OGH 6Ob567/93

OGH6Ob567/9326.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Slawa D*****, und 2. mj.Matylda D*****, beide vertreten durch ihre Mutter Grazyna D*****, diese vertreten durch Dr.Werner Sporn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Rudolf Eryk D***** , vertreten durch Dr.Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt (Streitwert S 57.024,--), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 10.November 1992, GZ 47 R 2082/92-33, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 6.Juni 1992, GZ 7 C 52/91v-22, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die beiden Klägerinnen, polnische Staatsbürgerinnen, die bei ihrer Mutter in Polen leben, begehren von ihrem in Wien wohnhaften Vater, der ebenfalls polnischer Staatsbürger ist, mit der vorliegenden Klage anstelle der dem Beklagten laut Vergleich des Bezirksgerichtes Hietzing vom 17.10.1989, 7 Nc 111/89, obliegenden Unterhaltsverpflichtung von monatlich 100.000,-- Zloty für die Erstklägerin und monatlich 80.000,-- Zloty für die Zweitklägerin ab 1.7.1990 monatliche Unterhaltsleistungen in Höhe von S 1.000,-- für die Erstklägerin und von S 800,-- für die Zweitklägerin. Sie brachten vor, die Ehe des Beklagten mit ihrer Mutter sei mit rechtskräftigem Urteil des Rayonsgerichtes in Poznan vom 5.9.1990 geschieden worden. Die Klägerinnen befänden sich in Pflege und Erziehung der in Poznan lebenden Mutter. Der Beklagte habe seinen Wohnsitz in Wien. Die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten laut Vergleich vom 17.10.1989 entspreche einem Gegenwert von etwa S 120,-- und S 96,--. Durch die fortschreitende Geldinflation in Polen seien die Bedürfnisse der Klägerinnen durch die geleisteten Unterhaltsbeiträge - obwohl der Beklagte diese auf monatlich insgesamt 400.000,-- Zloty erhöht habe - nicht mehr gedeckt. Die Erstklägerin leide überdies an einer Krankheit, die mit fortschreitendem Haarausfall verbunden sei und einen monatlichen Sonderbedarf für Arztbetreuung von ca. 260.000,-

Zloty erfordere. Die Zweitklägerin müsse sich einer Gesichtsoperation wegen eines erlittenen Hundebisses unterziehen, die ebenfalls hohe Kosten verursachen werde. Der Beklagte beziehe ein monatliches Nettoeinkommen von durchschnittlich S 11.000,--. Die begehrten Unterhaltsbeiträge seien ihm daher wirtschaftlich zumutbar.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren sowohl hinsichtlich der begehrten Währung (österreichische Schillinge) als auch der Höhe nach. Er beziehe als Fahrer im Gemüsehandel in Polen lediglich ein Einkommen von 1,5 Mill.Zloty; die Durchschnittsgehälter in Polen betrügen etwa 1,2 Mill.Zloty. Der Beklagte habe seine Unterhaltspflicht niemals verletzt und die Unterhaltsbeiträge immer wieder angehoben. Bis 31.1.1991 habe er für beide Kinder 400.000,-- Zloty und dann bis zu der der Klage vorangehenden Antragstellung laufend 700.000,-- Zloty bezahlt. Er sei bereit, weiterhin zu zahlen und die Unterhaltszahlungen auf 1 Mill.Zloty aufzustocken. Sonderbedarf bestehe nicht. Die Arztkosten würden in Polen vom Staat getragen. Die Krankheit der Erstklägerin sei ausgeheilt, eine Operation der Zweitklägerin, die überdies Schadenersatz vom Hundehalter erlangen könnte, nicht notwendig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Zugrundelegung folgender wesentlicher Feststellungen ab:

