OGH 10ObS182/93

OGH10ObS182/9321.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ilona Gälzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Franz Riepl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Günter P*****, Gießer, *****, vertreten durch Dr. Fritz Wintersberger, Rechtsanwalt in Mödling, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Juni 1993, GZ 33 Rs 47/93-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 19. November 1992, GZ 3 Cgs 178/92-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der beklagten Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 15.7.1992 wurde die Erkrankung, die sich der Kläger als Gießer zugezogen hatte, als Berufskrankheit gemäß § 177 ASVG, Anlage 1, Nr. 33, anerkannt. Als Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles wurde der 1.9.1989 angenommen. Die Gewährung einer Rente wurde hingegen mit der Begründung abgelehnt, daß die vorliegende Schwerhörigkeit nur zum Teil auf die berufliche Lärmeinwirkung zurückzuführen sei; die Lärmschädigung bedinge keine Minderung der Erwerbsfähigkeit im entschädigungspflichtigen Ausmaß.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene, auf Gewährung einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß der 1940 geborene Kläger, der eine geraume Zeit an sogenannten Lärmarbeitsplätzen tätig gewesen sei, am rechten Ohr an einer hochgradigen Schwerhörigkeit leide, wobei es sich um eine kombinierte Hörstörung handle. Im Vordergrund stehe dabei die Störung von Seiten des Innenohrs, wobei der Hörverlust im höheren Frequenzbereich lärmbedingt, der restliche Hörverlust jedoch endogener Ursache sei. Die lärmbedingte Schwerhörigkeit bewirke eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers von weniger als 10 v.H. Rechtliche folgerte das Erstgericht daraus, daß dem Kläger aufgrund seiner Berufserkrankung Lärmschwerhörigkeit eine Versehrtenrente nicht gebühre, weil der berufsbedingte Anteil der Schwerhörigkeit das entschädigungspflichtige Ausmaß von 20 v.H. nicht erreiche.

Das Berufungsgericht verwarf zunächst die wegen Nichtigkeit erhobene Berufung des Klägers mit Beschluß und gab im übrigen seiner Berufung nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen der gerügten Nichtigkeit, die der Kläger darin erblickte, daß der gerichtliche Sachverständige für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten befangen gewesen sei. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und hielt der Rechtsrüge des Klägers entgegen, daß selbst die Gesamtminderung seiner Erwerbsfähigkeit lediglich 15 v.H. betrage und damit das in § 203 ASVG erforderliche Ausmaß von 20 v.H. nicht erreiche.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Nichtigkeit des Verfahrens ist nicht gegeben. Der Kläger wiederholt hier seinen bereits in der Berufung dargelegten Standpunkt, daß der gerichtliche Sachverständige nicht als unbefangen anzusehen sei und zwei widersprüchliche Gutachten erstattet habe. Inhaltlich erkennbar (§ 84 Abs 2 Satz 2 ZPO) bekämpft er damit den Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem es die Nichtigkeitsberufung verwarf. Dabei läßt er aber die im Einklang mit der herrschenden Lehre stehende Rechtsprechung außer acht, wonach die Verwerfung einer Nichtigkeitsberufung unanfechtbar ist (Judikaturnachweise in Stohanzl JN und ZPO14 E 4 zu § 503 ZPO; Fasching ZPR2 Rz 1905 und 1979). Dies gilt auch in Sozialrechtssachen (Kuderna ASGG 244; SSV-NF 1/36; 10 Ob S 71/91).

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt muß auch die Rechtsrüge versagen. Die Frage, inwieweit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten aus medizinischer Sicht, also allein aufgrund der durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit bedingten Leiden, gemindert ist, gehört zum Tatsachenbereich (SSV-NF 6/130 u.a.). Insoweit der Revisionswerber ausführt, die Tatsacheninstanzen hätten feststellen müssen, daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit bedingt durch die Taubheit eines Ohres und durch die verminderte Hörfähigkeit auf der anderen Seite jedenfalls ein Ausmaß von mehr als 20 v.H. erreiche, bekämpft er in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung und geht außerdem in seiner Rechtsrüge nicht von den für das Revisionsgericht bindenden Tatsachenfeststellungen aus. Ein Härtefall, der die Annahme eines höheren Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigen könnte (vgl. SSV-NF 6/44 mwN) ist nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht gegeben und wird auch nicht dargetan. Es besteht daher keine Veranlassung, von der medizinischen Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit abzuweichen.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenersatz an den unterlegenen Kläger aus Billigkeit wurden nicht dargetan und sind auch nach der Aktenlage nicht ersichtlich.

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