäftsführer sei auf Grund ihrer Vermögenssituation nicht zu erwarten. Der durch die unrichtigen Wechselproteste des Beklagten solcherart entstandene Schaden setze sich aus den Wechselsummen von zusammen S 5,377.320,--, den Kosten der englischen Rechtsanwälte im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen B***** Ltd. in Höhe von S 133.848,53, den bereits bezahlten diesbezüglichen Kosten des Klagevertreters in Höhe von S 200.000,--, Stufenzinsen in Höhe von 8,25 % bis 31. Juli 1992, abzüglich der Erträge aus Wertpapieren, Sparbuch- und Termingeldrealisaten von S 390.163,-- und der Eingänge von S 727.625,08 zusammen.

Der beklagte Notar wendete ein, die Wechsel seien nicht von B***** Ltd. ausgestellt worden, sondern von K. A. Mc M***** und einem unbekannten Unterzeichner bzw. von K. A. Mc M***** und Jeffrey H*****, jeweils ohne Hinweis auf ein Vertretungsverhältnis zu B***** Ltd. Die Unterzeichner hafteten daher persönlich als Aussteller. Da das erste Indossament jeweils von B***** Ltd., nicht aber von den Ausstellern stamme, sei die Klägerin nicht wechselmäßig ausgewiesene Inhaberin der Wechsel und habe gar nicht wirksam Protest erheben können. Der Beklagte habe die Aufträge zu den Wechselprotesten so verstanden, daß in S***** zu protestieren sei. Beide Wechsel seien ungültig. Wenn man sie wegen der unklaren Formulierung beim Domizilvermerk als Platzwechsel ansehe, dürfe bei sonstiger Ungültigkeit des Wechsels eine Zahlstelle nur an dem beim Bezogenen angegebenen Ort benannt werden. Halte man sie für Domizilwechsel, so sei nicht eindeutig erkennbar, wo die Wechsel zur Zahlung vorzulegen seien, nämlich in L***** oder in S*****. Durch die Anführung zweier Zahlungsorte sei der erste Wechsel ungültig und der zweite sei dies wegen Angabe einer Zahlstelle an einem anderen als dem Zahlungsort. Nach dem beim Regreßprozeß anzuwendenden englischen Recht hätte Protest schon am Fälligkeitstag oder am darauffolgenden Tag erhoben werden müssen. Diese Fristen hätte er (der Beklagte) in beiden Fällen wegen verspäteter Auftragserteilung zur Protesterhebung durch die Klägerin nicht einhalten können, sodaß schon aus diesem Grund, den B***** Ltd. im Prozeß in England auch eingewendet habe, ein Regreß ausgeschlossen gewesen sei. Im Hinblick auf die Zeitpunkte der Auftragserteilung zu den Protesten (am 31. August 1989 um 17 Uhr und 8. September 1989 um 15 Uhr), die Banköffnungszeiten und die zur rechtlichen Prüfung der Wechsel erforderliche Zeit, wäre eine rechtzeitige Protesterhebung in L***** in beiden Fällen nicht möglich gewesen. Es bestehe jedenfalls ein weitaus überwiegendes Mitverschulden der Klägerin, weil sie die Verfasserin der Drucksorte mit dem irreführenden Domizilvermerk sei, weil sie die Aufträge zu den Wechselprotesten zu spät erteilt habe und weil sie den Beklagten hätte aufklären müssen, daß "zL" keine Zahlstelle bezeichnen solle. Die Klägerin habe überdies zur Zeit der Diskontierung der Wechsel die Zahlungsunfähigkeit des Bezogenen gekannt oder es hätte ihr diese zumindest bekannt sein müssen. Sie habe gegen B***** Ltd., die für die Weitergabe wertloser Akzepte Valuta erhalten habe, einen Bereicherungsanspruch, den sie nicht ausreichend verfolgt habe. Sie habe auch gegen die Annehmerin und deren Geschäftsführer nicht alle erforderlichen Schritte (insbesondere keine Insolvenzverfahren) unternommen und damit einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht begangen. Die Klägerin habe der Ausstellerin (gemeint wohl Bezogenen) einen 30 %-igen Nachlaß auf alle Verbindlichkeiten gegeben; dieser müsse auch für die beiden Wechselverbindlichkeiten gelten, da ansonsten ein Forderungsverzicht zu Lasten des Beklagten vorliege. Eine Verpflichtung zur Zahlung von Zinseszinsen treffe diesen nicht. Hinsichtlich der Kosten von S 200.000,-- sei der Rechtsweg unzulässig.

Die klagende Bank erwiderte, die Wechsel seien von vertretungsbefugten Organen der B***** Ltd. für diese ausgestellt worden, was auch allen Beteiligten bekannt gewesen sei. Beide Wechsel enthielten einen gültigen Domizilvermerk mit Zahlungsort L*****. Die Protesterhebung in L***** sei auch noch nach Ende der Banköffnungszeiten möglich gewesen. Hinsichtlich Zeitpunkt und Form der Protesterhebung sei österreichisches Recht anzuwenden. Nach diesem seien die Proteste rechtzeitig erhoben worden. B***** Ltd. sei durch die Wechselvaluta nicht bereichert, weil sie Ware an die R. & S. Gesellschaft geliefert habe. Die Zahlungsunfähigkeit der R. & S. Gesellschaft habe zur Zeit der Wechseleskontierung nicht bestanden; jedenfalls sei diese der Klägerin nicht bekannt gewesen. Die Klägerin habe sowohl die R. & S. Gesellschaft als auch ihre Geschäftsführer Rudolf R***** und Rudolf S***** auf Zahlung von S 5,939.978,37 geklagt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich eines Teilbetrages von 5,377.320,-- S samt 8,25 % Zinsen seit 1. August 1992 statt und wies das Mehrbegehren von 562.548,27 S sA ab. Dabei ging es von folgenden Feststellungen aus:

