OGH 8Ob632/93

OGH8Ob632/9328.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Jelinek, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Ernst K*****, wider die beklagten Parteien 1. Katja G***** und 2. Julia G*****, beide vertreten durch Dr.Walter Lanner, Rechtsanwalt in Steyr, wegen restl. S 25.592,96 sA infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse S 25.592,96 sA und S 43.306,25) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 13.Juli 1993, GZ 4 R 13/93-68, mit dem infolge Berufung beider Teile das Endurteil des Kreisgerichtes Wels vom 27.Oktober 1992, GZ 8 Cg 112/92-60, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 4.783,68 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (einschließlich S 797,28 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der klagende Rechtsanwalt machte gegen die Beklagten als bedingt erbserklärte Erben Honorarforderungen für die Vertretung ihres Vaters in mehreren Zivilprozessen in der Gesamthöhe von S 182.732,65 geltend. Auf die Verfahren 6 C 170/85, 6 C 296/85 und 6 C 315/85 des Bezirksgerichtes Wels entfallen hievon der Höhe nach unbestrittene Honorarfordderungen von S 25.592,96.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagsbegehrens und wendeten insgesamt Gegenforderungen in der Gesamthöhe von S 83.306,25 ein. Sie brachten vor, die vom Kläger vertretene Rechtsauffassung sei unvertretbar gewesen. Hätte der Kläger in jenen Verfahren, in denen es im wesentlichen um rückständige Beträge aus einer Wertsicherungsvereinbarung ging, eingewendet, daß nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein Begehren auf rückwirkende Bezahlung einer Wertsicherung selbst auf vertraglicher Grundlage abzuweisen sei, hätte dies zur Abweisung der Klagen geführt. Sie hätten daher dem Kläger wegen schlechter Prozeßführung keine Prozeßkosten zu bezahlen und dieser habe ihnen den durch den verschuldeten Prozeßverlust verursachten Prozeßaufwand zu ersetzen.

Das Erstgericht gab im ersten Rechtsgang dem Klagebegehren vollinhaltlich statt.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung über die Klagsforderung in Höhe von S 157.139,69 sA als Teilurteil und hob sie im übrigen im angefochtenen Umfang (weitere Klagsforderung von S 25.592,96 sA und eingewendete Gegenforderung von zusammen noch S 43.306,25) auf und verwies die Rechtssache insoweit zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es führte aus: Sollten die Bestandverhältnisse, die Gegenstand der genannten Verfahren gewesen seien, in den Anwendungsbereich des MRG gefallen sein, wäre das Unterlassen eines entsprechendes Einwandes durch den nunmehrigen Kläger als Vertreter des Erblassers als Kunstfehler zu qualifizieren (vgl § 16 Abs 6 MRG); dies hätte den Verlust eines Honoraranspruches hiefür und die Schadenersatzpflicht gegenüber dem Erblasser bzw dessen Rechtsnachfolgern zur Folge.

Mit dem Endurteil erkannte das Erstgericht die restliche Klagsforderung von S 25.592,96 als mit S 8.405,35 zu Recht und mit S 17.187,36 als nicht zu Recht bestehend, die eingewendeten Gegenforderungen als jedenfalls bis zur Höhe der zuerkannten Klagsforderung als zu Recht bestehend und wies daher das restliche Klagebegehren auf Zahlung von S 25.592,96 ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht, der der Beklagten teilweise Folge und änderte das Endurteil kurzgefaßt dahin ab, daß es das restliche Klagebegehren auf Zahlung von S 25.592,96 abwies, weiters aussprach, daß die Gegenforderungen mit S 43.306,25 zu Recht bestehen und die mit Teilurteil zugesprochene Klagsforderung von S 156.293,84 sA (die bereits bezahlt worden ist) mit S 43.306,75 durch Aufrechnung getilgt ist. Hiebei ging es davon aus, daß aufgrund der Entscheidung über einen Teil der Klagsforderung mit Teilurteil die Prüfung der Gegenforderung nicht auf den Betrag der restlich verbliebenen berechtigten Klagsforderung beschränkt gewesen sei. Auch die außer Streit gestellte Zahlung sei darauf ohne Einfluß (SZ 50/134). In der Sache bejahte es die Anwendung des § 16 Abs 6 MRG auf die beiden Mietverträge, woraus folge, daß der Kläger infolge schlechter Vertretung in den Verfahren 6 C 296/85 und 6 C 315/85 keinen Honoraranspruch habe, weshalb die restliche Klagsforderung von S 25.592,96 sA zur Gänze abzuweisen sei und er den aus der Unterlassung der Erhebung der entsprechenden Einwendungen entstandenen Schaden in der Höhe von insgesamt S 43.306,25 den Beklagten zu ersetzen habe.

