Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei aus einem Akkreditiv den Betrag von USD 157.959,57 und erwirkte zur Sicherung dieser Forderung eine einstweilige Verfügung, mit der der beklagten Partei auf die Dauer des Rechtsstreites verboten wurde, ihr Guthaben bei der C*****-Bank***** in Wien unter einen Betrag von USD 157.959,57 zu reduzieren, und geboten wurde, sich jeder Verfügung über diesen Teilbetrag ihres Guthabens zu enthalten; der Bank wurde verboten, einen Teilbetrag von USD 157.959,57 der beklagten Partei auszufolgen.
Diese einstweilige Verfügung wurde der beklagten Partei am 6.7.1992 zugestellt. Am 21.7.1992 brachte sie dagegen Widerspruch und Rekurs ein. Der Rekurs wurde vom Erstgericht und der Widerspruch vom Rekursgericht als verspätet zurückgewiesen.
Mit Beschluß vom 31.7.1992 erklärte das Erstgericht "im Hinblick auf die in Großbritannien erfolgte Konkurseröffnung" über das Vermögen der beklagten Partei den vorliegenden Rechtstreit gemäß § 7 Abs 1 KO für unterbrochen.
Am 4.9.1992 stellte die beklagte Partei (neuerlich) den Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung und hilfsweise den Antrag, das diese betreffende Verfahren einzustellen.
Das Erstgericht wies den Antrag mit Beschluß vom 18.9.1992 (ON 16) ab.
Der dagegen von der beklagten Partei erhobene Rekurs hatte keinen Erfolg. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteigt und das der Revisionsrekurs zulässig sei. In seiner Entscheidungsbegründung führte es aus:
Die vom Erstgericht im Hinblick auf den über das Vermögen der beklagten Partei in Großbritannien eröffneten Konkurs ausgesprochene Unterbrechung des gegenständlichen Rechtsstreites gründe sich auf rechtliche Erwägungen, die für das Rekursgericht nicht bindend seien. Zunächst sei darauf zu verweisen, daß die österreichische Konkursordnung vor dem IRÄG 1982 in den §§ 66 und 67 ein Ausfolgungsverfahren hinsichtlich des in Österreich befindlichen beweglichen Vermögens zur Einbeziehung in ein ausländisches Insolvenzverfahren vorgesehen hatte und daß diese Bestimmungen vom Gesetzgeber des IRÄG bewußt beseitigt wurden. In der Regierungsvorlage zum IRÄG 1982 (BlgNR 15. GP S 49) werde dazu ausgeführt: "Die Beseitigung der §§ 66 und 67 KO beruht auf den heutigen international-konkursrechtlichen Verhältnissen. Diese Bestimmungen haben die Erwartungen des Gesetzgebers des Jahres 1914 nämlich nicht erfüllen können: Mangels Vorliegens der Gegenseitigkeit kommt es weder dazu, daß bewegliches Auslandsvermögen in den inländischen Konkurs einbezogen wird noch dazu, daß österreichisches Vermögen ausgefolgt wird. Soweit nicht, wie mit Belgien, ein Insolvenzabkommen besteht, beschränkt sich der Konkurs auf das im Inland gelegene Vermögen, mag auch § 1 KO vom Universalitätsgrundsatz ausgehen. Daher werden diese nicht effektiv gewordenen Bestimmungen aufgehoben; das wird die vom Bundesministerium für Justiz zielstrebig vorangetriebenen Verhandlungen zur Schließung von Konkursabkommen mit wichtigen Handelspartnern Österreichs fördern. Im übrigen sorgt der neue § 179 KO dafür, daß Maßnahmen eines ausländischen Konkursgerichtes dann, wenn kein Staatsvertrag vorliegt, wie bisher keine Inlandswirkung haben werden."
