OGH 14Os163/93

OGH14Os163/9321.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Dezember 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Obergmeiner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Günther R* und Jürgen Maria L* wegen des Verbrechens nach § 3 a Z 2 VerbotsG und anderer Straftaten über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Salzburg vom 5.Juli 1993, GZ 33 Vr 2.508/89‑186, sowie über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den gleichzeitig mit diesem Urteil gemäß § 494 a Abs. 1 Z 2 StPO gefaßten Beschluß nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, des Generalanwaltes Dr.Fabrizy, der Angeklagten R* und L* sowie ihrer Verteidiger Dr.Hosp und Dr.Lechenbauer zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0140OS00163.9300000.1221.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Der Beschwerde wird Folge gegeben und die dem Jürgen Maria L* gewährte bedingte Nachsicht der mit dem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18.Dezember 1992, GZ 35 E Vr 2371/92‑9, verhängten sechsmonatigen Freiheitsstrafe widerrufen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem auf dem (insoweit einhelligen) Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil (das auch unbekämpft gebliebene Freisprüche enthält) wurden der am 23.November 1960 geborene Günther R* der Verbrechen (A) nach § 3 a Z 2 VerbotsG (idF BGBl. 1992/148; im folgenden kurz: VG nF), (B) nach § 3 g VG nF, (D 1. und 2.) der teils vollendeten, teils versuchten schweren Nötigung nach §§ 105, 106 Abs. 1 Z 1 und 15 StGB, ferner der Vergehen (C) nach § 36 Abs. 1 Z 1, 2 und 4 WaffenG, (D 3.) der versuchten Nötigung nach §§ 15105 Abs. 1 StGB und (D 4.) der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB sowie der am 17.Oktober 1969 geborene Jürgen Maria L* der Verbrechen (E) nach § 3 a Z 3 VG nF und (F) nach § 3 g VG nF schuldig erkannt.

Demnach haben Günther R*

(zu A) in der Zeit von 1986 bis 7.Februar 1992 (in der Wiedergabe der Hauptfrage I im Urteil S 2 irrtümlich: 7.12.1992) und vom 8.August 1992 bis 4.März 1993 in Salzburg, Gmunden und anderen Orten des Bundesgebietes dadurch, daß er als "Gaubeauftragter für Oberösterreich und Salzburg" und als "Kameradschaftsführer der Kameradschaft Salzburg für die VAPO" (Volkstreue Außerparlamentarische Opposition) die Gründung der "Kameradschaft Gmunden" veranlaßte, Mitglieder warb, "Kameradschaftsabende" in seiner Wohnung veranstaltete, für die Teilnahme an Feiern, Wehrsportlagern und Demonstrationen der VAPO warb und umfangreiches nationalsozialistisches Propagandamaterial verbreitete, sich am Aufbau einer Verbindung, deren Zweck es ist, durch Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistischen Sinne die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich zu untergraben, führend betätigt;

(zu B) sich in Salzburg, Gmunden und anderen Orten des Bundesgebietes auf eine andere als die in den §§ 3 a bis 3 f VG bezeichneten Weise im nationalsozialistischen Sinne durch die Anweisung an Mitglieder der VAPO, "Plakataktionen, Pickerlaktionen und Sprühaktionen durchzuführen", betätigt, wobei auf Grund dieser Aufforderung die nachstehend angeführten gesondert verfolgten Mittäter fremdes Eigentum beschädigten bzw. verunstalteten, und zwar:

I. Alexander F*, Josef A* und Christian H* am 6.Juli 1991 in Gmunden

1. durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes und der Worte "Ausländer raus" das Garagentor des Josef S*; Schaden in unbekannter Höhe;

2. durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes und der Worte "Gmunden erwache" auf die Außenmauer der öffentlichen Toiletteanlage der Stadtgemeinde Gmunden; Schaden 1.466 S;

3. durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes und der Worte "Scheiß Hippies" auf die Außenmauer der Hauptschule Gmunden; Schaden der Stadtgemeinde Gmunden rund 1.062 S;

4. durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes auf die Heckscheibe und den Kofferraum des PKWs des Ljubis L*; Schaden in unbekannter Höhe;

5. durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes auf die Heckscheibe und den Kofferraumdeckel des PKWs des Milenko P*; Schaden in unbekannter Höhe;

6. durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes auf die Auslagenscheibe des Geschäftes H*‑Eisen; Schaden in unbekannter Höhe;

7. durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes auf die Eingangstür der Städtischen Sicherheitswache der Stadtgemeinde Gmunden; Schaden 1.770 S;

II. im Mai 1991 in Gmunden Alexander F*, Christian H* zusammen mit Heinz A* und Jürgen L* durch Anbringen von etwa 150 bis 200 Aufklebern mit der Aufschrift "Nein zur Ausländerflut";

III. Alexander F*, Christian H*, Alexander T*, Gernot S* sowie Heinz A* am 25.Oktober 1991 in Gmunden durch Anbringung von 17 Aufklebern mit der Parole "Schluß mit dem Holocaust" oder "Deutschland willst du ewig zahlen. NF Nationalistische Front A 3403 Klosterneuburg, Postfach 31" am PKW der Hannelore R*; Schaden in unbekannter Höhe;

IV. Alexander F* und Christian H* am 3.August 1991 in Gmunden

1. durch Aufsprühen der Parole "Jude raus aus Deutschland" und eines Hakenkreuzes auf die Außenmauer des Gebäudes der V*bank G*; Schaden 1.620 S;

2. durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes und der Parole "NF ‑ Kauf nicht bei Ausländern" auf die Außenmauer des Gastlokales "Pizzeria A*"; Schaden des Franz M* mindestens 9.000 S;

3. durch Aufsprühen eines Keltenkreuzes (VAPO‑Symbol) und der Parole "Deutschland den Deutschen", "VAPO" auf das Schaufenster des Sportgeschäftes "Pro Sport D*; Schaden der Firma Pro Sport D* Handels‑GesmbH in unbekannter Höhe;

4. durch Aufsprühen zweier Hakenkreuze und der Parolen "Juda verrecke", "Nazis an die Macht", "Ausländer raus" auf die Mauer des Gebäudes der S*‑Druckerei; Schaden der S*‑Druckerei 7.644 S;

VI. Thomas S* im Herbst 1991 in Salzburg im Bereich des Gastlokales "N*" durch die Anbringung mehrerer Hakenkreuze sowie des Keltenzeichens (VAPO‑Kreuz);

(zu C) in Salzburg, wenn auch nur fahrlässig,

1. in der Zeit von zirka 1982/83 bis 10.Mai 1990 unbefugt eine Faustfeuerwaffe, nämlich die Pistole der Marke "Steyr 1916", Nr. 26211, Kal. 9 mm, unbefugt besessen;

2. in der Zeit von zirka 1982/83 bis 10.Mai 1990 unbefugt Kriegsmaterial, nämlich eine Maschinenpistole, erworben und besessen;

3. in einem nicht näher bekannten Zeitraum bis 10.Mai 1990 verbotene Waffen (§ 11 WaffenG), nämlich 4 Springmesser, unbefugt besessen;

(zu D) in Salzburg

1. am 10.August 1992 im gemeinsamen Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Mario B* den Markus R* durch Gewalt und durch gefährliche Drohung, nämlich dadurch, daß er ihn erfaßte, gewaltsam zu Boden riß bzw. stieß, sodaß er gegen einen Kasten stürzte, ihm Faustschläge und Fußtritte versetzte, mit einem Bajonett vor dem Gesicht herumfuchtelte und sich äußerte: "Wir werden eben ein bißchen mit dem Messer herumschlitzen müssen", wobei Markus R* vor ihm knien mußte, somit durch Drohung mit dem Umbringen, zu einer Handlung, nämlich zur Unterfertigung eines Schuldscheines genötigt;

2. am 2.März 1993 in Salzburg Siegfried H* durch gefährliche Drohung mit dem Tode zu einer Handlung, nämlich zur Zurückziehung der gegen Mario B* wegen Körperverletzung erstatteten Anzeige, zu nötigen versucht, indem er ihm drohte, daß ihm das passieren würde, was allen Verrätern passiere, falls er die Anzeige gegen Mario B* nicht zurückziehen sollte, wobei er noch beifügte, daß er ihn nicht selbst umbringen werde, sondern schon seine Leute habe, die dies für ihn besorgen würden;

3. am 27.Juli 1992 Birgit G* mittelbar durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, nämlich zur Zurückziehung der ihn belastenden Angaben, zu nötigen versucht, indem er sich äußerte, daß er ihr das Leben schwer machen werde, womit zumindest eine Drohung mit einer Körperverletzung gemeint war;

