OGH 7Ob504/94

OGH7Ob504/942.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Dr.Isabella M*****, vertreten durch Dr.Georg Gschnitzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die Gegner der gefährdeten Partei 1. Sozialversicherungsanstalt *****, 2. Versicherungsanstalt *****, 3. Versicherungsanstalt *****, und 4. Sozialversicherungsanstalt *****, wegen einstweiliger Verfügung, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 7.Dezember 1993, GZ 1a R 687/93-5, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 27.September 1993, GZ 18 C 256/93a-2, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die gefährdete Partei beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhaltes, daß ihren Gegnern das Gebot erteilt werde, Behandlungsscheine von Patienten, die von der gefährdeten Partei behandelt wurden und bei den Gegnern der gefährdeten Partei versichert sind, anzunehmen und zu honorieren. Die einstweilige Verfügung solle vorerst bis 31.3.1994 bewilligt werden, längstens jedoch bis zu jenem Zeitpunkt, bis entweder durch gerichtliches Urteil die Gegner der gefährdeten Partei schuldig erkannt werden, den mit der gefährdeten Partei abgeschlossenen Einzelvertrag zuzuhalten oder durch Entscheidung der paritätischen Schiedskommission klargestellt ist, ob der Erlöschensgrund des § 43 Abs 2 Z 5 ASVG vorliegt oder nicht.

Das Erstgericht wies den Antrag ohne Anhörung der Gegner der gefährdeten Partei wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Auslegung des rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhanges im Sinn des § 344 Abs 1 ASVG auch für andere Rechtsstreitigkeiten von Bedeutung sein könne und die in SZ 63/11 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes auf die sich hier ergebende Fallkonstellation nicht zur Gänze anwendbar sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist zwar nicht bereits aufgrund der §§ 78, 402 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig, weil § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zwar nur Klagen meint, sinngemäß aber auch auf Sicherungsanträge anzuwenden ist (ÖBl 1991, 127).

Er ist aber gemäß den §§ 78, 402 EO iVm mit § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Aus dem Vorbringen der gefährdeten Partei und ihrem Hinweis auf ihre bereits zu 15 Cg 229/93 des LG Innsbruck gegen die *****krankenkasse eingebrachten Klage geht hervor, daß der behauptete Anspruch der gefährdeten Partei auf Zuhaltung des jeweils mit den Gegnern geschlossenen Einzelvertrages gesichert werden solle, wobei sie den Standpunkt vertritt, daß - entgegen der Ansicht ihrer Gegner - mangels groben Verschuldens der Erlöschensgrund des § 343 Abs 2 Z 5 ASVG nicht vorliege.

Gemäß § 344 Abs 1 ASVG idF der am 1.1.1990 in Kraft getretenen 48. Novelle zum ASVG, BGBl 642/1989 ist zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, eine paritätische Schiedskommission berufen. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 31.1.1990, 2 Ob 140/89, veröffentlicht in SZ 63/11, ausgesprochen hat, gehört ein Streit darüber, ob ein gültig abgeschlossener Vertrag weiterbesteht, jedenfalls in deren Kompetenzbereich. Es kann daher kein Zweifel bestehen, daß die Entscheidung über den Anspruch, den die gefährdete Partei mittels einstweiliger Verfügung gesichert haben will, in den Zuständigkeitsbereich der paritätischen Schiedskommission fällt.

Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung läßt weder nach dem Vorbringen zum Anspruch und zur Gefährdung noch nach dem begehrten Sicherungsmittel darauf schließen, die Klägerin wolle die einstweilige Verfügung zur Sicherung einer Schadenersatzforderung erwirken. Die Ausführungen, daß ihr ein unwiederbringlicher Schaden drohe, sind vielmehr als Gefahrenbescheinigung im Sinn des § 381 Z 2 EO zu verstehen. Abgesehen davon, daß sich aus diesem Grund Erwägungen darüber erübrigen, ob die Zuständigkeitsregel des § 344 Abs 1 ASVG auch Schadenersatzansprüche umfaßt, wurde in dem der Entscheidung SZ 63/11 zugrundeliegenden Fall auch die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für den dort unter anderem geltend gemachten Schadenersatzanspruch verneint. Es ergibt sich auch aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, BlgNR 1098 17.GP zu Art V Z 3 bis 7 (§§ 344 ua), daß die paritätische Schiedskommission aufgrund der Neufassung des § 344 Abs 1 ASVG nun insbesondere auch für Schadenersatzstreitigkeiten (und für das Verfahren über ein Vertragserlöschen) zuständig sein soll.

Nach ständiger Rechtsprechung kann eine einstweilige Verfügung zur Sicherung eines nicht auf den Rechtsweg gehörenden Anspruches nicht erlassen werden (EvBl 1983/138; EvBl 1961/308; 1 Ob 44/92 ua). Nach Feil, EV2, 31, Anm 6, und 32, Anm 7, genüge es zwar, daß die Zuständigkeit der Gerichte "zumindest" hinsichtlich der Vollstreckung des zu sichernden Anspruches gegeben sein müsse. Wie sich jedoch aus der in Anm 6 zitierten Belegstelle, nämlich Heller-Berger-Stix, Komm zur EO, 2697 ergibt, können diese Ausführungen bei Feil ebenfalls nur in dem Sinn verstanden werden, daß nicht nur die ordentlichen Gerichte, sondern auch die außerordentlichen Gerichte wie die Schieds- und die Arbeitsgerichte zur Entscheidung über den Anspruch zuständig sein müssen.

Entgegen der Auffassung der Revision ist aber die paritätische Schiedskommission kein Schiedsgericht, sondern eine Verwaltungsbehörde, so daß schon deshalb die Argumentation der Revision, daß auch Entscheidungen der Arbeitsgerichte und der Schiedsgerichte von den ordentlichen Gerichtes zu vollstrecken seien und deshalb die künftige Exekution dieser Ansprüche von den ordentlichen Gerichten zu sichern sei, nicht zielführend sein kann.

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