Somit habe der Gesetzgeber - abgesehen vom Abschluß von bilateralen Insolvenzvereinbarungen wie zB mit Belgien, Frankreich, Deutschland und Italien - eine Abschottungstendenz gegenüber ausländischen Insolvenzwirkungen verfolgt. Schumacher in RdW 1991, 36 ff bedaure diese Entwicklung, die gegenüber dem früheren Ausfolgeverfahren einen Rückschritt darstelle, als nicht zeitgerecht. Dadurch könne es zu einem konkursfreien Vermögen und zur Begünstigung von Gläubigern, zB hinsichtlich ausländischer Bankguthaben, kommen. Daß Verfügungen über ausländische Bankguthaben nach der Rechtslage seit dem IRÄG 1982 nicht angefochten werden könnten, weil sie ein konkursfreies Vermögen beträfen, das nicht in den inländischen Konkurs einzubeziehen sei, stelle König, Internationaler Kreditschutz, 1989, 53 unter Zitierung der Entscheidung 7 Ob 643/85 dar. Das Rekursgericht verkenne die durch das IRÄG 1982 geschaffenen Probleme nicht und sei selbst der Ansicht, daß die Schaffung eines konkursfreien Vermögens im Ausland nicht wünschenswert sei. Die derzeitige, von ihrem Wortlaut und ihrer Intention her hinreichend klare Gesetzeslage sei jedoch bindend. Im vorliegenden Fall sei bisher ungeprüft geblieben, ob das Auslandsguthaben der beklagten Partei bei der C*****-Bank***** nach dem Recht Großbritanniens als zur Konkursmasse gehörend anzusehen sei. Das Konkursstatut regle grundsätzlich auch die Frage, welche Vermögenswerte der Konkursmasse und welche dem konkursfreien Bereich zuzuordnen seien. Diese Frage könne hier aber zufolge der Regel des § 180 KO dahingestellt bleiben, weil für die Anerkennung von im Ausland im Rahmen eines ausländischen Insolvenzverfahrens getroffenen Maßnahmen, mit denen über ein im Inland gelegenes Vermögen verfügt werde, die §§ 79 bis 82 und 84 EO Geltung hätten. Es bedürfe also eines Verfahrens vor dem gemäß § 82 EO zuständigen Gerichtshof, hier vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien. Wegen dieses im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Verfahrens sei es der beklagten Partei demnach aber verwehrt, beim Prozeßgericht einfach die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung zu beantragen.
Der von Österreich mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland im Jahre 1961 geschlossene Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag BGBl 1962/224 idF BGBl 1971/453 führe zum gleichen Ergebnis: Nach diesem Vertrag bestehe für ein österreichisches Zweitgericht selbst dann, wenn der Gemeinschuldner nachweise, daß vor einem Gericht im Erststaat (Großbritannien) aufgrund eines Rechtsbehelfes ein Verfahren eingeleitet worden sei, keine Pflicht zur Anerkennung der dort ergangenen Entscheidung. Es bleibe also Österreich überlassen, ob es die britische Konkursentscheidung anerkennen wolle oder nicht. Dies führe letztendlich dazu, daß de facto doch nur formell rechtskräftige Entscheidungen in Österreich anerkannt würden Matscher, Die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen im Verhältnis zwischen Österreich und Großbritannien JBl 1963, 296 f, unterscheide zwischen der Anerkennung und der Vollstreckung. Während die Anerkennung bei Vorliegen der entsprechenden Vorausetzungen automatisch stattfinde und zur Prüfung der Voraussetzungen jedes Gericht und jede Verwaltungsbehörde des Zweitstaates (Österreich), bei dem die Entscheidung geltend gemacht werde, berufen sei, setze die Vollstreckung von Entscheidungen ein besonderes Verfahren voraus, das sich nach den im Zweitstaat vorgesehenen Bestimmungen über die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen richte. Zur Vollstreckung der Entscheidung eines Gerichtes des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland in Österreich sei vom betreibenden Gläubiger ein Antrag auf Exekutionsbewilligung zu stellen. Das Verfahren der Exekutionsbewilligung richte sich in erster Linie nach den für die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in der EO vorgesehenen besonderen Bestimmungen, nämlich den §§ 82 und 83 EO.
Entgegen der Ansicht der beklagten Partei gehe es im vorliegenden Fall nicht bloß um die Anerkennung der Tatsache, daß sie einem Insolvenzverfahren in Großbritannien unterliege, sondern um das Begehren, ein derzeit mit einem Drittverbot gesperrtes Guthaben freizubekommen. Dabei handle es sich eindeutig um eine Vollstreckungsmaßnahme, für die sowohl nach § 180 KO als auch nach dem Vollstreckungsvertrag zwischen Österreich und Großbritannien ein Exekutionsantrag zu stellen sei, der selbst wieder auf einer entsprechenden Entscheidung eines Gerichtes in Großbritannien beruhen müsse, mit dem dieses Gericht das derzeit gesperrte Guthaben der beklagten Partei für sein eigenes Insolvenzverfahren heranziehen wolle und um die Aufhebung eines österreichischen Drittverbotes ersuche.
Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung erhebt die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Revisionsrekurs mit dem Abänderungsantrag, ihren Anträgen vom 27.8.1992 vollinhaltlich stattzugeben.
