OGH 13Os191/93

OGH13Os191/9313.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Jänner 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Obergmeiner als Schriftführerin, in der beim Landesgericht Leoben zum AZ 19 (16) Vr 460/92 anhängigen Strafsache gegen Günter G***** wegen des Verbrechens nach §§ 12 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Z 3 SGG und § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 14.Oktober 1993, AZ 11 Ns 144/93 (GZ 19 Vr 460/92-506) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Günter G***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Günter G***** befindet sich seit dem 14.August 1992 aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach dem § 180 Abs. 2 Z 3 lit. a und b StPO in Untersuchungshaft. Mit der rechtswirksam gewordenen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Leoben vom 8.Oktober 1993 (ON 503) wird ihm das Verbrechen nach §§ 12 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Z 3 SGG, teils in der Form des Versuchs nach § 15 StGB (I 1, 2), das Finanzvergehen des versuchten Schmuggels nach §§ 13, 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG (II 1), ferner das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG (II 2) sowie das Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB (III) zur Last gelegt. Ihm wird vorgeworfen, am 26.November 1986 4,2 kg Cannabisharz von Marokko nach Spanien aus- bzw. eingeführt und dieses Suchtgift nach Österreich einzuführen (bzw. vorsätzlich unter Verletzung seiner zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren zu entziehen) versucht (I 1, II 1) und zwischen Anfang 1986 bis Juli 1992 in Kapfenberg insgesamt 10,4 kg geschmuggeltes Haschisch durch Weiterverkauf an fünf in der Anklageschrift namentlich genannte Abnehmer in Verkehr gesetzt zu haben (I 2, II 2), wobei ihm insgesamt gewerbsmäßiges Handeln angelastet wird. Außerdem soll Günter G***** am 7.Juli 1993 im Verfahren 19 Vr 332/93 des Landesgerichtes Leoben als Zeuge falsch ausgesagt haben (III).

Zur Widerlegung der in diesem Verfahren bis zum Zeitpunkt der Anklageerhebung leugnenden Verantwortung des Günter G***** wird in der Anklagebegründung, insbesondere zu I 2, auf belastende Angaben zahlreicher Zeugen sowie auf die (zu I 1) geständige Verantwortung des Angeklagten vor dem Gericht in Melilla (Spanien) verwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Nachdem mit Beschlüssen vom 15.Februar 1993, 9.Juni 1993 und 12. August 1993 die zulässige Dauer der Untersuchungshaft durch das Oberlandesgericht Graz jeweils verlängert und einer Grundrechtsbeschwerde gegen den erstgenannten Beschluß der Erfolg versagt worden war (13 Os 56/93), wurde über Antrag der Staatsanwaltschaft Leoben und des Untersuchungsrichters (des Landesgerichtes Leoben) mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz gemäß § 193 Abs. 4 StPO bestimmt, daß die über Günter G***** verhängte Untersuchungshaft bis zu sechzehn Monaten dauern darf.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die vorliegende neuerliche Grundrechtsbeschwerde des Günter G*****, in der er (weiterhin) den dringenden Tatverdacht bestreitet und vorbringt, daß die "ständigen Verzögerungen" des Gerichtes einen Verstoß gegen den Art. 5 MRK darstellen und auch die Verlängerung der Untersuchungshaft nicht rechtfertigen würden.

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Zum Fortbestand des in der angefochtenen Entscheidung, wie im genannten Grundrechtserkenntnis ausführlich begründeten dringenden Tatverdachtes ist noch hinzuzufügen, daß inzwischen am 1.Dezember 1993 eine Hauptverhandlung in dieser Sache stattgefunden hat (die zu weiteren Zeugeneinvernahmen vertagt werden mußte), in welcher sich (zu I 2) Günter G***** nunmehr umfassender geständig zeigte und zugab, rund 6 kg Cannabisharz erworben und davon rund 5,5 kg aus gewinnsüchtigen Motiven weiterverkauft zu haben (S 8, 9, 10 und 12 des Hauptverhandlungsprotokolles). Inwieweit dieses erweiterte (Teil-)Geständnis im Zusammenhalt mit anderen Beweisergebnissen auch einen Schuldspruch trägt, bleibt dem erkennenden Schöffengericht vorbehalten; der dringende Tatverdacht (§ 180 Abs. 1 StPO) in Richtung des angelasteten Verbrechens nach § 12 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Z 3 SGG liegt jedenfalls vor.

Zum Vorbringen über Verfahrensverzögerungen ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, daß er zu deren Abhilfe keine Beschwerde an die Ratskammer (§ 113 StPO) ergriffen hat. Eine Prüfung, ob er durch die behaupteten Verzögerungen im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt wurde, ist daher mangels Erschöpfung des Instanzenzuges im Rahmen dieser Grundrechtsbeschwerde nicht möglich. Im übrigen kann aus Verzögerungen in der Verfahrensführung eine Grundrechtsverletzung erst dann abgeleitet werden, wenn eine solche Säumnis zu einer Unverhältnismäßigkeit der Haft führt. Hievon kann im Hinblick auf den Anklagevorwurf und die Strafdrohung des § 12 Abs. 3 SGG (Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren) nicht gesprochen werden. Entgegen den Beschwerdeausführungen hat das Oberlandesgericht Graz bei Bedachtnahme auf den im bekämpften Beschluß angeführten Umfang der Voruntersuchung und die Verflechtung der in Untersuchung gezogenen Aktivitäten einer Vielzahl von Beschuldigten, die sich teilweise gegenseitig belasten, von der Möglichkeit des § 193 Abs. 4 StPO einen (ohnehin eingeschränkten) zutreffenden Gebrauch gemacht.

Somit ergibt sich, daß durch den in Beschwerde gezogenen Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz in keinem der Beschwerdepunkte eine Verletzung des Grundrechtes des Günter G***** auf persönliche Freiheit stattgefunden hat.

Demzufolge hatte nach § 8 GRBG ein Ausspruch über den Ersatz der Beschwerdekosten zu entfallen.

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