Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus Anlaß dieser Beschwerde wird von Amts wegen gemäß dem § 290 Abs 1 StPO das im übrigen unberührt bleibende Urteil im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der dem Angeklagten zu den Punkten A 1 und 2 zur Last liegenden Tathandlungen als Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 "Abs " (richtig: Z) 2 StGB und als Vergehen des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB sowie demzufolge im Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Nikolaus L*** hat durch die in den Punkten A 1 und 2 des Urteilsspruches bezeichneten Tathandlungen das Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 2 StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm nach dem unberührt bleibenden Teil des Schuldspruchs zur Last fallende Vergehen des Betruges nach dem § 146 StGB gemäß dem § 129 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 (sieben) Monaten verurteilt.
Die Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft (mit der Maßgabe, daß es statt 29.Juni 1990 richtig 28.Juni 1990 zu lauten hat) sowie die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens werden aus dem erstgerichtlichen Urteil übernommen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Nikolaus L*** (zu A 1) des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 "Abs 2" (gemeint: Z 2) StGB, (zu A 2) des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB und (zu B) des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruchs liegt ihm zur Last, in Wien zu A 1: (zu ergänzen: am 18.Juni 1990) fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, zum Nachteil der Verlage "K***" und "K***" mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht zu haben, sich durch die Zueignung des Geldes unrechtmäßig zu bereichern, indem (er) an zwei Zeitungsverkaufsständern in Wien 3, Hohlweggasse 35, die Geldkassen aufzubrechen versuchte;
zu A 2: am 30.Oktober 1989 fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Selchroller im Werte von 102,70 S und Gabelbissen im Wert von 16,90 S, Verfügungsberechtigten des K*** mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern;
zu B: am 18.Juni 1989 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den Taxifahrer Johann M*** durch sein Auftreten als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde, somit durch Täuschung über Tatsachen, zu einer Handlung, nämlich Beförderung im Taxi, verleitet zu haben, welche M*** an seinem Vermögen um einen Betrag von 110 S schädigte.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch lediglich im Diebstahlsfaktum A 1 mit einer auf Nichtigkeitsgründe nach Z 5, 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. In der Mängelrüge (Z 5) wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht eine Undeutlichkeit der Entscheidungsgründe vor, weil nicht klargestellt sei, ob das dem Diebstahlsvorhaben dienende Aufbrechen der Geldbehälter ohne gewaltsame Loslösung von den Zeitungsverkaufsständern vorgenommen werden sollte oder ob zunächst ein Abbrechen (von den Ständern) beabsichtigt war.
Dieser Einwand bezieht sich aber auf eine für die Sachverhaltsbeurteilung belanglose Modalität des Tatplans, welcher entgegen dem insoweit nicht näher dargelegten Beschwerdeeinwand keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommen kann. Die Urteilsfeststellungen über die mehrere Minuten dauernden und mit Lärmentwicklung verbundenen Anstrengungen des Angeklagten, die Geldbehälter aufzudrücken oder aufzuschlagen (S 88 f), lassen keinen Zweifel daran, daß er die Zeitungskassen an Ort und Stelle gewaltsam öffnen und das darin enthaltene Geld stehlen wollte. Demnach strebte der Täter nicht die Wegnahme der ganzen Behältnisse an, um in der Folge durch Aufbrechen fernab vom Tatort an den dann schon in seiner alleinigen Herrschaft befindlichen Inhalt heranzukommen - wodurch die Einbruchsqualifikation nach § 129 Z 2 StGB nicht hergestellt wäre (Leukauf-Steininger StGB2 RN 27 zu § 129; Kienapfel BT II2 RN 71 zu § 129) -, sondern die Wegnahme von Geld nach sofortiger gewaltsamer Öffnung der Geldbehälter. Diese Vorgangsweise entspricht dem Einbruchsbegriff, ohne daß es dabei darauf ankommt, ob die betroffenen Zeitungskassen auch noch vom Zeitungsständer abgebrochen werden sollten oder nicht. Maßgebend ist hier lediglich die gewollte Wegnahme des Geldes am Tatort nach Aufbrechen der Behältnisse, sodaß der eingewendete formale Begründungsmangel nicht vorliegt.
Auch die Rechtsrügen versagen:
Die beanspruchte Straflosigkeit zufolge absoluter Untauglichkeit der Versuchshandlung hat im Sinn des § 15 Abs 3 StGB zur Voraussetzung, daß die Diebstahlsverwirklichung nach der Art der vom Täter unternommenen Handlungen unter keinen Umständen möglich gewesen wäre. Aus der bei dieser Beurteilung gebotenen generalisierenden Sicht könnte das festgestellte Tatverhalten aber auch dann nicht als absolut untauglicher Diebstahlsversuch gewertet werden, wenn die für den Angeklagten unerwartete Widerstandsfähigkeit der Geldkassen wirklich nur mit Werkzeugen überwindbar sein sollte. Diese Materialbeschaffenheit müßte als Besonderheit des Einzelfalles außer Betracht bleiben, weil im allgemeinen ein Gelingen nachhaltiger Bemühungen, kleine Geldbehälter durch Einsatz von Körperkraft und Aufschlagen auf den (harten) Boden gewaltsam zu öffnen und das Geld zu entnehmen, keineswegs unter allen Umständen auszuschließen ist. Von absoluter Untauglichkeit der unternommenen Versuchshandlungen kann daher nicht die Rede sein.
