OGH 2Ob54/93

OGH2Ob54/9316.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf, Dr.Schinko und Dr.Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****Versicherungs-AG,***** vertreten durch Dr.A.Ruschitzger und Dr.W.Muchitsch, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei E***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr.Willibald und Dr.Manfred Rath, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 115.920 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 30.Juni 1993, GZ 1 R 137/93-28, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 28.April 1993, GZ 21 Cg 37/92-25, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit dem dem Klagevertreter am 5.1.1993 zugestellten Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 19.12.1992, 21 Cg 37/92-19, wurde der Klägerin ein Betrag von S 6.000 zuerkannt, das Mehrbegehren auf Zahlung von S 109.920 sA jedoch abgewiesen. Die einen Tag nach Ablauf der Berufungsfrist am 4.2.1993 von der klagenden Partei gegen den klagsabweisenden Teil dieses Urteils erhobene Berufung wurde mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 16.3.1993 wegen Verspätung zurückgewiesen. Dieser Beschluß wurde dem Klagevertreter am 13.4.1993 zugestellt und ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit dem am 22.4.1993 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz beantragte die Klägerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist mit der Begründung, die unrichtige Eintragung der Berufungsfrist sei durch die ansonsten sehr verläßliche und sorgfältige Kanzleileiterin des Klagevertreters erfolgt.

Das Erstgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag ohne Durchführung eines Bescheinigungsverfahrens ab und führte aus, der Antrag hätte gemeinsam mit der Berufung eingebracht werden müssen, da es dem Klagevertreter im Zuge der Bearbeitung der Berufung hätte auffallen müssen, daß die Berufungsfrist bereits abgelaufen war; bei Beobachtung der erforderlichen Sorgfalt sei es durchaus zutreffend zumutbar gewesen, die Einhaltung der prozessualen Fristen nochmals zu überprüfen. Es liege demnach ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 146 Abs. 2 ZPO nicht vor.

Der Wiedereinsetzungsantrag sei aber auch als verspätet zurückzuweisen, weil der Klagevertreter spätestens bei der verspäteten Einbringung der Berufung die Säumnis bemerken hätte müssen und innerhalb von vierzehn Tagen den Wiedereinsetzungsantrag zu stellen gehabt hätte.

Das vom Kläger angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs. 2 Z 2 ZPO unzulässig sei. Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, daß das Versäumen der Berufungsfrist an sich auf kein derart grobes Verschulden zurückzuführen sei, das die Wiedereinsetzung ausschließe. Zutreffend sei aber die Ansicht des Erstgerichtes, daß der Wiedereinsetzungsantrag verspätet gestellt worden sei. Die vierzehntägige Frist des § 148 Abs. 2 ZPO beginne mit dem Wegfall des Hindernisses zu laufen, demnach sobald die Partei die versäumte Prozeßhandlung theoretisch nachholen konnte. Es komme nicht darauf an, daß der Vertreter der Klägerin erst durch den Zurückweisungsbeschluß von der Säumnis erfuhr, sondern beginne die Frist insbesondere dann schon früher zu laufen, wenn die Aufklärung wegen eines nicht bloß minderen Grades des Versehens unterblieben sei. Es hätte daher dem Klagevertreter - an diesen sei ein besonderer Sorgfaltsmaßstab anzulegen - spätestens bei Verfassung der Berufung auffallen müssen, daß die eingetragene Frist unrichtig berechnet war. Es wäre seine Sache gewesen, für die noch rechtzeitige Postaufgabe Sorge zu tragen oder binnen vierzehn Tagen einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei, in dem geltend gemacht wird, daß durch den Beschluß des Rekursgerichtes der angefochtene erstrichterliche Beschluß nicht zur Gänze bestätigt worden sei (§ 528 Abs. 2 Z 2 ZPO), und daß eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs. 1 ZPO vorliege. Eine bestätigende Entscheidung liege nämlich deshalb nicht vor, weil das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen habe, demgegenüber sei aber der Entscheidung des Rekursgerichtes zu entnehmen, daß der Antrag als verspätet zurückgewiesen werden hätte müssen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Rechtliche Beurteilung

Es trifft zwar zu, daß dann, wenn die erste Instanz den Wiedereinsetzungsantrag als verspätet zurückweist und durch die zweite Instanz aus sachlichen Gründen eine Abweisung erfolgt, difforme Entscheidungen vorliegen und der Revisionsrekurs nicht jedenfalls unzulässig ist (EvBl 1971/182; 8 Ob 613/91; 6 Ob 1525/92 ua). Gleiches gilt auch dann, wenn die erste Instanz den Wiedereinsetzungsantrag aus sachlichen Gründen ab-, das Rekursgericht ihn aber wegen Verspätung zurückweist. Unbeachtlich ist dabei die verwendete Entscheidungsform, also ob der Antrag ab-, oder zurückgewiesen wurde (8 Ob 574/91). Im vorliegenden Fall hat aber bereits das Erstgericht seine Entscheidung (unter anderem) darauf gegründet, daß der Wiedereinsetzungsantrag verspätet sei; diese Rechtsansicht wurde vom Rekursgericht bestätigt. Dieser tragende Entscheidungsgrund der vorinstanzlichen Beschlüsse für die übereinstimmende Weigerung, dem Wiedereinsetzungsantrag der klagenden Partei stattzugeben, ist jedenfalls identisch, sodaß ein bestätigender Beschluß des Rekursgerichtes vorliegt (vgl 8 Ob 13/91), gegen den ein weiteres Rechtsmittel jedenfalls unzulässig ist.

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