Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Teilurteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Der Beklagte ist schuldig, dem Erstkläger die mit S 4.244,40 (darin S 707,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 11.433,60 (darin S 905,60 Umsatzsteuer und S 6.000,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Über das Vermögen des Beklagten wurde am 17.4.1989 das Ausgleichsverfahren eröffnet. Der Erstkläger war in dessen Unternehmen Mitglied des Betriebsrats. Der Beklagte erhob am 19.5.1989 im Sinne der §§ 120, 121 Z 1 ArbVG Klage auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung unter anderem des Erstklägers. Am 9.6.1989 erteilte das Ausgleichsgericht dem Ausgleichsschuldner die Ermächtigung zur Kündigung. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien beraumte die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung für den 13.6.1989 an. In dieser Tagsatzung verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung einer freiwilligen Abfertigung von 4 Monatsgehältern. Daraufhin stellte der Erstkläger (im dortigen Verfahren Beklagter) außer Streit, daß die Betriebsabteilung "Produktion" im Unternehmen des Beklagten eingestellt werde, daß er in dieser Abteilung beschäftigt und seine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betriebsteil oder einem anderen Betrieb des Beklagten nicht möglich sei. Mit dem in dieser Tagsatzung verkündeten Urteil erteilte das Arbeits- und Sozialgericht die Zustimmung zur Kündigung unter anderem des Erstklägers. Die Parteien verzichteten auf Rechtsmittel. Am nächsten Tag kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Erstklägers. Der Ausgleichsverwalter genehmigte die Abrechnung der offenen Ansprüche des Erstklägers, in der auch die vereinbarte freiwillige Abfertigung von S 92.234,-- enthalten war.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Erstkläger diesen der Höhe nach unbestrittenen Betrag vom Beklagten. Er habe der vergleichsweisen Regelung zugestimmt, da er die Sanierungsbemühungen im Ausgleich nicht behindern und eine weitere Kostenbelastung des Beklagten habe vermeiden wollen. Es sei damals offen gewesen, ob dem Klagebegehren auf Zustimmung zur Kündigung im Fall der Bestreitung überhaupt ein Erfolg beschieden gewesen wäre, zumal der Betrieb des Beklagten verlegt und fortgeführt worden sei. Die freiwillige Abfertigung sei dazu bestimmt gewesen, einen Teil des Entgelts, der bis zur rechtskräftigen Erledigung des Kündigungsverfahrens aufgelaufen wäre sowie den Verlust des bestandgeschützten Arbeitsplatzes abzugelten. Da sich der Beklagte weigere, diesen in seiner Gesamtheit zu beurteilenden Vergleich zuzuhalten, mache er auch Irreführung geltend und begehre den Klagebetrag insbesondere auch aus dem Titel des fortlaufenden Entgelts und des Schadenersatzes.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Schon vor Eröffnung des Augleichsverfahrens sei aufgrund von Analysen zu erkennen gewesen, daß die Ausgleichsquote durch die bloße Fortführung des Unternehmens nicht erwirtschaftet werden könne. Es sei notwendig geworden, das Unternehmen selbst oder Teile davon zu veräußern und die Arbeitnehmer gemäß den §§ 20 b und 20 c AO zu kündigen. Diese Kündigungen seien auch erfolgt. Hinsichtlich des Erstklägers habe es aber noch der Zustimmung durch das Gericht bedurft. Dem Erstkläger sei unter dem Druck von Gewerkschaftsvertretern, die Mängel des betriebsverfassungsrechtlichen Vorverfahrens geltend gemacht und erklärt hätten, dem Ausgleichsvorschlag nicht zuzustimmen, eine freiwillige Abfertigung zugesagt worden, um insbesondere den Schwebezustand zu beenden, der eine Disposition über die Vermögensverwertung erschwert habe. Diese Zusage einer freiwilligen Abfertigung sei aber unwirksam. Einerseits sei dem Erstkläger damit im Ausgleichsverfahren ein unzulässiger