Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der betreibenden Partei wurde gegen die verpflichtete Partei aufgrund eines Anerkenntnisurteils die Exekution zur Erwirkung der Unterlassung bewilligt, entgeltliche Einschaltungen in einer näher bezeichneten periodischen Druckschrift zu veröffentlichen, wenn diese nicht als Anzeige, entgeltliche Einschaltung oder Werbung gekennzeichnet sind, es sei denn, daß Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können.
Die betreibende Partei beantragte in 16 gesondert eingebrachten Strafanträgen, über die verpflichtete Partei jeweils eine Geldstrafe von 80.000 S zu verhängen. Sie brachte hiezu vor, daß die verpflichtete Partei weiterhin dem Exekutionstitel zuwiderhandle, wobei die einzelnen im Jahr 1992 verfaßten und beim Erstgericht eingelangten Anträge ein Zuwiderhandeln an folgenden Tagen dieses Jahres zum Gegenstand hatten:
ON verfaßt/eingelangt Zuwiderhandeln am
70 4./7.9. 3.9.
71 7./8.9. 4.9.
72 8./9.9. 5.9.
73 9./10.9. 6.9.
74 10./10.9. 7.9.
75 11./14.9. 8.9.
76 11./14.9. 9.9.
77 14./15.9. 10.9.
78 15./16.9. 11.9.
79 16./17.9. 12.9.
80 17./18.9 13.9.
81 18./21.9. 14.9.
82 18./21.9. 16.9.
83 21./22.9. 15.9
84 21./22.9. 17.9.
85 22./23.9. 18.9.
Das Erstgericht bewilligte alle Anträge jeweils in Form eines Bewilligungsvermerkes gemäß § 112 Abs 1 Geo.
Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses der verpflichteten Partei die Beschlüsse des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Strafanträge ON 72, 73, 75, 76, 78 bis 80 und 82 bis 84 abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils 50.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der betreibende Gläubiger müsse in einem Strafantrag alle Zuwiderhandlungen seit dem letzten Strafantrag geltend machen, die objektiv geltend gemacht werden können. Dabei komme es auf den Tag der Verfassung der Anträge an, weil dem betreibenden Gläubiger der Tag des Einlangens bei Gericht regelmäßig nicht bekannt sei und der Verpflichtete bei Verzögerungen im Postlauf in der Zeit, die zwischen der Verfassung eines neuen Antrags und dem Einlangen eines früheren Antrags verstreiche, dem Exekutionstitel straflos zuwiderhandeln könnte. Werde eine Strafe wegen eines Zuwiderhandelns beantragt, das in einem Zeitraum geschehen sei, für den bereits eine Strafe verhängt wurde, sei der Antrag abzuweisen. Dies treffe auf die angeführten Strafanträge zu.
Rechtliche Beurteilung
Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Es ist seit der UWGNov 1980 einheitliche Rechtsprechung, daß bei der Exekution zur Erwirkung von Unterlassungen die Vollzugsstufen durch die Einbringung des Strafantrags abgegrenzt werden, wobei der betreibende Gläubiger alle Zuwiderhandlungen seit dem letzten Strafantrag geltend machen muß, die objektiv geltend gemacht werden können (RPflSlgE 1986/54; ÖBl 1983, 171; EvBl 1982/19 = ÖBl 1982, 163). Die betreibende Partei wendet sich im Revisionsrekurs gegen die Auffassung, daß im Strafantrag alle Zuwiderhandlungen geltend gemacht werden müßten; die Ausführungen im Revisionsrekurs bieten jedoch keinen Anlaß, von der angeführten Rechtsprechung abzugehen. Sie wird entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung durch die WGN 1989, mit der § 359 Abs 1 EO die geltende Fassung erhielt, nicht nur nicht in Frage gestellt, sondern sogar gestützt. Nach der früher maßgebenden, durch die UWGNov 1980 geschaffenen Fassung dieser Bestimmung war nämlich nur je Strafverfügung eine Geldstrafe zu verhängen. Dies hätte aber noch die Ansicht offengelassen, daß der betreibende Gläubiger, der schon einen Strafantrag eingebracht hat, bis zur Erlassung der hierüber ergehenden Strafverfügung noch Zuwiderhandlungen geltend machen kann, die schon mit dem früheren Strafantrag geltend gemacht werden hätten können. Da nunmehr aber gemäß § 359 Abs 1 EO idF der WGN 1989 je Antrag eine Geldstrafe zu verhängen ist, muß vom betreibenden Gläubiger umso mehr verlangt werden, daß er im Strafantrag alle Umstände anführt, die für die Ausmessung der Strafe von Bedeutung sind; dazu gehören aber in erster Linie alle Zuwiderhandlungen (vgl § 355 Abs 1 letzter Satz EO). Das Argument, diese Ansicht führe dazu, daß bei dauerndem Zuwiderhandeln Verstöße sanktionslos bleiben würden, weil an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen keine Strafanträge eingebracht werden könnten, überzeugt schon deshalb nicht, weil es dem betreibenden Gläubiger, der der Durchsetzung seines Anspruchs eine besondere Bedeutung beimißt, oder seinem Vertreter möglich ist und auch zugemutet werden kann, durch geeignete Maßnahmen - etwa durch die Bezahlung von Überstunden - dafür Sorge zu tragen, daß Strafanträge an den angeführten Tagen eingebracht werden können.
