OGH 11Os137/93(11Os151/93)

OGH11Os137/93(11Os151/93)19.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Oktober 1993 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Hager, Dr.Schindler und Dr.Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Wimmer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Anton Horst L***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 2 und 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 15. April 1993, GZ 28 Vr 465/93-20, sowie über die Beschwerde gegen den zugleich gefaßten Beschluß gemäß § 494 a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwältin Dr.Bierlein, und des Verteidigers Mag.Thomas Kurz, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 12.Juni 1967 geborene Anton Horst L***** wurde der Verbrechen (A) des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 2 und 15 StGB und (C) des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148 zweiter Fall StGB sowie (B) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Demnach hat er in Traun und an anderen Orten Österreichs (A) dem Wilhelm Z***** fremde bewegliche Sachen (in einem 25.000 S nicht übersteigenden Gesamtwert) mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung (1.) am 19.Jänner 1993 weggenommen, nämlich eine Ledergeldbörse im Wert von ca 500 S mit ca 1.000 S Bargeld durch Öffnen eines Spindes mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel; (2.) Ende Jänner 1993 wegzunehmen versucht, nämlich in mehreren Angriffen Bargeld in nicht mehr feststellbarer Höhe; (B) am 19.Jänner 1993 (in der zu A 1. angeführten Geldbörse verwahrt gewesene) Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich eine Bankomatkarte und eine Eurocard-Kreditkarte des Wilhelm Z***** mit dem Vorsatz unterdrückt, ihren Gebrauch im Rechtsverkehr zu verhindern; (C) mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung andere durch Täuschung über Tatsachen zu vermögensschädigenden Handlungen verleitet, wobei der Schaden (insgesamt) 25.000 S überstieg, nämlich

(1.) zwischen 19.Jänner 1993 und 9.Februar 1993 in insgesamt 29 (im Urteilsspruch detailliert angeführten) Fällen zur Erbringung von Leistungen bzw Ausfolgung von Waren gegen "Bezahlung" der Rechnungen über insgesamt 53.301 S in verschiedenen Gastgewerbebetrieben bzw Geschäftslokalen durch Verwendung der (zu B angeführten) für Wilhelm Z***** ausgestellten Kreditkarte und der Unterschrift des daraus Berechtigten (auf den jeweiligen Leistungsbelegen), sohin unter Benützung falscher Urkunden, wobei er den (schweren) Betrug in gewerbsmäßiger Absicht beging; (2.) durch Auftreten unter dem Anschein eines zahlungswilligen und -fähigen Gastes zur Gewährung von Unterkunft bzw Ausfolgung von Speisen und Getränken, nämlich (a) am 11. Februar 1993 Verfügungsberechtigte des (von der AFIN Hotel-Betriebs-GmbH geführten) Novotel Linz - Schaden: 12.753,60 S; (b) am 14.Jänner 1993 Verfügungsberechtigte des Gasthofes Roithnerhof - Schaden 800 S.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft seine Schuldsprüche mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies den Strafausspruch mit Berufung und den gemäß § 494 a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO gefaßten Beschluß auf Widerruf bedingter Strafnachsichten mit Beschwerde.

Keinem der Rechtsmittel kommt Berechtigung zu.

Die undifferenziert ausgeführte Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) wendet sich zunächst gegen die den Schuldspruch A 1 tragenden Tatsachenfeststellungen, daß der Angeklagte seiner leugnenden Verantwortung zuwider dem Badbesucher Wilhelm Z***** die Geldbörse samt Inhalt stahl, indem er mit dem (dem Bademantel des Genannten entnommenen Schlüssel) den Garderobespind aufsperrte. Dabei stützten sich die Tatrichter in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) im wesentlichen darauf, daß sich der Angeklagte während des für die Tatbegehung in Betracht kommenden Zeitraums von einer halben Stunde am Tatort aufhielt, er in dieser Zeitspanne Gelegenheit zur unbeobachteten Entnahme des Spindschlüssels aus dem vorübergehend unbeaufsichtigten Bademantel hatte und - selbst von ihm unbestritten - kurze Zeit später die Geldbörse samt Kreditkarten besaß, überdies jedwede Hinweise auf eine vom Angeklagten verschiedene Täterperson fehlten und die von ihm behauptete Auffindung der Diebsbeute in einer "Zeitungstasche" des Hallenbades wenig plausibel erschien. Soweit der Angeklagte demgegenüber mit isolierter Bezugnahme auf unwesentliche Einzelpassagen der Angaben des Zeugen Wilhelm Z***** eine für ihn günstigere Beurteilung der Beweissituation daraus abzuleiten sucht, daß der Spind keine Anzeichen einer "Durchwühlung" zeigte, Wilhelm Z***** nach der Tatentdeckung seine Geldbörse "gesucht" und damit eine Unsicherheit hinsichtlich der Verwahrung des Geldes im Spind erkennen lassen habe, überdies die dem Angeklagten nach den Urteilsfeststellungen zugemutete Rückgabe des Schlüssels in den Bademantel nach der Tat wegen des zusätzlichen Risikos einer Fremdbeobachtung nicht schlüssig sei, erschöpfen sich seine Einwände ingesamt in einer Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung nach Art einer gesetzlich hier nicht vorgesehenen Schuldberufung, ohne damit die Mängel- bzw Tatsachenrüge prozeßordnungsgemäß darzustellen.