Der Beklagte, der polnischer Staatsbürger ist, hat in Polen nach Absolvierung der Grundschule eine Ausbildung als Sänger erhalten und danach ca. 15 Jahre lang regelmäßige Engagements an polnischen Opernhäusern gehabt. 1981 kam er nach Österreich, gab hier einige Konzerte, sprach aber schlecht Deutsch und hatte Schwierigkeiten, in seinem Beruf Arbeit zu finden, die sich durch einen Autounfall noch erhöhten. Bei gelegentlichen Engagements verdiente er monatlich im Durchschnitt etwa 2.000,-- S. Obwohl er keinen über den erlernten Beruf als Sänger hinausgehende Arbeitsgenehmigung hatte, kehrte er wegen familiärer Schwierigkeiten und weil er bereits eine Gemeinschaft mit seiner nunmehrigen zweiten Ehefrau aufgenommen hatte, nicht nach Polen zurück. Der Beklagte hatte mangels Arbeitschancen kein geregeltes Einkommen und verdiente nur geringfügige Beträge durch gelegentliche Schwarzarbeit. Er wurde von seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau finanziell unterstützt. Seit März 1991 arbeitet er unangemeldet für einen polnischen Gemüsehändler, dessen Name und Adresse mangels Preisgabe durch den Beklagten nicht feststellbar sind, als Kraftfahrzeuglenker, fährt mit einem Kleinkraftwagen zwei- bis dreimal pro Woche Transporte auf der Strecke Wien-Krakau-Wien und verdient hiefür durchschnittlich monatlich 1,5 Mill. Zloty. Dabei verbringt er arbeitsbedingt ca. die Hälfte der Woche in Polen, wo er kostenlos bei seiner Mutter und Schwester wohnt. Seit 9.10.1991 ist er mit seiner vormaligen Lebensgefährtin verheiratet und lebt mit ihr im 13.Wiener Gemeindebezirk in einer Mietwohnung. Für die Mietkosten kommt die Ehefrau des Beklagten auf. Mit dem Singen hat der Beklagte gänzlich aufgehört; zu einem Neuanfang in seinem Fach sowohl in Wien als auch in Polen ist er auch aufgrund seines Alters nicht mehr in der Lage. Der Beklagte hat auch trotz seiner Verehelichung mit einer Österreicherin nicht um eine Arbeitsbewilligung in Österreich angesucht, weil er sich keine Chancen ausrechnet und eine Arbeit gefunden hat. Die Erstklägerin hat im Mai 1992 die Matura abgelegt, die Zweitklägerin besucht noch die Grundschule. Die Mutter der Kinder, bei welcher sie verpflegt werden, ist beim Bahngesundheitsdienst als Krankenregistriererin beschäftigt und verdiente im Jahr 1989 monatlich 55.499,-- Zloty, vom 1.4. bis 30.6.1990 1,265.902,-- Zloty.

Die Ehefrau des Beklagten arbeitet unangemeldet und verdient monatlich rund S 10.000,-- netto.

Der Beklagte hat folgende monatliche Unterhaltszahlungen, die er von verschiedenen Postämtern in Polen aus überwiesen hatte, für beide Klägerinnen geleistet:

Vom 1.7.1990 bis 31.1.1991 Zloty 400.000,--,

vom 1.2.1991 bis 30.11.1991 Zloty 700.000,--,

vom 1.12.1991 bis 31.1.1992 Zloty 900.000,--,

seit 1.2.1992 Zloty 1,000.000,--.

Diese Verpflichtung hat er auch für weiterhin anerkannt.

Der polnische Zloty ist eine nicht an der Börse notierte Währung. Für die Monate Juli 1990 bis Oktober 1991 entsprach der erechnete Wert von 100 Zloty 0,11 bis 0,13 öS, für die Monate November 1991 bis Jänner 1992 entsprachen 1.000 Zloty 1,02 bis 0,98 öS.

Nach einem Kaufkraftvergleich zwischen Österreich und Polen war Polen 1990 um 74,6 % und 1991 um 69,9 % billiger als Österreich. Der monatliche Durchschnittslohn in Polen (netto = brutto) betrug 1990 für die Gesamtwirtschaft 1,03 Mill. Zloty, für die sogenannte "materielle Sphäre" (darunter Industrie, Bauwirtschaft und Handel) 1,021 Mill. Zloty; 1991 lagen diese Beträge bei 1,790 Mill. Zloty bzw. 1,815 Mill. Zloty.

