OGH 4Ob528/93

OGH4Ob528/9316.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt W*****, vertreten durch Dr.Gottfried Hammerschlag und Dr.Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Ing.Horst W*****, vertreten durch Dr.Rolf Günter Auer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Erfüllung eines Vertrages (Streitwert S 4,7 Millionen) infolge außerordentlicher Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 27.April 1993, GZ 1 R 4/93-13, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30.September 1992, GZ 24 Cg 274/91-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Die Revisionsbeantwortung des Klägers wird als verspätet zurückgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, GB Klagenfurt, bestehend aus den Grundstücken 6/1 Baufläche ("Betriebsliegenschaft") im Ausmaß von 4.027 m2 und Nr.6/7 Baufläche ("Privatliegenschaft") im Ausmaß von 2.566 m2. Im Jahre 1963 gründeten die Streitteile zunächst mit ihrem Vater Adam W***** eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht und dann 1973 eine OHG, an welcher sie von 1980 bis zum Ausscheiden des Beklagten aus der Gesellschaft je zur Hälfte beteiligt waren.

Im März 1989 einigten sich die Streitteile dahin, daß der Kläger die Liegenschaften und das Unternehmen zur Gänze übernehmen solle. Die Privatliegenschaft wurde mit 1,1 Millionen S bewertet, die Betriebsliegenschaft mit 3,6 Millionen S; der Wert des Gesellschaftsanteiles war noch offen, weil das Geschäftsjahr 1988 noch nicht abgeschlossen war. Die Streitteile vereinbarten, daß die Betriebsliegenschaft mit Stichtag 15.3.1989 und die Privatliegenschaft mit 1.6.1989 an den Kläger übergehen sollte. Die Streitteile kamen weiters überein, über die Liegenschaften grundbuchsfähige Verträge zu errichten. Der Kläger übergab dem Beklagten am 15.3.1989 3,6 Millionen S für die Betriebsliegenschaft und am 1.6.1989 1,1 Millionen S für die Privatliegenschaft. Der Geschäftsanteil des Beklagten war zu diesem Zeitpunkt noch nicht berwertet; die Streitteile einigen sich jedoch, die Bewertung zum Stichtag 15.3.1989 vorzunehmen.

Der Kläger begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, den im Begehren wiedergegebenen Kaufvertrag sowie die - gleichfalls im Begehren wiedergegebene - Löschungsbewilligung zu unterfertigen; in eventu begehrt der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, in die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes auf seiner Liegenschaftshälfte EZ ***** KG ***** N*****, bestehend aus den Grundstücken Nr.6/1 Baufläche im Ausmaß von 4.027 m2 und Nr.6/7 Baufläche und Garten im Ausmaß von 2.566 m2, zugunsten des Klägers Kurt W*****, geboren am 29.5.1941, und in die Einverleibung der Löschung des zu seinen Gunsten haftenden Vorkaufsrechtes bei der Liegenschaftshälfte des Klägers EZ ***** KG ***** N***** einzuwilligen. Die Streitteile hätten sich sowohl über den Verkauf der Liegenschaft an den Kläger als auch über die Löschung des zugunsten des Beklagten einverleibten Vorkaufsrechtes geeinigt. Der Beklagte habe die Betriebsliegenschaft und die Privatliegenschaft Zug um Zug gegen Zahlung des vereinbarten Kaufpreises von 4,7 Millionen S durch den Kläger geräumt, sich jedoch in der Folge geweigert, den Kaufvertrag zu unterfertigen; er habe vielmehr die Auffassung vertreten, daß ihm für die Überlassung des Geschäftsanteiles noch ein Betrag von S 738.214,23 zustehe, welcher ein Teil des Kaufpreises sei. Die Ermittlung des Abschichtungswertes für den Gesellschaftsanteil des Beklagten habe jedoch einen Saldo von S 1,333.568 zugunsten des Klägers ergeben.

Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Die Liegenschaft EZ ***** KG ***** KG N***** sei als Betriebsliegenschaft genutzt worden und im Eigentum der OHG gestanden; sie sei daher von der Abschichtung umfaßt. Die vom Kläger geleistete Zahlung sei ausdrücklich als Akontozahlung auf den Abschichtungswert gewidmet gewesen. Das Eigentumsrecht des Klägers könne erst nach Vorliegen der Abschichtungswertermittlungsbilanz einverleibt werden. Da die Bilanz noch nicht erstellt sei und sich die Streitteile auch nicht über den Abschichtungswert geeinigt hätten, sei der Kläger nicht berechtigt, die Einverleibung seines Eigentumsrechtes zu fordern. Die Streitteile hätten bisher keinen Vertrag über einen Verkauf der Betriebs- und Privatliegenschaftsanteile des Beklagten geschlossen; es sei nicht beabsichtigt gewesen, die Liegenschaftsanteile des Beklagten getrennt vom Geschäftsanteil zu "verkaufen" und zu übertragen. Die Streitteile hätten Grundsätze für die Abschichtungswertermittlung vereinbart. Geschäftsgrundlage dieser Vereinbarung sei die Annahme gewesen, daß der Beklagte vom Kläger rund 6 Millionen S erhalten werde.