B***** Ltd. hat an die R. & S. GesmbH in B***** Lieferungen (Brecheranlagen) erbracht, für die ihr Forderungen von LSt 141.000,-- und LSt 105.000,-- zustanden. Zur Abdeckung dieser Verbindlichkeiten wurde von der R. & S. GesmbH am 29. Mai 1989 in B***** ein dort ausgestellter Wechsel an eigene Order über LSt 141.000,-- mit Zahlungstag 29. August 1989 angenommen. Für B***** Ltd. als Wechselausstellerin haben deren vertretungsbefugte Organe K. A. Mc M***** und Robin Anthony James Y***** - ohne Zusatz bzw. ohne ausdrücklichen Hinweis auf den eigentlichen Wechselaussteller - unterschrieben. Auf dem Wechsel war folgender Vermerk angebracht:

"Zahlbar bei Raiffeisenlandesbank O***** reg. Genossenschaft mbH, ***** zL Raiffeisenbank S*****". Bei der Eskontierung wurde die Wechselforderung durch Blankoindossament an die klagende Partei übertragen, welches von K. A. Mc M***** und Robin Anthony James Y*****, diesmal unter Beifügung der Firmenstampiglie der Wechselausstellerin, unterschrieben wurde.

Am 6. August 1989 wurde von der R. & S. Gesellschaft ein in B***** ausgestellter Wechsel über LSt 105.000,-- an eigene Order mit Zahlungstag 6. September 1989 akzeptiert; für die Wechselausstellerin B***** Ltd. haben deren vertretungsbefugte Organe Jeffrey H***** und K. A. Mc M***** - wieder ohne Hinweis auf die Firma der Ausstellerin - unterschrieben. Von ihnen stammt auch die Unterschrift auf der Wechselrückseite; bei diesem Blankoindossament ist wieder die Firmenstampiglie von B***** Ltd. aufgedruckt und der Vermerk einer Zahlstelle bzw. der Domizilierung lautet: "Zahlbar bei Raiffeisenbank O***** reg. Genossenschaft mbH, ***** zu Lasten Raiffeisenbank S*****". Beide Wechsel wurden von der R. & S. Gesellschaft nicht eingelöst und es ist auch derzeit ausgeschlossen, daß die Annehmerin ihre Wechselverbindlichkeiten erfüllen kann. Um sich den Regreß gegenüber der Wechselausstellerin zu sichern, hat die Klägerin beide Wechsel an den beklagten Notar mit dem Auftrag zur Erhebung des Protestes übergeben. Der Wechsel vom 29. Mai 1989 wurde am späten Nachmittag des 31. August 1989 von einem Angestellten der Klägerin an eine Mitarbeiterin des Beklagten und der Wechsel vom 6. Juni 1989 am 8. September 1989 mitten am Nachmittag übergeben und zwar nur mit dem Bemerken, daß Protest zu erheben sei. Der Beklagte hat dann jeweils am selben Nachmittag unverzüglich die Wechsel der Annehmerin bei der Raiffeisenbank S***** als Zahlstelle zur Zahlung vorgewiesen und vermerkt, daß die Vorweisung der Wechsel nicht zu deren Einlösung geführt hat. In der Folge hat die Klägerin die Wechselausstellerin in England geklagt, mußte aber ihr Regreßvorhaben aufgeben, nachdem offenbar geworden war, daß B***** Ltd. berechtigterweise (neben dem weiteren Einwand, daß nach englischem Wechselrecht die Protesterhebung verspätet erfolgt sei) die Einwendung erhoben hatte, daß der Protest am falschen Ort (nämlich in S***** anstatt in L*****) erhoben worden und daher nicht gültig sei. Da auch von der R. & S. Gesellschaft über die berücksichtigten Zahlungseingänge hinaus nichts zu erhalten war und ist, hat die Klägerin unter Berücksichtigung von 8,25 % Zinsen (Refinanzierungskosten) bis 31. Juli 1992 einen Ausfall erlitten, der höher ist als die beiden Wechselsummen, die zusammen umgerechnet S 5,377.320,-- ausmachen.