Die Rechtsmittelwerberin bringt vor, in rechtlicher Hinsicht sei hier nicht bloß das Abkommen BGBl 1962/224, sondern auch das zwischen Österreich und der EWG abgeschlossene Abkommen (ÖEWGA), maßgebend nach dessen programmatischem Artikel 1 die Beseitigung von Handelshindernissen und eine Ausweitung des Warenverkehrs unter gerechten Wettbewerbsbedingungen zu realisieren sei. Österreich habe sich danach verpflichtet, keine zusätzlichen Handelsbarrieren aufzurichten. Diese Argumentation sei keinesfalls weit hergeholt, weil die Bevorzugung eines österreichischen Gläubigers gegenüber englischen Gläubigern und EWG-Gläubigern nicht im Sinne der abgeschlossenen Verträge liege. Jedenfalls habe das Abkommen BGBl 1962/224 gemäß seinem Artikel II dafür vorsorgen wollen, daß Insolvenzverfahren in dem einen Staat auch Auswirkungen auf den jeweiligen Zweitstaat haben sollten. Durch die rekursgerichtliche Interpretation dieses Abkommens trete eine Besserstellung der österreichischen Gläubiger gegenüber allen anderen Gläubigern der Gemeinschuldnerin ein, denn die österreichischen Gläubiger erhielten volle Besicherung ihrer behaupteten Forderungen, obwohl sie diese nach dem inländischem Recht nicht erreichen könnten. Die rekursgerichtliche Forderung, die englischen Liquidatoren müßten beim High Court of Justice einen Leistungsbefehl erwirken, damit ein Exekutionsantrag gestellt werden könne, widerspreche dem Wesen des Insolvenzverfahrens, wonach es keine bestimmten Leistungsbefehle des Insolvenzgerichtes an die Gläubiger des Gemeinschuldners gebe, sondern nur aus der Konkurseröffnung folgende gesetzliche Konsequenzen. Da Artikel II des letztgenannten Abkommens normiere, daß das Verfahren um Anerkennung und Vollstreckung so einfach und rasch wie möglich sein solle, könne die "Ausfolgeforderung" nicht nur mit einen Exekutionsbegehren (Exekutionsklage), sondern auch als "Einrede" mittels "Aufhebungsantrages" geltend gemacht werden. § 1 der österreichischen Konkursordnung gehe nach wie vor vom Universalitätsprinzip aus. Der Gesetzgeber spreche einem ausländischen Konkurs auch nicht generell die grenzüberschreitende Wirkung ab, sondern setze nur einen entsprechenden Staatsvertrag voraus, der hier vorliege. Die inländischen Wirkungen einer britischen Konkurseröffnung könnten somit schon nach eigener Ansicht des Gesetzgebers (auch des IRÄG) nicht schlichtweg fehlen. Die Konkurseröffnung in Großbritannien sei vielmehr auf Grund des Abkommens vom Gericht automatisch anzuerkennen gewesen, die dem Konkurseröffnungsbeschluß zukommenden Wirkungen bedürften dann keiner gesonderten Vollstreckung mehr sondern seien einer solchen gar nicht zugänglich. Diese Beschlußwirkungen hätten zur Folge, daß hinsichtlich des dem Konkursverfahren unterworfenen Vermögens keine einstweiligen Verfügungen zur Sicherung von Geldforderungen erlassen oder aufrecht erhalten werden dürften; vielmehr verlören diese ihre Wirksamkeit und seien von Amts wegen oder jedenfalls auf Antrag aufzuheben. Es könne auch nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, Entscheidungen in Konkurssachen anzuerkennen und gleichzeitig aber ihre Wirkungen zu negieren und Einzelexekution zuzulassen, ein Vorgang, der der Gleichstellungslehre widerspreche.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 1 ZPO zulässig; er ist aber nicht gerechtfertigt.
Die Beurteilung der Frage, ob eine nach Erlassung der einstweiligen Verfügung von dem nach dem Insolvency Act 1986 für England als Insolvenzgericht zuständigen (siehe Wiesbauer, Internationales Insolvenzrecht 142 FN 1) High Court of Justice gefällte Entscheidung, mit der über das Vermögen der in London ansässigen beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei das Konkursverfahren eröffnet und zu dessen Durchführung nach den vorliegenden Unterlagen und dem übereinstimmenden Parteienvorbringen Liquidatoren bestellt wurden, in Österreich anzuerkennen ist, und welche Voraussetzungen hiebei erfüllt sein müssen, hat im Sinne der Anordnung des § 84 EO iVm § 180 KO zunächst auf der Grundlage des zwischen Österreich und Großbritannien abgeschlossenen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommens BGBl 1962/224 zu erfolgen.