4. am 10.August 1992 in Salzburg Markus R* gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er sich äußerte, "daß er ein Verräterschwein sei und sehr wohl wisse, was mit solchen Verrätern in der Szene passieren würde", womit er sinngemäß zumindest eine Drohung mit einer Körperverletzung ausdrückte;

Jürgen Maria L* in Salzburg, Gmunden und anderen Orten des Bundesgebietes

(zu E) in der Zeit von zirka 1989 bis 11.Februar 1992 in Salzburg dadurch, daß er als "Stellvertreter des Gaubeauftragten für Oberösterreich und Salzburg" und teilweise als "Kameradschaftsführer der Kameradschaft Salzburg für die VAPO" (Volkstreue Außerparlamentarische Opposition) Mitglieder warb, neonazistisches Propagandamaterial verteilte und teilweise auch "Kaderabende" in der Wohnung des Günther R* veranstaltete, die Tätigkeit einer solchen Organisation bzw. Verbindung, deren Zweck es ist, durch Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistschen Sinne die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich zu untergraben, unterstützt;

(zu F) sich auf eine andere als in den §§ 3 a bis 3 f VG bezeichneten Weise im nationalsozialistischen Sinne betätigt, indem er fremdes Eigentum beschädigte bzw verunstaltete, und zwar:

I. im Mai 1991 in Gmunden im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den gesondert verfolgten Alexander F*, Christian H* und Heinz A* durch Anbringen von etwa 150 (im Urteil S 19 versehentlich: 1050) bis 200 Aufklebern mit der Aufschrift "Nein zur Ausländerflut";

II. Ende August 1991 in Salzburg im Bahnhofsbereich durch Anbringen mehrerer Aufkleber an Schaufenstern mit dem Aufdruck "Gib Nazis eine Chance".

 

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagten bekämpfen ihre Schuldsprüche (der Erstangeklagte der Sache nach jedoch nur den Schuldspruch A und B wegen §§ 3 a Z 2 und 3 g VG) mit Nichtigkeitsbeschwerden, die R* auf die Z 3 und 6, L* auf die Z 5 (der Sache nach auch Z 6), 10 a und 11 lit. a des § 345 Abs. 1 StPO stützen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten R*

Als nichtig nach § 345 Abs. 1 Z 3 StPO rügt dieser Beschwerdeführer die (entgegen seinem ausdrücklichen Widerspruch) vorgenommene Verlesung und Verwertung der vor der Sicherheitsbehörde abgelegten Aussagen der Zeugen, die sich in der Hauptverhandlung gemäß § 153 StPO der Aussage entschlagen hatten (so zB des Zeugen F*); dadurch sei ihm die durch Art. 6 Abs. 3 lit. c (ersichtlich gemeint: lit. d) EMRK garantierte Möglichkeit genommen worden, durch gezielte Befragung und Vorhalte die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen zu erschüttern.

Entgegen der Rüge handelt es sich bei den in Frage kommenden Protokollen über die vor der Sicherheitsbehörde im Vorverfahren des Landesgerichtes Wels, AZ 15 Vr 69/92, abgelegten Aussagen nicht um Schriftstücke über nach dem Gesetz nichtige Vorerhebungs‑ oder Voruntersuchungsakte, sodaß der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund gar nicht gegeben sein kann (10 Os 72/86). Im übrigen bezieht sich das in § 252 Abs. 1 Z 3 StPO normierte Verlesungsverbot ‑ nach der zum Zeitpunkt des Urteils erster Instanz gültigen Rechtslage ‑ nur auf gerichtliche Protokolle, nicht jedoch auf Niederschriften, die im sicherheitsbehördlichen Ermittlungsverfahren aufgenommen wurden. Die im Vorverfahren (sei es auch in einem anderen Verfahren) von der Sicherheitsbehörde aufgenommenen Protokolle über die Aussagen jener Personen, die sich in der Hauptverhandlung gemäß § 153 StPO berechtigterweise der Aussage als Zeugen entschlagen, unterlagen jedenfalls nach der hier maßgebenden Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Strafprozeßänderungsgesetzes 1993 (1.Jänner 1994) der Verlesungsvorschrift des § 252 Abs. 2 StPO, derzufolge die (gerügte) Verlesung in der Hauptverhandlung sogar zwingend geboten war (EvBl. 1988/15, 89).

