OGH 7Ob546/91

OGH7Ob546/9123.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Rene G*****, geboren am 21. September 1985, infolge Revisionsrekurses des Magistrates der Stadt Linz gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 8.April 1991, GZ 18 R 227/91-53, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 12.März 1991, GZ 4 P 128/87-50, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Dem Minderjährigen wurde mit Beschluß vom 21.September 1989 für die Zeit vom 1.September 1989 bis 31.August 1992 nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG ein Unterhaltsvorschuß von S 1.500 gewährt. Der Unterhaltschuldner wurde zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Er hat diese Freiheitsstrafe am 24.Jänner 1991 angetreten. Mit Beschluß vom 12.März 1991 sprach das Erstgericht aus, daß anstelle des mit Beschluß vom 21.September 1989 gewährten Unterhaltsvorschusses von S 1.500 in der Zeit vom 1. Februar 1991 bis 31.August 1992 ein Vorschuß gemäß § 4 Z 3 UVG von derzeit S 995 tritt (Punkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses). Für den Fall der vorzeitigen Haftentlassung bleibt die Bevorschussung des Unterhaltes im Sinne des Beschlusses vom 21. September 1989 aufrecht (Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses).

Das Rekursgericht hob den Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses ersatzlos auf. Nach seiner Auffassung bewirkt die Umstellung eines Titelvorschusses in einen Haftvorschuß das Erlöschen des Titelvorschusses, sodaß eine Weitergeltung des vor der Umwandlung gewährten Vorschusses mit Haftende nicht ausgesprochen werden kann.

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Magistrates der Stadt Linz ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Werden einem Kind Vorschüsse nach den §§ 3 oder 4 Z 1, 2 oder 4 gewährt und wird dem Unterhaltsschuldner die Freiheit im Sinn des § 4 Z 3 entzogen, so ist dies nach § 7 Abs.2 UVG kein Grund, die bisher gewährten Vorschüsse zu versagen; wird dem Unterhaltsschuldner aber für länger als 6 Monate die Freiheit entzogen, so sind nach Ablauf dieser Zeit von Amts wegen anstelle der bisher gewährten Vorschüsse solche nach § 4 Z 3 zu gewähren, so weit ein entsprechender Antrag nicht bereits früher gestellt worden ist. Da eine zeitliche Beschränkung nicht ausgesprochen wurde, kann die Anordnung, daß der Haftvorschuß anstelle des Titelvorschusses zu gewähren ist, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nur dahin verstanden werden, daß die Titelvorschußgewährung mit der Umwandlung erlischt. Nichts anderes ergibt sich aus dem Bedeutungszusammenhang. Der § 7 Abs.1 UVG trägt der Gefahr einer mißbräuchlichen Inanspruchnahme des Unterhaltsvorschusses Rechnung, die sich aus der Verknüpfung der Vorschüsse mit dem im Exekutionstitel festgesetzten Unterhaltsbeitrag ergibt. Es können etwa die im Exekutionstitel festgesetzten Beiträge deshalb nicht mehr dem Gesetz entsprechen, weil sich die Verhältnisse entscheidend geändert haben. Begründete Bedenken über die anhaltende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners könnten dann auftreten, wenn ihm durch längere Zeit die Freiheit entzogen ist und er deshalb keinem Erwerb nachgehen kann. Mit § 7 Abs.1 Z 1 UVG korrespondiert der Einstellungsgrund des § 20 Abs.1 Z 4 lit.b, der eine Einstellung anordnet, wenn nach § 7 Abs.1 die Vorschüsse zur Gänze zu versagen sind. Der Regelungszusammenhang der Umwandlung einer Vorschußgewährung nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG in eine Vorschußgewährung nach § 4 Z 3 UVG mit den Versagungsgründen rechtfertigt den Schluß, daß durch die Umwandlung die bisherige Vorschußgewährung aufgehoben wird. Der § 7 Abs.2 UVG erhielt seine derzeitige Fassung durch das BG 18.6.1980 BGBl.278 im Zusammenhang mit der Erweiterung der Vorschußgewährung für Kinder Strafgefangener, die infolge der Freiheitsentziehung ihre Unterhaltspflicht nicht erfüllen können. Die Freiheitsentziehung soll nach der Anordnung des Gesetzes kein Grund sein, die bisher unter anderem nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG gewährten Vorschüsse zu versagen. Die Vorschüsse sollen vielmehr für 6 Monate in der bisherigen Höhe fortlaufen und erst dann auf solche nach § 4 Z 3 umgestellt werden. Der Regelung liegt die Erwägung zugrunde, daß der Unterhaltsschuldner im allgemeinen Geldmittel zur Verfügung haben sollte, die ihm trotz der Freiheitsentziehung für eine gewisse Zeit die Erfüllung seiner Unterhaltspflicht ermöglichen. Der Übergang von einer Vorschußgewährung auf die andere soll nahtlos und ohne besonderen Verwaltungsaufwand erfolgen (276 Blg NR XV.GP 6 f und 12; 395 Blg NR 15.GP 2). Der Sinn der Regelung war offensichtlich, wegen der im allgemeinen für eine gewisse Zeit anzunehmenden unveränderten Leistungsfähigkeit des Strafgefangenen nicht sofort die Rechtsfolge der Versagung des Titelvorschusses an die Freiheitsentziehung zu knüpfen und danach einfach die Titelvorschußgewährung durch die Haftvorschußgewährung zu ersetzen. Die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen beider Vorschußarten, insbesondere die Verknüpfung der Titelvorschüsse mit dem materiellen Unterhaltsanspruch, und der Zweck der Umstellungsregelung spricht somit gleichfalls für die Auslegung des Wortes "anstelle" im obgenannten Sinn. Wird daher gemäß § 7 Abs.2 UVG anstelle des Unterhaltsvorschusses nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG ein Vorschuß nach § 4 Z 3 gewährt, so erlischt der Titelvorschuß und lebt nach Haftende nicht wieder auf (in diesem Sinn auch Knoll, Kommentar zum UVG 55).

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

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