Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Im Lastenblatt der im Alleineigentum des Dipl.Ing.Herbert W***** stehenden Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ********** ist unter C-LNR 1 a für den Ö*****verein ein Bestandrecht "gemäß Pachtübereinkommen 1894-01-20" einverleibt.
Am 21.1.1993 "ersuchte" der Ö*****verein, Sektion A*****, "bzw der Ö*****verein" unter Vorlage der vom Ö*****verein am 12.1.1993 ausgestellten Löschungserklärung "um Löschung" des für den Ö*****verein in der EZ ***** Grundbuch ***** unter COZ 1 eingetragenen Bestandrechtes.
Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag und sprach aus, daß aufgrund der Löschungserklärung vom 12.1.1993 und der Bestätigung vom 12.1.1993 die Löschung des Bestandrechtes für den Ö*****verein aus dem Pachtübereinkommen vom 20.1.1894, CLNr 1 a, einverleibt und weiters die bezughabende Berichtigungseintragung, CLNr 1 b, gelöscht wird.
Das Rekursgericht gab dem vom Liegenschaftseigentümer gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs Folge und wies den - im Wortlaut wiedergegebenen - Antrag ab, wobei es aussprach, daß der Entscheidungsgegenstand insgesamt 50.000 S übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Vor Eingehen in die Rechtsrüge erachtete das Rekursgericht die Antragslegitimation der Gesuchswerberin als gegeben, weil die Sektion A***** des Ö*****vereines für den Ö*****verein einschreite und durch eine vom Ö*****verein am 15.1.1993 ausgestellte unbedenkliche Vollmacht diese Einschreitungsbefugnis der Sektion A***** dieses Vereines dargetan sei. Zu der vom Rekurswerber vertretenen Auffassung, der ergangene stattgebende Beschluß entspreche primär nicht dem Gesetz; er habe als Eigentümer weder Kenntnis von der Löschungserklärung noch vom Löschungsantrag gehabt und habe auch keine Einwilligung hiezu erteilt, auch eine Löschung des verbücherten Bestandrechtes bedürfe einer Willensübereinstimmung zwischen Bestandgeber und Bestandnehmer, nahm das Gericht zweiter Instanz wie folgt Stellung:
Das Fehlen einer gesetzlichen Regelung über die Berechtigung zum Einschreiten in Grundbuchssachen habe in der Literatur und Rechtsprechung zu Kontroversen und zu verschiedenen Lösungen geführt. Der von Bartsch und Goldschmidt entwickelte Grundsatz, daß nur der zum Einschreiten in Grundbuchssachen befugt sei, dem die begehrte Eintragung zum Vorteil gereicht, sodaß um die Einverleibung oder Vormerkung einer Löschung derjenige anzusuchen habe, zu dessen Gunsten die Löschung erfolgen soll, könne in dieser allgemeinen Form nach neuerer Lehre und Rechtsprechung nicht aufrecht erhalten werden. Dittrich habe in einem Aufsatz (ÖJZ 1953, 60) überzeugend dargelegt, daß die §§ 77 bis 80 GBG trotz ihrer Überschrift "Berechtigung zum Ansuchen" nicht die Legitimation zum Einschreiten im eigenen Namen, sondern nur Bestimmungen über das Einschreiten im Namen eines anderen enthielten (die genannten Normen griffen hier also schon deshalb nicht Platz, da der dinglich berechtigte Einschreiter im eigenen Namen handle) und daß mangels einer allgemeinen Regelung der Antragslegitimation im Grundbuchsgesetz die allgemeinen Anordnungen des Außerstreitgesetzes zu gelten hätten. Daraus ergäbe sich, daß im allgemeinen (abgesehen von hier nicht zum Tragen kommenden Sonderregelungen) zum Einschreiten in Grundbuchssachen sowohl der durch die beantragte Grundbuchseintragung Berechtigte als auch der Verpflichtete befugt seien (RPflSlg 121, 173, 228, 563, 611, 612; RZ 1973, 67; Feil, Grundbuchsrecht, S 288; Feil, Grundbuchsgesetz, § 77 Anm 1; vgl auch Bartsch, GBG, 41f und Dittrich in ÖJZ 1953, S 60ff). Das Rekursgericht schließe sich insoweit dieser letztgenannten Ansicht an, zumal dem Grundbuchsgesetz eine ausdrückliche gegenteilige Vorschrift nicht zu entnehmen sei. Anders verhielte es sich lediglich bei der Löschung (RPflSlgG 371, 992, 1636).