Sondervorteil eingeräumt worden und andererseits habe diese Vereinbarung gegen die guten Sitten sowie gegen die Gleichbehandlungspflicht des Arbeitgebers verstoßen. Die Schutzfunktion der §§ 120 ff ArbVG habe allein den Zweck, die Mitglieder des Betriebsrats in der Wahrung der Belegschaftsrechte zu schützen, nicht aber, aus der Aufgabe des Mandats persönliche finanzielle Vorteile zu verschaffen. Dazu komme, daß die freiwilligen Abfertigungen an die Mitglieder des Betriebsrats mit der Zustimmung der sonstigen "schlichten" Arbeitnehmer zum Ausgleichsantrag verknüpft worden sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich des Erstklägers mit Teilurteil statt. Es traf - für das Revisionsverfahren wesentlich - noch folgende Feststellungen:
Nachdem dem Beklagten die Ermächtigung zur Kündigung vom Ausgleichsgericht erteilt worden war und er die Klage auf Zustimmung zur Kündigung des Erstklägers beim Arbeits- und Sozialgericht eingebracht hatte, erklärte der Erstkläger, der angebotenen vergleichsweisen Regelung zuzustimmen. Er wollte den Sanierungsbestrebungen des Beklagten nicht im Wege stehen und damit eine weitere Kostenbelastung des Unternehmens vermeiden. Allein durch die Fortführung des Unternehmens wäre der Ausgleich nämlich nicht finanzierbar gewesen. Es zeichnete sich vielmehr die Notwendigkeit ab, das Unternehmen oder Teile davon zu veräußern. Eine Abstandnahme von der Bestreitung des Klagebegehrens im Zustimmungsverfahren war aber nur dann zu erwarten, wenn sich der Beklagte bereit erklärte, den Erstkläger als kündigungsgeschütztes Betriebsratsmitglied mit einer zusätzlichen freiwilligen Abfertigung zufriedenzustellen. Durch diese freiwillige Abfertigung wollte der Beklagte den Erstkläger dazu bewegen, das Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht nicht weiter zu verzögern oder sonst "Schwierigkeiten" zu machen.
In der Tagsatzung vom 13.6.1989 trafen die Vertreter des Erstklägers und des Beklagten die Vereinbarung, daß der Erstkläger zusätzlich zu den abgerechneten Beträgen noch eine freiwillige Abfertigung in Höhe von 4 Monatsgehältern erhalten soll und er dafür von seinen Einwendungen Abstand nehmen werde. Bei dieser Vereinbarung beabsichtigten die Vertreter der Parteien, darauf hinzuwirken, daß die freiwilligen Abfertigungen vom IESG-Fonds gezahlt würden.
Am 15.6.1989, einem Tag vor der Ausgleichstagsatzung, kam es zwischen den Vertretern der zuständigen Gewerkschaft und dem Vertreter des Beklagten zu einer weiteren Vereinbarung, daß die Gewerkschaft auf eine Anfechtung der Kündigungen der sonstigen Arbeitnehmer gemäß § 105 ArbVG verzichte. Die unter anderem dem Erstkläger gewährten Vergünstigungen sollten auch den bisher noch nicht gekündigten Mitgliedern des Betriebsrats zukommen. Da der Vertreter des Beklagten danach trachtete, den Ausgleich termingerecht durchzubringen, mußte die Annahme sämtlicher Kündigungen durch die Gewerkschaft vorliegen. Es durfte bei den Kündigungen der Mitglieder des Betriebsrats und der übrigen Arbeitnehmer keine Schwierigkeiten mehr geben. Der Beklagte wurde dadurch in die Lage versetzt, die Zustimmung der Gläubiger zum Ausgleich zu erhalten und diesen zu erfüllen.
Nachdem das Arbeitsamt die Zahlung der freiwilligen Abfertigungen abgelehnt hatte, erklärte der Beklagte, daß er davon nur die Hälfte zahlen wolle; die weitere Hälfte sollte durch Klage gegen das Arbeitsamt eingebracht werden. Zu einer Einigung darüber kam es nicht. Ein weiterer Vergleichsversuch von Gewerkschaftsvertretern scheiterte daran, daß sich der Beklagte weigerte, die gesamten Kosten des nunmehrigen Klagevertreters in Höhe von S 12.000,-- für das Zustimmungsverfahren zu ersetzen. Die gegen das Arbeitsamt Versicherungsdienste gerichtete Klage auf Zahlung der freiwilligen Abfertigung als Insolvenz-Ausfallgeld wurde rechtskräftig abgewiesen (9 Ob S 2/92).
