Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 3.623,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 603,84 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 3.3.1962 bis 18.12.1980 durchgehend als Arbeiter im Gartenbaubetrieb der Beklagten beschäftigt. Seither wurde das Arbeitsverhältnis jeweils im Winter saisonbedingt unterbrochen, und zwar vom 18.12.1980 bis 2.3.1981, vom 3.12.1981 bis 15.3.1982, vom 16.12.1982 bis 14.3.1983, vom 15.12.1983 bis 12.3.1984, vom 30.11.1984 bis 25.3.1985, vom 30.11.1985 bis 17.3.1986, vom 27.11.1986 bis 23.3.1987, vom 30.11.1987 bis 21.3.1988, vom 30.11.1988 bis 8.3.1989 und vom 15.12.1989 bis 1.2.1990. Seit 31.10.1990 befand sich der Kläger bis zur Zuerkennung der Invaliditätspension am 31.8.1992 im Krankenstand. Ab dem Jahre 1980 erreichte der Kläger jeweils mehr als 760, aber weniger als 1600 Arbeitsstunden jährlich.
Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ist der Kollektivvertrag für die Arbeitnehmer in den Gartenbaubetrieben Oberösterreichs (im folgenden: KV) anzuwenden, der unter anderem folgendes bestimmt:
".......
§ 14
Abfertigung
1. War der Dienstnehmer ununterbrochen durch eine bestimmte Zeitdauer bei demselben Dienstgeber oder in demselben Betrieb beschäftigt, so gebührt ihm bei Auflösung des Dienstverhältnisses eine Abfertigung. Das Mindestausmaß der Abfertigung beträgt nach drei vollendeten Dienstjahren 12 v.H. des Jahresentgeltes und erhöht sich für jedes weitere vollendete Dienstjahr um 4 v.H. bis zum vollendeten 25. Lebensjahr. Vom vollendeten 40.Dienstjahr an erhöht sich die Abfertigung für jedes weitere vollendete Dienstjahr um 3 v.H.
7. Das Jahresentgelt besteht aus dem tatsächlichen Bruttobarlohn (einschließlich Sonderzahlungen und Naturalbezüge) innerhalb der letzten 12 Monate vor dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis.
§ 15
Zusammenrechnung von Dienstzeiten
1. Zur Berechnung von Ansprüchen, die sich nach der Dauer des Dienstverhältnisses richten, und zwar höhere Stufe beim Urlaub und beim Urlaubszuschuß, Entgelt bei Dienstverhinderung, Weihnachtsgeld und Abfertigung, werden für nicht ununterbrochen beschäftigte Dienstnehmer die Arbeitszeiten nach Punkt 4) zusammengezählt, wenn die Notwendigkeit der Arbeitsunterbrechung vom Dienstgeber aus witterungsbedingten Gründen oder Arbeitsmangel festgestellt wird. Arbeiten in der eigenen Wirtschaft im Höchstausmaß von sieben Kalendertagen im Kalenderjahr verhindern dann nicht die Zusammenrechnung der Dienstzeiten, wenn die Unterbrechung vereinbart wird.
4. Dienstnehmer, die in einem Jahr mindestens 240 Arbeitstage, das sind in den Kalenderjahren bis einschließlich 1969 1800, ab 1970 1720, ab 1972 1680 und ab 1975 1600 Arbeitsstunden, erreichen, gelten als das ganze Jahr beschäftigt.
Bei Dienstnehmern, die 240 Arbeitstage im Jahr nicht erreichen, jedoch mindestens 760 Arbeitsstunden, werden die tatsächlichen Arbeitszeiten zusammengerechnet, so daß sie nach einem längeren kalendermäßigen Zeitraum eine höhere Stufe nach Punkt 1 erreichen. Ihre Arbeitsstunden sind den Arbeitsstunden eines ganzjährig vollbeschäftigten Dienstnehmers gegenüberzustellen. Im Verhältnis ihrer Stundenzahl zu der eines Vollbeschäftigten haben sie den anteiligen Anspruch im Hinblick auf Punkt 1 erworben.
Als Arbeitstage zählen effektive Arbeitszeiten, bezahlte Feiertage, Urlaubstage und Entgelttage nach § 6.
5. Durch diese Bestimmungen hinsichtlich der Zusammenrechnung der Dienstzeiten bleiben die kollektivvertraglichen Bestimmungen, daß nicht vollbeschäftigten bzw das ganze Jahr hindurch beschäftigten Dienstnehmern Urlaubsgeld und Urlaubszuschuß sowie Weihnachtsgeld nur anteilsmäßig nach ihren tatsächlich geleisteten effektiven Arbeitszeiten gebührt, unberührt. ......."
Die Regelung des § 14 Z 1 KV ist ident mit § 31 Abs 1 oö Landarbeitsordnung (oö LAO).
Die Beklagte legte der Berechnung der Abfertigung den infolge der Unterbrechung von eineinhalb Monaten (15.12.1989 - 1.2.1990) verminderten Verdienst im Zeitraum vom 1.11.1989 bis 31.10.1990 zugrunde und zahlte an den Kläger eine Abfertigung von 214.826 S aus.
Der Kläger begehrt den Zuspruch weiterer 30.689 S brutto sA. Der Abfertigung sei das Entgelt für 12 volle Monate auch dann zugrundezulegen, wenn in das letzte Jahr Zeiten einer Arbeitslosigkeit fielen, weil Arbeitszeiten, die 1600 Stunden nicht überschritten, (für das stufenweise Ansteigen des Abfertigungsanspruches) lediglich in ihrem tatsächlichen Ausmaß berücksichtigt würden.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Bei regelmäßiger Unterbrechung des Dienstverhältnisses in jedem Jahr sei der Berechnung des für die Abfertigung maßgeblichen fiktiven Jahresentgelts die Jahresarbeitszeit unter Außerachtlassung der Unterbrechungszeit zugrundezulegen.