Die betreibende Partei will offensichtlich erreichen, daß über die verpflichtete Partei wegen jeder Zuwiderhandlung eine Geldstrafe verhängt wird.
Für ihren Standpunkt ist aber auch nichts daraus zu gewinnen, daß gemäß § 355 Abs 1 Satz 2 EO wegen eines jeden weiteren Zuwiderhandelns eine weitere Geldstrafe oder eine Haft zu verhängen ist. Diese Bestimmung wird nämlich durch § 359 Abs 1 EO ergänzt, wonach bei Geldstrafen die Einbringung des Antrags entscheidend ist. Sie erfordert außerdem nicht zwingend jeweils die Verhängung einer gesonderten Strafe und läßt daher die Möglichkeit offen, daß ein mehrfaches Zuwiderhandeln bei der Ausmessung der Strafe berücksichtigt wird. Die betreibende Partei weist im Revisionsrekurs übrigens selbst auf den Bericht des Justizausschusses zur WGN 1989 hin, aus dem hervorgeht, daß der Gesetzgeber zur Vermeidung der sonst zu befürchtenden Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Begrenzung des Strafbetrags bewußt nicht auf jede einzelne Zuwiderhandlung, sondern auf den Antrag des betreibenden Gläubigers abstellte (991 BlgNR 17.GP 13). Auch die Gesetzesmaterialien sprechen somit dafür, daß in einem Strafantrag der gesamte Zeitraum zwischen einem früheren Strafantrag oder dem Exekutionsantrag berücksichtigt werden muß. Könnte der betreibende Gläubiger für diesen Zeitraum weitere Strafanträge stellen, so könnte es nämlich gerade dadurch zu den Abgrenzungsschwierigkeiten kommen, die der Gesetzgeber vermeiden wollte, weil entschieden werden müßte, ob die in den einzelnen Strafanträgen angeführten Verhaltensweisen als eine einheitliche Zuwiderhandlung oder als mehrere getrennte Zuwiderhandlungen aufzufassen sind.
Soweit dies überblickt werden kann, wurde bisher in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht zur Frage Stellung genommen, wann ein Strafantrag als "eingebracht" gilt und damit eine neue Vollzugsstufe beginnt. Der erkennende Senat schließt sich dabei der schon vom Rekursgericht vertretenen Auffassung an, daß es bei einem mit der Post übersandten Strafantrag nicht darauf ankommt, wann er bei Gericht einlangt, weil ein Zuwiderhandeln des Verpflichteten in der Zeit zwischen der Aufgabe zur Post und dem Einlangen bei Gericht sanktionslos wäre. Wird der Antrag mit der Post übersendet, erscheint es deshalb sachgerecht, den Antrag als mit dem Tag der Postaufgabe eingebracht anzusehen, zumal hiefür zumindest die sinngemäße Anwendung des § 89 Abs 1 GOG in Betracht kommt. Läßt sich der Tag der Postaufgabe aus dem Akt nicht feststellen und bestehen - etwa wegen der Dauer des dazwischen liegenden Zeitraums - Zweifel, ob der Antrag noch als an dem daraus zu entnehmenden Tag der Verfassung zur Post gegeben wurde, so wird der Tag der Postaufgabe gemäß § 55 Abs 2 EO festzustellen sein. Wurde der Strafantrag hingegen bei Gericht überreicht, gilt er am Tag des Einlangens als eingebracht.
