Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die beklagte Partei betreibt den Handel mit Einrichtungsgegenständen und Möbeln, sie verwendet im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen ("Allgemeine Geschäfts-, Liefer- und Verkaufsbedingungen"). Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragte die klagende Partei, gestützt auf die §§ 28 und 29 KSchG, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit der der beklagten Partei für die Dauer des Rechtsstreites verboten werden möge, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern die Klauseln
a) "Offene Mängel der Ware sind unverzüglich bei Warenübernahme auf den Warenbegleitpapieren festzuhalten, später sichtbar werdende sind dem Verkäufer sofort schriftlich bekanntzugeben".
b) "Bei Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ist der Käufer nur berechtigt, den für die Mangelbehebung notwendigen Aufwand zurückzubehalten" zu verwenden.
Die klagende Partei brachte dazu vor, die zu a) genannte Klausel sei gesetz- bzw sittenwidrig, weil sie eine im Gesetz nicht vorgesehene Rügepflicht aufstelle. Dies verstoße im Verhältnis zu Konsumten gegen § 9 KSchG, welcher die einzig möglichen Abweichungen vom zwingenden Gewährleistungsrecht normiere. Die unter b) wiedergegebene Klausel verstoße gegen § 6 Abs 1 Z 6 und 7 KSchG. Nach Z 6 dieser Bestimmung sei der Verbraucher für den Fall, daß der Unternehmer seine Leistung nicht vertragsgemäß erbringe, berechtigt, seine Leistung zurückzubehalten. Ein Ausschluß oder eine Einschränkung dieses Rechtes sei unzulässig. Z 7 der genannten Bestimmung schließe den Ausschluß oder die Einschränkung gesetzlicher Zurückbehaltungsrechte generell aus. Auch diese Klausel sei daher gesetz- und sittenwidrig.
Die beklagte Partei wendete ein, die unter Punkt a) genannte Klausel verstoße nicht gegen § 9 KSchG. Sie schränke das Gewährleistungsrecht eines Verbrauchers nicht zu seinem Nachteil ein. Der erste Halbsatz (offene Mängel betreffend) stelle überhaupt nur eine Anordnung an den für die Montage zuständigen Mitarbeiter der Beklagten dar, damit offene und sichtbare Mängel unverzüglich auf den Warenbegleitpapieren festgehalten würden. Beim zweiten Halbsatz (später sichtbar werdende Mängel betreffend) handle es sich um eine bloße Empfehlung an den Kunden, aufgetretene und sichtbar gewordene Mängel möglichst rasch der Beklagten schriftlich bekannt zu geben, damit im Interesse des Verbrauchers die Beklagte rasch die erforderlichen Dispositionen treffen könne. Ein allfälliger "Verstoß" gegen die Rüge-Empfehlung bedeute keinen Ausschluß des Gewährleistungsanspruches des Kunden, eine Nichtbefolgung dieser Empfehlung bleibe sanktionslos. Die unter Punkt a) inkriminierte Vertragsklausel sei daher nicht unzulässig.
Hinsichtlich der unter Punkt b) inkriminierten Vertragsklausel machte die Beklagte geltend, ein Zurückbehaltungsrecht bestehe nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ohnedies nur dann, wenn der Werkbesteller nicht bloß geringfügige Kleinmängel behaupte und kein Verstoß gegen das Schikaneverbot vorliege. Der Hinweis auf bloß unerhebliche Mängel rechtfertige kein Leistungsverweigerungsrecht iSd § 932 Abs 2 ABGB. Die vom Kläger gerügte Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei von der Beklagten ausschließlich im Zusammenhang mit unerheblichen sowie mit Kleinstmängeln gehandhabt worden. Da die Judikatur ohnehin von der Geltung des Schikaneverbotes ausgehe, habe die Geschäftsleitung der beklagten Partei mit einer Anordnung an sämtliche im Verkauf tätige Mitarbeiter bestimmt, daß ab sofort und ausnahmslos dieser Satz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Entgegennahme von Bestellungen und Aufträgen jedweder Art gestrichen werde. Die Anordnung sei am 7.4.1993 an alle Filialen ausgefolgt worden. In zukünftigen Formularen der Beklagten werde dieser Punkt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr enthalten sein; es sei sohin keine Wiederholungsgefahr gegeben.
