OGH 5Ob74/93

OGH5Ob74/9312.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Schwarz, Dr.Floßmann und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller Dipl.Ing. Hermann T*****, geboren am 26.1.1939, und Ingrid T*****, geboren am 1.10.1952, beide H*****, beide vertreten durch Dr.Guido Lindner, Rechtsanwalt in Graz, wegen grundbücherlicher Eintragungen ob der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 4.Juni 1993, AZ R 444/93, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Liezen vom 6.April 1993, TZ 625/93, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

"Ob den 68/1007-Anteilen der Maria A*****, geboren am 6.4.1918, B-LNR 8, an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****, mit welchen Anteilen Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr.5 untrennbar verbunden ist, werden nachstehende Eintragungen bewilligt:

I. Aufgrund des Kaufvertrages vom 10./11.September 1992

a) die Einverleibung des Eigentumsrechtes zu je 34/1007-Anteilen im Range der Anmerkung TZ 1557/92 für Dipl.Ing. Hermann T*****, geboren 26.1.1939, und Ingrid T*****, geboren 1.10.1952;

b) die Verbindung dieser je 34/1007-Anteile gemäß § 12 Abs 1 WEG 1975;

II. aufgrund der Löschungsbewilligung des Landes Steiermark vom 28. Oktober 1992 die Einverleibung der Löschung

a) des unter C-LNR 2a aufgrund des Schuldscheines vom 25.8.1982 für das Land Steiermark einverleibten Pfandrechtes für S 7,268.000 samt 0,5 % Zinsen, 10 % Verzugszinsen und einer Nebengebührensicherstellung von S 726.800;

b) des unter C-LNR 3a für das Land Steiermark einverleibten Veräußerungsverbotes gemäß WBFG 1968.

Hievon werden verständigt:

1. Dr. Guido Lindner, Rechtsanwalt, Schmiedgasse 40, 8010 Graz, mit Originalurkunde

2. Maria A*****, geboren 6.4.1918, Pensionistin, *****

3. Dipl.Ing. Hermann T*****, Regierungs-Oberbaurat, *****

4. Ingrid T*****, Lehrerin, *****

5. Der Landeshauptmann von Steiermark, p.A. Amt der Steiermärkischen Landesregierung, RA 14, Dietrichsteinplatz 15, 8010 Graz, zu GZ 14-44H424-1992

6. L*****bank *****, als erste Pfandgläubigerin

7. Finanzamt Liezen

8. Gemeinde 8911 Admont"

Text

Begründung

Die Antragsteller begehrten unter Vorlage des Kaufvertrages, der Heiratsurkunde, des Rangordnungsbeschlusses, der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Graz sowie der Löschungsbewilligung des Landes Steiermark, ihnen ob den 68/1007-Anteilen der Maria A***** an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****, mit welchen Anteilen das Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr.5, ***** untrennbar verbunden ist, die Einverleibung des Eigentumsrechtes im Range der Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung (TZ 1557/1992) zu je 34/1007-Anteilen sowie die Einverleibung der Löschung des unter C-LNR 2a intabulierten Pfandrechtes des Landes Steiermark und des unter C-LNR 3a einverleibten Veräußerungsverbotes für das Land Steiermark, soweit sich diese Eintragungen auf die oben genannten Miteigentumsanteile beziehen, zu bewilligen.