Das monatliche Durchschnitts-Nettoleistungseinkommen unselbständig Beschäftigter in der gesamten Wirtschaft lag in Österrreich 1990 bei S 16.000,-- und 1991 bei S 17.600,--.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß der Beklagte in Österreich seinen Wohnsitz und Lebensschwerpunkt habe. Für den Unterhaltsanspruch der beiden Klägerinnen sei im Hinblick auf Art.29 des Vertrages vom 1.12.1963 zwischen Österreich und Polen BGBl 1974/79 polnisches Recht maßgeblich. Nach Art 128 und 133 des polnischen Familien- und Vormundschaftsgesetzes seien beide Elternteile gegenüber ihren Kindern unterhaltspflichtig, wobei die Unterhaltsleistung auch in Naturalunterhalt durch Versorgen im gemeinsamen Haushalt erbracht werden könne. Nach Art 135 hänge der Umfang der Unterhaltsleistung von den gerechtfertigten Bedürfnissen des Berechtigten und den Erwerbs- und Vermögensmöglichkeiten des Verpflichteten ab. Allerdings seien gerade im Verhältnis Österreich-Polen das mütterliche und das Durchschnittseinkommen beider Länder zu berücksichtigen, da das Wesen des Unterhaltes darin bestehe, die Versorgung nur des Unterhaltsberechtigten zu sichern. Die zwar im gleichen Haushalt lebenden Personen seien in dieses Forderungsverhältnis nicht eingebunden und dürften deshalb auch nicht durch überhöhte Unterhaltsleistungen begünstigt werden. Aufgrund des gestellten Antrages wegen geänderter Verhältnisse sei der Unterhalt unabhängig von den Grundlagen des im Jahre 1989 geschlossenen Vergleiches neu zu bemessen. Da der Beklagte bis März 1991 keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen sei, müsse ein zumutbares fiktives Einkommen herangezogen werden, das er in der Zeit vom 1.7.1990 bis einschließlich Februar 1991 hätte erzielen können. Da der Beklagte seinem erlernten Beruf als Opernsänger unter anderem krankheitsbedingt nicht nachgegangen sei, könne von ihm nicht erwartet werden, daß er als polnischer Staatsbürger und ohne ausreichende Sprachkenntnisse sowie ohne österreichische Arbeitsbewilligung in Österreich eine zumutbare Beschäftigung hätte finden können. Eine Anspannung auf eine Arbeit außerhalb seines Heimatlandes sei nicht möglich. Es wäre ihm aber zumutbar gewesen, in Polen ein Einkommen zu erzielen, das dem Durchschnittslohneinkommen eines dort unselbständig Beschäftigten entspreche. Seit März 1991 sei von seinem tatsächlich erzielten Einkommen von rund 1,5 Mill. Zloty auszugehen, auch wenn dieses unter dem Durchschnittslohneinkommen in Polen im Jahr 1991 liege.

Wende man die in der österreichischen Judikatur entwickelten Prozentsätze, die nur relative Werte darstellten und sich auch den Einkommen in anderen Ländern anpaßten, auf die angenommenen Einkommen des Beklagten an, so ergebe sich, daß diesem während der gesamten zu beurteilenden Zeit aufgrund der tatsächlich geleisteten Zahlungen keine Unterhaltsverletzung anzulasten sei, weil er mehr geleistet habe als sich bei einer exakten Berechnung ergeben hätte, während eine Umrechnung des von den Klägerinnen begehrten Unterhaltes in Zloty im Vergleich zu den Durchschnittseinkommen in Polen einer Überalimentierung gleichkäme. Der geleistete Unterhalt sei dem Alter der Klägerinnen nach den Lebensverhältnissen in Polen bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung angemessen. Es sei daher auch nicht notwendig, Unterhaltsbeträge in österreichischen Schillingen auszusprechen. Der behauptete Sonderbedarf der Klägerinnen sei nicht ausreichend konkretisiert worden. Auch der nach polnischem Recht bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigende Grundsatz des gleichen Lebensstandards komme nicht zum Tragen, weil der Beklagte aufgrund seines für österreichische Verhältnisse stark unterdurchschnittlichen Einkommens nur sehr beschränkt an dem im Vergleich zu Polen hohen Lebensstandard in Österreich teilhabe. Mangels jeglicher Unterhaltsverletzung seien die Voraussetzungen für die Gewährung von Rechtsschutz nicht gegeben; die Klage sei daher abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerinnen Folge, hob das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Es führte aus, dem erstgerichtlichen Verfahren hafteten Verfahrensmängel an, die eine abschließende Beurteilung noch nicht ermöglichten. Die Klägerinnen hätten zum Beweis für das behauptete Einkommen des Beklagten in Österreich und in österreichischen Schillingen sowie zum behaupteten Sonderbedarf, welcher hinsichtlich der Erstklägerin nach den Behauptungen fortlaufend und nicht nur einmal anfalle, ihre Parteienvernehmung, die Einvernahme ihrer Mutter sowie der nunmehrigen Ehefrau des Beklagten beantragt. Das Erstgericht habe sich darauf beschränkt, ausschließlich den Beklagten zu vernehmen und sei dessen Angaben in Vorwegnahme von weiteren sehr wesentlichen Beweisergebnissen unkritisch gefolgt. Die umfangreiche Beweisrüge der Klägerinnen zu den festgestellten Einkommensverhältnissen des Beklagten könne daher noch nicht behandelt werden, weil nach Durchführung der übrigen Beweise dessen bisherige Aussagen in einem anderen Licht erscheinen könnten.