Im übrigen sei die gemäß § 391 EO für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung erforderliche Voraussetzungen, nämlich die Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens, nicht gegeben.
Mit dem angefochtenen Beschluß verbot das Erstgericht der Beklagten im geschäftlichen Verkehr die Klausel "Offene Mängel der Ware sind unverzüglich bei Warenübernahme auf den Begleitpapieren festzuhalten, später sichtbar werdende sind dem Verkäufer sofort schriftlich bekanntzugeben", zu verwenden. Das Mehrbegehren auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhaltes, daß der Beklagten die Verwendung der Klausel "Bei Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ist der Käufer nur berechtigt, den für den Mangelbehebung notwendigen Aufwand zurückzubehalten" verboten werde, wies das Erstgericht ab.
Das Erstgericht nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Die beklagte Partei verwendet als Unternehmer im geschäftlichen Verkehr Allgemeine Geschäftsbedingungen, die die von der klagenden Partei inkriminierten Klauseln enthalten, bei Abschlüssen von Verträgen mit Verbrauchern. Die das Zurückbehaltungsrecht betreffende Klausel wurde auf Anordnung der Geschäftsleitung der Beklagten an sämtliche im Verkauf tätigen Mitarbeiter ab 7.4.1993 ausnahmslos bei der Entgegennahme von Bestellungen und Aufträgen jedweder Art gestrichen. In zukünftigen Formularen sowie auf sämtlichen künftigen Geschäftspapieren der beklagten Partei wird die besagte Klausel nicht mehr enthalten sein.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, gemäß § 9 KSchG seien Vereinbarungen, die darauf abzielten, Gewährleistungsfristen zu verkürzen oder eine Ausschlußfrist für die Anzeige von Mängel zu normieren, unzulässig. Es sei auch unzulässig, dem Verbraucher eine Rügepflicht bei sonstigem Verlust des Gewährleistungsanspruches aufzuerlegen. Ein Durchschnittskäufer werde den Text der ersten Klausel in einer Art interpretieren, daß ihn eine Rügepflicht treffe; für ihn sei keineswegs eindeutig erkennbar, daß ein "Verstoß" gegen diese Klausel sanktionslos bleibe. Der Sicherungsantrag sei daher hinsichtlich der unter Punkt a) inkriminierten Klausel gerechtfertigt.
Hinsichtlich der zweiten Klausel fehle es aber an der für einen Unterlassungsanspruch nach § 28 KSchG notwendigen Wiederholungsgefahr. Eine solche sei auszuschließen, weil die Beklagte die ausnahmslose Streichung der Klausel in den derzeitigen AGB-Formularen angeordnet und zugesichert habe, die Klausel in künftigen Geschäftspapieren nicht mehr aufzunehmen.
Das von beiden Teilen angerufene Rekursgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, daß es folgende einstweilige Verfügung erließ:
Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei wider die beklagte Partei auf Unterlassung gesetzwidrigen Verhaltens, das den Gegenstand der Klage bildet, wird der beklagten Partei für die Dauer des Rechtsstreites ab sofort verboten, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäfts-, Liefer- und Verkaufsbedingungen die Klauseln
a) "Offene Mängel der Ware sind unverzüglich bei Warenübernahme auf den Warenbegleitpapieren festzuhalten, später sichtbar werdende sind dem Verkäufer sofort schriftlich bekannt zu geben".
b) "Bei Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ist der Käufer nur berechtigt, den für die Mängelbehebung notwendigen Aufwand zurückzubehalten." zu verwenden.
Das Rekursgericht bewertete den Streitgegenstand mit über S 50.000,-- und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig.
