Spruch:
Durch den angefochtenen Beschluß wurde Gottfried K***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
In der oben bezeichneten Strafsache wird Gottfried K***** seit dem 8. Jänner 1992 wegen des dringenden Verdachtes der Verbrechen nach den §§ 3 a Z 2 und 3 g VerbotsG aus dem Haftgrund des § 180 Abs. 7 StPO in Untersuchungshaft angehalten. Der Anklagevorwurf wurde im Grundrechtserkenntnis des Obersten Gerichtshofes vom 31.März 1993, GZ 13 Os 41-46/93-7, auf welches zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, im Detail wiedergegeben.
Rechtliche Beurteilung
In der Hauptverhandlung vor dem Geschworenengericht am 7.Juli 1993, die vertagt werden mußte, beantragte der Angeklagte seine Enthaftung mit der Begründung, daß auf Grund des bisherigen Beweisverfahrens der Tatverdacht so weit entkräftet worden sei, daß von dessen Dringlichkeit nicht mehr gesprochen werden könne.
Der Schwurgerichtshof wies diesen Enthaftungsantrag mit Beschluß vom 7. Juli 1993 (ON 137) ab und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft "aus den Haftgründen des § 180 Abs. 2 Z 1 und 3 lit. a und b StPO" an. Der dagegen erhobenen Beschwerde des Angeklagten gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 24.August 1993, AZ 21 Bs 266/93 (= ON 153), nicht Folge. Es bejahte den Fortbestand eines dringenden Tatverdachtes und sprach aus, daß die Haftgründe des § 180 Abs. 2 StPO (von denen nur mehr Fluchtgefahr und Tatbegehungsgefahr in Betracht kommen) nicht auszuschließen seien, somit nach wie vor der Haftgrund des § 180 Abs. 7 StPO vorliege.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten, in der er als Grundrechtsverletzung die Annahme eines weiterhin bestehenden dringenden Tatverdachts allein in Richtung des Verbrechens nach dem § 3 a Z 2 VerbotsG - als Grundlage des Haftgrundes gemäß § 180 Abs. 7 StPO - geltend macht. Die Annahme dieses Haftgrundes an sich wird ebensowenig in Beschwerde gezogen, wie die Dringlichkeit des Tatverdachtes nach dem § 3 g VerbotsG.
Im einzelnen führt der Beschwerdeführer aus, daß nach der Aussage der ORF-Journalistin Andrea T***** das Originaltonband über das Interview der Zeugin mit dem Angeklagten in der anklagegegenständlichen Sendung des ORF verstümmelt wiedergegeben worden sei, weshalb das Tonband (gemeint: über die gesendeten Äußerungen des Angeklagten) kein taugliches Beweismittel darstelle. Die Aussage der Zeugin T***** sei außerdem von negativen Emotionen getragen gewesen. Von vier vernommenen "Zeugen der Anklage" hätten zwei (teilweise aus Angst) die Aussage verweigert, die anderen beiden hätten die Anklage in keiner Weise bestätigt. Aus vorgeführten Fernsehfilmen hätte sich ergeben, daß der Angeklagte sich wahrheitsgemäß verantwortet habe, und daß eines der bei einer Sendung im deutschen Privatfernsehen gesendeten Bänder schwer verfälscht worden sei. Im Hinblick auf diese Beweisergebnisse und die Erklärung des Angeklagten, sich von der Entwicklung des Nationalsozialismus ab dem Jahre 1934 zu distanzieren, sei der Anklage wegen des Verbrechens nach dem § 3 a Z 2 VerbotsG der Boden entzogen.
Zur Prüfung des Fortbestandes des für den Zeitpunkt der Versetzung in den Anklagestand zu bejahenden dringenden Tatverdachtes als Voraussetzung der weiteren Anhaltung in Untersuchungshaft ist im Stadium der Hauptverhandlung in erster Linie das erkennende Gericht berufen, das kompetenzmäßig erstmals in der Lage ist, hiebei die ihm unmittelbar mündlich vorgetragenen Beweise frei zu würdigen, wobei freilich im geschworenengerichtlichen Verfahren zu beachten ist, daß gerade über die Tatfrage allein die Laienrichter zu befinden haben. Einer nur auf Grund der Aktenlage entscheidenden Beschwerdeinstanz hingegen sind bei der Beurteilung, ob nach den in der Hauptverhandlung bereits aufgenommenen Beweisen die Annahme eines qualifizierten Tatverdachtes noch zu rechtfertigen ist, systemgemäß enge Grenzen gezogen, was im besonderen für den Obersten Gerichtshof im Grundrechtsbeschwerdeverfahren gilt, der mit Rücksicht auf das aus seiner Position als höchste Instanz in Strafsachen resultierende Gewicht seiner Aussagen jeglichen Anschein einer vorwegnehmenden Würdigung der die Verdachtsintensität tragenden Sachverhaltsprämissen zu vermeiden hat (vgl. 14 Os 63/93, 12 Os 19,20/93).
Im vorliegenden Fall läßt schon das - weitgehend unsubstantiierte - Beschwerdevorbringen in Verbindung mit der vom Beschwerdeführer gar nicht kritisierten Skizzierung des Inhalts der hier relevierten Zeugenaussagen durch das Oberlandesgericht Wien erkennen, daß die Beschwerdebehauptung einer Entkräftung des dringenden Tatverdachtes auf einer subjektiven Einschätzung aus der Position des Angeklagten beruht, und daß eine andere Beurteilung der bisherigen Verfahrensergebnisse durch die Geschworenen keineswegs ausgeschlossen oder auch nur in einem solchen Maße in Frage gestellt wäre, daß von einem Wegfall der Dringlichkeit des Tatverdachtes in Richtung des für die Haftfrage maßgebenden Verbrechens nach dem § 3 a Z 2 VerbotsG die Rede sein könnte.
Mangels unrichtiger Beurteilung der Haftvoraussetzungen durch den Gerichtshof II.Instanz wurde Gottfried K***** daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Beschwerde abzuweisen war.
Ein Kostenausspruch hatte demgemäß zu entfallen (§ 8 GRBG).
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