In der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus: Vom Beklagten, den gemäß § 1299 ABGB eine erhöhte Sorgfaltspflicht treffe, wäre zu verlangen gewesen, die Domizilvermerke auf den beiden Wechseln richtig dahin auszulegen, daß Zahlstelle und damit auch Ort der Protesterhebung die Raiffeisenlandesbank O***** in L***** war und nicht die Raiffeisenbank S*****, die nur von der Raiffeisenlandesbank O***** rückbelastet werden sollte. Die vom Beklagten in S***** vorgenommenen Wechselproteste seien daher wirkungslos gewesen, sodaß sich die Klägerin als Blankoindossatarin nicht bei der Wechselausstellerin regressieren könne. Da die Vorgangsweise des Beklagten bei den Wechselprotesten schuldhaft und rechtswidrig sei, sei er der Klägerin zum Ersatz des ihr dadurch entstandenen Schadens verpflichtet. Der Schaden sei allerdings begrenzt durch die Höhe der Wechselsummen, da die Klägerin gegen die Ausstellerin auch nur in diesem Umfang hätte Regreß nehmen können. Weiters sei zu prüfen gewesen, ob die Klägerin auch bei richtiger Protesterhebung Rückersatz von B***** Ltd. nicht erhalten hätte können und ob ein Mitverschulden der Klägerin am Ausfall des Wechselausstellers anzunehmen sei. Der Beklagte habe einen ihm diesbezüglich obliegenden Nachweis nicht erbracht. Die in Zusammenhang mit den Zahlstellen gewählten Formulierungen könnten nicht so verstanden werden, daß auf den Wechseln zwei Zahlstellen bezeichnet worden seien und die Wechsel deshalb von vornherein ungültig gewesen seien. Der Einwand, daß der Ort der Protesterhebung für den Verlust des Rückgriffes ohne Bedeutung sei, weil beide Proteste ohne Verschulden des Beklagten nur verspätet hätten erhoben werden können, sei unrichtig, weil beide Proteste gemäß Art. 44 Abs 3 WG rechtzeitig erhoben worden seien, zumal sich nach Art. 97 WG die Fristen für die Protesterhebung nach dem Recht des Staates bestimmten, in dessen Gebiet Protest zu erheben sei, hier also nach österreichischem Recht. Den Protest am richtigen Ort zu erheben habe zum übernommenen Aufgabenbereich des Beklagten gehört, die Klägerin habe diesbezüglich keine Aufklärungspflicht getroffen. Es wäre auch Sache des Beklagten gewesen, die Klägerin sofort darauf hinzuweisen, daß seiner Einschätzung nach eine rechtzeitige Protesterhebung noch jeweils am selben Tag in L***** nicht mehr möglich sei. Daß ihn die Klägerin anläßlich der unrichtig in S***** erhobenen Proteste nicht sofort auf den ihm unterlaufenen Irrtum aufmerksam gemacht habe, sei nicht als Mitverschulden eingewendet worden. Auf die übrigen Einwendungen des Beklagten brauche nicht näher eingegangen werden. Es sei etwa nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin gegen B***** Ltd. einen Bereicherungsanspruch habe könne, da B***** LKtd. ja tatsächlich entsprechende Leistungen an die R. & S. Gesellschaft erbracht habe. Von der Klägerin sei nicht zu verlangen, sich zuerst bei den Geschäftsführern der Wechselannehmerin schadlos zu halten.

Zusammenfassend ergebe sich, daß ein dem schuldhaften und rechtswidrigen Verhalten des Beklagten adäquater Schaden in Höhe der beiden Wechselsummen vorliege, zu dessen Ersatz der Beklagte verpflichtet sei. Das Mehrbegehren sei abzuweisen, weil es sich dabei zwar um zumindest teilweise durch den Irrtum des Beklagten entstandene Schäden handle, die aber auch im Falle eines erfolgreichen Rückgriffes gegen die Wechselausstellerin nicht abgedeckt worden wären.

Das Berufungsgericht gab den gegen das erstgerichtliche Urteil erhobenen Berufungen beider Streitteile Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil zur streitentscheidenden Frage der Domizilvermerke eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Im übrigen führte es aus:

Der mit der Protesterhebung betraute Notar sei für die seinem Auftraggeber schuldhaft zugefügten Schäden haftbar. Diese könnten bei unrichtiger Vornahme des Protestes im Verlust von Rückgriffsrechten bestehen. Voraussetzung für einen Rückgriff sei, daß der Wechsel innerhalb der gesetzlichen Vorlegungsfrist rechtzeitig (gemäß Art. 38 Abs 1 WG am Zahlungstag oder an einem der beiden folgenden Werktage) und "ortsrichtig" vorgelegt werde, da anderenfalls gemäß Art. 53 WG der Rückgriffsanspruch verloren gehe. Die klagende Partei mache mit ihrer Klage den Schaden geltend, der ihr aus dem Verlust des Rückgriffsrechtes gegen B***** Ltd. entstanden sei, weil der Beklagte die beiden Wechsel am falschen Ort, nämlich in S*****, statt in L*****, zur Zahlung vorgelegt und protestiert habe. Zu prüfen sei daher, ob die klagende Partei aus den Wechseln gegen B***** Ltd. überhaupt Rückgriffsansprüche gehabt hätte; dies setze die Gültigkeit der Wechsel und die Legitimation der klagenden Partei voraus; bejahendenfalls sei sodann zu prüfen, ob sie diese Rückgriffsansprüche wegen schuldhaften Verhaltens des Beklagten oder aus anderen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen, wie etwa wegen verspätetem Auftrag zum Protest, verloren habe. Wenn der Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten bestehe, sei ein Mitverschulden der Bank am Verlust des Rückgriffsrechtes zu prüfen, das insbesondere in verspäteter Auftragserteilung oder Verletzung von Aufklärungspflichten gelegen sein könnte. Weiters sei der Umfang des Schadens zu prüfen.

Der Einwand des Beklagten, beide Wechsel seien ungültig, sei unberechtigt. Der Zahlungsort eines Wechsels müsse eindeutig bestimmbar sein. Wechsel mit der Angabe mehrerer Zahlungsorte seien ungültig. Durch den Domizilvermerk werde hier der Zahlungsort aber eindeutig bestimmt, indem in beiden Wechseln L***** als Zahlungsort bezeichnet werde. Im Wechsel vom 29. Mai 1989 geschehe dies sogar durch die genaue Angabe der Adresse des Domiziliaten "Raiffeisenlandesbank O*****, *****". Die Wendung, "zL Raiffeisenbank S*****" erwecke nicht den Anschein eines möglichen zweiten Zahlungsortes, weil dies nur eine Firmen-, aber keine Ortsbezeichnung sei. Beim Wechsel vom 6. Juni 1989 sei zwar die genaue Anschrift des Domiziliaten Raiffeisenlandesbank O***** nicht angegeben, sondern nur der Ort und die Postleitzahl, dafür lasse die Wendung "zu Lasten Raiffeisenbank S*****" keinen Zweifel daran offen, daß nur die Raiffeisenlandesbank O***** in L***** als Domiziliat bezeichnet werde, die die Zahlung zu Lasten der klagenden Partei bewirken solle. Der Einwand des Beklagten, der Wechsel vom 29. Mai 1989 sei ungültig, weil die bei der Ausstellerunterschrift befindlichen Schlingen nicht als Unterschrift angesehen werden könnten, sei nicht stichhaltig; die Unleserlichkeit der Unterschrift des Ausstellers schade der Gültigkeit des Wechsels nicht. Es seien zwar an eine Wechselunterschrift Mindesterfordernisse zu stellen, nämlich, daß ein Gebilde aus zumindest angedeuteten Buchstaben vorliege, das die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichne und entsprechend charakteristische Merkmale aufweise, die die Nachahmung zumindest wesentlich erschwerten. Unter Bedachtnahme auf die Unterschrift auf der Kopie der eidesstättigen Erklärung vom 29. November 1989 (Beilage D) könne nicht ernsthaft bezweifelt werden, daß eine der beiden Ausstellerunterschriften auf dem Wechsel vom 29. Mai 1989 von Robin Anthony James Y***** stamme. Selbst wenn dies nicht angenommen würde, wäre der Wechsel deshalb nicht ungültig, weil eine zweite Unterschrift, nämlich jene des K. A. Mc M***** durchaus leserlich sei.

