OGH 9ObA278/93(9ObA279/93)

OGH9ObA278/93(9ObA279/93)13.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr. Walter Zeiler und Mag. Kurt Retzer als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der Kläger 1.) Kathrin O*****, *****

2.) Birgit A*****, ***** beide vertreten durch Dr.Thaddäus Schäfer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Beklagten Konstantin F*****, ***** vertreten durch Dr.Ekkehard Erlacher und Dr.Renate Erlacher-Philadelphy, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen je S 7.500,-- sA, infolge Revisionsrekurses des Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4.Mai 1993, GZ 5 Ra 74, 75/93-20, womit infolge Rekurses der Klägerinnen der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 23. Februar 1993, GZ 45 Cga 43, 84/92-15, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rechtsmittelkosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerinnen begehren vom Beklagten Restlohn von je S 7.500,-- aus dem am 13.September 1991 einvernehmlich gelösten, ursprünglich für die Zeit vom 26. Juli bis 30. September 1991 befristeten Arbeitsverhältnis.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und wendete unter anderem die mangelnde inländische Gerichtsbarkeit sowie die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren zunächst auf die Prüfung der inländischen Gerichtsbarkeit sowie der Unzuständigkeit ein.

Es legte seiner Entscheidung auf Grund der Außerstreitstellungen der Parteien zugrunde, daß die Klägerinnen während des Dienstverhältnisses ihren Wohnsitz in Innsbruck hatten, dort auch polizeilich gemeldet waren, der Beklagte in diesem Zeitraum und auch derzeit seinen Aufenthalt und seinen ordentlichen Wohnsitz in Italien hatte, die Klägerinnen ihre Dienstleistungen in Italien zu erbringen hatten und während der gesamten Dauer des Dienstverhältnisses nur einmal an einem freien Wochenende nach Innsbruck zurückgekehrt sind.

Das Erstgericht verneinte die inländische Gerichtsbarkeit, wies die Klagen unter Nichtigerklärung des bisherigen Verfahrens zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Ungeachtet des Vorliegens des örtlichen Gerichtsstandes gemäß § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG sei zur Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit auch ein beklagtenbezogener sachlicher inländischer Anknüpfungspunkt notwendig.

Das Rekursgericht hob den angefochtenen Beschluß auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Das Verfahren erster Instanz sei ergänzungsbedürftig, weil die Staatsbürgerschaft der Streitteile, insbesondere des Beklagten sowie weitere Umstände, die für das Dienstverhältnis maßgeblich waren, wie beispielsweise die sich aus dem Akteninhalt (Beilage B) ergebende Anbahnung des Dienstverhältnisses samt Anstellungsschreiben im Inland, sowie die Tatsache der Lohnvereinbarung in inländischer Währung nicht festgestellt wurde.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerinnen beantragen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Das Rekursgericht hat für das Vorliegen der inländischen

Gerichtsbarkeit im Sinne der nunmehr nach Lehre und Rechtsprechung

anerkannten "Indikationentheorie" (dagegen Fasching ZPR2 Rz 76),

zutreffend eine ausreichende Inlandsbeziehung gefordert. Diese ist

zwar durch einen inländischen Gerichtsstand indiziert, damit allein

aber noch nicht immer zwingend begründet. Fehlt es aber ansonsten an

einer ausreichenden Nahebeziehung zum österreichischen Rechtsbereich,

ist die inländische Gerichtsbarkeit dennoch zu verneinen (Schwimann

in RdW 1985, 332; SZ 60/106; JBl 1989, 48 (Schwimann) = SZ 60/277;

JBl 1990, 396 (Pfersmann) = SZ 62/101 = RdW 1989, 371; JBl 1991, 393

(Pfersmann); JBl 1992, 330 [Pfersmann]; DRdA 1993/15 [Egger] = EvBl

1993/5). Insbesondere dann, wenn die Verfahrensgesetze dem Kläger

eine Klagemöglichkeit an seinem Wohnort einräumen, ist ein

beklagtenbezogener inländischer Anknüpfungspunkt erforderlich, um die

inländische Gerichtsbarkeit gegenüber einem beklagten Ausländer zu

begründen (JBl 1990, 396 [Pfersmann] = SZ 62/101 = RdW 1989, 371;

DRdA 1993/15 [Egger] = EvBl 1993/5). Das gilt auch in

Arbeitsrechtssachen. Eine ausreichende Nahebeziehung zum österreichischen Rechtsbereich besteht, wenn neben dem inländischen örtlichen Gerichtsstand nach § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG zusätzlich ein ausreichender arbeitgeberbezogener inländischer Anknüpfungspunkt

vorliegt (JBl 1990, 396 [Pfersmann] = SZ 62/101 = RdW 1989, 371; DRdA

1993/15 [Egger] = EvBl 1993/15). Insbesondere bei der vom

Rekursgericht erwähnten Anbahnung des Dienstverhältnisses (samt Anstellungsschreiben) in Österreich und vor allem bei österreichischer Staatsbürgerschaft des Beklagten wäre ein ausreichender inländischer Anknüpfungspunkt gegeben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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