Die ordentliche Revision erklärte das Berufungsgericht für zulässig, weil zur Frage der Entscheidung über die Gegenforderung nach Zahlung der mit Teilurteil zugesprochenen Klagsforderungen eine divergierende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege (SZ 50/134 gegen SZ 47/10, richtig 48/10).

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil wendet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger Kostenentscheidung mit einem fünf Punkte umfassenden Hauptantrag und drei Eventualanträgen (Näheres S. 35 und 36 der Revision), mit der er im wesentlichen die Abänderung des erstgerichtlichen Urteils dahin begehrt, daß seinem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben und die geltend gemachten Gegenforderungen in Höhe von S 43.306,25 als nicht zu Recht bestehend festgestellt und "die Gegenforderungen, soweit sie den Ausspruch der Tilgung der mit Teilurteil zugesprochenen Klagsforderung von S 156.293,84 sA anstreben, als unzulässig zurückgewiesen werden."

Die Beklagten beantragen, die Revision als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Auch wenn die Frage, ob die Revision nicht jedenfalls nach § 502 Abs 2 ZPO unzulässig ist (wovon das Berufungsgericht offensichtlich schon im Hinblick auf die E SZ 48/10 und 50/134 nicht ausging, was aber wegen der nicht einheitlichen Klagsforderungen und der nicht einheitlichen Gegenforderungen im Sinn des § 55 Abs 1 Z 1 JN sehr fraglich ist - vgl 1 Ob 29/79), an sich vorrangig zu prüfen ist, kann sie im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil ihre abschließende Beantwortung umfangreicher Untersuchungen bedürfte, denen aber nur rein theoretische Bedeutung zukäme, weil die Revision jedenfalls - auch wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, mit über S 50.000 anzusetzen wäre - mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage als unzulässig gemäß § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen ist.

Es trifft zwar zu, daß die E SZ 48/10 und 50/134 inhaltlich voneinander abweichen. Nach der älteren Entscheidung ist die Einwendung einer Gegenforderung durch die beklagte Partei mit Endurteil abzuweisen, wenn zur Zeit seiner Erlassung der der klagenden Partei mit gemäß § 391 Abs 3 ZPO gefälltem Teilurteil zuerkannte Betrag bereits bezahlt worden ist, während nach der jüngeren Entscheidung, auch wenn die durch Teilurteil zugesprochene Hauptforderung bereits bezahlt worden ist, im Endurteil über den Bestand der Gegenforderung abzusprechen und bejahendenfalls auch auszusprechen ist, daß und in welchem Umfang die mit Teilurteil zugesprochene Klagsforderung bereits getilgt war, wenn die Gegenforderung bereits im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung über die Klagsforderung aufrechenbar war. Hauptargument ist, daß die Rechtsfolgenanordnung des § 391 Abs 3 ZPO über die Fortsetzung der Verhandlung nur so ausgelegt werden könne, daß es auf die Zahlung der Hauptforderung nach Rechtskraft des Teilurteils nicht ankommen sollte. Andernfalls wäre auch der sehr oft erhebliche Prozeßaufwand zur Klärung der Gegenforderung bis zum Zeitpunkt der Zahlung der Hauptforderung verloren. Dies aber würde dem die Zivilprozeßordnung beherrschenden Grundsatz der Prozeßökonomie widersprechen.

Die erstgenannte Entscheidung (SZ 48/10) ist als überholt anzusehen. Sie wurde nicht nur von der jüngeren Lehre (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1297), sondern in der Folge auch von der E SZ 50/134 unter ausführlicher Auseinandersetzung mit ihr und früheren Lehrmeinungen abgelehnt; auch die E SZ 59/133 legt die neuere Auffassung zugrunde. Da sich das Berufungsgericht dieser neuen Ansicht angeschlossen hat, die auch der erkennende Senat teilt, liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor.

Andere erhebliche Rechtsfragen wurden nicht geltend gemacht und sind auch nicht erkennbar, sodaß die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen ist. Die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht, daß dem Kläger bei der Prozeßführung in den genannten Verfahren Kunstfehler unterliefen, die zum Verlust seiner Honorarforderung und zu Schadenersatzforderungen der Vertretenen führte, hat das Berufungsgericht im Einklang mit der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung gelöst. Im übrigen versucht der Kläger unter den verschiedensten Rechtsmittelgründen in Wahrheit die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen zu bekämpfen und die in den verschiedenen Verfahren aufgelaufenen Kosten im Detail zu berichtigen, sowie unzulässigerweise auch die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes zu bekämpfen.

Da die Beklagten auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben, sie daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente, hat der Kläger den Beklagten die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen (§§ 41, 50 ZPO).

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