Auch gegen die formelle Legitimation der klagenden Partei bestehe kein Einwand. Überdies habe der mit der Protesterhebung beauftragte Notar auch die formelle Legitimation des Auftraggebers zu prüfen. Bei deren Fehlen habe er den Protestwerber darauf aufmerksam zu machen und bei Bestehen auf dem Protest dies zu beurkunden und zu vermerken, daß er über ausdrückliches Verlangen der Partei erfolgt sei. Es sei nicht Sache des Notars, endgültig über die Zulässigkeit des Protestes zu entscheiden. Über Form, Zuordnung und Wirkung der Vertretung beim Skripturakt enthalte das Wechselrecht gegenüber den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechtes keine speziellen Anordnungen. Bei Kenntnis des Akzeptanten davon, daß der von ihm die Annahme des Wechsels fordernde nominelle Aussteller und Remittent nur als Stellvertreter für den wahren Wechselgläubiger handle, könne er gegenüber dem Vertretenen nicht unter Berufung auf das sonst maßgebende Bild des Wechsels mit Erfolg einwenden, er sei als solcher nicht formell legitimiert. Sei der Wille des nur mit seinem Namen zeichnenden organschaftlichen Vertreters einer Gesellschaft, den wertpapierrechtlichen Skripturakt der Gesellschaft zuzuordnen, dem Ersterwerber bekannt oder doch erkennbar, so werde nur die vertretene Gesellschaft verpflichtet, nicht aber der in organschaftlicher Vertretung Handelnde.

Der Beklagte habe nach Prüfung des Wechsels die klagende Partei auf deren angeblich fehlende formelle Legitimation nicht aufmerksam gemacht. Hätte er dies getan, so hätte die klagende Partei wohl auf einer Protesterhebung bestanden, weil nach ihren Prozeßbehauptungen die Wechselaussteller nicht als Privatpersonen, sondern als vertretungsbefugte Organe mit der allen Beteiligten bekannten Absicht unterfertigten, die Wechsel für B***** Ltd. auszustellen. Bei Zutreffen dieser Behauptung könnte der klagenden Partei der Einwand der fehlenden formellen Legitimation nicht entgegengesetzt werden. Ein Indiz für die Richtigkeit dieser Behauptung der klagenden Partei sei auch der Umstand, daß B***** Ltd. in dem in England von der klagenden Partei angestrengten Prozeß zur Durchsetzung des Rückgriffsanspruches die fehlende formelle Legitimation der klagenden Partei nicht eingewendet habe. Für die diesbezüglichen Voraussetzungen des Klagsanspruches fehlten aber Feststellungen auf Grund der beantragten Beweise.

Der Einwand des Beklagten, nach englischem Wechselrecht sei die Protesterhebung am zweiten Tage nach Fälligkeit verspätet erfolgt, treffe nicht zu.

Gegenstand des Rechtsstreites sei ein Schadenersatzanspruch einer österreichischen Bank gegen einen österreichischen Notar auf Grund fehlerhafter Wechselproteste betreffend Wechsel, die in Österreich ausgestellt und zahlbar seien. Einziger Auslandsbezug sei der Umstand, daß die Aussteller Engländer seien und das erste Indossament von einer englischen Gesellschaft stamme. Das anwendbare materielle Recht sei nach österreichischem internationalen Wechselrecht (Art. 91 bis 98 WG) zu ermitteln. Nach Art. 93 WG bestimmten sich die Verpflichtungserklärungen des Annehmers eines gezogenen Wechsels und des Ausstellers eines eigenen Wechsels nach dem Recht des Zahlungsortes; die Wirkungen der übrigen Wechselerklärungen nach dem Rechte des Staates, in dessen Gebiet die Erklärungen unterschrieben worden seien. Nach Art. 97 WG bestimmten sich die Form des Protestes und die Fristen für die Protesterhebung sowie die Form der übrigen Handlungen, die zur Ausübung oder Erhaltung der Wechselrechte erforderlich seien, nach dem Recht des Staates, in dessen Gebiet der Protest zu erheben oder die Handlung vorzunehmen sei. Da beide Wechsel in Österreich ausgestellt, hier zahlbar und hier zu protestieren gewesen seien, sei die Frage, ob und aus welchen Gründen die klagende Partei ihre Rückgriffsansprüche gegen B***** Ltd. verloren habe, nach österreichischem materiellen Wechselrecht zu beurteilen und zwar ungeachtet des Umstandes, daß Großbritannien dem Genfer Abkommen zugunsten seiner eigenen wechselrechtlichen Kollisionsregeln ferngeblieben sei. Selbst wenn die Frage des Rückgriffsverlustes wegen des in England geführten Prozesses nach englischem Kollisionsrecht beurteilt würde, wäre für den Beklagten nichts gewonnen. Nach Sec. 72 (3) des Bills of Exchange Act von 1882 richteten sich nämlich die Pflichten des Inhabers bezüglich der Vorlegung zur Annahme oder Zahlung und die Notwendigkeit oder das Genügen eines Protests, einer Notanzeige oder anderweitiger Maßnahmen nach dem Recht des Ortes, an welchem die Maßnahme getroffen oder der Wechsel notleidend geworden sei (Schettler/Büeler, Das Wechsel- und Scheckrecht aller Länder, Großbritannien und Nordirland, S. 88 f). Es gelte also auch im englischen internationalen Wechselprivatrecht für die Form, Rechtzeitigkeit und Inhalt des Wechselprotestes der Grundsatz "locus regit actum". Die Gültigkeit der Wechselproteste sei jedenfalls nach österreichischem Wechselrecht - auch unter Bedachtnahme auf das englische Kollisionsrecht - zu beurteilen.