Das Erstgericht wies diese Anträge mit der Begründung ab, dem vorgelegten Kaufvertrag könne nicht entnommen werden, daß von den beiden Käufern Ehegattenwohnungseigentum gemäß § 9 WEG begründet worden sei. Es würden somit nicht die Voraussetzungen des § 26 Abs 2 GBG erfüllt, wonach eine Urkunde, aufgrund welcher eine Einverleibung bewilligt werden soll, bei Erwerb eines dinglichen Rechtes einen gültigen Rechtsgrund enthalten müsse. Die Vorlage der Heiratsurkunde allein reiche nicht aus, weil im gegenständlichen Kaufvertrag kein Hinweis darauf zu finden sei, daß die beiden Käufer in aufrechter Ehe miteinander verheiratet seien. Lediglich in § 8 des Kaufvertrages (Aufsandungsklausel) heiße es, daß diese Anteile infolge gemeinsamen Wohnungseigentums zu zusammen 68/1007-Anteilen verbunden würden. Dies sei jedoch zur Begründung von Ehegattenwohnungseigentum nicht ausreichend.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes - nach dem Einheitswert - S 50.000 übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Die "Ableitbarkeit" der Voraussetzung des § 9 WEG aus der in § 8 des Vertrages verankerten Aufsandungserklärung - also einer einseitigen Erklärung desjenigen, dessen Rechte aufgehoben und auf andere übertragen würden, in die Einverleibung einzuwilligen - reiche entgegen der Rechtsmeinung der Antragsteller, die zugestehen, auf den Verbindungsantrag vergessen zu haben, nicht aus.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine erhebliche Rechtsfrage darin gelegen scheine, inwieweit ein Vertrag als Gesamtes interpretiert werden könne oder wie weit man sich auf rein formale Standpunkte beschränken müsse.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß ihrem Antrag vollinhaltlich stattgegeben werde, in eventu nach Ergänzung um einen Verbindungsausspruch gemäß § 12 Abs 1 Satz 2 WEG.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

In der Präambel des dem Eintragungsbegehren zugrundeliegenden Kaufvertrages werden die Antragsteller als Ehegatten bezeichnet. Zum Beweis hiefür wurde die Heiratsurkunde vorgelegt. Damit sind in unzweifelhafter Weise die Voraussetzungen für die Begründung von Ehegattenwohnungseigentum gegeben. Eine Behauptung des Inhaltes, daß die Ehe noch aufrecht sei, ist nicht erforderlich, weil dies schon in dem Ausdruck "Ehegatten" enthalten ist. Wäre die Ehe nicht mehr aufrecht, so wären die Antragsteller wegen Beendigung des Eheverhältnisses keine Ehegatten mehr.

Die Antragsteller erwarben Miteigentumsanteile ihrer Rechtsvorgängerin, mit denen Wohnungseigentum bereits verbunden war, je zur Hälfte. Eines besonderen Aktes zur Begründung von Wohnungseigentum an sich bedurfte es daher nicht mehr. Durch einen solchen Erwerb von Miteigentumsanteilen ist vielmehr auch die Voraussetzung des § 9 Abs 1 WEG erfüllt, wonach Ehegatten, die - wie hier - das Wohnungseigentum gemeinsam erwerben, Miteigentümer je eines halben Mindestanteiles sein müssen. Ipso iure tritt dann durch diesen Erwerb die in § 9 Abs 2 Satz 1 WEG genannte Rechtsfolge ein:

Durch das gemeinsame Wohnungseigentum von Ehegatten werden ihre Anteile am Mindestanteil so verbunden, daß sie, solange das gemeinsame Wohnungseigentum besteht, nicht getrennt und nur gemeinsam beschränkt, belastet, veräußert oder der Zwangsvollsteckung unterworfen werden dürfen. Da diese Verbindung mit dem Erwerb von Ehegattenwohnungseigentum als Rechtsfolge unausschließbar verbunden ist, bedarf es einer ausdrücklichen Anführung dieser Rechtsfolge im Kaufvertrag nicht (so auch Hofmeister in NZ 1989, 231 in der Besprechung der Entscheidung NZ 1989/153). Bedenken im Sinne des § 94 Abs 1 Z 3 GBG könnten nur dann bestehen, wenn sich aus der Vertragsurkunde ergäbe, daß die Antragsteller eine solche Verbindung ausschließen wollten. Für eine solche Annahme bietet jedoch der gesamte Vertragstext keinen Anhaltspunkt; im Gegenteil: In der einen integrierenden Bestandteil des Kaufvertrages bildenden Aufsandungsklausel (§ 8) wird ausdrücklich auf die Verbindung der von den Antragstellern erworbenen Anteile zu gemeinsamem Wohnungseigentum hingewiesen und in § 6 dieses Vertrages erklären die Antragsteller, die mit den von ihnen erworbenen Anteilen verbundene Wohnung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes benützen zu wollen. Der Oberste Gerichtshof billigt daher nicht jene Rechtsprechung von Gerichten zweiter Instanz (NZ 1989/153; MietSlg 28.486), wonach die Verbindung der Miteigentumsanteile der Ehegatten in der der Eintragung zugrundeliegenden Urkunde ausdrücklich enthalten sein müßte.

