Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Soweit der Kläger die Unterlassung der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens rügt, macht er einen Verfahrensmangel geltend, der bereits Gegenstand der Mängelrüge der Berufung war. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Ausführungen auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gelangt, daß ein Verfahrensmangel nicht vorliege. Nach ständiger Rechtsprechung können aber Mängel des Verfahrens erster Intanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, auch in Sozialrechtssachen in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (SSV-NF 1/32, 3/115 uva). Dieses Ergebnis wurde in der Lehre wiederholt in Frage gestellt. Der erkennende Senat hat die von Kuderna (Der Untersuchungsgrundsatz im Verfahren in Sozialrechtssachen, FS 100 Jahre österreichische Sozialversicherung) in SSV-NF 3/115 und die von Hoyer (JBl 1991, 448) geäußerte Kritik jeweils mit ausführlicher Begründung abgelehnt. Der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist jüngst Ballon (Zu den Verfahrensmängeln im Zivilprozeßrecht, FS Matscher, 15 ff) beigetreten. Er leitet dieses Ergebnis nach umfassender Darstellung des Meinungsstandes in Rechtsprechung und Schrifttum im wesentlichen aus einer teleologischen Interpretation des § 503 Z 2 ZPO ab und vertritt die Ansicht, daß vor allem Gründe der Verfahrensökonomie hiefür sprächen. Wesentliches Gewicht komme auch der Verfahrensdauer zu. Der Gerichtshof für Menschenrechte habe ausgesprochen, daß ein kompliziertes Rechtsmittelsystem keine Entschuldigung für eine überlange Verfahrensdauer sei. Gerade bei Verfahrensmängeln müsse daher der prozeßökonomische Gedanke dazu führen, sie nur durch die nächste Instanz überprüfen zu lassen und es dadurch zu ermöglichen oder zu erleichtern, ein Verfahren auch im Instanzenzug in angemessener Frist zu Ende zu führen. Er führt dazu zusammenfassend aus, daß die verfassungskonforme und teleologische Interpretation unter Anwendung der Gedanken der Verfahrensökonomie und der Analogie als Leitlinie ergebe, daß Verfahrensmängel der ersten Instanz vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden könnten; dies gelte sowohl für den Fall, daß die Berufungsinstanz den behaupteten Verfahrensfehler ausdrücklich verneint habe, als auch für den Fall, daß eine Anfechtung in der Berufung unterblieben sei und sich die zweite Instanz mit dieser Frage daher gar nicht befassen durfte.
Der erkennende Senat hält an seiner bisherigen vor allem aus dem Größenschluß zu den Nichtigkeitsgründen abgeleiteten Rechtsprechung fest. Ballon stellt dies mit der Begründung in Frage, daß § 519 Abs 1 ZPO nur die Nichtanfechtbarkeit von Beschlüssen statuiere, während die Entscheidung des Berufungsgerichtes in Urteilsform ergehe; § 519 Abs 1 ZPO lehnt er daher als Begründungsargument ab. Dies spricht aber nicht gegen die Zulässigkeit des Größenschlusses. Es würde geradezu einen Wertungswiderspruch bedeuten, würde man die Anfechtbarkeit von Verfahrensmängel gegenüber der - wenn auch in Beschlußform ergehenden - Entscheidung über die Frage der Nichtigkeit erweitern. Die Ausführungen Ballons zeigen jedoch im übrigen zusätzliche gewichtige Argumente für dieses Ergebnis auf.
Eine Ausnahme will Ballon nur für Verfahrensmängel erster Instanz gelten lassen, die verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, insbesondere das rechtliche Gehör verletzen, und nicht ohnehin unter Nichtigkeitssanktion stehen - sogenannte "qualifizierte Verfahrensmängel". Solche Verfahrensmängel seien einer Überprüfung durch das Höchstgericht aufgrund ausdrücklicher Rüge zugänglich, dies allerdings auch nur dann, wenn sie nicht schon durch die zweite Instanz ausdrücklich verneint worden seien oder ihre Geltendmachung nicht möglich gewesen sei. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob für "qualifizierte Verfahrensmängel" von der bisherigen Rechtsprechung abweichende Grundsätze zu gelten haben, ist hier entbehrlich, weil in der Revision Mängel gerügt werden, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat; in diesem Fall lehnt jedoch auch Ballon die Geltendmachung im Revisionsverfahren in jedem Fall ab.
Da die Begründung des Berufungsgerichtes im anfechtbaren Belang zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).
Der Kläger ist lediglich außer Stande, Besorgungen außer Haus zu erledigen und grobe Hausarbeiten zu verrichten. Alle anderen Verrichtungen sind ihm möglich. So kann er nach den Feststellungen alle die laufende Instandhaltung der Wohnung betreffenden Verrichtungen - abgesehen vom Großreinemachen und dem Zutragen des Heizmaterials - ebenso ohne fremde Hilfe besorgen, wie die seine Person betreffenden Tätigkeiten. Dafür, daß er zum An- und Auskleiden und zur Körperreinigung Unterstützung von dritter Seite bedürfte, findet sich in den Feststellungen kein Anhaltspunkt. Geht man von dem von den Vorinstanzen festgestellten Umfang des Bedürfnisses des Klägers nach fremder Hilfe aus, so erreichen die hiefür notwendigen Kosten jedenfalls nicht die Höhe des gesetzlichen Hilflosenzuschusses.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen würden, wurden weder geltend gemacht noch ergeben sich Hinweise auf solche Gründe aus dem Akt.
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