Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
In Abänderung der angefochtenen Entscheidung wird das erstgerichtliche Urteil wieder hergestellt.
Der Zweitbeklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.338,40 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (einschließlich S 1.556,40 USt. und S 6.000,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei schloß am 2.3.1989 mit der A*****gesmbH., die unter der Bezeichnung "W*****" eine von Peter L***** an Manfred B***** verpachtete Gastwirtschaftbetrieb, einen Automatenaufstellungsvertrag. Seit 28.9.1989 sind die beiden Beklagten Gesellschafter und Geschäftsführer dieser Gesellschaft. Im Oktober 1989 erklärten sie Werner D*****, dem Vertreter der klagenden Partei, sie seien als neue Gesellschafter und Geschäftsführer sozusagen die Nachfolger des Herrn B*****. Werner D***** billigte zwar die von ihnen gewünschte Aufhebung des bestehenden Automatenaufstellungsvertrages nicht, er drängte sie aber zum Abschluß eines neuen Vertrages. Ende Oktober 1989 wurde ein solcher, auf 1.10.1989 rückdatierter Vertrag zwischen der klagenden Partei und der "A***** mbH" als Inhaber der Gaststätte "Familie M***** .........." geschlossen und von beiden Beklagten unterzeichnet. In diesem Vertrag war die Aufteilung der Nettoeinspielergebnisse im Verhältnis 50 : 50 vorgesehen. Der Zweitbeklagte erhielt mehrere, verschiedenen Zwecken dienende Schlüssel zu den Spielautomaten, so auch zu Münzfächern, damit sich immer möglichst wenig Bargeld in den Automaten befinde. Das Inkasso durch die klagende Partei erfolgte etwa alle vier Wochen. Bis Anfang des Jahres 1990 wurde der der klagenden Partei zustehende Anteil an den Einspielergebnissen vom Zweitbeklagten jeweils vorübergehend auf ein Sparbuch eingezahlt und jeweils unmittelbar vor dem Inkassotermin behoben. Ab diesem Zeitpunkt vereinnahmte er jedoch auch den der klagenden Partei zustehenden Anteil am Einspielergebnis und verwendete ihn zur Bestreitung der laufenden Ausgaben und zur Begleichung von Schulden der A*****gesmbH und/oder eines oder beider Beklagten. Die Differenz auf den der klagenden Partei zustehenden Gewinnanteil wurde zumeist mittels Scheck von einem Konto bezahlt, das der Abwicklung des Geldverkehrs der A*****gesmbH und jenes der beiden Beklagten diente. Der zur Begleichung des Gewinnanteiles der klagenden Partei laut Abrechnung vom 19.6.1990 über S 32.300,- ausgestellte Verrechnungsscheck wurde mangels Deckung nur in der Höhe von S 2.500,- eingelöst, ebenso jener laut Abrechnung vom 18.7.1990 über S 42.170,-. Beim Inkasso vom 20.8.1990 lehnte die klagende Partei die Entgegennahme eines Schecks ab, sodaß ein offener Gewinnanteil von S 17.390,- verblieb. Unter der Bezeichnung "Akontozahlungsbestätigung" bestätigte der Zweitbeklagte damals durch seine Unterschrift gegenüber dem Vertreter der klagenden Partei die Höhe einer offenen Gesamtforderung mit S 87.000,-. Die A*****gesmbH leistete in der Folge keine Zahlung; sie ist mit S 500.000,- überschuldet und hat kein verwertbares Vermögen. Bei den Geldentnahmen durch den Zweitbeklagten waren keine sofort realisierbaren Vermögenswerte zur Deckung vorhanden. Ab Mitte des Jahres 1991 führte der Zweitbeklagte den Gaststättenbetrieb "W*****" im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weiter. Ein Übernahmepreis wurde von ihm nicht bezahlt.
In seiner rechtlichen Beurteilung erklärte das Erstgericht, der Automatenaufstellungsvertrag sei zwischen der klagenden Partei einerseits und der Firma A*****gesmbH andererseits rechtswirksam abgeschlossen worden. Die vertragliche Verpflichtung zur Zahlung des der klagenden Partei vereinbarungsgemäß zustehenden Hälfteanteiles am Nettoeinspielergebnis treffe somit die Gesellschaft und nicht die Beklagten persönlich. Diese seien der Schuld der Gesellschaft auch nicht persönlich beigetreten und hätten die Zahlungsverpflichtung auch nicht übernommen. Den Zweitbeklagten treffe jedoch die deliktische Haftung für den der klagenden Partei zustehenden offenen Anteil am Nettoeinspielergebnis in der Höhe von S 87.000,-, denn dieser sei ihm anvertraut gewesen. Er habe den in seiner Gewahrsame befindlichen Anteil der klagenden Partei sich selbst oder der Erstbeklagten oder der Gesellschaft durch Begleichung von Schulden bzw. Bestreitung von Ausgaben, für die entweder die Gesellschaft oder die Erstbeklagte oder er selbst gehaftet hätte, mit dem Vorsatz, sich selbst, die Erstbeklagte oder die Gesellschaft unrechtmäßig zu bereichern, zugeeignet, zumal kein präsenter Deckungsfonds vorhanden gewesen sei. Somit habe er das Vergehen der Veruntreuung gemäß § 133 StGB zu verantworten und hafte der klagenden Partei für den offenen Betrag von S 87.000,-. Eine deliktische Haftung der Erstbeklagten oder deren Haftung aus dem Rechtsgrund der Unternehmensfortführung läge nicht vor.