Die Pflicht des betreibenden Gläubigers, im Strafantrag alle bis zur Einbringung vorgekommenen Zuwiderhandlungen geltend zu machen, darf allerdings nicht überspannt werden. Es kann von ihm insbesonders nicht verlangt werden, daß er den Strafantrag erst am Ende des Tages einbringt, um verläßlich beurteilen zu können, welche Zuwiderhandlungen der Verpflichtete an diesem Tag begangen hat. Würde man auf den genauen Zeitpunkt der Einbringung abstellen, könnte dies sehr oft zu erheblichen und manchmal unlösbaren Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Frage führen, ob das in einem späteren Strafantrag geltend gemachte, auf den Tag der Einbringung eines früheren Strafantrags fallende Zuwiderhandeln vor oder nach Einbringung dieses Strafantrags geschehen ist. Müßte der betreibende Gläubiger den Strafantrag noch am Tag des Zuwiderhandelns einbringen, könnte ihm überdies oft zwischen der Feststellung des Zuwiderhandelns und der Einbringung des Strafantrags nur ein unangemessen kurzer Zeitraum zur Verfügung stehen. Diese Überlegungen führen dazu, daß der betreibende Gläubiger im Strafantrag nur alle Zuwiderhandlungen geltend machen muß, zu denen es bis zu dem der Einbringung vorangehenden Tag gekommen ist.
Geht man von diesen Grundsätzen aus, so ist dem Rekursgericht darin beizupflichten, daß (zumindest) jene Zuwiderhandlungen, die in den von ihm abgewiesenen Strafanträgen behauptet wurden, schon mit früheren Strafanträgen geltend gemacht werden hätten können. Das Rekursgericht ist entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung auch zu Recht der Meinung von Heller-Berger-Stix (III 2589), wonach der betreibende Gläubiger in einem solchen Fall auf den früheren Strafbeschluß zu verweisen ist, nicht gefolgt. Sie wird damit begründet, daß der Strafbeschluß auch dann aufrecht bleibe, wenn der Verpflichtete das erste Zuwiderhandeln erfolgreich mit Impugnationsklage bekämpft. Dieses Argument überzeugt aber unabhängig davon nicht, ob man im Sinn der Ausführung der erwähnten Autoren (III 2596) annimmt, daß der betreibende Gläubiger im Impugnationsstreit auch Zuwiderhandlungen geltend machen kann, die noch nicht den Gegenstand seiner Strafanträge bildeten (ebenso 3 Ob 46-66, 1053/91). Hat der betreibende Gläubiger diese Möglichkeit, so fehlt ihm beim zweiten Strafantrag, der unbestrittenermaßen nicht zur Verhängung einer Geldstrafe führen kann, das Rechtsschutzbedürfnis. Hat der betreibende Gläubiger diese Möglichkeit aber nicht, so kann sie ihm nicht über den Umweg eröffnet werden, daß er zunächst einen weiteren Strafantrag einbringt. Der erkennende Senat hält daher an der schon in der Entscheidung SZ 45/79 zum Ausdruck kommenden Ansicht fest, daß ein Strafantrag, in dem ausschließlich Zuwiderhandlungen behauptet werden, die schon mit einem früheren Antrag geltend gemacht werden hätten müssen, abzuweisen ist.
Aus den im Revisionsrekurs ins Treffen geführten Entscheidungen 3 Ob 22, 1032/91 und 3 Ob 46-66, 1053/91 ist für den Standpunkt der betreibenden Partei nichts zu gewinnen. In der - in anderen Teilen in SZ 64/72 = MuR 1992, 165 = ÖBl 1991, 129 veröffentlichten - Entscheidung 3 Ob 22, 1032/91 hat sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage der Verweisung nicht beschäftigt, weil der diesen Punkt betreffende Rekurs der verpflichteten Partei zurückgewiesen wurde. In der Entscheidung 3 Ob 46-66, 1053/91 wurde die vom Rekursgericht ausgesprochene Verweisung mehrerer betreibender Gläubiger auf einen Strafbeschluß, der aufgrund eines von einem anderen betreibenden Gläubiger eingebrachten Strafantrags erlassen wurde, aus der Erwägung gebilligt, daß allen betreibenden Gläubigern ein Antragsrecht zustehe, aber nur eine Strafe zu verhängen sei. Dieser Fall ist aber mit dem hier erörterten nicht vergleichbar.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.
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