Sollte es jedoch bei den bisherigen Beweisergebnissen bleiben, wonach der Beklagte als polnischer Staatsbürger mit einem polnischen Reisepaß bei einem polnischen Dienstgeber in Polen beschäftigt sei und ein Einkommen in Zloty beziehe, komme eine Anspannung des Beklagten auf ein Schillingeinkommen in Österreich nicht in Betracht. Die in EFSlg 51.452 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, daß das Wohl des Kindes - das Bestreben, dem Unterhaltsberechtigten die seinem Bedarf entsprechende Kaufkraftmenge zufließen zu lassen - für den Zuspruch des Unterhaltes in Schilling spreche, könne sich nur auf Fälle beziehen, in denen der Unterhaltspflichtige in Österreich wohne, hier regulär arbeite und ein Schillingeinkommen beziehe. Sollte es daher bei den bisherigen Feststellungen verbleiben, wären die Voraussetzungen für eine Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber den in Polen lebenden Klägerinnen in österreichischen Schillingen nicht gegeben und - mangels entsprechender Klagsänderung - das Klagebegehren schon aus diesem Grund abzuweisen.

Nach dem derzeitigen Verfahrensstand könne zwar noch nicht hinreichend beurteilt werden, ob der Beklagte seinen Unterhaltsverpflichtungen tatsächlich in vollem Umfang nachgekommen sei. § 406 Abs 2 ZPO mache den Zuspruch künftig fällig werdender Alimentation nicht davon abhängig, daß der Beklagte schon seine laufenden Unterhaltspflichten verletzt habe oder eine solche Verletzung drohe. Die Rechtsprechung habe aber im Interesse an einer Vermeidung von Prozessen die Einschränkung geschaffen, daß eine Unterhaltsklage eine Verletzung der Alimentationspflicht des Beklagten, allenfalls auch nur die konkrete Gefahr einer solchen Verletzung, zur Voraussetzung habe. Dem sei insoweit beizupflichten, als es sich um die erstmalige Schaffung eines Unterhaltstitels handle. Bestehe, wie hier, schon ein Unterhaltsvergleich, müsse dem Unterhaltsberechtigten zugebilligt werden, diesen an die aktuelle Situation anzupassen. Wegen des Aufenthaltes von Berechtigten und Verpflichteten in verschiedenen Staaten sei die Durchsetzung erschwert. Es müsse daher auch ohne Unterhaltsverletzung eine Titelanpassung möglich sein. Die Klage sei in einem solchen Fall nicht abzuweisen.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei, weil zu der Frage, ob ein polnischer Unterhaltsberechtigter mit polnischem Dienstgeber und Einkünften in polnischer Währung zu Unterhaltsleistungen an seine in Polen lebenden Kinder in österreichischen Schilling verhalten werden könne, ebenso eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle wie zu der Frage, ob ein bestehender Unterhaltstitel auch ohne Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht auf deren Ausmaß angepaßt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits in der Entscheidung SZ 51/43 darauf hingewiesen, daß die Frage, in welcher Währung Unterhalt zu leisten ist, wenn Unterhaltsschuldner und Unterhaltsberechtigter nicht im selben Staat leben, sehr umstritten ist und daß für den österreichischen Rechtsbereich eine gesetzliche Regelung fehlt. Maßgeblich sei, daß die Unterhaltsverpflichtung in ihrem Ursprung nicht auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrages gerichtet sei, sondern