Dem (sinngemäßen) Beschwerdevorwurf, das Erstgericht habe nicht alle sinnvollen und rechtlich zulässigen Erhebungen durchgeführt, die geeignet gewesen wären, die Überzeugungskraft der erwähnten indirekten Beweismittel abzuschwächen oder gar auszuschalten, ist zu erwidern, daß der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung keine auf Erschütterung der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen gerichteten Beweisanträge gestellt hat (S 687/X), nach deren Abweisung durch den Schwurgerichtshof die Verfahrensrüge (§ 345 Abs. 1 Z 5 StPO) offengestanden wäre. Ebensowenig wurde ‑ im Rahmen einer Vernehmung unter den Kautelen des § 153 StPO an sich zulässig ‑ auf der Stellung allfälliger Kontrollfragen bestanden. Nach der Aktenlage lagen aber auch keine Anhaltspunkte vor, die für eine amtswegige Aufnahme von Kontrollbeweisen Anlaß geboten hätten.

Da es sich bei den relevierten Aussagen der Zeugen, die sich in der Hauptverhandlung gemäß § 153 StPO der Aussage entschlagen haben, im übrigen nicht um die einzigen Beweismittel handelte, sondern den Geschworenen eine überaus breite Entscheidungsgrundlage in Form von mehreren in der Hauptverhandlung abgelegten Zeugenaussagen, ferner von Urkunden, Filmen und einer Fülle anderer Beweisgegenstände dargeboten wurde, kann sich der Beschwerdeführer auch in seinem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 iVm Abs. 3 lit. d EMRK) mit Fug nicht verletzt erachten (vgl. abermals EvBl. 1988/15, 89).

Eine Verletzung des § 313 StPO und damit den Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO erblickt der Beschwerdeführer darin, daß ‑ trotz seines Antrages in der Hauptverhandlung (S 687‑689/X) ‑ der Schwurgerichshof die Aufnahme einer auf Rechtsirrtum (§ 9 StGB) gerichteten Zusatzfrage zu den nach Verbrechen nach dem Verbotsgesetz gestellten Hauptfragen I und II (fortl.Zl. 1 und 5 des Fragenschemas) ablehnte (S 691/X).

Voraussetzung für die Stellung einer Zusatzfrage nach § 313 StPO ist indes, daß in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht wurden, die ‑ wenn sie als erwiesen angenommen werden ‑ die Strafbarkeit ausschließen oder aufheben würden. Entgegen der Behauptung des Rechtsmittelwerbers stellt seine (im Kern darauf hinauslaufende) Verantwortung in der Hauptverhandlung, er habe die "Sondervorschriften" des Verbotsgesetzes bzw. dessen konkrete Bestimmungen nicht gekannt (S 247/X), kein die vermißte Zusatzfrage indizierendes Vorbringen dar. Für das Schuldelement des Unrechtsbewußtseins genügt nämlich das allgemeine Wissen um das rechtliche Verbotensein des bezüglichen Verhaltens, während eine Kenntnis der Norm in ihren Einzelheiten nicht erforderlich ist (Leukauf‑Steininger Komm.3 § 9 RN 3 ff). Daß dem Beschwerdeführer das allgemeine Wissen um das rechtliche Verbotensein der ihm angelasteten nationalsozialistischen Betätigung ‑ ungeachtet seiner politischen Gesinnung ‑ gemangelt hätte, wurde in der Hauptverhandlung nicht vorgebracht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L*

Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO wendet sich dieser Beschwerdeführer zunächst dagegen, daß vom Vorsitzenden allein ‑ demnach ohne Beschlußfassung durch den Schwurgerichtshof ‑ die von seinem Verteidiger am Anfang der Gegenäußerung auf den Vortrag der Anklage an die Geschworenen gestellten fünf Fragen (S 17/X) nicht zugelassen wurden, nämlich:

1. "Gehören Sie einer politischen Partei an, wenn ja, welcher?"

2. "Welche Presseveröffentlichungen haben Sie in der letzten Zeit gelesen? Im speziellen, haben Sie den Artikel von der letzten Nummer NEWS zufälligerweise gelesen?"

3. "Haben Sie oder nahe Angehörige von Ihnen durch das NS‑Regime persönlich oder materiellen Schaden erlitten?"

4. "Mit wem haben Sie nach ihrer Bestellung als Geschworner vor der heutigen Verhandlung über diese Bestellung gesprochen und wurden dabei Äußerungen gemacht, indem man sagt: "Mit dieser Nazi‑Brut muß aufgeräumt werden!"?"

5. "Haben Sie im Jänner des Jahres an Demonstrationen gegen das sogenannte Ausländer‑Volksbegehren teilgenommen?"

Inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolls (S 17‑19/X) erklärte dazu der Vorsitzende, die österreichische Strafprozeßordnung sehe derartige Fragen nicht vor; es könne jedoch jeder Geschworene befragt werden, ob er sich in irgendeiner Richtung befangen fühle, und dieser könne darauf antworten. Hierauf richtete der Vorsitzende an die Laienrichter die Frage, ob sich einer von ihnen befangen fühle und nicht in der Lage sei, objektiv zu entscheiden, worauf sich keiner als befangen erklärte. Eine Antragstellung auf Einholung eines Beschlusses des Schwurgerichtshofes über die Zulässigkeit der Fragestellung unterließ der Beschwerdeführer.

Der relevierte Nichtigkeitsgrund kann grundsätzlich nur aus Zwischenerkenntnissen des Schwurgerichtshofes, nicht aber aus einer vom Vorsitzenden allein getroffenen Entscheidung (den hier nicht aktuellen Fall des § 74 a StPO ausgenommen ‑ vgl. Mayerhofer‑Rieder aaO § 74 a ENr. 8; § 345 Z 5 ENr. 2; § 281 Z 4 ENr. 12) abgeleitet werden (Mayerhofer‑Rieder aaO § 345 Z 5 ENr. 1; § 281 Z 4 ENr. 6 und 7). Mangels eines auf Beschlußfassung des Schwurgerichtshofes gerichteten Antrages des Verteidigers fehlt es der Beschwerde somit bereits an einer formellen Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung der behaupteten Nichtigkeit.

Zudem war die gerügte prozeßleitende Verfügung des Vorsitzenden auch materiell gerechtfertigt, weil die österreichische Strafprozeßordnung eine Befragung der Geschworenen durch die Verfahrensparteien, ebenso wie überhaupt einen Einfluß auf die nach dem Zufallsprinzip erfolgende Besetzung der Geschworenenbank nicht vorsieht (vergl. Geschworenen‑ und Schöffengesetz 1990, BGBl. 256/1990). Auch aus der in der Rechtsmittelschrift zitierten Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 9.Jänner 1992 im Fall Carl G. Holm gegen Schweden, Beschwerde Nr. 14191/88, kann für den gegebenen Fall ‑ entgegen der Ansicht des Zweitangeklagten ‑ keine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK abgeleitet werden, weil dieses Erkenntnis zu einer anderen Rechtsordnung und in einer andersgelagerten Causa ergangen ist. Die zur Entscheidung in Mediensachen berufenen Geschworenen werden nämlich in Schweden durch die lokalen politischen Vertretungskörper bestimmt bzw. gewählt, wobei den Prozeßparteien im Einzelfall auch Einfluß auf die Zusammensetzung der Geschworenenbank zukommt (vgl. den Bericht der Kommission vom 13.Oktober 1992 zur Beschwerde Nr. 14191/88, S 22 ff).

Soweit sich auch der Angeklagte L* (des weiteren) in der Verfahrensrüge (Z 5) über entgegen dem Antrag seines Verteidigers erfolgte Verlesungen von (in der Beschwerdeschrift konkret bezeichneten) Aktenstücken über im Vorverfahren vor den Sicherheitsbehörden abgelegte Aussagen sowie zweier Urteile beschwert, weil er dadurch in seinem gemäß Art. 6 Abs. 1 iVm Abs. 3 lit. d EMRK garantierten Recht, Fragen an die Belastungszeugen zu stellen, in unzulässiger Weise beeinträchtigt worden sei, genügt (wegen der gleichgelagerten Problematik) der Hinweis auf die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten R* zur Z 3 des § 345 Abs. 1 StPO.

Im Ergebnis nicht anders verhält es sich mit der Verlesung der vor dem Bezirksgericht Haag am Hausruck abgelegten Aussage der Zeugin Elke B* (ON 21 in ON 75/V). Diese beantwortete in der Hauptverhandlung ‑ als Zeugin vernommen ‑ zunächst eine Vielzahl der an sie gestellten Fragen (S 527 ff/X). Erst nach Belehrung über die Vorschrift des § 153 StPO verweigerte sie die Antwort auf einzelne (S 533 ff/X).

Da sich somit die Zeugin ihrer Aussage an sich gar nicht entschlagen hat, bezog sich der mittels der Verfahrensrüge bekämpfte Beschluß des Schwurgerichtshofes in Wahrheit nicht auf sie.