Das Urteil erster Instanz sei mangelhaft, weil es die Feststellungen über die Ursache der Einstellung des Rückgriffsprozesses der klagenden Partei in England ohne Beweisgrundlage getroffen habe.

Ergänzende Feststellungen seien weiters dazu erforderlich, wann die Wechsel dem Beklagten mit dem Auftrag zur Protesterhebung übergeben wurden, welche Zeit es erfordert hätte, zur Protesterhebung nach L***** zu gelangen und wie lange beim Domiziliaten eine Protzesterhebung möglich gewesen sei. Man müsse dem Beklagten eine angemessene Zeit zur Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen zubilligen. Die späte Auftragserteilung zur Protesterhebung könne eine Haftung des Beklagten für den Rückgriffsanspruch ausschließen oder ein Mitverschulden der klagenden Partei begründen. Hingegen sei der klagenden Partei nicht als Mitverschulden anzulasten, den Beklagten nicht auf die Notwendigkeit eines Protestes in L***** hingewiesen zu haben; sie habe vielmehr annehmen dürfen, der Beklagte habe die für die Vornahme des übernommenen Auftrages erforderlichen Kenntnisse des Wechselrechtes und wende die notwendige Sorgfalt zur Durchführung des Auftrages an. Feststellungen über Zahlungseingänge der R. & S. Gesellschaft und ihre weitere Zahlungsunfähigkeit seien wegen der Solidarschuldnerschaft der mehreren Wechselverpflichteten entbehrlich.

Ein Bereicherungsanspruch gegen die Ausstellerin bestehe nicht, infolge Lieferung einer Anlage an die Annehmerin, sei die Ausstellerin keinesfalls bereichert.

Zum Vorbringen des Beklagten, es seien 30 % Nachlaß auf die Verbindlichkeit der Wechselannehmerin zu berücksichtigen, könne mangels diesbezüglicher Erörterungen und Feststellungen nicht Stellung genommen werden. Dieser undeutliche Einwand des Beklagten werde mit den Parteien gemäß § 182 Abs 1 ZPO zu erörtern sein.

Zur Höhe der von der klagenden Partei im Rückgriffsprozeß gegen die Ausstellerin aufgewendeten Prozeßkosten fehlten genauere Klagsbehauptungen und die zur Beurteilung erforderlichen Feststellungen. Ebenso seien die Feststellungen für die Refinanzierungskosten mangelhaft.

Wegen der zahlreichen, im einzelnen angeführten Feststellungsmängel müsse eine Aufhebung und Zurückverweisung an das Erstgericht erfolgen.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der zulässige Rekurs des Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, ihn abzuändern und das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO); sie laufen im wesentlichen auf angeblich unzureichende Feststellungen des ausländischen Sach- und Kollisionsrechtes und seine fehlerhafte Anwendung hinaus. Da der Charakter des ausländischen Rechtes als Rechtsnorm unzweifelhaft ist und der Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO nicht auf die unrichtige rechtliche Beurteilung nur infolge Anwendung inländischen Rechtes eingeschränkt ist, sind die diesbezüglichen Rechtsmittelausführungen gemäß § 84 Abs 2 zweiter Satz ZPO im Rahmen der Rechtsrüge zu behandeln. Die Annahme einer "Mangelhaftigkeit besonderer Art" (SZ 46/83) kann nach dem Inkrafttreten des IPR-Gesetzes mit 1. Jänner 1979 (§ 50 IPRG) nur mehr eingeschränkt für unzureichende verfahrensrechtliche Erhebungsmaßnahmen zutreffen (Schwimann-Rummel, ABGB**2, Rz 1 zu § 3 und Rz 1 und 3 zu § 4 IPRG mwN; Schwimann, Internationales Privatrecht, 36 f).

Der Beklagte bringt in seinen richtigerweise dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu unterstellenden Ausführungen vor, das englische Wechselrecht sei unzureichend ermittelt und fehlerhaft angewendet worden. Fälschlich habe das Berufungsgericht angenommen, der Auslandsbezug erschöpfe sich darin, daß die Aussteller der Wechsel Engländer seien. Für den Rückgriff der klagenden Partei gegen die Aussteller, die Voraussetzungen eines Protestes und die Chancen eines Verfahrens vor dem englischen Gericht sei das englische Recht unter Ausschluß seines Kollisionsrechtes und seiner Anwendungspraxis maßgeblich. Im englischen Recht komme dem Richterrecht eine besondere Bedeutung zu, es hätte den Parteien Gelegenheit zur Mitwirkung an dessen Ermittlung gegeben werden müssen. Ein die Kosten des englischen Verfahrens umfassender Schadenersatzanspruch der klagenden Partei bestehe nur dann, wenn nach englischem Verfahrensrecht eine Kostenzuspruch hätte erfolgen können.

