OGH 5Ob543/93(5Ob544/93, 5Ob1580/93)

OGH5Ob543/93(5Ob544/93, 5Ob1580/93)14.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Christoph L*****, geboren am 5. August 1979, und der mj. Alexandra L*****, geboren am 1. September 1980, vertreten durch den Unterhaltssachwalter Bezirkshauptmannschaft St. Pölten, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 26. Mai 1993, GZ R 376, 377/93-103, und vom 4. Juni 1993, GZ R 396/93-104, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 6. April 1993, GZ 2 P 113/85-93 und 94, teilweise abgeändert, bzw. vom 26. Mai 1993, GZ 2 P 113/85-100, bestätigt wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird, insoweit er sich gegen den Beschluß ON 103 dA richtet, nicht Folge gegeben.

2.) Im übrigen, d.i. hinsichtlich des Beschlusses ON 104 dA, wird der außerordentliche Revisionsrekurs zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zum Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 103 dA:

Mit den Beschlüssen vom 27. September 1991 (ON 76 und 77 dA) bewilligte das Erstgericht den beiden minderjährigen, in der Obsorge ihrer Mutter befindlichen Kindern die Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 3, § 4 Z 1, § 18 UVG in Titelhöhe für die Zeit vom 1. Oktober 1991 bis 30. September 1994.

Mit den am 12. März 1993 beim Erstgericht eingelangten Anträgen beantragte der Jugendwohlfahrtsträger als Vertreter der beiden Minderjährigen, diesen "für die Zeit vom 1.2.1993" je Unterhaltsvorschüsse in jeweiliger Höhe (§ 6 Abs 2 UVG) zu gewähren, weil sich der Vater ab 20. Jänner 1993 für voraussichtlich 4 Monate in Haft befinde (ON 89, 90 dA).

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 6. April 1993 (ON 92 dA) wurde der Vater der Minderjährigen wegen Vollzuges der über ihn verhängten Strafhaft (20. Jänner 1993 bis 19. Mai 1993) für die Dauer der Haft seiner Unterhaltspflicht enthoben.

Mit den weiteren Beschlüssen vom 6. April 1993 (ON 93 und 94 dA) gewährte das Erstgericht den beiden Minderjährigen für die Zeit vom 1. Februar 1993 bis 31. Mai 1993 anstelle der ihnen jeweils mit Beschluß vom 27. September 1991 (ON 76 und 77 dA) gewährten Titelvorschüsse Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 3 UVG im Betrag von derzeit 2.322,-- S monatlich. Gleichzeitig ersuchte es den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien a) für die Zeit vom 1. Februar 1993 bis 31. Mai 1993 anstelle eines Monatsbetrages von 1.500,-- S bzw. 1.400,-- S einen solchen von je 2.322,-- S und b) sodann wieder den Monatsbetrag von 1.500,-- S bzw. 1.400,-- S als Unterhaltsvorschuß an die Mutter der Minderjährigen zur Auszahlung zu bringen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen diese Beschlüsse des Erstgerichtes (ON 93 und 94 dA) erhobenen Rekurs teilweise Folge und änderte die Beschlüsse des Erstgerichtes dahin ab, daß die Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 3 UVG erst ab 1. März 1993 gewährt werden und das jeweilige Mehrbegehren auf Vorschußgewährung für Feber 1993 abgewiesen wird, wobei es aussprach, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Insoweit der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien das an ihn gerichtete Ersuchen des Erstgerichtes, nach dem 31. Mai 1993 wieder den Monatsbetrag von 1.500,-- S bzw. von 1.400,-- S zur Auszahlung zu bringen, bekämpfte, blieb der Rekurs erfolglos.

Zu der Rechtsrüge des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien, wonach eine "Rückwandlung" zur Wiederherstellung der vor der Umwandlung laufenden Vorschüsse nach der Haftentlassung rechtlich nicht möglich sei, - diese Frage ist im Revisionsrekursverfahren allein strittig geblieben - nahm das Rekursgericht im wesentlichen wie folgt Stellung:

