OGH 4Ob172/93

OGH4Ob172/9315.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr.Michael G*****, vertreten durch Mag.Werner Suppan, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Peter G*****, 2. K***** Gesellschaft mbH & Co KG, 3. K***** Gesellschaft mbH, alle *****, alle vertreten durch Dr.Alfred Boran, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Widerruf (Streitwert im Provisorialverfahren S 480.000) infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 20.Oktober 1993, GZ 3 R 153/93-11, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 14.Juli 1993, GZ 37 Cg 269/93z-7, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen, die Beklagten haben die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichtes ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Ehre und wirtschaftlicher Ruf sind absolute Rechte, deren Verletzung einen verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch rechtfertigt (SZ 56/124; SZ 61/193; SZ 61/210 uva; s. Reischauer in Rummel, ABGB2, § 1330 Rz 1, 23 mwN). Der Unterlassungsanspruch kann durch einstweilige Verfügung gesichert werden (SZ 61/193; MR 1988, 158; MR 1991, 18 ua). Nach ständiger Rechtsprechung ist hiefür keine gesonderte Gefahrenbescheinigung erforderlich (SZ 61/193; MR 1988, 158; MR 1991, 18; MR 1993, 221 mit Anm von Korn): Die einstweilige Verfügung erscheint schon deshalb zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig (§ 381 Z 2 EO), weil die Auswirkungen einer Ehrverletzung oder Rufschädigung im Regelfall kaum zu überblicken sind und sich durch Geldersatz nicht völlig ausgleichen lassen (s. SZ 61/193; MR 1993, 221 mit Anm von Korn; s. auch MR 1988, 158; MR 1991, 18; Heller-Berger-Stix, KommzEO4, 2724; Korn-Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht 72 f). Ebensowenig wie die Auswirkungen ehrenrühriger Behauptungen sind jene kreditschädigender Äußerungen im Regelfall auf Vermögensschäden beschränkt. Kreditschädigende Behauptungen, die den wirtschaftlichen Ruf eines Unternehmens völlig unberührt lassen (so Korn MR 1993, 224) sind kaum denkbar, gibt es doch ohne Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufes keine Kreditschädigung.

Daß § 1330 Abs 2 ABGB dem Verletzten das Recht einräumt, den Widerruf der unwahren Tatsachenbehauptung und dessen Veröffentlichung zu verlangen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Widerruf hat die Funktion von Buße und Sühne (Mat zur 3.TN 401). Er ist nach hA seiner rechtlichen Natur nach ein Beseitigungsanspruch (s. Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 87; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 273; SZ 52/81 = ÖBl 1979, 106; ÖBl 1991, 23; ÖBl 1991, 58 ua) und - sieht man von der Notwendigkeit eines Schadenseintrittes ab - von denselben Voraussetzungen abhängig wie ein Schadenersatzanspruch (SZ 50/86; s. auch Reischauer aaO § 1330 Rz 22). Der Widerruf ist aber schon seiner Natur nach nicht geeignet, den Schaden gänzlich auszugleichen, den eine Rufschädigung zu verursachen geeignet ist. Zwischen Rufschädigung und Widerruf liegt, bedingt durch die Verfahrensdauer, regelmäßig ein längerer Zeitraum. Die mit einer Rufschädigung verbundene Kränkung, gesellschaftliche Ächtung usw. kann jedenfalls für diesen Zeitraum durch den Widerruf nicht wieder gutgemacht werden.

Die gesetzliche Regelung läßt, entgegen den Behauptungen der Beklagten, auf keine gegenteilige Auffassung des Gesetzgebers schließen. Daß der Gesetzgeber einen Ersatzanspruch einräumt, sagt noch nichts darüber aus, ob dieser Anspruch in allen Fällen geeignet ist, den erlittenen Schaden auszugleichen. Andernfalls hätte § 381 Z 2 EO keinen Anwendungsbereich.

In der angefochtenen Entscheidung wurde demnach im Einklang mit der oben wiedergegebenen ständigen Rechtsprechung davon abgesehen, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung eines Anspruches auf Unterlassung einer kreditschädigenden Behauptung von einer Gefahrenbescheinigung abhängig zu machen.

Der Revisionsrekurs war zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten des Klägers beruht auf § 393 Abs 1 EO; jener über die Kosten der Beklagten auf §§ 402, 78 EO; §§ 41, 50 ZPO.

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