OGH 2Ob59/93

OGH2Ob59/9327.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fa. D***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, wider die beklagte Partei D***** Versicherungs AG, ***** vertreten durch Dr.Christoph Lassmann-Wichtl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1.756,40 s.A. infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 5.April 1993, GZ 40 R 120,123/93-10, womit aus Anlaß der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 8.Jänner 1993, GZ 22 C 1452/92f-6, die Klage - unter Nichtigerklärung des vorangegangenen Verfahrens - im Umfang eines Betrages von S 956,40 s.A. zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Bei einem Verkehrsunfall vom 17.März 1992 wurde der LKW der klagenden Partei durch einen bei der beklagten Partei haftpflichtversicherten LKW beschädigt. Die Haftung der beklagten Partei dem Grunde nach für die aus diesem Vorfall entstandenen Schäden ist unstrittig. Die Reparaturkosten wurden vor Klagseinbringung bezahlt.

Die klagende Partei begehrt die Zahlung eines weiteren Betrages von S 1.756,40 und zwar S 800,-- für unfallskausale Nebenspesen (Fahrten, Porti und Telefonate) sowie S 956,40 für Interventionskosten ihres Rechtsfreundes. Das Einschreiten des Rechtsanwaltes sei aufgrund von Schwierigkeiten bei der Schadensliquidierung erforderlich gewesen.

Die Beklagte wendete im Umfang der begehrten Interventionskosten die Unzulässigkeit des Rechtsweges ein und beantragte im übrigen die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht hat die Klage hinsichtlich eines Betrages von S 105,20 wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen, die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges aber hinsichtlich eines weiteren Betrages von S 851,20 verworfen und dem Klagebegehren mit einem Betrag von S 500,-- unter Abweisung des Mehrbegehrens (S 1.151,20) stattgegeben.

Es erörterte rechtlich, daß der Einklagung vorprozessualer Kosten das Prozeßhindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegen entgegenstehe, solange der Hauptanspruch noch nicht zur Gänze erledigt sei. Dies treffe nur auf die geltend gemachten Nebenspesen von S 800,-- nicht aber auch auf den bereits erledigten Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten zu. Der Rechtsweg sei daher nur im Umfang von 11 % der gesamten außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung - dem noch nicht erledigten Teil des Hauptanspruches entsprechend - unzulässig. Für den übrigen Teil der geltend gemachten Kosten stehe zwar der Rechtsweg offen, doch bestehe dieser Anspruch mangels Notwendigkeit der Betrauung eines Rechtsanwaltes nicht zu Recht.

Das Berufungsgericht bestätigte die Zurückweisung der Klage, soweit mit dieser vorprozessuale Kosten geltend gemacht wurden, hob das Urteil unter Nichtigerklärung des Verfahrens in dem Umfang, als auch über vorprozessuale Kosten entschieden wurde auf und wies die Klage hinsichtlich der gesamten begehrten vorprozessualen, durch die Betrauung eines Rechtsanwaltes entstandenen, Kosten zurück, weil mangels vollständiger Erledigung des Hauptanspruches der Rechtsweg für diesen Teil des Klagebegehrens verschlossen sei.

Im übrigen gab es der gegen die Enscheidung des Erstgerichtes erhobenen Berufung nicht Folge.

Die klagende Partei bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichtes, soweit die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstandes und dem Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne von § 502 Abs 1, § 528 Abs 1 ZPO zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO, Petrasch, ÖJZ 1989, 750; JBl 1992, 332). Er ist aber nicht berechtigt.

Nach den Prozeßbehauptungen der klagenden Partei hat diese ihren Rechtsanwalt mit der Durchsetzung der Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 17.März 1992 beauftragt, weil sich die Unfallsache nicht ganz einfach dargestellt habe und die Hilfe eines Anwaltes nötig gewesen sei. Vom Unfallsgegner sei zwar das Verschulden zugestanden worden, doch eine falsche Versicherung angegeben worden. Es sei Aufgabe des Klagevertreters gewesen, die richtige Versicherung auszuforschen. Geltend gemacht würden daher die Kosten der Beratung durch den Klagevertreter sowie die Kosten für die Informationsaufnahme, der Abfassung eines Mahnschreibens und eines Berichtschreibens an den Klienten bzw dessen Rechtsschutzversicherers.

Dabei handelt es sich um Auslagen, die zum Zwecke der späteren Rechtsverfolgung aufgewendet wurden. Nach herrschender Lehre und einhelliger Rechtsprechung teilen diese Kosten das rechtliche Schicksal der im Laufe des Prozesses getätigten Aufwendungen, falls es zu einem solchen kommt. Für solche vorprozessuale Kosten steht aber nach ständiger Rechtsprechung der streitige Rechtsweg nicht offen. Sie können nur dann, wenn sie Inhalt einer privatrechtlichen Vereinbarung geworden sind und so ihres öffentlich-rechtlichen Charakters entkleidet sind, mit selbständiger Klage geltend gemacht werden (SZ 27/115; EvBl 1958/350; SZ 46/103; SZ 50/135 = ZVR 1979/144; 3 Ob 585/86; Fasching I, 152; Lehrbuch2 Rz 461).

Auch die im Rekurs vertretene Ansicht, bei sämtlichen geltend gemachten Beträgen handle es sich um vorprozessuale Kosten, es sei also zu keinem Prozeß wegen des Hauptanspruches gekommen, kann nicht geteilt werden, weil in dem mit der Klage geltend gemachten Betrag von S 800,-- auch Spesen im Zusammenhang mit der Schadensbehebung enthalten sind (Vorbringen der Klägerin in der Tagsatzung vom 23. November 1992, ON 4).

Der erkennende Senat vermag sich auch bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt der von M.Bydlinski (Kostenersatz im Zivilprozeß, 176 ff) vertretenen Rechtsmeinung, eine Partei könne frei wählen, ob sie jene vorprozessuale Kosten, für die das Kostenersatzrecht der ZPO sinngemäß herangezogen werden könne, im Kostenverzeichnis oder aber als materielle Forderung etwa als Nebenforderung in der Klage geltend mache, in dieser allgemeinen Form nicht anzuschließen.

Auf die im Rekurs aufgeworfene Frage der Notwendigkeit dieser Kosten ist aber im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges nicht einzugehen.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

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