Sinngemäßes gilt für die das Betrugsfaktum C 2 b betreffenden Beschwerdeargumente, mit denen der Beweiswert der Angaben der vom Erstgericht mit eingehender, weitere Verfahrensergebnisse berücksichtigender Begründung für glaubwürdig beurteilten (194) Zeugin Katharina R***** auf spekulativer Basis problematisiert wird.

Was die zum Faktum A 2 relevierte Frage der absoluten Untauglichkeit des (richtig als Diebstahl subsumierten - mwN Leukauf-Steininger StGB3 § 127 RN 47a ff; § 148a RN 21) Versuches der Geldbehebung mit einer entfremdeten Bankomatkarte ohne Kenntnis der zugehörigen Codezahl anlangt (Z 9 lit a), so trifft die Behauptung einer dem Erstgericht dazu unterlaufenen materiellrechtlichen Fehlbeurteilung nicht zu. Nach insoweit gefestigter Rechtsprechung setzt ein absolut untauglicher Versuch voraus, daß die Deliktsverwirklichung auf die vorgesehene Art auch bei einer generalisierenden Betrachtung, also unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles, geradezu denkunmöglich ist, somit unter keinen wie immer gearteten Umständen eintreten kann (mwN Leukauf-Steininger aaO § 15 RN 30; Foregger-Serini-Kodek StGB5 § 15 Erl VII). Diese Voraussetzungen treffen aber auf den in Rede stehenden Versuch, mit Hilfe einer widerrechtlich erlangten Bankomatkarte den Datenverarbeitungsvorgang zur Geldausgabe an einem Bankomaten unter Eingabe einer vermeintlich passenden Zahlenkombination auszulösen, nicht zu. Mag auch die angestrebte Deliktsvollendung (hochgradig) unwahrscheinlich sein, so erweist sie sich keineswegs als geradezu denkunmöglich, weil die Erfolgschance einer rechtswidrigen automatischen Geldentnahme durch die (notwendigen) systeminhärenten Sicherungen gegen Mißbräuche der gegenständlichen Art nur - wenn auch weitreichend - minimiert, nicht jedoch gänzlich beseitigt wird (12 Os 113/91; sinngemäß auch SSt 53/32 zu - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - vergleichbaren Tatsachengrundlagen). Davon ausgehend erweist sich aber der hier abgeurteilte Diebstahlsversuch als bloß relativ untauglich und damit strafbar.

Die weiteren Rechtsrügen hingegen verfehlen eine prozeßordnungsgemäße Darstellung:

Die Reklamation des Fehlens der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen zum Schuldspruchfaktum A 2 stützt sich nämlich auf die tatrichterlich mit mängelfreier Begründung verworfene leugnende Verantwortung des Angeklagten, mit dem Einschieben der Bankomatkarte in den Geldausgabeautomaten lediglich den Einzug bezweckt zu haben, während das angefochtene Urteil dazu von dem Tätervorsatz ausgeht, durch allfälliges Erraten der richtigen Codezahl eine automatische Geldbehebung zu realisieren (193, 196 f).