Der Zeuge Christian S* verweigerte bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung auf keine Frage des Gerichtes oder der Verteidiger die Antwort (S 553 ff/X). Daß seine vor dem Bezirksgericht Güssing abgelegte Aussage (ON 26/II) verlesen wurde, bewirkte daher aus den dargelegten Gründen ebensowenig eine Nichtigkeit.

Dies gilt gleichermaßen für die Verlesung sowohl der von Beamten der Bundespolizeidirektion Salzburg aufgenommenen Aussage des Helmut K* (S 359‑365/II), als auch der vor dem Gendarmerieposten Radstadt mit Rudolf E* aufgenommenen Niederschrift (S 311/III). Die Verlesung der erwähnten beiden Urteile diente gar nicht dem Zweck der Beweisaufnahme, sondern bloß der rechtlichen Information der Laienrichter (S 681 unten/X).

Zu Unrecht macht der Beschwerdeführer L* mit seiner gegen die Nichtzulassung von Zusatzfragen gerichteten Rüge sachlich den Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO geltend. Er hatte in der Hauptverhandlung vergeblich die Stellung folgender Zusatzfragen zu den ihn betreffenden Hauptfragen I und II (fortl.Zl. 1 und 5) beantragt (S 689 f/X):

"Konnte Jürgen L* aus dem VAPO‑Konzept das Rechtswidrige, nämlich die tatsächlichen Grundsätze und Ziele des historischen Nationalsozialismus aus einem Rechtsirrtum nicht erkennen?"

"Ist Jürgen L* nur der Verteilung (gemeint wohl: Verbreitung) von nationalsozialistischem Gedankengut im Sinne des Artikel IX Abs. 1 Z 9 (gemeint: Z 4) des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (idF BGBl. 143/1992) und daher nur einer Verwaltungsübertretung, aber keiner gerichtlich strafbaren Handlung schuldig?"

Zusatzfragen dürfen gemäß § 313 StPO nur nach Strafausschließungs‑ oder Strafaufhebungsgründen gestellt werden. Die Erfüllung des Tatbestandes der erwähnten Verwaltungsübertretung stellt indes keinen Strafausschließungs‑ oder Strafaufhebungsgrund zu den Verbrechen nach dem Verbotsgesetz dar. Zudem sieht das Gesetz eine Fragestellung an die Geschworenen nach einer "Verwaltungsübertretung" gar nicht vor. Läge (nach Meinung der Laienrichter) nur eine solche und nicht der Tatbestand vor, auf den die Hauptfrage(n) gerichtet ist (sind), könnten sie ihrer Ansicht durch Verneinung der bezüglichen Hauptfrage(n) ohnedies Rechnung tragen. Das Begehren des Rechtsmittelwerbers auf Stellung einer Zusatzfrage nach der Verwaltungsübertretung nach Artikel IX Abs. 1 Z 4 EGVG war daher von vornherein verfehlt. Hingegen mangelte es dem auf Stellung einer Zusatzfrage nach Rechtsirrtum gerichteten Antrag des Beschwerdeführers an den tatsächlichen Erfordernissen, weil es an jeglichem, einen Rechtsirrtum des Zweitangeklagten behauptenden Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung fehlt (vgl. die bezüglichen Ausführungen zur Fragestellungsrüge des Erstangeklagten).

Die in der Tatsachenrüge (Z 10 a) vom Angeklagten L* gegen die im Wahrspruch der Geschworenen zur Eventualfrage I (fortl.Zl. 2 = Schuldspruchfaktum E) festgestellte "Qualifikation als führende Persönlichkeit" ins Treffen geführten Argumente (er sei weder "Stellvertreter des Gaubeauftragten für Oberösterreich und Salzburg" noch "Kameradschaftsführer der Kameradschaft Salzburg" gewesen; mit der ihm von Gesinnungsfreunden ‑ möglicherweise nur aus Spaß ‑ zugedachten Funktion eines "Truppenführers" allein sei der in Rede stehende Schuldspruch nicht zu begründen) vermögen weder einzeln noch in ihrem Zusammenhang auf der gegebenen Aktengrundlage Bedenken ‑ geschweige denn solche erheblicher Qualität ‑ gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Sein Vorbringen erweist sich vielmehr nach Inhalt und Zielsetzung bloß als Bekämpfung der Beweiswürdigung der Geschworenen nach Art einer Schuldberufung, die im Verfahren vor Kollegialgerichten nicht zulässig ist.