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß sich der Beklagte weder auf eine unzulässige Bevorzugung der Mitglieder des Betriebsrats berufen könne noch auf die Sittenwidrigkeit der von ihm getroffenen Vereinbarung. Dadurch, daß die Gewerkschaft keine weiteren Schwierigkeiten gemacht habe, sei er erst in die Lage versetzt worden, den Ausgleichsantrag durchzubringen. Demgegenüber stehe die Leistung der Mitglieder des Betriebsrats (auch des Erstklägers) bzw. der Gewerkschaft, die vom Beklagten durch die freiwilligen Abfertigungen honoriert worden sei. Der Beklagte habe somit aus der Vereinbarung alle Vorteile gezogen, so daß es nicht angehe, daß die Kläger für ihr Entgegenkommen das Nachsehen haben müßten.
Eine Sonderbegünstigung des Erstklägers gemäß § 47 AO liege nicht vor, da die Gläubiger zufolge der Erfüllung des Ausgleichs in ihren Rechten nicht verkürzt worden seien. Die Aufgabe des Rechts, das Klagebegehren auf Zustimmung zur Kündigung zu bestreiten, sei auch nicht sittenwidrig, da solche Rechte zulässigerweise abgelöst werden könnten. Der Schutzzweck des § 121 ArbVG sei in diesem Zusammenhang nur von sekundärer Bedeutung. Der Beklagte habe sich durch das Versprechen eines Geldbetrages im Ergebnis lediglich einen prozessualen Erfolg sichern wollen, so daß das Begehren des Erstklägers berechtigt sei.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Die bestandrechtliche Besserstellung der Mitglieder des Betriebsrats diene ihrer Funktion und nicht ihrem persönlichen Vorteil. Der Erstkläger habe aber seine Stellung als Mitglied des Betriebsrats mit der Aufgabe des Mandats sowie der Nichtanfechtung der Kündigungen der anderen Arbeitnehmer und der Zahlung einer freiwilligen Abfertigung an ihn verknüpft. Er habe damit seine Position zu seinem finanziellen Vorteil verwendet. Eine solche Vorgangsweise sei sittenwidrig, zumal die Vereinbarung der Zahlung einer freiwilligen Abfertigung nur für die Mitglieder des Betriebsrats getroffen worden sei, nicht aber auch hinsichtlich der übrigen Arbeitnehmer. Bei der dem Erstkläger zugesicherten freiwilligen Abfertigung handle es sich um ein Entgelt für die Aufgabe eines Amtes; der erhöhte Rechtsschutz habe ausschließlich der Verfolgung der persönlichen Interessen des Erstklägers gedient. Da diese Leistung nur an Betriebsratsmitglieder gewährt worden sei, die sich der Kündigung durch den Beklagten nicht widersetzten, sei dies mit der für die betriebliche Übung maßgeblichen Gleichbehandlungspflicht des Arbeitgebers nicht vereinbar.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens oder die Entscheidung aufzuheben und die Arbeitsrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Gemäß § 120 Abs 1 ArbVG darf ein Mitglied des Betriebsrats bei sonstiger Rechtswirksamkeit nur nach vorheriger Zustimmung des Gerichts gekündigt werden. Bei dieser Zustimmungserteilung handelt es sich nicht um eine rechtsgeschäftliche Genehmigung, sondern um einen konstitutiven Hoheitsakt (Rechtsgestaltung), mit dem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst erlaubt wird (vgl Floretta-Strasser, ArbVG2 § 120 Anm 6; Arb 7970 ua). Nach erfolgter Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist erlischt die Mitgliedschaft des Arbeitnehmers zum Betriebsrat gemäß § 64 Abs 1 Z 3 ArbVG durch Ausscheiden aus dem Betrieb. Diese betriebsverfassungsrechtliche Kündigungsbeschränkung wird durch § 20c Abs 2 AO nicht berührt. Die Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats bedarf auch in diesem Fall der vorherigen Zustimmung durch das Gericht (RdW 1986, 90).