In der Rechtsrüge führt der Beklagte aus, die Beweislast für sorgfaltswidriges Verhalten treffe die klagende Partei. Bei dem Auftrag zum Protest sei ihm eine angemessene Zeit für die rechtliche Prüfung und für das Erreichen des Protestortes zuzubilligen, er könne nicht alles andere in seiner Kanzlei "stehen und liegen lassen". Die klagende Partei treffe ein Mitverschulden, denn sie hätte den Beklagten auf den richtigen Protestort hinweisen müssen. Diese Aufklärungs- bzw. Sorgfaltspflichten hätten für einen sachkundigen Auftraggeber zu gelten. Davon abgesehen seien beide Wechsel ungültig, weil zwei Zahlstellen bzw. zwei Zahlungsorte den Wechsel ungültig machten. Das Berufungsgericht habe die Prüfung der Ausstellerunterschrift auf Grund einer beim Akt erliegenden eidesstättigen Erklärung vorgenommen, die aber dem Wechsel nicht angeschlossen sei. Durch die Unterschrift ohne Zusatz einer Vertretung würden die Aussteller persönlich verpflichtet, nicht aber würde dies die Firma, die bei dem Indossament angegeben sei, wodurch eine Unterbrechung der Indossamentenkette erfolgt sei. Der Verlust des Rückgriffsanspruches "an sich" sei noch kein Schade, es müßte vielmehr festgestellt werden, inwieweit die Forderung bei der Annehmerin einbringlich sei und ob nicht die Ausstellerin bereichert sei. Ein Schadenersatz für die Verfahrenskosten komme nicht in Betracht, weil ausgehend von dem falschen Protestort ein Verfahren gegen die Ausstellerin hätte unterbleiben müssen. Bei Zahlungsunfähigkeit der Annehmerin hätte die Ausstellerin gegenüber der klagenden Partei eine Verletzung ihrer Aufklärungspflicht einwenden können, was ebenfalls zum Rückgriffsverlust geführt hätte.

Zu zahlreichen dieser Einwendungen des Rechtsmittelwerbers hat das Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluß schon zutreffend Stellung genommen.

Das fremde Recht ist gemäß § 4 Abs 1 erster Satz IPRG von Amts zu ermitteln. Die weiteren, im zweiten Satz genannten zulässigen Hilfsmittel sind subsidiär und daher entbehrlich, wenn die amtswegige Ermittlung schon zu einem ausreichenden, eine rechtliche Beurteilung ermöglichenden Ergebnis führt. Gemäß § 3 IPRG umfaßt die Ermittlung das fremde Recht, wie es im Ursprungsland tatsächlich gehandhabt wird (Schwimann, aaO, Rz 1 zu § 4 IPRG). Bei Vorhandensein ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen ist also deren Auslegung in Lehre und Rechtsprechung maßgebend.

Das englische Wechselrecht unterscheidet sich in zahlreichen Einzelheiten vom Genfer Wechselrechtsabkommen vom 7. Juni 1930 (BGBl. Nr. 289/1932), das dem Bundesgesetz vom 16. Februar 1955, BGBl. 49, betreffend das Wechselrecht (Wechselgesetz 1955) zugrundeliegt. In Großbritannien, das nicht diesem Genfer Wechselrechtsabkommen beigetreten ist, besteht diesbezüglich eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, nämlich der Bills of Exchange Act aus 1882 (BEA; hiezu Schettler/Büeler, Das Wechsel- und Scheckrecht aller Länder; Jahn, Wechselrecht in Europa, 2. Auflage, 81 ff; Lotter, Das englische Wechsel- und Scheckrecht). Das tragende gesetzliche Prinzip des englischen Kollisionsrechtes nach Sec. 72 BEA ("rules where law conflict"), insbesondere hinsichtlich der Rückgriffsvoraussetzungen (Abs 3), ist "the place governs the act", d.h. die einzelnen wechselrechtlich erheblichen Erklärungen richten sich grundsätzlich nach dem Recht des Landes, in dem sie abgegeben werden (Lotter, aaO, Teil I Das englische Wechselrecht und seine Praxis, 37; dies entspricht inhaltlich Art 92 Abs 1 des österreichischen Wechselgesetzes). Das englische Kollisionsrecht gemäß Sec 72 (3) BEA verweist demgemäß auch hinsichtlich des Protestes auf das Recht des Staates, in dessen Gebiet der Protest zu erheben oder die Handlung vorzunehmen ist: "Abs 3: The duties of the holder with respect to presentment for acceptance or payment and the necessity for a sufficiency of a protest .... are determined by the law of the place where the act is done or the bill is dishonoured". Dies wiederum entspricht der Regelung des Art. 97 des österreichischen Wechselgesetzes (vgl. hiezu Schettler/Büeler, 88 mwH in FN 158 hinsichtlich des Grundsatzes "locus regit actum").