Fehl geht schließlich die Rechtsrüge (Z 11 lit. a) mit der Behauptung, bei der Anbringung von Aufklebern mit dem Wortlaut "Nein zur Ausländerflut" (Punkt F I. des Schuldspruchs) handle es sich nicht um eine Betätigung im nationalsozialistischen Sinn, weil die Überschwemmung Österreichs durch Ausländer nicht nur von nationalsozialistischen Gesinnungsfreunden abgelehnt werde.

Sie übersieht dabei, daß neben Einzelhandlungen, die schon für sich als typische Betätigung im Sinne des Nationalsozialismus zu erkennen sind, auch Handlungskomplexe den Tatbestand des § 3 g VerbotsG selbst dann verwirklichen, wenn die einzelnen Teilakte des betreffenden Gesamtverhaltens ‑ isoliert betrachtet ‑ noch nicht als typisch nationalsozialistisch zu beurteilen sind (EvBl. 1993/8). Berücksichtigt man, daß der Angeklagte L* der typischen Betätigung im nationalsozialistischen Sinn auch durch Anbringen von Aufklebern mit dem Wortlaut "Gib Nazis eine Chance" (Punkt F II. des Schuldspruchs), vor allem aber des Verbrechens nach § 3 a Z 3 VerbotsG schuldig erkannt wurde, weil er die Tätigkeit einer solchen Organisation bzw. Verbindung unterstützte, deren Zweck es ist, durch Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistischen Sinne die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich zu untergraben, so stellt das ihm angelastete Auftreten gegen Ausländer ‑ im Zusammenhang gesehen ‑ sehr wohl einen Teil eines auf nationalsozialistische Wiederbetätigung gerichteten Gesamtverhaltens dar, das daher frei von Rechtsirrtum im Sinn des zitierten Tatbestandes gewertet wurde.

Mit dem Einwand, das Anbringen von Aufklebern mit dem zuletzt zitierten Wortlaut stelle bloß eine Verwaltungsübertretung dar, übergeht der Beschwerdeführer gleichfalls die von den Geschworenen in ihrem Wahrspruch getroffene Feststellung, daß er sich dadurch auf eine andere als in den §§ 3 a bis 3 f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt hat, sodaß sich seine Rüge in diesem Umfang als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt erweist. Dasselbe gilt für sein Vorbringen, nach Aussage der Zeugin Elke B* fehle es an einer Begründung für diesen Schuldspruch, weil sich die Rüge insoweit bloß auf eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung der Geschworenen beschränkt.

Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden waren daher ‑ in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur ‑ zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte nach "§ 3 a Verbotsgesetz" unter Anwendung der §§ 28 und 41 StGB über den Angeklagten R* eine vierjährige Freiheitsstrafe, über den Angeklagten L* - auch unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18.Dezember 1992, GZ 35 E Vr 2371/92‑9 (Schuldspruch wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB, begangen am 1.August 1992 an dem Polizeibeamten Manfred J* während der Erfüllung seiner Dienstpflicht durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht, wodurch der Beamte leicht verletzt wurde; sechs Monate Freiheitsstrafe, bedingt mit dreijähriger Probezeit) ‑ eine Zusatz‑Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten.

Dabei wertete es bei R* als erschwerend das Zusammentreffen von (drei) Verbrechen mit (drei) Vergehen und die Begehung der Taten (ersichtlich auf die Schuldspruchsfakten A und B bezogen) durch einen längeren Zeitraum, als mildernd berücksichtigte es hingegen die bisherige Unbescholtenheit, ferner, daß es teilweise beim Versuch (eines Verbrechens und eines Vergehens) geblieben war, das teilweise Geständnis und die Anstiftung (Bestimmung) durch (Gottfried) K* bzw. Aktivisten aus dem Ausland; bei L* fiel das Zusammentreffen zweier Verbrechen als erschwerend ins Gewicht, demgegenüber waren das teilweise Geständnis sowie die Tatsache, daß er durch R* zu den Taten angestiftet (bestimmt) wurde und einen Teil der Straftaten vor Vollendung des 21.Lebensjahres begangen hat, mildernd.

Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten die Herabsetzung der Freiheitsstrafen (der Angeklagte R* konkret auf zwei Jahre) an.

Die Berufungen sind nicht begründet.