Dieses Abkommen bestimmt in seinem Art II, daß Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, die ein "oberes" Gericht (ein solches ist gemäß Art I Z 2 lit a auch der High Court of Justice) im Gebiet einer der Vertragsparteien gefällt hat, im Gebiet der anderen Vertragspartei gemäß den Art III bis X des Vertrages anzuerkennen und zu vollstrecken sind. In Art III des Abkommens werden die Anerkennungsvoraussetzungen dargestellt, Art IV regelt die Zuständigkeit der Gerichte des Landes des Erstgerichtes (= d.i. gemäß Art I Z 3 jenes, das die Entscheidung erlassen hat) und bestimmt in Abs 5 lit c, daß "diese Zuständigkeitsregelungen für Konkurs- oder Ausgleichsverfahren oder im Verfahren wegen Auflösung von Handelsgesellschaften nicht anzuwenden sind," doch "ist die Zuständigkeit der Gerichte des Landes des Erstgerichtes aber dennoch gegeben, wenn sie unter Anwendung der Rechtsvorschriften des Landes des Zweitgerichtes gegeben wäre."
Grundsätzlich werden daher auch in Konkurs- und Ausgleichsverfahren ergangene Entscheidungen von diesem Abkommen erfaßt (Matscher, JBl 1963, 285; Wiesbauer aaO; Boll, Die Anerkennung des Auslandskonkurses 67). Die für die Anerkennung vorausgesetzte Zuständigkeit des High Court of Justice zur Erlassung solcher Entscheidungen ist zweifellos gegeben (vgl Wiesbauer aaO; Matscher aaO 291 f; Boll aaO).
Unter "Entscheidung" ist gemäß Art I Z 4 des Abkommens jede Entscheidung eines Gerichtes ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung (Urteil, Beschluß udgl) zu verstehen, durch die über die Rechte der Parteien endgültig erkannt wird.
In Art V des Abkommens sind die Wirkungen der Anerkennung einer Entscheidung normiert. Danach "hat die Anerkennung einer Entscheidung die Wirkung, daß diese Entscheidung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen und der rechtlichen Beurteilung für jedes künftige Verfahren zwischen denselben Parteien in derselben Sache als bindend zu behandeln ist."
In der RV 590 Blg NR 9. GP 17, wurde hiezu erläuternd ausgeführt, die Anerkennung habe die Wirkung, daß im Falle der Einleitung eines weiteren Verfahrens zwischen denselben Parteien und in derselben Sache das Gericht hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen und der rechtlichen Beurteilung gebunden sei. Werde in einem österreichischen Verfahren der Klage ein englisches Urteil entgegengesetzt, das entsprechende tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen enthalte, müsse das Klagebegehren abgewiesen werden.
In diesem Sinne ist Art V des Abkommens in Zusammenhalt mit Art I Z 4 dahin auszulegen, daß von diesem Abkommen grundsätzlich nur zwischen den Parteien ergehende Sachentscheidungen erfaßt werden. Dazu zählen zwar auch die nach einer Konkurseröffnung im weiteren Konkursverfahren ergehenden Beschlüsse, mit denen über die Rechte der Parteien (endgültig) erkannt wird, nicht jedoch der Konkurseröffnungsbeschluß selbst.
Die Entscheidung des High Court of Justice Beilage ./1 (es liegt nur eine unbeglaubigte Kopie in beglaubigter Übersetzung vor), wonach die beklagte Bank mit Wirkung vom 14.Jänner 1992 "von diesem Gericht unter die Bedingungen der Konkurs- und Ausgleichsordnung 1986 gestellt wird", enthält ganz offenkundig nicht die im Abkommen festgelegte inhaltliche Qualifikation einer Sachentscheidung.
Die Anerkennung eines ausländischen Konkurseröffnungsbeschlusses durch grundsätzliche Übernahme seiner allgemeinen und besonderen Wirkungen hätte Konsequenzen, die über den Zweck eines Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommens weit hinausgingen. Auch Loewe in Jelinek, Insolvenz- und Wirtschaftsrecht 18, vertritt die Ansicht, daß die Entscheidung über die Eröffnung eines Konkursverfahrens überhaupt keine der Anerkennung im üblichen Sinn fähige Entscheidung sei, und verweist darauf, daß in den Verträgen zur Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen die das Insolvenzverfahren betreffenden Entscheidungen wegen der Besonderheit der Materie entweder ausdrücklich ausgenommen oder schon deshalb gar nicht erfaßt würden, weil sich die Verträge auf die Anerkennung und Vollstreckung von Sachentscheidungen beschränkten. Auch Boll, Die Anerkennung des Auslandskonkurses 66, gesteht zu, daß die Materie des internationalen Konkursrechtes im allgemeinen für zu kompliziert gehalten wird, um in einem Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Aufnahme zu finden, und daß diese kritische Einstellung nicht ganz unberechtigt sei.
