European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0150OS00118.9300000.0916.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus L* (zu A/1.) des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 2 StGB und (zu B/) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er
A/ am 29.Jänner 1993 in Linz
1. fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert der Isabell E* mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, und zwar
a) im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit (dem rechtskräftig mitverurteilten) Zvezdan D* acht Golddukaten im Gesamtwert von ca 4.800 S durch Aufbrechen einer versperrten Metallsparkasse;
b) und c) allein neun Uhren im Gesamtwert von zumindest 1.800 S und zwei Halsketten im Gesamtwert von ca 3.500 S sowie eine Holzschachtel im Wert von ca 600 S;
B/ am 23.Oktober 1993 in Leonding Stefan L* durch zumindest einen Fußtritt in das Gesicht, der Rötungen im Bereich der Nase und der linken Wange sowie Nasenbluten nach sich zog, am Körper verletzt.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer formell auf § 281 Abs 1 Z 5, 10 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch überdies mit Berufung; die Staatsanwaltschaft hat gegen den Strafausspruch ebenfalls Berufung erhoben, sie bekämpft ferner den zugleich mit dem Urteil gefaßten Beschluß, mit dem ihr Antrag auf Widerruf der dem Angeklagten zum AZ 35 Vr 2349/90 des Landesgerichtes Linz gewährten bedingten Strafnachsicht und seiner bedingten Entlassung aus der Freiheitsstrafe zu AZ 40 BE 96/91 des Landesgerichtes Linz abgewiesen wurde.
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Die in der Mängelrüge (Z 5) behauptete Mangelhaftigkeit der lediglich die Strafzumessung betreffenden Annahme des Erstgerichtes, der Beschwerdeführer sei der Hooliganszene zuzuordnen, hat weder auf die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Strafgesetz noch auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß, richtet sich somit nicht gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen in der Bedeutung des geltendgemachten Nichtigkeitsgrundes, sondern gegen die Feststellung einer Strafzumessungstatsache, worüber bei Erledigung der Berufung abzusprechen ist.
Auch die Subsumtionsrüge, mit der sich der Angeklagte gegen die Qualifikationsannahme des § 129 Z 2 StGB wendet, versagt. Nach den den Schuldspruch zu A/1.a tragenden wesentlichen Feststellungen (S 251 f, 258 f) brachen der Angeklagte und sein Komplize die in Rede stehende Metallsparkasse noch am Tatort (in der Wohnung der Isabell E*) unter Benützung einer Schere und einer Zange auf, entnahmen ihr mit Bereicherungsvorsatz acht einfache Golddukaten und teilten die Diebsbeute sofort an Ort und Stelle. Im Anschluß daran warf der Beschwerdeführer die Metallsparkasse im Badezimmer hinter die Waschmaschine.
Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung liegt die bezeichnete Diebstahlsqualifikation vor, wenn der Täter einen Diebstahl begeht, indem er ein Behältnis aufbricht oder mit einem der im § 129 Z 1 genannten Mitteln öffnet. Der für den Diebstahl deliktsspezifische Gewahrsamsbruch muß demnach bei Annahme dieser Qualifikation durch das Aufbrechen bzw Öffnen des Behältnisses am Tatort erfolgen. Nur wenn der Gewahrsamsbruch vor Aufbrechen bzw Öffnen des Behältnisses bereits vollzogen und somit der Diebstahl schon vollendet ist, etwa wenn der Täter ein entsprechend dimensioniertes Behältnis am Tatort einsteckt und es erst fernab von diesem oder auch ‑ nachdem er es eingesteckt hat ‑ noch am Tatort aufbricht, kommt die Qualifikation des § 129 Z 2 StGB nicht in Betracht (vgl SSt 52/1; ÖJZ‑LSK 1984/24, 16 Os 32/90, 11 Os 114/90; Leukauf‑Steininger Komm3 RN 27 und Kienapfel, BT II2, Rz 27 und 71 f ‑ jeweils zu § 129 StGB). Es kommt sohin ausschließlich auf das tatsächliche Verhalten des Täters an. Allein der Umstand, daß dem Beschwerdeführer an sich auch die Möglichkeit offenstand, die Sparkasse einzustecken, um sie erst später vom Tatort entfernt aufzubrechen, steht ‑ dem Beschwerdestandpunkt zuwider ‑ der Annahme der bezeichneten Diebstahlsqualifikation nicht entgegen; entscheidend für deren (rechtsrichtige) Anwendung ist vielmehr der unbestritten gebliebene Umstand, daß dieses Behältnis an Ort und Stelle aufgebrochen wurde. Somit bedurfte es auch der vom Beschwerdeführer vermißten Feststellung über das nähere Ausmaß dieses Behältnisses nicht.
Die Sanktionsrüge (Z 11) entzieht sich mangels Ausführung einer sachlichen Erörterung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte nach § 129 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von einem Jahr.
Dabei wertete es die einschlägigen, die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 StGB begründenden Vorstrafen, "das Zusammentreffen des Verbrechens des Einbruchsdiebstahls und des Vergehens des Diebstahls mit dem Vergehen der Körperverletzung" (gemeint: den zweifachen diebischen Angriff und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen) sowie die Begehung der Straftaten während eines weiteren anhängigen Strafverfahrens als erschwerend, als mildernd hingegen das Teilgeständnis, das Alter unter einundzwanzig Jahren und die teilweise objektive Schadensgutmachung.
Während der Angeklagte seinen Antrag auf Herabsetzung der Strafe im wesentlichen auf die "qualitative Nähe" des Einbruchsdiebstahls zum einfachen Diebstahl sowie darauf stützt, daß die ihm angelastete Körperverletzung nicht unter dem Aspekt eines besonders brutalen Vorgehens zu sehen sei, strebt die Staatsanwaltschaft ‑ unsubstantiiert ‑ eine Erhöhung der Freiheitsstrafe an.
Keiner der Berufungen kommt Berechtigung zu:
Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs trägt die im unteren Bereich der aktuellen gesetzlichen Strafdrohung auf der Basis der vom Erstgericht richtig und vollständig erfaßten Strafzumessungsgründe ‑ die (entgegen dem Vorbringen des Angeklagten) nicht auf einen Zusammenhang mit der Hooliganszene abstellen ‑ ausgemessene Freiheitsstrafe den konkreten Straferfordernissen in angemessener Weise Rechnung. Es bestand daher weder zu einer Reduzierung noch zu einer Erhöhung der Strafe Anlaß.
Da das Landesgericht Linz in der Strafsache gegen Markus L* und andere, AZ 35 Vr 2413/91, mit Beschluß vom 6.November 1992 einem identen Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft Folge gab, steht das sich aus § 494 a Abs. 4 StPO ergebende Verbot, nach einer dort bezeichneten (wenn auch noch nicht rechtskräftigen) Beschlußfassung über den Widerruf einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung außerhalb eines diesen Beschluß betreffenden Verfahrens in der Sache nochmals zu entscheiden, der angestrebten Beschlußfassung entgegen.
Somit war auch der Beschwerde der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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