Das Rekursgericht verwies in rechtlicher Hinsicht auf § 6 Abs 1 Z 6 KSchG wonach es unzulässig ist, das Recht des Verbrauchers seine Leistung nach § 1052 ABGB bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung zu verweigern, für den Fall auszuschließen oder einzuschränken, daß der Unternehmer seine Leistung nicht vereinbarungsgemäß erbringt. Darüber hinaus sei es nach § 6 Abs 1 Z 7 KSchG überhaupt unzulässig, ein dem Verbraucher nach dem Gesetz zustehendes Zurückbehaltungsrecht auszuschließen oder einzuschränken. Die unter Punkt b) inkriminierte Klausel stelle eindeutig eine Einschränkung dieser Rechte und damit einen Verstoß gegen die zitierten Gesetzesbestimmungen dar. Wenngleich das Schikaneverbot beachtlich sei, könne dem Wortlaut der inkriminierten Klausel nicht entnommen werden, daß diese nur in den Fällen schikanöser Leistungsverweigerung oder Zurückbehaltung des Verbrauchers gelten solle. Entgegen der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht sei auch die Wiederholungsgefahr gegeben. Die beklagte Partei habe keineswegs zugestanden, mit der inkriminierten Klausel gegen das KSchG zu verstoßen, sie habe lediglich die Gründe dargelegt, welche die Geschäftsleitung veranlaßt hätten, anzuordnen, daß dieser Satz bei der Entgegennahme von Bestellungen und Aufträgen gestrichen werde. Eine Anerkennung des Rechtsstandpunktes der klagenden Partei sei hinsichtlich dieser Klausel nicht erfolgt. Die Wiederholungsgefahr werde nur durch das eindeutig bekundete Bestreben der beklagten Partei beseitigt, unter vorbehaltsloser Anerkennung des klägerischen Standpunktes keine derartigen Gesetzesverstöße mehr zu begehen. Daß die Klausel auf allen vorhandenen Vertragsformularen gestrichen werde, habe die Beklagte gar nicht behauptet. Es sei sohin keine Gewähr dafür gegeben, daß die Beklagte die inkrimierte Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr verwenden werde. Die Beklagte habe auch nicht den Abschluß eines vollstreckbaren Teilvergleiches angeboten.
Offenbar übersehen habe das Erstgericht, daß der Antrag der klagenden Partei die Einschränkung enthält, "im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern". Das Erstgericht habe diese Worte nicht in den Spruch der Entscheidung aufgenommen, sodaß ein Verstoß gegen § 405 ZPO vorliege. Da aus dem Klagsvorbringen eindeutig hervorgehe, daß sich die klagende Partei durch die Verwendung der gegenständlichen Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beschwert erachtet, wäre es auch notwendig gewesen, zur Verdeutlichung einen Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Spruch aufzunehmen. Dem Vorbringen der klagenden Partei sei klar zu entnehmen, daß Gegenstand des Klagebegehrens und auch des Sicherungsantrages zwei Klauseln seien, welche die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäfts-, Liefer- und Verkaufsbedingungen verwende. Da dies in der Formulierung des Sicherungsantrages nicht deutlich zum Ausdruck gekommen sei, sei dem Spruch der Entscheidung eine - zwar vom Wortlaut des Begehrens abweichende, aber - mit dem Wesen des Antrags deckende Fassung zu geben. Es komme nicht auf die sprachliche Fassung, sondern auf den wirklichen Inhalt und das dem Antrag zugrundeliegende Sachvorbringen an. Zu der unter Punkt a) inkriminierten Klausel führte das Rekursgericht aus, AGB seien, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen. Ein durchschnittlicher Kunde der Beklagten erblicke in der inkriminierten Klausel eine ihm auferlegte Untersuchung- und Rügepflicht und nicht eine bloße Empfehlung, wie dies die beklagte Partei darzustellen versuche. Aus der strengen Formulierung ("Offene Mängel sind unverzüglich........ auf den Warenbegleitpapieren festzuhalten, später sichtbar werdende sind dem Verkäufer sofort bekanntzugeben") ziehe ein in juristischer Hinsicht nicht gebildeter Durchschnittskunde zweifellos den Schluß, daß an die Verletzung dieser ihm auferlegten Rügepflichten als Sanktion der Verlust von Gewährleistungsansprüchen geknüpft sei. Im Hinblick auf diese Klausel werde ein durchschnittlicher Konsument von der Geltendmachung möglicherweise berechtigten Gewährleistungsansprüche Abstand nehmen. Die Auslegung dieser Klausel führe zum Ergebnis, daß darin für den Konsumenten eine unzulässige Untersuchungs- und Rügepflicht festgelegt werde. Die Klausel verstoße daher gegen § 9 KSchG. Wenngleich das KSchG dem Unternehmer, der Allgemeine Geschäftsbedingungen anwende, nicht vorschreibe, dem Verbraucher Rechtsbelehrung über seine Gewährleistungsansprüche zu erteilen, sei es dem Unternehmer doch nach den Regeln der guten Sitten im Geschäftsverkehr verwehrt, solche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden, die aufgrund unklarer Formulierung bei juristisch nicht gebildeten Laien den Anschein erweckten, es werde ihnen eine nach den Bestimmungen des KSchG unzulässige Untersuchungs- und Rügepflicht auferlegt. Die von der Beklagten gewünschte Auslegung der AGB würde zu dem dem Sinn des Verbraucherschutzes zuwiderlaufenden Ergebnis führen, daß geschickte Klauselformulierungen in AGB zwar für den juristisch nicht vorgebildeten Verbraucher den Anschein erweckten, es seien ihm zur Wahrung seiner Rechte als Käufer mit Rechtsverlust sanktionierte Pflichten auferlegt, ihre Verwendung im geschäftlichen Verkehr könnte aber nicht durch eine Verbandsklage unterbunden werden, weil die im konkreten Rechtsstreit zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer vorzunehmende "ex-post-Prüfung" ohnedies zur Verneinung des vermeintlichen Rechtsverlustes führen werde.
Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, die über den Anlaßfall hinausgehe und weil der Oberste Gerichtshof zu einem gleichartigen Sachverhalt bisher noch nicht Stellung genommen habe.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß der Sicherungsantrag abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei hat Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der beklagten Partei bezüglich der "Zurückbehaltungs-Klausel" als unzulässig zurückzuweisen und im übrigen dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben; hilfsweise wird beantragt, dem Revisionsrekurs der beklagten Partei zur Gänze keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der beklagten Partei ist zulässig, weil zu einem vergleichbaren Sachverhalt noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt, er ist aber nicht berechtigt.
Die Rekursgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wurden geprüft, sie sind nicht gegeben (§§ 528a, 510 Abs 3 ZPO).
Zu der unter Punkt a) des Spruches inkriminierten Klausel ("Offene Mängel-Klausel") macht die beklagte Partei geltend, das Erstgericht habe, dem Antrag der klagenden Partei zufolge, die einstweilige Verfügung erlassen, ohne eine Einschränkung auf die Verwendung dieser Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorzunehmen. Damit habe die klagende Partei ihre gesetzliche Aktivlegitimation überschritten, sodaß der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen hätte werden müssen. Die vom Rekursgericht vorgenommene Einschränkung könne die Überschreitung des Unterlassungsanspruches sowie das Fehlen der Aktivlegitimation der klagenden Partei in diesem Umfang nicht sanieren.
Die von der Beklagten verwendete "Offene Mängel-Klausel" sanktioniere den Verstoß gegen die dortige Empfehlung (sofortige Rüge) in keiner Weise, sodaß die strikte Anordnung des § 9 KSchG nicht verletzt werde. Ob der Verbraucher rechtliche Konsequenzen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen erkenne oder nicht, sei nicht Tatbestandsmerkmal des § 9 KSchG. Es komme nicht auf den Eindruck des Konsumenten an, den dieser bei Durchlesen der AGB haben müsse, sondern lediglich darauf, ob tatsächlich in der Sache eine Einschränkung des Gewährleistungsrechtes erfolge. Da dies nicht der Fall sei, entspreche die von der beklagten Partei verwendete "Offene Mängel-Klausel" § 9 KSchG; dies vor allem deshalb, da eine Verletzung der unverbindlichen Empfehlung zu möglichst rascher Rüge von Mängeln sanktionslos bleibe.
Weiters hätten die Vorinstanzen übersehen, daß die Provisorialentscheidung der Hauptentscheidung nicht vorgreifen dürfe. Durch die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung werde aber das Ergebnis im Hauptprozeß vorweggenommen, da die beklagte Partei gezwungen werden solle, bereits ab jetzt neue Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden. Die beklagte Partei müsse daher ihren gesamten Vorrat an Drucksorten neu beschaffen, obwohl die Entscheidung in der Hauptsache noch nicht gefallen sei.