Die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe bedürfen zunächst (ua) folgender Korrektur:

Den Angeklagten R* beschwert zusätzlich, daß er einerseits nach seiner am 7.August 1992 erfolgten Enthaftung gegen Gelöbnis und trotz des anhängigen Verfahrens nicht nur das Verbrechen nach § 3 a Z 2 VerbotsG (A) fortgesetzt und überdies die unter D 1., 2. und 4. des Schuldspruchs umschriebenen Delikte verübt (vgl. Leukauf‑Steininger Komm.3 § 33 RN 14 a), sondern auch den Angeklagten L* sowie unter Punkt B des Urteilsspruchs genannte weitere Personen zu Straftaten angestiftet hat (§ 33 Z 4 StGB).

Demgegenüber vermögen die von R* ins Treffen geführten urteilsfremden Hinweise, daß es in seinem Fall "zu keiner Beeinträchtigung und Gefährdung des inneren Friedens" gekommen sei und er die (ihn betreffenden) "Normen des Verbotsgesetzes in ihrer Tragweite nicht gekannt und begriffen habe", keinen Milderungsgrund abzugeben.

Auf der Basis der solcherart zum Nachteil dieses Berufungswerbers ergänzten Strafzumessungsgründe erachtet der Oberste Gerichtshof die vom Geschworenengericht geschöpfte Unrechtsfolge von vier Jahren als nicht überhöht.

Die Berufungsargumentation des Angeklagten L* hinwieder ist ‑ soweit sie die Höhe der über ihn verhängten Freiheitsstrafe im Vergleich mit dem Strafausmaß in anderen Verfahren als "schlicht und einfach unverständlich" bezeichnet ‑ schon vom Ansatz her verfehlt. Denn nach den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung gemäß § 32 Abs. 1 StGB ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des (jeweiligen) Täters. Der Berufung zuwider trifft es ferner nicht zu, daß ihm das Erstgericht den Brandanschlag in Traunkirchen "bei Begründung des Strafausmaßes angelastet" hat. Vielmehr bringt die Urteilsbegründung ‑ im Zusammenhang gelesen ‑ bloß illustrativ zum Ausdruck, welche gefährliche Breitenwirkung einzelnen Aktionen von Mitgliedern der VAPO zugekommen ist.

Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß seitens des Geschworenengerichtes noch auf das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 6. März 1992 (rechtskräftig seit 16. Juni 1992), GZ 35 E Vr 2911/91‑12, gemäß §§ 3140 StGB Bedacht zu nehmen gewesen wäre, mit dem der Angeklagte Lipthai wegen der Vergehen nach § 287 Abs. 1 (§§ 125, 126 Abs. 1 Z 5) StGB und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB zu einer - bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt wurde, erweist sich die vom Erstgericht bei Jürgen Maria L* gefundene Gesamtstrafe von zwei Jahren gleichfalls als nicht reduktionsbedürftig.

Die beiden Angeklagten waren zwar zur Tatzeit unbescholten, verantworten jedoch u.a. Delikte, für die das Verbotsgesetz in der Fassung der Novelle 1992 im konkreten Fall eine Freiheitsstrafe von zehn bis zwanzig Jahren vorsieht.

Das Erstgericht machte - wenn auch ohne nähere Begründung - ohnehin von der außerordentlichen Strafmilderung Gebrauch und fand mit den angeführten Sanktionen das Auslangen. Für eine noch weitergehende Anwendung dieses Milderungsrechtes ist bei der gegebenen Sachkonstellation kein Raum.

Auch den Berufungen der beiden Angeklagten konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Das Erstgericht sah zugleich mit dem angefochtenen Urteil bei Jürgen L* gemäß "§ 494 a StPO bzw. § 55 StGB" vom Widerruf der ihm mit den Urteilen des Landesgerichtes Salzburg zum AZ 35 E Vr 2911/91 und 35 E Vr 2371/92 jeweils gewährten bedingten Strafnachsichten "aus Anlaß dieser Verurteilung" ab.

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft, die sich gegen das Unterbleiben der Beschlußfassung gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO ausdrücklich nur in bezug auf die dem Angeklagten L* mit dem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18.Dezember 1992, GZ 35 E Vr 2371/92‑9, gewährte bedingte Nachsicht der sechsmonatigen Freiheitsstrafe wendet, ist begründet, weil diese Rechtswohltat ‑ im Sinne der zutreffenden Beschwerdeausführungen ‑ bei gemeinsamer Aburteilung aller strafbarer Handlungen in einem einzigen Urteil nicht gewährt worden wäre (Leukauf‑Steininger Komm.3 § 55 RN 4).

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

 

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