Das Erstgericht gab beiden Hauptbegehren statt. Der Beklagte sei als Verkäufer verpflichtet, die zur Verbücherung notwendige Aufsandungserklärung abzugeben und die grundbuchsrechtlich erforderlichen Urkunden auszustellen. Der Vertragswille der Streitteile sei darauf gerichtet gewesen, dem Kläger das Eigentum an den Liegenschaftsanteilen zu verschaffen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-

übersteige und die Revision nicht zulässig sei. Durch das Ausscheiden eines von zwei Gesellschaftern einer OHG gehe das Unternehmen ohne Liquidation mit allen Aktiven und Passiven auf den verbleibenden Gesellschafter über. Das bisherige Gesamthandeigentum an der Gesellschaft werde durch Anwachsung Eigentum des Übernehmers. Der Beklagte gehe selbst davon aus, aus der OHG ausgeschieden zu sein. Werde unterstellt, daß die gegenständliche Liegenschaft Teil des Gesellschaftsvermögens ist, dann sei die Verurteilung des Beklagten aus grundbuchsrechtlichen Gründen erforderlich, um es dem Kläger zu ermöglichen, das ihm nunmehr allein zustehende Recht an der Liegenschaft zum Ausdruck zu bringen. Daß dem Begehren auf Unterfertigung eines Kaufvertrages stattgegeben wurde, belaste den Beklagten nicht mehr als eine Verurteilung zur Einwilligung in die Verbücherung des Eigentumsrechtes des Klägers an der dem Beklagten zugeschriebenen Liegenschaftshälfte. Der Versuch des Beklagten, die ihm obliegende Unterfertigung des Kaufvertrages von der Auszahlung eines (allfälligen) Auseinandersetzungsguthabens abhängig zu machen, sei zum Scheitern verurteilt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht rechtzeitig beteiligt.

Die Revision ist zulässig, weil ein gleichartiger Sachverhalt bisher nicht entschieden wurde; sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte vertritt die Auffassung, daß der Abschluß eines Kaufvertrages unmöglich sei, weil der Kläger durch die Übernahme des Gesellschaftsanteiles des Beklagten Alleineigentümer der Liegenschaft geworden sei; das Grundbuch sei daher (nur) zu berichtigen.

Diese Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Sie baut auf der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsmeinung auf, daß die Liegenschaft Gesellschaftsvermögen gewesen und demzufolge auf den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger durch Anwachsung übergegangen sei. In einem solchen Fall ist das Grundbuch tatsächlich gemäß § 136 GBG zu berichtigen, dies allerdings nur dann, wenn die Gesellschaft im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist (so ausdrücklich Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht4 II 246; s. auch Koppensteiner in Straube, HGB, Art 7 Nr.15, 16 Rz 6, § 142 Rz 10;

Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts5 128; Feil, Personenhandelsgesellschaften im Grundbuch, GesRZ 1975, 112). Im vorliegenden Fall ist aber nicht die Gesellschaft, sondern Kläger und Beklagter je zur Hälfte im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, damit scheidet eine Berichtigung des Grundbuches aus: Diese würde voraussetzen, daß das Grundbuch die wirkliche Rechtslage nicht richtig wiedergibt (§ 136 GBG). Sie ist - bezogen auf das Eigentum - in jenen Fällen zulässig, in denen außerbücherlich Eigentum erworben wurde. Außerbücherlichen Eigentumserwerb gibt es aber nur in den im Gesetz geregelten Fällen (§§ 431, 425 ABGB; Bydlinski in Klang2 IV/2 120; SZ 48/104; SZ 52/12 ua). Da für die Einbringung einer Liegenschaft in eine OHG im Gesetz keine Ausnahme vorgesehen ist, ist die Eintragung der OHG in das Grundbuch die Voraussetzung eines vollwirksamen Rechtserwerbs (Koppensteiner in Straube aaO Art 7 Nr.9 - 11 § 124 Rz 18).

Die den Streitteilen je zur Hälfte zugeschriebene Liegenschaft steht also nicht im Eigentum der OHG; auf Grund welchen Titels die OHG die Liegenschaft benützt hat, kann dahingestellt bleiben. Ist aber die OHG nicht Liegenschaftseigentümerin, dann konnte die Liegenschaft auch nicht sachenrechtlich Gesellschaftsvermögen werden. Gegenstände, die nur "zur Nutzung eingebracht" wurden, gehören nicht zum Gesellschaftsvermögen (Schlegelberger-Kasten/Schmidt HGB5 III/1, 412 § 124 Rz 10). Soweit in der Entscheidung EvBl 1958/135 eine gegenteilige Auffassung vertreten wurde, kann diese nicht aufrechterhalten werden, weil sie dem Eintragungsgrundsatz widerspricht (vgl Bydlinski in Klang aaO).

Das Eigentum an der Liegenschaftshälfte des Beklagten ist demnach trotz Übernahme von dessen Gesellschaftsanteil nicht durch Anwachsung auf den Kläger übergegangen. Für die Übertragung des Eigentumes sind also Titel und Modus notwendig; das sind die - von den Parteien ohnedies vereinbarte - Errichtung eines Kaufvertrages und dessen grundbücherliche Durchführung.

Die Vorinstanzen haben daher dem Klagebegehren im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Auf die Einverleibung der Löschung des zugunsten des Beklagten eingetragenen Vorkaufsrechtes ist nicht einzugehen, weil die Revision dazu keine Ausführungen enthält.

Die Revision mußte erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten beruht auf §§ 40, 50 ZPO.

Die Revisionsbeantwortung des Klägers war als verspätet zurückzuweisen, weil sie vom Kläger (entgegen § 508a Abs 2 ZPO) beim Erstgericht eingebracht wurde und beim Revisionsgericht erst nach Ablauf der gesetzlichen Frist eingelangt ist.

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