OGH 7Ob22/93

OGH7Ob22/931.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Graf, Dr.Schalich und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*****-AG, ***** vertreten durch Dr.Werner Mayerhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Herbert B*****, vertreten durch Dr.Hubert Schweighofer, Rechtsanwalt in Melk, wegen S 160.592,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16.Februar 1993, GZ 11 R 276/92-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 2.September 1992, GZ 2 Cg 21/92-11, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Grob fahrlässige Herbeiführung eines Verkehrsunfalls als Versicherungsfall in der Kaskoversicherung hat der Lenker eines Kraftfahrzeuges nach der Rechtsprechung (VR 1991, 325 uva) dann zu verantworten, wenn sich sein Verhalten aus der Menge der auch für den Sorgsamsten nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens als eine auffallende Sorglosigkeit heraushebt; grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 61 VersVG setzt demnach ein Verhalten voraus, von dem der Versicherungsnehmer wußte oder wissen mußte, daß es geeignet sei, die Gefahr des Eintrittes eines Versicherungsfalles herbeizuführen oder zu vergrößern. Auch einzelne, für sich genommen nicht grob fahrlässige Fehlhandlungen können in ihrer Gesamtheit den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründen (VR 1988, 329; VersR 1980, 884; zuletzt etwa 7 Ob 10/93).

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht mangels Zusammentreffens mehrerer gefahrenerhöhender Fehlverhalten des Beklagten und wegen des Umstandes, daß der Beklagte als Autofahrer mit dem Kassettenwechsel nur eine routinemäßige Handlung vorgenommen hat, die an sich nicht geeignet war, wesentlich vom Verkehrsgeschehen abzulenken, eine Abgrenzung zwischen grober und leichter Fahrlässigkeit vorgenommen, welche von den dargestellten Grundsätzen der Rechtsprechung gedeckt ist. Ob aber im Einzelfall auch die Vornahme einer solchen routinemäßigen Handlung zum groben Verschulden gerechnet werden kann, berührt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs.1 ZPO (vgl. ZVR 1986/11). Eine allgemein gültige Wertung, wann ein Aufmerksamkeitsfehler grobe Fahrlässigkeit begründet, kann daher nicht vorgenommen werden.

Ungeachtet des - nicht bindenden (§ 508a Abs.1 ZPO) - Ausspruches des Berufungsgerichtes, daß die ordentliche Revision zulässig sei, war die Revision der Klägerin daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO; der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision der Klägerin nicht hingewiesen.

Stichworte