Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hatte am 8.Februar 1991 einen Arbeitsunfall. Dabei erlitt er einen Bruch der rechten Speiche an typischer Stelle, einen offenen Bruch des rechten Fersenbeines und einen Bruch des linken Fersenbeines.
Mit Bescheid vom 31.Juli 1991 erkannte die Beklagte dem Kläger für die Folgen dieses Arbeitsunfalles (Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Handgelenkes, der rechten Zehen und der Sprunggelenke beidseitig, Gefühlsstörungen der rechten Zehen, Schwellung im Sprunggelenksbereich beidseitig, Abflachung des Fußgewölbes beidseitig, Fehlstellung der Fersen, Muskelverschmächtigung des rechten Beines und Gangbehinderung) ab 15.Juli 1991 eine vorläufige Versehrtenrente von 30 vH der Vollrente im Ausmaß von 4.211 S monatlich zu.
Die auf eine "Vollrente" von 50 vH im Ausmaß von 7.018,33 S ab 15. Juli 1991 gerichtete Klage stützt sich darauf, daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen der meist beidseitigen Einschränkungen durch die im Bescheid angeführten ärztlich festgestellten Verletzungsfolgen insgesamt 50 vH betrage. Die Folgen des beidseitigen Fersenbruches minderten die Erwerbsfähigkeit um 40 vH, die des handgelenksnahen Speichenbruches um weiters 10 vH.
Die Beklagte bestritt dies und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.
Beide Parteien beriefen sich auf einen (gerichts-)ärztlichen Sachverständigen, der Kläger weiters auf die Parteienvernehmung, auf das Privatgutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie samt Röntgenbildern, auf die Vernehmung dieses Facharztes als Zeugen und auf einen weiteren gerichtsärztlichen Sachverständigen, die Beklagte auf den Unfallakt. Die vom Kläger beantragten Beweise durch Vernehmung der Parteien, des sachverständigen Zeugen und eines weiteren gerichtsärztlichen Sachverständigen wurden nicht aufgenommen.
Das Erstgericht verurteilte die Beklagte, dem Kläger ab 15.Juli 1991 eine Versehrtenrente von 35 vH im gesetzlichen Ausmaß zu leisten.
Es stellte folgende Verletzungsfolgen fest: Das rechte Handgelenk neigt zu Schwellungen mit einer geringen Bewegungseinschränkung auch in der Vorderarmdrehung mit etwas herabgesetztem Grobgriff. Beide Fersen sind verdickt und weisen eine Zerstörung des unteren Sprunggelenkes auf. Dies bedingt eine Einschränkung der Beweglichkeit um 50 vH und eine Gangbehinderung. Barfußgang auf ebenem Boden ist praktisch nur als Fersengang mit ataktischem Gangbild möglich; der Vorfuß wird nicht abgerollt, Zehenspitzengang ist jedoch möglich. Mit Turnschuhen und orthopädischen Einlagen ist der Gang deutlich besser, jedoch geringfügig hinkend, sonst aber auf normaler Schrittlänge durchführbar. Die Zehen II bis V rechts weisen eine Bewegungseinschränkung mit Sensibilitätsstörungen und Hammerzehenbildung der zweiten Zehe auf. Der unfallbedingte Zustand des rechten Handgelenkes einerseits und der beiden Sprunggelenke anderseits würden die Erwerbsfähigkeit bei isolierter Betrachtung um 10 bzw 30 vH mindern. Wegen der noch relativ frischen Verletzungen und der beidseitig betroffenen Fersen ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit jedoch insgesamt mit 35 vH festzusetzen.
In der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht zur Bemessung der Versehrtenrente u.a. aus, die bei Krösl/Zrubecky, Die Unfallrente4 angegebenen Prozentsätze könnten nur allgemeine Richtlinien darstellen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit sei in jedem Fall unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Verletzten und der Unfallsfolgen zu beurteilen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge.
Es verneinte den behaupteten Verfahrensmangel (Nichteinholung eines weiteren Sachverständigengutachtens) und übernahm die bekämpfte Feststellung, daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen der beidseitig betroffenen Fersen insgesamt (nur) 35 vH betrage. Auf die Rechtsrüge ging die zweite Instanz nicht ein, weil der Berufungswerber nicht vom festgestellten Sachverhalt, sondern von der davon abweichenden Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Privatgutachten ausgegangen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die nicht beantwortete Revision des Klägers, in der Mangelhaftigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden, richtet sich auf Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Urteils im klagestattgebenden Sinn.
Das nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässige Rechtsmittel ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 leg cit).
Der in der Berufung behauptete Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens wurde vom Berufungsgericht geprüft und verneint. Er kann daher auch in einer Sozialrechtssache in der Revision nicht neuerlich gerügt werden (stRsp des erkennenden Senates: zB SSV-NF 6/28 mwN; 24.8.1993, 10 Ob S 134/93 mit Hinweis auf Ballon in Matscher-FS (1993), 15 f). Die Frage, ob ein Sachverständigengutachten die getroffenen Feststellungen rechtfertigt, gehört ebenso zur irrevisiblen Beweiswürdigung wie die Frage, ob zum selben Beweisthema ein weiteres Gutachten einzuholen gewesen wäre (zB SSV-NF 6/28 mwN).
Inwieweit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten aus medizinischer Sicht, also allein auf Grund der durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit bedingten Leiden, gemindert ist, gehört ebenfalls zum (irrevisiblen) Tatsachenbereich (stRsp des erkennenden Senates: zB SSV-NF 6/15 und 130, jeweils mwN). Nur diese Minderung aus medizinischer Sicht wurde in der Berufung u.a. auch unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bekämpft. Deshalb lag keine gesetzgemäß ausgeführte Rechtsrüge vor, so daß das Berufungsgericht eine solche auch nicht sachlich behandeln konnte. Der unter dem Revisionsgrund der "unrichtigen rechtlichen Beurteilung" erhobene, aber dem im § 503 Z 2 ZPO bezeichneten Revisionsgrund zuzuordnende Vorwurf, das Berufungsverfahren leide diesbezüglich an einem Mangel, ist daher nicht berechtigt.
Das Urteil des Berufungsgerichtes enthält keine rechtliche Beurteilung der Sache. Daher kann auch der im § 503 Z 4 ZPO genannte Revisionsgrund nicht vorliegen (zB SSV-NF 5/18) und eine Rechtsrüge nicht gesetzgemäß ausgeführt sein.
Da der Kläger im Revisionsverfahren zur Gänze unterlag und Billigkeitsgründe iS des § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG nicht vorliegen, hat er nach dieser Gesetzesstelle gegenüber dem beklagten Versicherungsträger keinen Anspruch auf Ersatz der - übrigens nicht auf der im Abs 2 leg cit genannten Bemessungsgrundlage verzeichneten - Revisionskosten.
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