zu den Geldwertschulden gehöre. Die geschuldeten Geldbeträge sollen den Naturalunterhalt sicherstellen. Im Vordergrund stehen der Zweck des Unterhaltes und seine tatsächliche Befriedigung. Diese Ausführungen wurden in der Entscheidung 7 Ob 667/85 (= EFSlg 51.452) dahin weiterentwickelt, daß in allen Lehrmeinungen der Grundgedanke des Kindeswohles hervortrete; dieser sei daher bei der Entscheidung in den Vordergrund der Überlegungen zu stellen. Wenn sich daher der Wert der Währung im Aufenthaltsland des Unterhaltsberechtigten (auch in dieser Entscheidung war zu beurteilen, ob ein Unterhaltsschuldner in österreichischen Schillingen oder in Zloty an den in Polen lebenden Unterhaltsberechtigten zu leisten habe) seit Jahren gegenüber jenem des Schilling laufend verschlechtere, hätte dies bei Festsetzung des Unterhaltes in Auslandwährung zur Folge, daß einerseits der Beklagte im Laufe der Zeit einen immer geringeren Schillingbetrag benötigte, um der festgelegten Unterhaltsverpflichtung zu entsprechen, andererseits aber das Kind mit dem bestimmten Betrag das Auslangen immer weniger finden würde und deshalb - sollte ein Einvernehmen über die Unterhaltserhöhung nicht erzielt werden - immer wieder zur Klagsführung genötigt sei. Das Wohl des Kindes, das Bestreben, dem Unterhaltsberechtigten die seinem Bedarf entsprechende Kaufkraftmenge zufließen zu lassen, spreche daher für den Zuspruch des Unterhaltes in Schillingwährung. Für den Beklagten bedeute dies keinen Nachteil, es benehme ihm lediglich den Vorteil eines für ihn günstiger werdenden Wechselkurses. Auch der erkennende Senat schließt sich diesen Ausführungen, die in der zweiten Auflage von Rummel, ABGB, auch von Reischauer in Rz 21 zu § 905 und Schwimann in Rz 2 zu § 24 IPRG übernommen werden, an. Da sich in den letzten Jahren die Inflation in Polen noch verstärkt und der Wertverfall des Zloty gegenüber dem Schilling noch zugenommen hat, kann ein polnischer Unterhaltsberechtigter jedenfalls derzeit von einem in Österreich wohnhaften Unterhaltsschuldner, der hier ein Einkommen bezieht, den Zuspruch des Unterhaltes in österreichischen Schillingen fordern. Sollte es allerdings bei den bisher getroffenen Feststellungen verbleiben, daß der Beklagte als polnischer Staatsbürger, der zwar einen Wohnsitz in Österreich hat, aber für einen polnischen Dienstgeber mit Sitz in Polen tätig ist und nur ein Einkommen in Zloty bezieht, fehlte es für einen Zuspruch des Unterhaltes in österreichischen Schillingen an einer ausreichenden Grundlage. Zu Recht hat aber das Berufungsgericht die Entscheidungsgrundlagen über das Einkommen des Beklagten noch nicht als ausreichend erachtet. Es erscheint im höchsten Maße lebensfremd, daß der Beklagte, der seinen Lebensmittelpunkt seit dem Jahr 1981 in Österreich hat, sich ohne jede soziale Absicherung (es besteht offenbar nicht einmal eine Unfallversicherung) für regelmäßige Geschäftsfahrten von Wien nach Krakau und zurück nicht in Schillingen, sondern in Zlotybeträgen bezahlen läßt, die umgerechnet einen Gegenwert von rund 1.500,-- S haben, sich also mit Beträgen zufriedengibt, die unter den Beträgen liegen, die der Beklagte nach seinen Angaben durch gelegentliche Engagements in Österreich als Sänger verdient hat.