Beim weiteren Vorbringen, daß der Angeklagte die Geldbehälter zur späteren Öffnung abmontieren und wegnehmen - also in seinen Gewahrsam bringen - wollte, handelt es sich um eine auf unzulässiger Umdeutung der Entscheidungsbegründung beruhende und in Wahrheit urteilsfremde Prämisse, weshalb die daran geknüpfte Argumentation nicht als prozeßordnungsmäßiger Vergleich des Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Strafgesetz anzusehen ist. Das auf diese Weise entwickelte Begehren nach einer Tatsubsumtion als unqualifizierter (versuchter) Diebstahl oder als - mangels Ermächtigung - nicht verfolgbare (versuchte) Entwendung bildet wegen der Abweichung von den Urteilstatsachen keine gesetzmäßige Ausführung der angezogenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründe. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - wie auch von der Generalprokuratur zutreffend aufgezeigt wird - zu verwerfen. Aus Anlaß des Rechtsmittels wurde wahrgenommen, daß das Erstgericht das Strafgesetz unrichtig anwendete, weil es unter Nichtbeachtung des § 29 StGB dem Angeklagten neben dem Verbrechen des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127, 129 Z 2 StGB (A 1 des Urteilsspruches) auch gesondert das Vergehen des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB (A 2 des Urteilsspruches) anlastete. Nach dem im § 29 StGB normierten Zusammenrechnungsprinzip ist bei allen Delikten, bei denen die Höhe der Strafdrohung vom ziffernmäßig bestimmten Wert einer Sache, gegen die sich die Handlung richtet, oder von der ziffernmäßig bestimmten Höhe des Schadens abhängt, den sie verursacht oder auf den sich der Vorsatz des Täters erstreckt, wenn ein Täter mehrere Taten derselben Art begeht, die Summe der Werte oder Schadensbeträge maßgebend. Der Täter verantwortet daher - beim Diebstahl unter Zusammenrechnung der Werte der weggenommenen Sachen und/oder jener, die er wegzunehmen versuchte - nur ein Delikt. Vorliegend fällt dem Angeklagten demnach zu A 1 und 2 des Urteilssatzes insgesamt (nur) das Verbrechen des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127, 129 Z 2 StGB zur Last (wie dies im übrigen der Staatanwalt anläßlich seiner Anklageausdehnung - S 83 - zutreffend formulierte). Wegen der vom Erstgericht rechtsirrig vorgenommenen Einordnung des Tatgeschehens unter zwei Tatbestände haftet dem Ersturteil Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 10 StPO an. Dies hat zur Folge, daß der Angeklagte benachteiligt wurde und die Nichtigkeit deshalb von Amts wegen aufzugreifen ist (SSt. 46/81 = EvBl 1976/132, SSt. 48/8, EvBl 1977/119 ua; aM EvBl 1981/108 ua). Da das Erstgericht bei der Strafzumessung außerdem das Zusammentreffen "von Verbrechen mit Vergehen", somit neben einer - an sich bereits unzutreffenden - Annahme einer Mehrzahl von Verbrechen auch eine Mehrzahl von Vergehen, als erschwerend wertete, gereicht dem Angeklagten die aufgezeigte Nichtigkeit auch aus einer weiteren Überlegung zum Nachteil: Denn seit Inkrafttreten des StRÄG 1987 läge in der Heranziehung des gesonderten Schuldspruches wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls als Erschwerungsgrund eine offenbar unrichtige Beurteilung einer entscheidungswesentlichen Strafzumessungstatsache im Sinn des § 281 Abs 1 Z 11, zweiter Fall, StPO vor, was ebenfalls eine Maßnahme gemäß dem § 290 Abs 1 StPO erfordert (so auch jüngst 11 Os 107/90).
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war daher von Amts wegen gemäß dem § 290 Abs 1 StPO das im übrigen unberührt bleibende Urteil im Ausspruch über die rechtliche Unterstellung der dem Angeklagten zu den Punkten A 1 und 2 des erstgerichtlichen Urteilssatzes zur Last liegenden Tathandlungen als Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 2 StGB und als Vergehen des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB sowie demzufolge im Strafausspruch aufzuheben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst unter gleichzeitiger Strafneubemessung zu erkennen. Dabei wertete der Oberste Gerichtshof die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art sowie die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorverurteilungen als erschwerend, den Umstand, daß die beiden diebischen Angriffe beim Versuch blieben, ein Teilgeständnis sowie den Umstand, daß sämtliche deliktischen Angriffe jeweils nur auf geringe Schadensbeträge gerichtet waren, als mildernd.
Von Unbesonnenheit oder verlockender Gelegenheit kann allerdings entgegen der in der Berufung des Angeklagten vertretenen Auffassung keine Rede sein. Eine Enthemmung durch Alkoholkonsum, die der Berufungswerber gleichfalls für sich reklamiert, ist den Umständen nach vorwerfbar (§ 35 StGB), denn die Vorstrafakten zeigen, daß der Angeklagte bereits wiederholt in alkoholisiertem Zustand delinquierte.
Bei den gegebenen Strafzumessungsgründen ist unter Berücksichtigung des relativ geringen objektiven Unwertes der Verfehlungen die im Spruch bezeichnete Freiheitsstrafe tat- und schuldangemessen.
Eine bedingte Strafnachsicht kam bei dem durch vielfache einschlägige Vorstrafen gekennzeichneten Vorleben des Angeklagten nicht in Betracht.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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