OGH 8Ob650/93

OGH8Ob650/9316.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.E.Huber, Dr.Jelinek, Dr.Rohrer und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margarethe F*****, vertreten durch Dr.Ernst Böhm, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Walter E*****, vertreten durch Dr.Johann Buchner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 90.343,59 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 27.Jänner 1993, GZ 21 R 497/92-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 17.August 1992, GZ 14 C 2113/91-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.433,60 (darin S 905,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte hatte von der Klägerin ab 1.2.1989 das Geschäftslokal in S*****, in Bestand genommen. Er war betriebspflichtig und berechtigt, das Vertragsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten aufzulösen, wenn die Wirtschaftlichkeit des Standortes nicht mehr gegeben ist und er einen der Verpächterin genehmen Folgemieter präsentiert; ohne einen derartigen Grund sollte die Vertragsauflösung zum Ende eines jeden 5. Jahres mit einjähriger Kündigungsfrist beiderseits möglich sein. Der Bestandzins betrug S 10.000 monatlich zuzüglich 10 % USt.

Am 6.6.1991 brach im Bestandobjekt ein Brand aus, dessen Ursache ein an den Stromkreis angeschlossenes und eingeschaltetes Heizlüftgerät war. Dieses stand "knapp" - die genauen Abstände konnten im Verfahren nicht festgestellt werden - zwischen einem Ölofen und einem Ladenkasten. Hinter dem Heizgerät waren ca. 1 m lange Rohre festgeklemmt, in denen Bremsseile udgl. verwahrt waren. Zumindest fallweise lagen auf dem Heizgerät verschiedene Gegenstände. Ob der Heizlüfter vor Beginn der Mittagspause vom Mitarbeiter des Beklagten nicht ausgeschaltet worden war oder ob das Gerät unabsichtlich durch einen herabfallenden Gegenstand in Betrieb gesetzt worden war, konnte nicht festgestellt werden. Durch den Brand wurde im Nahbereich die Wand beschädigt und verschmutzt; verschiedene gelagerte Gegenstände verkohlten.

Zwischen den Parteien kam es zu keiner Einigung, wer die Kosten der Wiederherstellung tragen sollte. Mit Schreiben vom 23.7.1991 erklärte der Beklagte die Auflösung des Vertrages gemäß § 1117 ABGB, da die Verpächterin ihrer Pflicht, das Bestandobjekt in brauchbarem Zustand zu erhalten, nicht nachgekommen sei und den Beklagten am Brandschaden kein Verschulden treffe. Mit Schreiben gleichen Datums hatte sich die Klägerin unpräjudiziell verpflichtet, für die Brauchbarkeit des brandgeschädigten Objektes zu sorgen. Sie akzeptierte in der Folge die Auflösungserklärung des Beklagten nicht. Der Beklagte leistete ungeachtet der durch die Klägerin vorgenommenen Sanierung des Bestandobjektes ab August 1991 kein Bestandentgelt mehr. Per 1.3.1992 wurde das Geschäftslokal von der Klägerin einem Dritten in Bestand gegeben.

Mit ihrer am 9.9.1991 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin (nach Klageausdehnung) an Bestandzins von September 1991 bis einschließlich Februar 1992 zuzüglich Wertsicherung und Betriebskosten insgesamt S 90.343,59. Der Beklagte habe den Brandausbruch verschuldet, weshalb er nicht zur Vertragsauflösung berechtigt sei.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe das Bestandverhältnis zur Auflösung gebracht, da sich die Klägerin geweigert habe, das Geschäftslokal wieder in brauchbaren Zustand zu versetzen. Es treffe ihn daher keine Verpflichtung zur weiteren Entgeltszahlung.

Das Gericht erster Instanz verurteilte den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S 77.000 s.A und wies das Mehrbegehren ab. Es traf im wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und folgerte in rechtlicher Hinsicht, daß Schadensursache ein an den Stromkreis angeschlossenes und eingeschaltetes Heizgerät gewesen sei. Der Beklagte habe daher leichte Fahrlässigkeit zu verantworten, denn diese Schuldform sei immer dann anzunehmen, wenn ein Elektro-Gerät an den Stromkreis angeschlossen belassen werde. Der Beklagte habe für das fahrlässige Verhalten seines Angestellten einzustehen. Der die Wertsicherungsbeträge sowie die Betriebskostenforderung betreffende Teil des Klagebegehrens sei mangels Schlüssigkeit des Vorbringens abzuweisen gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung des Beklagten nicht Folge. Es erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Nicht die Tatsache, daß der Heizlüfter an den Stromkreis angeschlossen geblieben sei, begründe einen Schuldvorwurf gegenüber dem Beklagten, vielmehr stelle das Einschalten des Gerätes den Kern des gegen ihn zu erhebenden Vorwurfes dar. Das Einschalten eines Gerätes, das in der Nähe hitzegefährdeter Sachen aufgestellt sei, sei geeignet, einen Brand auszulösen. Am Unbrauchbarwerden des Bestandobjektes treffe daher den Beklagten selbst ein Verschulden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Beklagten ist zulässig, da der Oberste Gerichtshof in jüngerer Zeit zur Auslegung des im § 1117 ABGB verwendeten Ausdruckes "ohne seine Schuld" nicht Stellung genommen hat. Es kommt der Revision jedoch keine sachliche Berechtigung zu.