Nach den drei vorzitierten, das englische Wechselrecht und seine Praxis wiedergebenden, also auch auf die in Großbritannien herrschende Lehre und Rechtsprechung abstellenden Werken (z.B. Schettler-Büeler, Unterabschnitt Großbritannien und Nordirland, FN 18, 28, 45, 54, 60 und insbesondere zur Kollisionsnorm der Sec 72 die FN 154, 160 und 158, in welchen auf weitere Literatur verwiesen wird), liegt nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vor, daß die gesetzliche Bestimmung der Sec 72 BEA trotz ihrem klaren und eindeutigen Wortlaut in der Auslegung und Anwendung umstritten wäre. Der Wechselinhaber muß sich also bei der Durchsetzung seines Anspruches nach den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Landes richten, in dem der Zahlungsort liegt (Lotter aaO 39). Eine konkrete Behauptung und ein Ermittlungsergebnis in dem Sinn, daß die englische Rechtspraxis diesem eigenen gesetzlichen Kollisionsrecht die Gefolgschaft verweigere, hat der Beklagte gar nicht vor- und dargebracht. Demgemäß ist daher auch bei der Beurteilung des Protestes und seiner behaupteten Fehlerhaftigkeit sowohl nach englischem als auch nach österreichischem Kollisionsrecht österreichisches Sachrecht anzuwenden. Von einer Fehlbeurteilung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO kann keine Rede sein (vgl. NRsp 1994/103 in ÖJZ 9/1994).

Auch das englische Kostenersatzrecht ist für den Schadenersatzanspruch der klagenden Partei gegen den Beklagten unerheblich. Dieser vertritt selbst noch immer den - unrichtigen - Standpunkt, die Protestierung in S***** sei richtig gewesen. Er kann daher der klagenden Partei den zunächst unternommenen Versuch, in England Regreß zu erlangen, nicht als rechtlich unvertretbar vorwerfen und ebensowenig, daß sie dort nach Erhebung des Einwandes der unrichtigen Protesterhebung das Verfahren doch nicht mehr fortsetzte. Ihr diesbezüglicher Aufwand ist als Rettungsaufwand anzusehen (vgl. Reischauer-Rummel, ABGB**2, Rz 10 zu § 1293 und Rz 22 zu § 1323) und zu ersetzen.

Gemäß Art 79 WG muß der Protest durch einen Notar aufgenommen werden; die Möglichkeit, auch durch einen Gerichtsbeamten zu protestieren, hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt. Die Betrauung eines Notares erfolgt wegen der vorausgesetzten besonderen Rechtskenntnisse, bei ihm ist ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab gemäß § 1299 ABGB iVm § 5 Abs 3 NotO anzuwenden (8 Ob 664/92; JBl 1990, 179 = EvBl 1990/21, 116; NZ 1980, 73; NZ 1980, 88; JBl 1985, 677; SZ 59/106 = NZ 1987, 129). Da der Beklagte im Rahmen eines Auftragsvertrages (Koziol-Welser, Grundriß I9, 360 ff) zwischen den Streitteilen den Protest vorzunehmen hatte, gilt grundsätzlich die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB. Es obliegt daher, wie das Berufungsgericht schon zutreffend ausgeführt hat, dem Beklagten, nachzuweisen, daß die Aufträge zur Protesterhebung verspätet erteilt wurden. Schulden Anwälte auch keinen Prozeßgewinn, sondern nur fachgerechte Beratung und Vertretung des Klienten (vgl. Reischauer-Rummel, ABGB**2 Rz 25 zu § 1298), sodaß § 1298 ABGB nicht anwendbar ist, so gilt dies nicht für den Vorgang einer Beurkundung von Tatsachen, wie bei einem Protest. Während der Ausgang eines Prozesses außer von der Sorgfalt des Rechtsfreundes von zahlreichen anderen Umständen abhängig ist, handelt es sich bei der Vornahme eines Protestes um eine Erfolgsverbindlichkeit (vgl. Reischauer aaO Rz 2 vor §§ 918 ff und Rz 3 zu § 1298), bei deren Erfüllung der Notar für den Standard (dazu JBl 1993, 524 = EvBl 1993/125, 525 mwN) an Rechtskenntnissen des § 1299 ABGB einzustehen hat.

Bei der Vornahme des Protestes sind die (Bank-)Öffnungszeiten des Domiziliaten nicht allein von Bedeutung. Gemäß Art 86 WG sollen Proteste in der Zeit von 9 Uhr vormittags bis 6 Uhr abends erhoben werden; wenn derjenige, gegen den protestiert wird, nicht anzutreffen gewesen ist, kann allenfalls ein sogenannter "Wandprotest" erfolgen (Art. 80 Abs 1 Z 2 WG, vgl. auch Wagner, Wechsel und Protest, 98, insbesondere Rz 31, 32). Sicherlich ist dem beauftragten Notar eine angemessene Zeit zur Prüfung der Rechtslage zuzubilligen, er muß auch nicht alles "stehen und liegen lassen", um einen entfernten Protestort aufzusuchen. Dies hat auch das Berufungsgericht dem Beklagten zugebilligt. Weshalb ihm dies unter den konkreten Umständen nicht möglich gewesen sei, ist - unabhängig von der Bestimmung des § 1298 ABGB - auch unter dem Gesichtspunkt der größeren "Beweisnähe" (vgl. RdW 1992, 217 = DRdA 1992/44, 369 = WBl 1992, 193 = ind 2.106) vom Beklagten zu beweisen.

Ein anspruchsminderndes Mitverschulden der klagenden Partei wegen Verletzung der Warnpflicht liegt nicht vor. Der Beklagte hat kraft seines Amtes in besonderer Weise für Rechtskenntnisse einzustehen; die klagende Partei hingegen nicht. Diese trifft daher keine aus § 1168 a ABGB ableitbare und im Falle ihrer Nichtbeachtung den Schadenersatz des Beklagten vermindernde Warnpflicht.