Kein Abweisungsgrund ist auch darin gelegen - wie die Rechtsprechung von Rekursgerichten annimmt (RechtspflegerSlgG 2164) - , daß in der Vertragsurkunde die von den Antragstellern zu erwerbenden Miteigentumsanteile lediglich mit der Hälfte der ihrer Rechtsvorgängerin gehörenden 68/1007-Anteile bezeichnet sind. Durch eine solche Ausdrucksweise ist inhaltlich dasselbe gesagt wie durch die ziffernmäßige Angabe, zB 34/1007-Anteile oder 68/2014-Anteile etc. Das Argument, der Miteigentumsanteil dürfe nicht erst durch eine Rechenoperation ermittelt werden, ist nicht überzeugend, weil der Rechtsanwender auch immer dann eine Rechenoperation vorzunehmen hat, wenn die in der Urkunde angeführten Miteigentumsanteile einen anderen Nenner aufweisen als denjenigen, der im Grundbuch angegeben ist. In einzelnen Fällen wird sich derartiges nicht einmal vermeiden lassen, nämlich dann, wenn eine ganzzahlige Halbierung des Zählers nicht möglich wäre. Jede sprachlich eindeutig gefaßte Formulierung der von den Antragstellern übernommenen Miteigentumsanteile, durch die nichts anderes ausgedrückt wird als der Übergang von jeweils der Hälfte der der Rechtsvorgängerin zustehenden Miteigentumsanteile auf die Erwerber, ist daher grundbuchsrechtlich unbedenklich.

Richtig ist, daß die Antragsteller in ihrem Grundbuchsantrag die Eintragung der Verbindung ihrer beiden Miteigentumsanteile im Sinne des § 12 Abs 1 WEG nicht beantragten. Das Erstgericht hat ausdrücklich ausgeführt, darin keinen Abweisungsgrund zu erblicken. Die Formulierung des Rekursgerichtes ist diesbezüglich nicht eindeutig. Der Oberste Gerichtshof sieht in der Unterlassung dieses Antrages - wiederum entgegen der Rechtsprechung eines Teiles der Rekursgerichte (RPflSlgG 1909) - keinen Abweisungsgrund. Wie bereits oben ausgeführt wurde, tritt die Verbindung der Anteile am Mindestanteil gemäß § 9 Abs 2 WEG ex lege ein. Die Bestimmung des § 12 Abs 1 Satz 2 WEG stellt lediglich die Anordnung der Ersichtlichmachung dieser Verbindung zum Zwecke besserer Erkennbarkeit der materiellen Rechtslage aus dem Grundbuchsstand dar. Diese Ersichtlichmachung hat daher, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, von Amts wegen zusammen mit der Einverleibung des Wohnungseigentums zu erfolgen.

Da auch andere Abweisungsgründe - insbesondere im Hinblick auf die Bestimmungen des Steiermärkischen Grundverkehrsgesetzes - nicht gegeben sind, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß den Anträgen der Antragsteller, ergänzt durch die Ersichtlichmachung der Verbindung ihrer Miteigentumsanteile gemäß § 12 Abs 1 WEG, stattgegeben wird.

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