Wäre daher eine begünstigte Kündigung zufolge des Ablaufes der nach § 20c Abs 2 AO anzuwendenden Befristung des § 20b Abs 3 AO nicht mehr in Betracht gekommen (vgl Schwarz-Holler-Holzer, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz, 493), hätte der Erstkläger im Fall der Bestreitung des Vorliegens der Zustimmungsgründe des § 121 Z 1 ArbVG jedenfalls für die Dauer des Zustimmungsverfahrens fortlaufende Entgeltansprüche gehabt, die gemäß § 23 Abs 1 Z 3 lit a AO bevorrechtet gewesen wären (Schwarz-Holler-Holzer aaO, 499 f). Hätte der Erstkläger etwa im Sinne des § 82a lit d GewO 1859 einen Grund zum berechtigten vorzeitigen Austritt gehabt (DRdA 1992, 468), wäre ihm nach der damaligen Judikatur (Arb 10.407, 10.473) eine Kündigungsentschädigung bis zum Ablauf der Tätigkeitsdauer des Betriebsrats, allenfalls seiner eigenen Funktionsperiode, zugestanden. Selbst bei einer begünstigten Kündigung im Sinne der §§ 20b und 20c AO wären Schadenersatzansprüche gemäß § 20d AO in Höhe dieser Kündigungsentschädigung aufgelaufen (Schwarz-Holler-Holzer, aaO 499). Schon daraus ergibt sich, daß die Zusicherung einer freiwilligen Abfertigung in Höhe von 4 Monatsentgelten gegen die Abstandnahme von Einwendungen im Zustimmungsverfahren weniger im Interesse des Erstklägers lag, sondern vielmehr im überwiegenden Interesse des Beklagten, dem es durch den Vergleich erst ermöglicht wurde, seine Ausgleichsinteressen zu verwirklichen (dazu auch Krejci, Rechtsprobleme der Unternehmenssanierung (1983), 200 f).
Mit seinem Einwand, die Vereinbarung einer freiwilligen Abfertigung sei als Sonderbegünstigung gemäß § 47 AO nichtig (vgl SZ 48/84, 55/135, 58/99 uva), übersieht der Beklagte, daß es sich bei der Forderung des Erstklägers nicht um eine Ausgleichs-, sondern um eine Geschäftsführungsforderung handelt, die dazu diente, nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens höhere Forderungen abzuwehren (vgl Bartsch-Pollak, AO3 154 ff; Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechts4 Rz 67 f, 141; Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht2 139). Durch den in der Tagsatzung vom 13.6.1989 geschlossenen Vergleich erzielte der Erstkläger kein Entgelt, das der Gesamtlage des Beklagten nicht entsprochen hätte. Die Vereinbarung entsprach vielmehr dem Zweck des Ausgleichsverfahrens, eine Sanierung des Ausgleichsschuldners herbeizuführen. Dieser Zweck wird eben dadurch erreicht, daß der Ausgleichsschuldner während des Ausgleichsverfahrens in seiner Geschäfts- und Handlungsfähigkeit nicht beeinträchtigt wird. Die erst nach Ausgleichseröffnung entstandene Forderung des Erstklägers unterliegt daher weder der Kürzung im Ausgleich noch der Unwirksamkeitssanktion des § 47 AO (vgl EvBl 1979/207; EvBl 1980/219 ua).
Die arbeitsrechtliche Gleichbehandlungspflicht verbietet dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer willkürlich schlechter zu behandeln als die übrigen. Hingegen kann eine sachlich nicht berechtigte Bevorzugung einer Minderheit den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzen (vgl Schwarz-Löschnigg, ArbR4 270 f; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser ArbR3 I 240 ff mwH). In dem auf Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld geführten Verfahren war allein entscheidend, daß der Anspruch des Klägers auf die freiwillige Abfertigung auf einer nach dem Antrag auf Eröffnung des Ausgleichsverfahrens getroffenen Einzelvereinbarung beruht und daher gemäß § 1 Abs 3 Z 2 IESG nicht gesichert ist (9 Ob S 2/92). Auf die Frage der Sittenwidrigkeit war daher in dieser Entscheidung nicht einzugehen. Soweit die "Betriebsüblichkeit" einer solchen Leistung verneint wurde, da sie mit der für eine betriebliche Übung maßgeblichen Gleichbehandlungspflicht nicht vereinbar sei (§§ 37 Abs 1, 115 Abs 3 ArbVG), ist daraus für den Beklagten nichts gewonnen, weil der Erstkläger seinen Anspruch nicht auf eine betriebliche Übung, sondern auf eine Einzelvereinbarung stützt. Es kommt daher letztlich allein dem Einwand der Sittenwidrigkeit (Rechtswidrigkeit) der Vereinbarung (vgl Krejci in Rummel ABGB2 § 879 Rz 49 ff) entscheidende Bedeutung zu.