Schließlich sei auch nicht Bedacht worden, daß § 24 UWG, wonach eine Gefährdungsbescheinigung nicht erforderlich sei, nur auf Sicherungsansprüche nach dem UWG anzuwenden sei.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Im abstrakten Kontrollverfahren einer Verbandsklage kann die Prüfung der Zulässigkeit von Klauseln nur generalisierend erfolgen, für eine individualvertragskonforme Auslegung ist in diesem Verfahren kein Raum (Wolf-Horn-Lindacher, Kommz dAGB-Gesetz2, Rz 41 zu § 5). Da der Verbandsprozeß die Funktion hat, unzulässige AGB-Klauseln präventiv aus dem Rechtsverkehr zu ziehen, ist die Unklarheitenregel des § 915 ABGB im kundenfeindlichsten Sinne auszulegen. Auch wenn eine AGB - Unklarheit im konkreten Fall mit Hilfe des § 915 ABGB durch das Gericht zugunsten des Kunden ausgelegt werden kann, so bleibt im allgemeinen Rechtsverkehr die dauernde Gefahr für das Publikum, daß der Verwender mit dem Hinweis auf die betreffende Bestimmung die für ihn günstige Deutung durchzusetzen versucht und den Vertragspartner demgemäß beeindruckt. Es ist sohin im Rahmen der Verbandklage die "kundenfeindlichste", also die für den Kunden ungünstigste (objektive) Auslegung zugrunde zu legen und darnach zu prüfen, ob ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten vorliegt (Gerlach in Münchner Kommz BGB3, Rz 21 zu § 13 AGBG). Bei einer derartigen Auslegung der hier inkriminierten Klauseln ist aber ein gesetzlicher Verstoß zu bejahen. Der unbefangene Kunde kann durchaus der Ansicht sein, daß er bei Unterlassung der sofortigen Rüge von Mängeln seine Gewährleistungsansprüche verliert, sodaß die "Offene Mängel-Klausel" gegen § 9 KSchG verstößt.
Hinsichtlich der Gesetzwidrigkeit der "Zurückbehaltungs-Klausel" kann auf die Ausführungen des Rekursgerichtes verwiesen werden, dazu wird im Revisionsrekurs auch nichts Neues vorgebracht (§§ 528a, 510 Abs 3 ZPO).
Auch die Wiederholungsgefahr ist nach wie vor gegeben, weil die beklagte Partei auch hinsichtlich der "Zurückbehaltungs-Klausel" nicht vorbehaltslos anerkannt hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Wiederholungsgefahr aber im allgemeinen anzunehmen, wenn der Beklagte weiter die Auffassung vertritt, zu der beanstandeten Handlung berechtigt zu sein und seine gesetzwidrige Handlung verteidigt (4 Ob 49/93 mwN).
Soweit die Beklagte beanstandet, daß die angefochtene Rekursentscheidung die Entscheidung im Hauptverfahren vorwegnehme und es auch der Behauptung und der Bescheinigung einer Gefahr bedurft hätte, übersieht sie, daß gemäß § 30 KSchG die Bestimmung des § 24 UWG sinngemäß anzuwenden ist. Nach dieser Bestimmung können zur Sicherung von Unterlassungsansprüchen einstweilige Verfügungen erlassen werden, auch wenn die im § 381 EO bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen. Zur Sicherung eines Unterlassungsanspruches nach § 28 KSchG ist daher die Behauptung und Bescheinigung einer Gefährdung nicht erforderlich. Eine nach § 28 KSchG erlassene einstweilige Verfügung kann auch den gesamten in der Klage geltendgemachten Unterlassungsanspruch umfassen. Dadurch wird das Urteil nicht vorweggenommen, weil der Klagsanspruch auf dauernde Unterlassung gerichtet ist, während die einstweilige Verfügung nur ein befristetes Verbot zu Folge hat (ÖBl 1991, 19 mwN).
Insoweit im Revisionsrekurs geltend gemacht wird, der Spruch der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes sei zu weit gefaßt, ist die beklagte Partei auf die engere Fassung des Spruches durch das Rekursgericht zu verweisen.
Dem unberechtigten Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten der klagenden Partei gründet sich auf §§ 393 Abs 1 EO, jener über die Kosten der beklagten Partei auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.
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