Den Ausführungen Knolls (UVG Rz 37 zu § 7), nach welchen eine legistische Basis für die "Rückwandlung" nicht gegeben sei, vom Sachverhalt her auch nicht angenommen werden könne, daß im Zeitpunkt des Haftendes die vor der Umwandlung unterstellten Tatbestandsvoraussetzungen weiterhin gegeben seien und das Kind bei gegebenem Anspruch einen neuen Antrag stellen müsse, sei entgegenzuhalten, daß insbesondere bei kurzer Haftdauer kein Grund ersichtlich sei, warum man nicht nach Beendigung des Haftvorschusses von der kontinuierlichen Weitergeltung des Titelvorschußbeschlusses ausgehen könnte, sofern nicht begründete Bedenken iS des § 7 Abs 1 Z 1 UVG bestünden; es sei auch darauf hinzuweisen, daß der Gesetzgeber im § 7 Abs 2 UVG für 6 Monate ab Inhaftierung wahlweise den Titelvorschuß zur Verfügung stelle. Da die titelmäßigen Unterhaltsbeträge äußerst niedrig seien und weit unter dem aktuellen Regelbedarfssatz lägen, bedürfe es hier keiner Erörterung der Anspannungstheorie bzw. der zumutbaren Dauer einer Arbeitsplatzsuche, sondern könne im Rahmen des UVG davon ausgegangen werden, daß der Vater im festgesetzten Umfang - so wie bisher schon - im Wege von Gelegenheitsarbeiten leistungsfähig sei. Den Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses hinsichtlich der Frage der "Rückwandlung" begründete das Rekursgericht mit dem Vorliegen einer Einzelfallentscheidung.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz in Ansehung des Ausspruches über die Weitergewährung des vor der Umwandlung des Vorschusses in einen Haftvorschuß zuerkannten Titelvorschusses richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien, mit dem die ersatzlose Behebung der Weitergewährung der Titelunterhaltsvorschüsse und die Anordnung der Innehaltung mit der Auszahlung der Vorschüsse von 1.500,-- S bzw. 1.400,-- S (nunmehr) ab September 1993 begehrt wird.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat zu der im Revisionsrekurs relevierten Frage des rechtlichen Schicksales eines gewährten Titelvorschusses im Falle von dessen Umwandlung in einen Haftvorschuß eingehend Stellung genommen, und zwar in seiner Entscheidung vom 23. Mai 1991, 7 Ob 546/91. Da diese Entscheidung veröffentlicht ist (EFSlg 66.613, dort allerdings versehentlich mit der Aktenzahl 7 Ob 564/91), kann auf deren Begründung verwiesen werden. Damit ist aber für den vorliegenden Fall nichts gewonnen, weil der hier zu beurteilende Sachverhalt jenem der Entscheidung 7 Ob 546/91 zugrundeliegenden nicht vergleichbar ist. Abgesehen davon, daß in jenem Fall es um eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten ging, während dem Vater der beiden Minderjährigen die Freiheit nur in der Dauer von 4 Monaten entzogen wurde, ist es hier nicht zu einer "Umwandlung" der Titelvorschüsse in Haftvorschüsse schlechthin gekommen, das Erstgericht hat den beiden Minderjährigen vielmehr - nachdem es deren Vater für die Zeit vom 20. Jänner 1993 bis 19. Mai 1993 seiner Unterhaltspflicht enthoben hatte (ON 92 dA) - Haftvorschüsse für die von vornherein bestimmte, innerhalb der Frist von 6 Monaten des § 7 Abs 2 UVG liegende Zeit der Strafhaft gewährt und ihnen gleichzeitig für die Zeit ab 1. Juni 1993 neuerlich Titelvorschüsse in der bisherigen Höhe gewährt. Das Erstgericht ist dabei offensichtlich - ebenso wie das Rekursgericht - davon ausgegangen, daß der Vater der Minderjährigen nach seiner Entlassung aus der Haft so wie bisher wohl in der Lage sein werde, aus Gelegenheitsarbeiten die titelmäßigen, weit unter dem Regelbedarfssatz liegenden Unterhaltsbeträge zu leisten. Bestanden aber nach der Aktenlage im Hinblick auf die kurze Haft des Unterhaltspflichtigen keine begründeten Bedenken, daß die in den Exekutionstiteln festgesetzte Unterhaltspflicht besteht, so war das Erstgericht berechtigt, die vom Unterhaltssachwalter aus Anlaß der Inhaftierung des Unterhaltspflichtigen gestellten Vorschußanträge dahin aufzufassen, daß nicht schlechthin iS des § 7 Abs 2 UVG die Umwandlung der Titelvorschüsse in Haftvorschüsse begehrt werde, sondern die Gewährung von Haftvorschüssen für die kurze Dauer der Haft und - mangels Änderung der Verhältnisse - für die Zeit ab 1. Juni 1993 die neuerliche Gewährung von Titelvorschüssen in bisheriger Höhe beantragt werde. Die Entscheidung des Erstgerichtes entspricht daher - in der vom Rekursgericht hinsichtlich des Beginnes der Haftvorschüsse berichtigten Umfang - der Sach- und Rechtslage.

Unter diesen Umständen ist es nicht erforderlich, auf die Frage einzugehen, ob bei der Umwandlung von Titelvorschüssen in Haftvorschüsse nach § 7 Abs 2 UVG allein, also bei der bloßen Gewährung von Haftvorschüssen "anstelle" der bisher gewährten Vorschüsse, der Titelvorschuß endgültig erlischt oder nach Haftende wieder auflebt.

Zum Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 104 dA:

Am 26. Mai 1993 wies das Erstgericht den Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom selben Tag, ihm den Auftrag zu erteilen, ab 1. Juni 1993 mit der Auszahlung des den beiden Minderjährigen gemäß § 4 Z 1 UVG gewährten Unterhaltsvorschusses innezuhalten, ab (ON 100 dA), weil es die Einwendungen des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien in dessen Rekurs gegen die Beschlüsse ON 93 und 94 dA nicht für stichhältig erachtete.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei (ON 104 dA).

Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist im Hinblick auf die Bestätigung der in der Hauptsache ergangenen Entscheidungen der Vorinstanzen gegenstandslos geworden. Er mußte daher zurückgewiesen werden.

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