Eine bei der Darstellung materieller Nichtigkeitsgründe durchwegs gebotene umfassende Orientierung an den den Schuldspruch tragenden wesentlichen Tatsachenfeststellungen läßt aber auch die Subsumtionsrüge (Z 10) vermissen, indem sie zum Faktenkomplex C eine Beurteilung der gewerbsmäßigen Betrugshandlungen (nur) nach dem ersten Fall des § 148 StGB mit der Begründung anstrebt, die im Sinn des zweiten Strafsatzes der zitierten Gesetzesbestimmung höhere Qualifikation könne nicht aus der Summierung (für sich allein die Wertgrenze des § 147 Abs 2 StGB nicht übersteigender Schadensbeträge) abgeleitet werden. Ergibt sich doch aus dem angefochtenen Urteil insgesamt unmißverständlich, daß sich die qualifikationsbegründende Annahme der gewerbsmäßigen Begehung schweren Betruges auf die zu C 1 jeweils als schwerer Betrug abgeurteilten Betrugshandlungen unter Benützung falscher Urkunden (§ 147 Abs 1 Z 1 StGB) stützt.

Auch das die schriftliche Beschwerdeargumentation materiellrechtlich ergänzende neue Vorbringen im Gerichtstag geht fehl:

Bei der zum Faktenkomplex C 1 nach den §§ 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB qualifizierenden Unterzeichnung der Leistungsbelege mit falschem Namen handelte es sich - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - um auf die Erwirkung der vermögensschädigenden Handlungen (insbesondere die Überlassung von Sachwerten nach bargeldloser Zahlungsabwicklung) ausgerichtete Teilakte der jeweiligen Täuschungsmanöver, für deren (hier angestrebte) Beurteilung als bloße Deckungshandlungen im Sinne strafloser Nachtaten sohin kein Raum bleibt.

Daß der betrugsspezifische Täuschungseinsatz einer zuvor im Sinne des § 229 StGB unterdrückten Urkunde ein (realkonkurrierendes) Zusammentreffen von Betrug und Urkundenunterdrückung nicht ausschließt, bedarf keiner näheren Erörterung.

Die zur Gänze unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28, 148 zweiter Strafsatz StGB fünfzehn Monate Freiheitsstrafe, wobei es vier einschlägige Vorstrafen, den raschen Rückfall, die teilweise Tatbegehung während der Anhängigkeit des Verfahrens AZ U 62/92 des Bezirksgerichtes Pregarten, das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit dem (hinsichtlich zweier Urkunden begangenen) Vergehen der Urkundenunterdrückung als erschwerend wertete, als mildernd hingegen das Teilgeständnis und den teilweisen Versuch.

Zugleich mit dem Urteil faßte das Erstgericht gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO den Beschluß auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht, die einerseits zu AZ 3 U 86/92 des Bezirksgerichtes Linz-Land hinsichtlich einer Geldstrafe von 4.500 S (für den Fall der Uneinbringlichkeit 15 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe), andererseits zu AZ 11 E Vr 221/92 des (damals) Kreisgerichtes Wels hinsichtlich einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten gewährt worden war.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte sowohl eine Herabsetzung als auch die bedingte Nachsicht der über ihn verhängten Freiheitsstrafe im wesentlichen mit der Begründung an, er habe als selbständiger Aufsteller von Geldspielautomaten infolge zwischenzeitigen gesetzlichen Verbotes unverschuldet seine Erwerbsgrundlage verloren, die zivilrechtlichen Ansprüche der tatgeschädigten Personen voll anerkannt und bisher das Strafübel nicht verspürt.

Angesichts der nach dem Vorleben und dem hier abgeurteilten Tatkomplex evidenten, durch die Erfahrungen im Zusammenhang mit den erlittenen Vorverurteilungen nicht wirksam entkräfteten Anfälligkeit des Angeklagten für die wiederkehrende Begehung von Eigentumsdelikten bleibt schon aus spezialpräventiver Sicht für das Berufungsanliegen weder in der einen noch in der anderen Richtung entsprechender Raum. Die vom Erstgericht unbedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe erweist sich vielmehr nach den hier gegebenen Beurteilungsgrundlagen als tatwie auch tätergerecht und den angestrebten Korrekturen nicht zugänglich, soll die Erreichung des Strafzweckes in angemessener Weise gewährleistet bleiben.

Aus eben diesen Erwägungen war auch der Beschwerde gegen den die erwähnten Vorverurteilungen betreffenden Widerrufsbeschluß der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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