Beide Wechsel sind dem Beklagten von einem Angestellten der klagenden Partei "lediglich mit dem Bemerken, daß Protest zu erheben sei" (Feststellung des Ersturteils S 7 = AS 51) übergeben worden; eine unrichtige Anweisung ist darin nicht zu erblicken. Eine Warnpflicht hätte den Beklagten seinerseits getroffen, wenn die klagende Partei ihm die unrichtige Anweisung gegeben hätte, an einem vom Zahlungsort verschiedenen Ort zu protestieren, denn die Warnpflicht des Unternehmers besteht auch gegenüber einem sachkundigen oder sachverständig beratenen Besteller (Krejci-Rummel, ABGB**2, Rz 32 zu § 1168a). Es würde geradezu die Haftungsverhältnisse beim Auftrag an einen Rechtsberater ins Gegenteil verkehren, müßte der rechtsunkundige oder minderkundige Mandant diesen rechtlich beraten.

Entgegen den Rechtsmittelausführungen ist der klagenden Partei auch keine "unklare Ausfüllung" des Wechsels anzulasten.

Das Berufungsgericht hat schon dem Einwand des Beklagten, die beiden Wechsel seien ungültig, weil sie zwei Zahlungsorte enthielten (vgl. SZ 58/173 = JBl 1986, 324 = EvBl 1986/59, 214), zutreffend entgegengehalten, daß durch die Domizilvermerke und die Beifügung eines Ortes bzw. einer Anschrift des Domiziliaten der Zahlungsort eindeutig bestimmt wurde. Die weitere Beifügung eines Geldinstitutes (der klagenden Partei) mit dem Zusatz "z.L." bzw. "zu Lasten ...."

bedeutet lediglich eine Information des Domiziliaten zum Einlösungsverhältnis, daß nämlich die Einlösung zu Lasten eines vom Domiziliaten verschiedenen Geldinstitutes, vermutlich der Hausbank des Bezogenen, erfolgen solle. Überlegungen über die rechtliche Eigenständigkeit und die häufigen Fusionen im Bankenbereich sind entbehrlich, wenn im Wechsel bei dem Vordruck "Zahlbar bei ........."

ein vom Wohnort des Bezogenen verschiedener Ort (vgl. Art. 4 WG) in Form eines Domizilvermerkes aufscheint.

Die Beurteilung der Echtheit der Ausstellerunterschrift auf Grund einer dem Gericht vorliegenden eidesstättigen Erklärung ist durch die dem Gericht gemäß § 315 ZPO eingeräumte Befugnis zur Schriftvergleichung legitimiert. Die verschiedenen Musterunterschriften (zB §§ 12 Abs 1 und 53 Abs 2 HGB) sollen dem Gericht eine Schriftvergleichung ermöglichen, ohne daß es eines graphologischen Gutachtens bedürfte.

Aus dem Zusammenhalt des ersten und einzigen Indossaments mit Firmenstampiglie des englischen Lieferanten, für den zwei Aussteller als Vertreter handelten mit den Ausstellerunterschriften ohne solche Firmenstampiglie wird - bei Zutreffen der noch zu beweisenden Prozeßbehauptung der klagenden Partei - einerseits klar, daß die beiden Aussteller nicht als Privatpersonen, sondern in einer dem Wechselinhaber erkennbaren Eigenschaft als Rechtsvertreter handelten, und andererseits, daß zwischen Aussteller und Indossament die Indossantenkette nicht unterbrochen ist.

Wegen der dem Wechsel eigenen materiellen Wechselstrenge und der gesamtschuldnerischen Haftung der mehreren Rückgriffsschuldner ist der Verlust des Rückgriffsanspruches durch einen fehlerhaften Protest ein Schaden, zumal der Beklagte nicht eingewendet hat, die klagende Partei habe beim Erwerb des Wechsels bewußt zum Nachteil des Schuldners (Art. 17 WG) gehandelt. Ebensowenig hat er eingewendet, die Bonität des Ausstellers und Indossanten wäre so schlecht, daß ein Rückgriff gegen sie erfolglos geblieben wäre.

Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß durch das Wegfallen eines "guten" Gesamtschuldners (Art. 47 Abs 1 WG) infolge Rückgriffsverlustes bei Vorhandensein noch mehrerer sonstiger Gesamtschuldner von nur zweifelhafter Bonität bereits ein Schaden des Wechselinhabers hinsichtlich der Einbringlichkeit seiner Forderungen eintritt. Daher hat auch das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, es sei unerheblich, ob und allenfalls welche Teilbeträge der Forderungen bei der Annehmerin hereingebracht werden könnten.

Ein allfälliger Bereicherungsanspruch der klagenden Partei im Verhältnis zur Ausstellerin und Indossantin besteht nicht; für die Valuta bei Begebung des Wechsels an die klagende Partei hat sie an die Annehmerin Anlagen geliefert. Bei ordnungsgemäßer Protesterhebung hätte die Indossantin zwar die Valuta herausgeben müssen. Ohne diese "Entreicherung" tritt aber wegen der der Wechselbegebung zugrundeliegende Warenlieferung keine nach Art. 89 WG herauszugebende Bereicherung ein.

Eine Verletzung der Aufklärungspflichten der klagenden Partei gegenüber der Ausstellerin beim Eskompt ist schon deswegen nicht weiter zu erörtern, weil ein Beweis über eine Kenntnis der klagenden Partei von einer Zahlungsunfähigkeit der Wechselannehmerin nicht vorliegt.

Zu den Verfahrenskosten des von der klagenden Partei gegen die Ausstellerin angestrengten Verfahrens wurde schon zuvor Stellung genommen. Der an den Klagevertreter bezahlte Kostenbetrag von 200.000 S (vgl. AS 63), betrifft aber möglicherweise vorprozessuale Kosten, für deren Geltendmachung der Rechtsweg unzulässig ist (E 102 zu § 477 Abs 1 Z 6 ZPO in MGA); dies wird im fortzusetzenden Verfahren zusätzlich zu den vom Berufungsgericht erteilten Aufträgen zu erörtern sein.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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