OGH 8Ob643/93

OGH8Ob643/9320.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Jelinek, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der ***** mj. J***** H*****, 3033 Altlengbach 60, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft St.Pölten, diese vertreten durch Dr.Georg Krasser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Nigel A*****, geboren am 8.Jänner 1958, ***** wegen Feststellung der Vaterschaft und Unterhalt, infolge Rekurses des Dr.Stefan Gloß, Rechtsanwalt, 3100 St.Pölten, Wienerstraße 3, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Berufungsgericht vom 1.Oktober 1993, GZ R 514/93-75, mit dem die Berufung zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Einschreiter hat die Kosten seines erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit der am 20.6.1986 eingebrachten Klage verband die minderjährige Klägerin den Antrag, für den zuletzt in Großbritannien wohnhaft gewesenen Beklagten einen Abwesenheitskurator zu bestellen. Diesem Antrag wurde mit Beschluß vom 21.8.1986, 1 P 165/86-2, entsprochen und Rechtsanwalt Dr.Stefan Gloß zum Abwesenheitskurator für den Beklagten bestellt.

Am 25.3.1987 teilte die Bezirkshauptmannschaft St.Pölten mit, es habe die Adresse des Beklagten ausgeforscht werden können, und gab diese, wie aus dem Kopf der Entscheidung ersichtlich, bekannt. Daraufhin wurde der nachfolgende Beschluß vom 30.3.1987 über die Bestellung eines Sachverständigen nicht nur dem Abwesenheitskurator, sondern auch dem Beklagten persönlich zugestellt. Dieser übermittelte das am 21.4.1987 beim Erstgericht eingelangte Schreiben, aus dem hervorgeht, daß er über den Gegenstand des Verfahrens voll informiert ist.

Mit Beschluß vom 23.5.1987, 1 P 165/86-9, wurde hierauf Dr.Stefan Gloß seiner Funktion als Abwesenheitskurator des Beklagten enthoben. Dieser Beschluß wurde sowohl der Bezirkshauptmannschaft St.Pölten wie auch Dr.Gloß zugestellt. Dieser nahm in der Folge auch Bezug auf seine Enthebung als Abwesenheitskurator und sandte dem Gericht ein Schriftstück zurück.

Hierauf kam es zunächst zu keinen weiteren Zustellungen von für den Beklagten bestimmten Schriftstücken an Dr.Gloß; offenbar irrtümlich kam es aber später zu weiteren Zustellungen an Dr.Gloß. Ebenfalls offenbar irrtümlich, weil seine schon erwähnte Enthebung als Abwesenheitskurator nicht beachtend, beteiligte sich Dr.Gloß als Vertreter des Beklagten am Verfahren. Zu einer neuerlichen Bestellung zum Abwesenheitskurator ist es nicht gekommen.

Mit Urteil vom 14.5.1993 stellte das Erstgericht den Beklagten als Vater der Klägerin fest und verpflichtete ihn ab 20.8.1986 zur Leistung monatlicher Unterhaltsbeiträge von S 1.350. Es stellte das Urteil dem Dr.Gloß zu.

Das Berufungsgericht wies die gegen dieses Urteil von Rechtsanwalt Dr.Gloß für den Beklagten erhobene Berufung mangels Einschreiterlegitimation als unzulässig zurück.

Der gegen diesen Zurückweisungsbeschluß erhobene Rekurs des Rechtsanwaltes Dr.Gloß als "konkludent wiederbestellter Kurator", mit dem er beantragt, den angefochtenen Beschluß ersatzlos zu beheben und dem Berufungsgericht aufzutragen, über die Berufung unter Abstandnahme von diesem Zurückweisungsgrund meritorisch zu entscheiden, ist zwar gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Enthebung des Rechtsanwaltes Dr.Gloß als Abwesenheitskurator für den Beklagten ist rechtskräftig. Spätere Zustellungen an ihn in diesem Verfahren sind belanglos; er hätte an ihn gerichtete Sendungen dem Gericht zurückschicken müssen und hat dies teilweise auch getan; allenfalls hätte er auch seine Wiederbestellung anregen können, wenn hiezu Anlaß bestanden hätte. Eine "konkludente Wiederbestellung als Abwesenheitskurator" ist im Gesetz nicht vorgesehen und kann weder aus einer allenfalls unterbliebenen Ladung des Beklagten zur Teilnahme an einer mündlichen Streitverhandlung noch aus der offensichtlich irrtümlichen Zustellung von Schriftstücken an den rechtskräftig enthobenen Abwesenheitskurator abgeleitet werden (EvBl 1969/187; SZ 45/50). Rechtsanwalt Dr.Gloß ist daher nicht legitimiert, Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichtes St.Pölten einzulegen, sodaß seinem Rekurs gegen den Beschluß, mit dem seine Berufung mangels Befugnis zum Einschreiten zurückgewiesen wurde, nicht Folge zu geben war.

Soweit der Einschreiter in seinem Rekurs einen Antrag auf vorläufige Zulassung als Parteienvertreter für den Beklagten nach § 38 ZPO und auf nachträgliche, vom Erstgericht vorzunehmende Kuratorbestellung stellt, ist darauf hinzuweisen, daß die Rechtsordnung nur eine vorläufige Zulassung als Parteienvertreter, nicht aber als Kurator vorsieht. Das Urteil wird dem Beklagten zuzustellen sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

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