Außer Streit gestellt wurde, daß dem Kläger bei Zugrundelegung von 12 vollen Monatsentgelten als Jahresentgelt eine Abfertigung von 245.515 S brutto zusteht.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Berücksichtige man die Unterbrechungszeiten bereits durch Anrechnung nur der tatsächlichen Beschäftigungszeiten für das Entstehen des Anspruches, würde die neuerliche Berücksichtigung der Unterbrechungszeiten bei Ermittlung des für die Höhe der Abfertigung maßgeblichen Jahresentgelts zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung der betroffenen Arbeitnehmer führen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Da die Kollektivvertragsparteien dem Unterschied zwischen vollbeschäftigten und nicht vollbeschäftigten Dienstnehmern durch Ausklammerung der Unterbrechungszeiträume bei der Berechnung der für den Abfertigungsanspruch erforderlichen Dienstjahre Rechnung getragen hätten, würde es dem Gedanken der Abfertigung widersprechen, wenn nicht vollbeschäftigte Dienstnehmer für die gleiche Dienstzeit nicht das gleiche Entgelt erhielten. Für diese Auffassung spreche auch § 15 Punkt 5 KV, der für den Urlaubszuschuß und das Weihnachtsgeld
ausdrücklich festlege, daß sie ungeachtet der Zusammenrechnungsbestimmungen nur anteilsmäßig nach den von den nicht volbeschäftigten Dienstnehmern tatsächlich geleisteten effektiven Arbeitszeiten gebührten, während eine gleichartige Regelung für die Abfertigung fehle.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Kollektivverträge sind im normativen Teil nach herrschender Lehre und Rechtsprechung nach den Regeln, die für die Auslegung von Gesetzen gelten (§ 6 und 7 ABGB), auszulegen; hiebei ist im Zweifel anzunehmen, daß die Kollektivvertragsparteien eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten (Arb 10.185 = SZ 62/135 uva; zuletzt 9 Ob A 608/93).
Ebenso wie § 23 AngG billigt § 31 Abs 1 oö LAO dem Dienstnehmer einen Abfertigungsanspruch nur bei ununterbrochener Beschäftigung bei demselben Dienstgeber zu; ein Abfertigungsanspruch in Höhe eines vollen Jahresentgelts wird nach beiden Regelungen nach 25 Dienstjahren (und damit Kalenderjahren zwischen Beginn und Beendigung des Dienstverhältnisses) erreicht. Der KV hat dem Umstand Rechnung getragen, daß im Gartenbaubereich saisonal bedingte Unterbrechungen im Winter üblich sind. § 15 KV sieht daher für die Berechnung von Ansprüchen, die sich nach der Dauer des Dienstverhältnisses richten, eine Zusammenrechnung der beim selben Dienstgeber zurückgelegten Zeiten auch dann vor, wenn das Dienstverhältnis aus witterungsbedingten Gründen oder wegen Arbeitsmangels unterbrochen wurde. Werden - wie im Falle des Klägers - infolge dieser Unterbrechungen nicht 1600 Arbeitsstunden jährlich erreicht, aber mindestens 760 Arbeitsstunden geleistet, werden nur die tatsächlichen Arbeitszeiten zusammengerechnet, so daß die Abfertigung in Höhe eines Jahresentgelts in diesen Fällen nicht schon 25 Kalenderjahre nach Beginn des Dienstverhältnisses, sondern erst dann erreicht wird, wenn die tatsächlich zurückgelegte Beschäftigungszeit - unter Außerachtlassung der Unterbrechungen - 25 Jahre beträgt.
Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, würde es der den Kollektivvertragsparteien zu unterstellenden Absicht, einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeizuführen, widersprechen, wenn nicht nur die Zeiten der Unterbrechung des Dienstverhältnisses bei Ermittlung der Anwartschaft auf die Abfertigung - zum Nachteil des Dienstnehmers - außer Betracht gelassen, sondern auch noch diese Unterbrechungen - wieder zum Nachteil des Dienstnehmers - bei der Bemessung der Abfertigung dadurch neuerlich berücksichtigt werden, daß nicht das in der tatsächlich zurückgelegten Beschäftigungszeit, sondern das in einem Kalenderjahr erzielte Jahresentgelt zugrundegelegt würde. Wird daher die Anwartschaft auf Abfertigung nur nach tatsächlich im Dienstverhältnis zurückgelegten Beschäftigungszeiten (Beschäftigungsjahren) erworben, ist die Abfertigung auch nach tatsächlich zurückgelegten Beschäftigungszeiten (Beschäftigungsjahren) und nicht nach Kalenderjahren (unter Einbeziehung der Unterbrechungszeiten) zu bemessen und daher unter Jahresentgelt im Sinne des § 14 Z 7 KV das in einem Beschäftigungsjahr erzielte Entgelt zu verstehen.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß diese den Besonderheiten der durch regelmäßige saisonale Unterbrechungen geprägten Arbeitsverhältnisse Rechnung tragende Berechnungsmethode auch dem § 13 d BUAG und damit der einzigen gesetzlichen Abfertigungsregelung für derartige Arbeitsverhältnisse entspricht.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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