Die Vereinbarung der allgemeinen Anerkennung ausländischer Konkursverfahren mit allen ihren weitreichenden Rechtsfolgen ohne jegliche nähere Detailregelungen wäre in der Tat nicht praktikabel, wie allein schon der Mangel der unentbehrlichen erforderlichen Bekanntmachung im Inland zeigt.
Wird der vom High Court of Justice gefaßte, die beklagte Bank betreffende Konkurseröffnungsbeschluß vom gegenständlichen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen somit nicht erfaßt, so tritt die Frage nach den mit dieser Konkurseröffnung gemäß der lex fori concursus verbundenen Rechtswirkungen und der allfälligen Außerkraftsetzung der gegenständlichen einstweiligen Verfügung nicht auf. Diese Konkurseröffnung entfaltet für das Inland keine grundsätzlichen Wirkungen, sondern nur jene Wirkungen, die mit den einzelnen im Konkursverfahren ergehenden und im Sinne des Abkommens anzuerkennenden Entscheidungen verbunden sind. Die englische Konkurseröffnung allein hat auf den Bestand der im Inland erlassenen gegenständlichen einstweiligen Verfügung keinen Einfluß.
Da das zwischen Österreich und Großbritannien geschlossene Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen hier nicht zum Tragen kommt, ist die allgemeine gesetzliche Regelung des § 180 KO maßgebend. Danach gelten für die Anerkennung von Maßnahmen, die im Ausland im Rahmen eines dem österreichischen Konkursverfahren entsprechenden Verfahrens getroffen werden, insbesondere für Entscheidungen, mit denen ein Organ bestellt oder unmittelbar über im Inland gelegenes Vermögen verfügt wird, die §§ 79 bis 82 und 84 EO.
Für die Anerkennung solcher Maßnahmen wäre hier aber im Sinne der rekursgerichtlichen Ausführungen nicht das Erstgericht, sondern das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zuständig, das auch über die Vertretungsbefugnis der vom High Court of Justice mit seiner Entscheidung Beilage ./2 (diese liegt nur in Form einer unbeglaubigten Kopie in beglaubigter Übersetzung vor) eingesetzten Liquidatoren, die dem Beklagtenvertreter namens der beklagten Bank Vollmacht erteilten, zu befinden hätte.
Schließlich versagt auch die Berufung der beklagten Bank auf das im Konkursverfahren grundsätzlich geltende Universalitätsprinzip. Anders als in der Bundesrepublik Deutschland, in der nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 95, 256 ua) die Bestimmung des § 237 Abs 1 dKO der innerstaatlichen Berdachtnahme auch auf einen Auslandskonkurs nie hinderlich gewesen sei, obschon lange Zeit eine gegenteilige Rechtsprechung herrschte, wurden in Österreich durch das IRÄG 1982 die früheren, ein Ausfolgeverfahren vorsehenden Bestimmungen der §§ 66 und 67 KO aufgehoben und die Bedachtnahme auf einen Auslandskonkurs im bereits oben dargestellten § 180 KO neu geregelt. In den vom Rekursgericht dargestellten und oben wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen zum IRÄG wurden die Gründe hiefür dargelegt und darauf hingewiesen, daß eine darüber hinausgehende Bedachtnahme auf Auslandskonkurse im Rahmen von ausdrücklichen zweiseitigen Insolvenzabkommen angestrebt werde. Diese klare Absichtserklärung des Gesetzgebers steht einer auf das Universalitätsprinzip - und auf das von der Rekurswerberin angeführte, bereits im Jahre 1972 geschlossene Abkommen mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft BGBl 466/1972 - gegründeten Bedachtnahme auf Auslandskonkurse von vornherein entgegen.
Somit bleibt hier die in England erfolgte Eröffnung eines die beklagte Bank betreffenden Konkursverfahrens für die Frage der Wirksamkeit der im vorliegenden Verfahren erlassenen einstweiligen Verfügung ohne Einfluß. Der Aufhebungsantrag der beklagten Bank wurde deshalb zutreffend abgewiesen.
Dem Rekurs war demgemäß nicht Folge zu geben. Die Prüfung der Frage, ob die Rechtsmittelbefugnis den vom englischen Gericht bestellten Liquidatoren oder aber den gesellschaftsrechtlichen Organen der beklagten Bank zukommt, wäre im Hinblick auf die Erfolglosigkeit des Rechtsmittells eine leere Formalität und kann daher unterbleiben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)