Gemäß § 1117 ABGB ist der Bestandnehmer unter anderem dann berechtigt, vor Verlauf der bedungenen Zeit vom Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das Bestandstück ohne seine Schuld in einen Zustand geraten ist, der es zu dem bedungenen Gebrauch untauglich macht oder wenn ein beträchtlicher Teil durch Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich klar, daß der Bestandnehmer zur Auflösung berechtigt ist, wenn der den bedungenen Gebrauch verhindernde Zustand des Bestandobjektes auf Gründe zurückzuführen ist, die nicht in seiner Sphäre liegen, dabei ist es gleichgültig, ob diese Gründe auf ein Verschulden des Bestandgebers oder Zufall zurückzuführen sind (Würth in Rummel ABGB2 § 1117 Rdz 3; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 29 MRG Rdz 22; MietSlg. 41.131, 41.132). Das bedeutet aber nicht, daß jedes in der Sphäre des Bestandnehmers eingetretene Ereignis die Vertragsauflösung durch diesen ausschlösse. Vielmehr ist der Zufall, mag er sich auch in der Sphäre des Bestandnehmers ereignen, diesem nicht zurechenbar, wie der Oberste Gerichtshof zu § 1111 ABGB mehrfach ausgesprochen hat (SZ 43/142; SZ 53/41). Es würde einen Wertungswiderspruch darstellen, wollte man etwa den Mieter einer Garage für den durch einen Kurzschluß der Autobatterie entstandenen Brand nicht gemäß § 1111 ABGB haften lassen (MietSlg. 4396), ihm aber andererseits die Vertragsauflösung gemäß § 1117 ABGB verwehren. Der Bestandnehmer verliert sein Auflösungsrecht somit nur bei Verschulden oder bei Verursachung durch einen durch einleitendes Verschulden adäquat herbeigeführten Zufall (MietSlg. 2227).

Zufall ist, was nicht mehr Verschulden ist, was trotz gehöriger Sorgfalt nicht abgewendet werden kann (SZ 53/41). Das Anschließen an den Stromkreis kann ebensowenig wie die widmungsgemäße Verwendung durch Einschalten des Gerätes für sich allein eine Sorgfaltsverletzung darstellen. Das Erstgericht hat jedoch - wenngleich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (AS 115 = S.12 der Urteilsausfertigung) - festgestellt, daß das Heizgerät vor Beginn der Mittagspause vom Angestellten des Beklagten entweder nicht ausgeschaltet worden ist oder zu diesem Zeitpunkt durch einen herabfallenden Gegenstand unabsichtlich eingeschaltet wurde. Anders als etwa im Falle des vom Revisionswerber beispielhaft zitierten Kühlschrankes ist bei der Verwendung eines Heizgerätes besonderes Augenmerk auf die sich vor allem aus den Umständen der Aufstellung ergebende Brandgefährlichkeit zu legen und dafür Sorge zu tragen, daß keine Gegenstände auf das Gerät fallen. Auch wegen der Möglichkeit des Auftretens eines Defektes sollte ein derartiges elektrisches Heizgerät möglichst überhaupt nicht unbeaufsichtigt bleiben, zumindest jedoch sollte es - wenn es zumutbarerweise nicht ausgeschaltet werden kann - so aufgestellt werden, daß es auch im Falle eines Defekts zu keinem Brand kommen kann. Im gegenständlichen Fall war aber der Heizlüfter in sehr geringem Abstand zu brennbaren Gegenständen aufgestellt, sodaß den Benützer vor Verlassen des Raumes die Pflicht traf, das Gerät auszuschalten. Da nach der Aufstellungsart des Heizlüfters auch ein unbeabsichtigtes Einschalten im Zuge der Manipulation an den gelagerten Waren nicht unwahrscheinlich war, hätte - solange das Gerät am Stromkreis angeschlossen war - in jedem Fall vor längerem Verlassen des Raumes festgestellt werden müssen, ob das Gerät in Betrieb ist. Die Wahrscheinlichkeit, daß durch ein in Betrieb befindliches Heizgerät in der Nähe befindliche Gegenstände in Brand gesetzt werden oder daß dieses Gerät durch einen Defekt selbst in Brand gerät, und dieser dann auf die in der Nähe befindlichen Gegenstände übergreift, ist keineswegs so gering einzuschätzen, daß sie vom Beklagten oder seinem Angestellten, für dessen Verhalten er einzustehen hat (vgl. SZ 53/41), nicht hätte bedacht werden müssen.

Da somit ein vorwerfbares einleitendes Verschulden gegeben war, war der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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