Wie der Oberste Gerichtshof in neuerer Rechtsprechung festhält, dient der Kündigungs- und Entlassungsschutz der §§ 120 ff ArbVG dazu, daß die Mitglieder des Betriebsrats die Interessen der Belegschaft sachgerecht vertreten können, ohne eine individuelle Diskriminierung durch den Arbeitgeber wegen dieser Tätigkeit befürchten zu müssen. Führt das Betriebsratsmitglied durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Austritt gemäß § 25 Abs 1 KO) das Erlöschen des Mandats selbst herbei, gebietet es der (weggefallene) Schutzzweck nicht, das Betriebsratsmitglied durch erhöhte Schadenersatzansprüche abzusichern (DRdA 1992/15 [Grießer] ua). Das Betriebsratsmitglied darf aus seinem Mandat keinen Vorteil ziehen und es dürfen ihm daher für seine Tätigkeit insbesondere keine wie immer gearteten materiellen Vorteile zugewendet werden (DRdA 1992/38 - Funktionszulage - [Floretta] = ZAS 1993/5 [Trost] mwH).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen erklärte sich der Erstkläger nach Erhebung der Klage auf Zustimmung zu seiner Kündigung bereit, einer vergleichsweisen Regelung zuzustimmen und ermöglichte durch entsprechende Außerstreitstellungen ein klagestattgebendes Urteil, das dem Beklagten die Kündigung gestattete. Der Erstkläger führte somit die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nicht selbst herbei (wie im Fall des Austritts), sondern ließ sich unter Einhaltung der verfahrensrechtlichen Voraussetzungen kündigen. Der Abschluß eines Vergleiches (§§ 204 ff ZPO; § 75 Abs 3 ASGG; §§ 1380 ff ABGB) ist an sich weder verboten noch sittenwidrig. Hätte der Erstkläger das Angebot des Beklagten, ihm noch 4 Monatsentgelte als freiwillige Abfertigung zu zahlen, nicht angenommen, wäre das Verfahren gemäß den §§ 120 ff ArbVG durchzuführen gewesen, was zu weiteren Entgeltforderungen des Erstklägers geführt hätte. Soweit dieser Vergleich den Beklagten davor bewahrte, weitaus höhere Entgeltbeträge als bevorrechtete Forderungen zu zahlen, konnte der Erstkläger aus dieser Vereinbarung daher keinen persönlichen Vorteil ziehen.
Eine mißbräuchliche Ausübung seines Mandats hätte aber etwa darin liegen können, daß er sich die Zustimmung zur Kündigung der anderen Arbeitnehmer (§ 105 Abs 3, nunmehr § 105 Abs 6 ArbVG) hätte abgelten lassen. Das ist aber nach den Feststellungen nicht der Fall. Die weitere Vereinbarung vom 15.6.1989, wonach die Gewerkschaft auf eine Anfechtung der Kündigungen gemäß § 105 ArbVG "verzichte", wurde zwischen den Vertretern der zuständigen Gewerkschaft und dem Beklagten getroffen. Falls diese Funktionäre nicht im Vollmachtsnamen dieser Arbeitnehmer handelten, was nicht feststeht, wären die betroffenen Arbeitnehmer dadurch im Ergebnis an einer Kündigungsanfechtung aus diesem Grund nicht gehindert gewesen. Die vom Berufungsgericht angenommene mißbräuchliche Verknüpfung der Stellung des Erstklägers als Mitglied des Betriebsrats mit der Nichtanfechtung der Kündigungen der schlichten Arbeitnehmer ist den Feststellungen nicht zu entnehmen. Der Erstkläger zog vielmehr aus seiner betriebsverfassungsrechtlichen Position keinen persönlichen Vorteil, der in Abwägung zur Interessenlage des Beklagten als sittenwidrig zu werten wäre. Darauf, ob sich der Beklagte zufolge des nicht für ihn geltenden Schutzzweckes der §§ 120 ff ArbVG überhaupt auf eine allfällige Sittenwidrigkeit der von ihm getroffenen Vereinbarung berufen kann, ist daher nicht weiter einzugehen (vgl Krejci aaO § 879 Rz 249).
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 Abs 1 iVm § 392 Abs 1 ZPO begründet.
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