Es entspräche wohl der ständigen Judikatur, daß zur Antragstellung auf Löschung einer Hypothek mit der Einführung des Verfügungsrechtes des Eigentümers über die erloschene Hypothek der Liegenschaftseigentümer ausschließlich legitimiert sei, weil das vom Gläubiger allein eingebrachte Löschungsgesuch dem Verfügungsrecht des Eigentümers die Grundlage nehmen würde (§ 469 ABGB; Klang2 II, 523; RPflSlgG 371, Feil, Grundbuchsgesetz, aaO). Nach Auffassung des erkennenden Senates vermöge aber auch dem aus einem Bestandvertrag Berechtigten nicht das Recht zuzukommen, ohne Wissen und ohne Zustimmung des belasteten Liegenschaftseigentümers um die Einverleibung einer grundbücherlichen Löschung einzukommen. Es müsse wohl dem Liegenschaftseigentümer und damit dem Rekurswerber vorbehalten bleiben, darüber zu befinden, hinsichtlich welcher, in seinem Grundbuch eingetragenen dinglichen Belastungen er um die Einverleibung der Löschung ansucht. Der Antragstellerin komme jedenfalls nicht ein vom Willen des Liegenschaftseigentümers losgelöstes Recht zu, allein auf Grund der - eigenen - Löschungserklärung um die damit korrespondierende Grundbuchseintragung anzusuchen, weshalb dem Rechtsmittel Berechtigung zukomme und die angefochtene Entscheidung in dem im Spruch ersichtlichen Umfange abzuändern gewesen sei.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht mit dem Fehlen einer höchstgerichtlichen Judikatur zur Problematik der Antragstellung des aus einem Bestandvertrag Berechtigten hinsichtlich der Löschung des verdinglichten Bestandrechtes.
Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Ö*****vereines, mit dem die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses beantragt wird.
Der Revisionsrekurs ist zulässig aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der antragstellende Verein bezieht sich in seinem Revisionsrekurs vorerst auf die auch vom Rekursgericht zutreffend vertretene Ansicht, daß für die Beurteilung der Antragslegitimation mangels einer allgemeinen Regelung im GBG die allgemeinen Anordnungen des AußStrG zu gelten haben und daher die Antragslegitimation sowohl der durch die begehrte Grundbuchshandlung berechtigten als auch der hiedurch belasteten Partei zukommt. Wo das Gesetz die Berechtigung zur Antragstellung genau regle - so wird weiters ausgeführt - gelte dies nicht. Wie zum Antrag auf Löschung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes auch der aus diesem Verbot Begünstigte berechtigt sei, müsse dies in Analogie auch für das Bestandrecht gelten. Dem ist folgendes zu entgegnen:
Aus dem Grundbuchsantrag und der diesem angeschlossenen "Löschungserklärung" vom 12.1.1993 ergibt sich, daß der Antragsteller die Einverleibung der Löschung des für ihn eingetragenen Bestandrechtes begehrt, somit den unbedingten Rechtsverlust erreichen will. Daß das Bestandrecht erloschen wäre, wurde nicht geltend gemacht. In der vorgelegten Löschungserklärung wurde vom Bestandnehmer lediglich seine ausdrückliche Einwilligung erklärt, daß die Löschung des Bestandrechtes einverleibt werden könne. Von einer offenbaren oder durch öffentliche oder private Urkunden nachgewiesenen Unrichtigkeit des Grundbuchsstandes oder der Gegenstandslosigkeit der Eintragung in Ansehung des eingetragenen Bestandrechtes kann somit keine Rede sein. Eine Berichtigung des Grundbuches iS des § 136 GBG scheidet daher ebenso aus wie die Löschung der Eintragung gemäß den §§ 131 ff GBG. Damit versagt auch der Hinweis auf die Legitimation des aus einem Belastungs- und Veräußerungsverbot Begünstigten, die Löschung dieser gegenstandslos gewordenen Eintragung zu begehren (vgl Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 15 zu § 364c). Die Verbücherung eines Bestandvertrages bewirkt, daß jeder spätere Erwerber der Liegenschaft den Gebrauch durch den Bestandnehmer weiterhin zu dulden hat und diesen allenfalls gegen Dritte zu verteidigen hat (vgl Spielbüchler, aaO, Rz 4 zu § 308), dh entgegen § 1120 ABGB an den Bestandvertrag (für die übrige Zeit) gebunden bleibt. Die Löschung des einverleibten Bestandrechtes hätte zur Folge, daß diese mit der Verbücherung verbundene Wirkung wegfiele. In dieser durch die einseitige Erklärung des Bestandnehmers ausgelösten Wirkung läge ein Rechtsverzicht, nämlich der Verzicht auf das Recht, vom Erwerber der Liegenschaft bzw vom Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren die Unterlassung einer Aufkündigung des Bestandvertrages zu begehren. Nach der überwiegenden Rechtsprechung und einem Teil der Lehre (vgl Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 1444; Harrer in Schwimann ABGB V Rz 1 zu § 1444), welchen sich der erkennende Senat anschließt, reicht aber eine einseitige Willenserklärung des Berechtigten für die Wirksamkeit des Verzichtes nicht aus, dafür bedarf es vielmehr der Zustimmung des Schuldners. Da der antragstellende Verein die Zustimmung des Bestandgebers im Grundbuchsgesuch nicht nachgewiesen hat, reicht die von ihm allein abgegebene Löschungserklärung für die begehrte Grundbuchshandlung nicht aus.
Damit erweist sich aber der Revisionsrekurs als nicht berechtigt, weshalb ihm kein Erfolg beschieden sein konnte.
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