Das Berufungsgericht gab der vom Zweitbeklagten erhobenen Berufung Folge und wies das gegen ihn gerichtete Klagebegehren ab.
Es erklärte die Revision für zulässig und führte in seiner Entscheidungsbegründung aus:
Lege man im Sinne des insoweit unbekämpften erstgerichtlichen Urteiles die Tatsache zugrunde, daß der Zweitbeklagte als Geschäftsführer, also als "gesetzlicher Vertreter" der Gesellschaft mbH, gehandelt habe, so sei die Zusatzregelung, regelmäßig das Geld aus den Münzfächern der Automaten zu entnehmen und die Hälfte zugunsten der klagenden Partei zu verwahren, in Verbindung mit dem Fehlen von Anhaltspunkten, daß diese Verwahrung gesondert erfolgen sollte, als zusätzlich zum Automatenaufstellungsvertrag mit der Gesellschaft mbH abgeschlossener unregelmäßiger Verwahrungsvertrag (§ 959 ABGB) anzusehen. Der Zweitbeklagte habe auch bezüglich dieser Nebenleistung nur als Organ des Verwahrers gehandelt. Die klagende Partei habe jedenfalls mit der jeweiligen Abrechnung einen obligatorischen Rückforderungsanspruch gegen die Gesellschaft mbH betreffend die ihr zustehende Einnahmenhälfte gehabt. Auf den Eigentumserwerb der Gesellschaft mbH an dem zu verwahrenden Geld und damit auf den Darlehenscharakter der unregelmäßigen Verwahrung wiesen die "Akontozahlungsbestätigungen" Beilage./B hin, wonach die "Rückzahlung" bei der nächsten Abrechnung erfolgen sollte. Im Gegensatz zur regelmäßigen Verwahrung (siehe §§ 958, 961 ABGB) könne der Darlehensnehmer willkürlich über die Darlehenssumme verfügen (§ 983 ABGB); ihn treffe lediglich die Verpflichtung, nach einer gewissen Zeit den Darlehensbetrag zurückzubezahlen. In diesem Zusammenhang verweise die Rechtsrüge zutreffend auf die oberstgerichtliche Entscheidung EvBl 1987/85, S.316. Danach lasse sich allein aus der allgemeinen Pflicht, einen Vertrag zu erfüllen oder aus dem Umstand, jemandem eine bestimmte Summe oder Sache zu schulden, noch keine den Erfordernissen des § 133 StGB genügende sachbezogene Fürsorgepflicht (Verpflichtung, bestimmte Vermögensinteressen des Berechtigten wahrzunehmen) ableiten, zumal § 133 StGB keineswegs die Aufgabe habe, Vertragswidrigkeiten als solche zu pönalisieren. Im Hinblick auf die erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen sei zugunsten des Berufungswerbers davon auszugehen, daß er als "gesetzlicher Vertreter" der Gesellschaft den Klagebetrag lediglich zugunsten der Gesellschaft verwendet habe. Demzufolge habe sich der Berufungswerber aber den Klagebetrag nicht selbst zugeeignet. Auch eine Haftung des Zweitbeklagten für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus dem Grunde der Unternehmensfortführung sei aus den im einzelnen angeführten Gründen zu verneinen.
Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt die klagende Partei Revision mit dem Abänderungsantrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Revisionswerberin bringt vor, die berufungsgerichtliche Annahme, der Zweitbeklagte habe ihre Einspielanteile zugunsten der Gesellschaft verwendet, widerspreche der erstgerichtlichen Feststellung, wonach er diese Beträge "und/oder" auch für sich bzw. die Erstbeklagte verwendet habe. Da das Geld, solange es sich in den Münzfächern befunden habe, Eigentum der Revisionswerberin gewesen sei, habe der Zweitbeklagte unbestrittenermaßen die Pflicht gehabt, dieses Eigentum der Revisionswerberin für sie zu verwahren und an sie herauszugeben. Die Entscheidung EvBl 1987/85 sei hier nicht anwendbar, weil der Zweitbeklagte das Eigentum der Revisionswerberin an sich genommen und zumindest teilweise für sich oder die Erstbeklagte verwendet habe, sodaß der Tatbestand des § 133 StGB verwirklicht sei. Im übrigen müsse die Haftung eines Geschäftsführers einer Gesellschaft mbH generell bejaht werden, wenn er bei derartigen Automatenaufstellungsverträgen das Einspielergebnis und somit das Eigentum des Aufstellers entnehme und widmungswidrig verwende.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig und auch gerechtfertigt.