Da der Beklagte nunmehr seit 1981 in Österreich lebt und mit einer Österreicherin verheiratet ist, wäre es ihm zumindet seit seiner Heirat auch zumutbar, sich aufgrund seines Anspruches auf einen Befreiungsschein in Österreich um eine reguläre Beschäftigung, etwa als Botenfahrer oder Taxilenker, Tätigkeiten, für die erfahrungsgemäß Stellen angeboten werden, zu bemühen, mit welcher er seinen Unterhaltspflichten angemessen nachkommen kann. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, daß der Beklagte ein Schillingeinkommen bezieht (für ein Einkommen sowohl in Zloty als auch in Schilling nebeneinander besteht derzeit keinerlei Anhaltspunkt), wird die vom Erstgericht seiner Bemessung zugrunde gelegte Prozentkomponente nicht voll auszuschöpfen sein. Die unterhaltsberechtigten Klägerinnen sollen zwar auch nach polnischem Recht am Lebensstandard des Verpflichteten teilnehmen; dabei ist aber zu berücksichtigen, daß ein Einkommen von - bisher behaupteten - S 11.000,-- in Österreich an der Untergrenze des österreichischen Standards liegt und der Unterhalt zur Deckung der Bedürfnisse der Kinder in Polen dient, also in einem angemessenen Verhältnis zu den durchschnittlichen Lebensverhältnissen und zur Kaufkraft in ihrem Heimatland stehen muß.

Gemäß § 406 2.Satz ZPO kann bei Ansprüchen auf Alimente auch zu Leistungen verurteilt werden, welche erst nach Erlassung des Urteiles fällig werden. Der Oberste Gerichtshof hat jedoch in ständiger Rechtsprechung seit jeher die darin für den Schuldner gelegene Härte dadurch abzuschwächen versucht, daß für den Zuspruch künftig fällig werdender Unterhaltsleistungen Voraussetzung ist, daß der Schuldner seine Verpflichtungen verletzt hat oder eine solche Verletzung droht. Der Rechtsschutzwerber muß ein vom Prozeßrecht gebilligtes Interesse an der Rechtsschutztätigkeit haben (EFSlg XXV (1) mwN). Hat sich der Unterhaltsschuldner keinerlei Verletzung seiner Verpflichtungen schuldig gemacht und etwa in einem Vergleich festgelegte Unterhaltszahlungen freiwillig und zeitgerecht den aufgetretenen Veränderungen vollständig angepaßt und durch sein Verhalten zu erkennen gegeben, seinen Verpflichtungen auch weiterhin pünktlich nachzukommen, müßte ein Rechtsschutzinteresse verneint werden. Gerade bei Unterhaltsforderungen ausländischer Unterhaltsberechtigter ist hier aber ein strenger Maßstab anzulegen. Wegen der schon aufgrund der räumlichen Distanz erschwerten und oft auch langwierigen und kostenintensiveren Durchsetzbarkeit (Streitverfahren gegenüber Außerstreitverfahren) wird eine Verletzung der Unterhaltspflicht schon bei geringfügigen Verstößen anzunehmen sein, so wenn die Zahlungen nicht unmittelbar nach Eintritt von Veränderungen der Verhältnisse erhöht, nicht immer pünktlich am Monatsbeginn im vorhinein geleistet werden oder die tatsächlichen Einkommensverhältnisse durch die Unterhaltsberechtigten nicht ermittelt werden können (was vielfach schon bei Abschluß eines Vergleiches ohne vorangegangenes Verfahren der Fall ist), denn damit muß ihnen ein Rechtsschutzinteresse zugebilligt werden, mit der Hilfe des Gerichtes und den diesem zustehenden erweiterten Mitteln ihre Ansprüche auszumitteln und zu konkretisieren. Sollte im fortgesetzten Verfahren eine Bemessung des Unterhaltes in Schilling erfolgen, so wäre schon damit der Anspruch der Klägerinnen dem Grunde nach berechtigt.

Dem Revisionsrekurs des Beklagten war daher nicht Folge zu geben.

Der Kostenausspruch beruht auf § 52 ZPO.

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