Nach den erstgerichtlichen und insoweit unbekämpften Feststellungen hat der Zweitbeklagte anfangs des Jahres 1990 von den vertragsgemäß (vgl auch die schriftlichen Vertragsbedingungen) "zu teilenden" Nettoeinspielergebnissen den der klagenden Partei zustehenden Hälfteanteil jeweils vorübergehend auf ein Sparbuch eingezahlt und jeweils unmittelbar vor den Inkassoterminen behoben. Ab diesem Zeitpunkt vereinnahmte er auch diesen Teil und verwendete ihn zur Bestreitung der laufenden Ausgaben und "zur Begleichung von Schulden der A***** GmbH und/oder einer oder beider Beklagten". Der Klägerin wurde bei den Inkassoterminen mittels Schecks bezahlt, die in den Monaten Juni und Juli 1990 aber nicht gedeckt waren. Die Gesellschaft ist mit zumindest S 500.000,- überschuldet und hat kein verwertbares Vermögen; ein präsenter Deckungsfonds war nicht vorhanden.
Nach ständiger Rechtsprechung zum Delikt der Veruntreuung gemäß § 133 StGB ist ein Gut anvertraut, wenn die Verfügungsgewalt hierüber mit einer Rückzahlungs- oder Verwendungsverpflichtung jemanden in die ausschließliche Gewahrsame überlassen wurde; wird die Verfügungsgewalt auf Grund eines Rechtsgeschäftes oder eines vertragsähnlichen Rechtsverhältnisses mit der Verpflichtung erlangt, die Sache nur im Sinne des Gewaltgebers zu verwenden, zu verwahren, zurückzustellen usw., dann gehört sie wirtschaftlich nicht zum Vermögen des Übernehmers, sondern zum Vermögen des Übergebers (11 Os 12/89; Rdw 1990, 372; Leukauf-Steininger Kom z StGB3 Rz 3 zu § 133). Unter Zueignung im Sinne des § 133 StGB ist die Überführung des Gutes
in das eigene freie oder das Vermögen eines Dritten zu verstehen (Leukauf-Steininger aaO Rz 14 zu § 133). Einen ihm anvertrauten Geldbetrag eignet sich der Täter zu, indem er ihn ausgibt, ohne eine gleich hohe Summe in bar oder auf einem Konto oder auf einem Sparbuch bereitzuhalten oder hierüber binnen wenigen Tagen verfügen zu können (Bertel, WrKomm Rz 29, 43 zu § 133; Foregger-Serini StGB5 343, 345; Leukauf-Steininger aaO Rz 25 zu § 133).
Alle diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Fall zu. Die vom Zweitbeklagten vertretene Gesellschaft hatte gegenüber der Klägerin die vertragliche Pflicht, ihr den in der Gewahrsame der Gesellschaft befindlichen und ihr nur zur Verwahrung anvertrauten Hälfteanteil an den Nettoeinspielergebnissen auszufolgen; es handelte sich also wirtschaftlich um Geld der Klägerin. Als Geschäftsführer der Gesellschaft war ihm deren finanzielle Lage und das Fehlen eines präsenten Deckungsfonds bekannt. Daraus, daß er als organschaftlicher Vertreter und damit Repräsentant der Gesellschaft unter diesen Umständen das ihr anvertraute Geld dennoch für deren eigene Zwecke oder zugunsten Dritter verwendete, folgt, daß er es ihr oder sich oder Dritten zunächst mit Bereicherungsvorsatz zueignete. Wäre das von der Klägerin der Gesellschaft anvertraute Geld vertragsgemäß verwahrt worden, so wären diese Beträge der Gesellschaft zur Ausfolgung an die Klägerin zur Verfügung gestanden.
Im Sinne der zutreffenden Rechtsansicht des Erstgerichtes hat der Beklagte daher das Vergehen der Veruntreuung gemäß § 133 StGB zu verantworten, sodaß ihn die Haftung für die veruntreuten Beträge gegenüber der Klägerin trifft.
Demgemäß war der Revision Folge zu geben und das erstgerichtliche Urteil hinsichtlich des Zweitbeklagten wieder herzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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