OGH 14Os124/93

OGH14Os124/9330.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Juli 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner und Hon.Prof.Dr.Brustbauer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kobinger als Schriftführerin, in der bei dem Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 24 c Vr 12.538/92 anhängigen Strafsache gegen Simeon B* und andere wegen des Finanzvergehens des gewerbs‑ und bandenmäßigen Schmuggels nach §§ 1135 Abs 1, 38 Abs 1 lit a und b FinStrG über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Franz R* nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0140OS00124.9300000.0730.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

 

Begründung:

 

Gegen Franz R* ist beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Finanzvergehens des gewerbs‑ und bandenmäßigen Schmuggels nach §§ 1135 Abs 1, 38 Abs 1 lit a und b FinStrG anhängig. Nach der am 30. Mai 1993 erfolgten Festnahme wurde über ihn mit Beschluß vom 1. Juni 1993 die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Verdunkelungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 2 StPO verhängt.

Nach dem vom Beschuldigten am 3. Juni 1993 beim Landesgericht gestellten Enthaftungsantrag verfügte der Untersuchungsrichter (nach Abschluß der Einvernahme durch Beamte des Zollamtes Wien) am 9. Juni 1993 die Aufhebung der Untersuchungshaft unter Anwendung des gelinderen Mittels nach § 180 Abs 5 Z 2 StPO.

 

Rechtliche Beurteilung

In seiner am 15. Juni 1993 beim Landesgericht für Strafsachen Wien eingelangten Grundrechtsbeschwerde erachtet sich Franz R* durch die Verhängung der Untersuchungshaft im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt, weil der Haftgrund der "Verabredungsgefahr" nicht gegeben gewesen sei.

Gemäß § 1 Abs 1 GRBG steht dem Betroffenen wegen Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung nach Erschöpfung des Instanzenzuges die Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu.

Übereinstimmend mit der Interpretation des Begriffes "Erschöpfung des Instanzenzuges" gemäß § 1 Abs 1 GRBG durch den Justizausschuß, wonach hiezu auch die gegen Verfügungen oder Verzögerungen des Untersuchungsrichters durch § 113 StPO eingeräumte Beschwerde an die Ratskammer erforderlich ist, vertritt der Oberste Gerichtshof ‑ der schon wiederholt (zuletzt zu 11 Os 96/93, siehe auch NRsp 1993/152 und 1993/89) u.a. ausgesprochen hat, daß im Stadium der Voruntersuchung zunächst die Beschwerde an die Ratskammer (§ 113 StPO) vorgesehen ist, und daß von der Erschöpfung des Instanzenzuges erst gesprochen werden kann, wenn dieses Rechtsmittel genützt worden ist ‑ die Auffassung, daß eine Entscheidung oder Verfügung des Untersuchungsrichters betreffend die Haft erst dann zum Gegenstand einer Grundrechtsbeschwerde gemacht werden kann, wenn zuvor Beschwerde gemäß § 113 StPO ergriffen worden ist.

Der Beschuldigte hat, wie sich aus dem Akteninhalt (S. 60) ergibt, gegen die ‑ seiner Meinung nach zu Unrecht erfolgte ‑ Verhängung der Untersuchungshaft und auch gegen deren Aufrechterhaltung keine Beschwerde an die Ratskammer ergriffen; es fehlt demnach an der gemäß § 1 Abs 1 GRBG erforderlichen Erschöpfung des Instanzenzuges.

Die Grundrechtsbeschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen. Demzufolge entfällt im Hinblick auf § 8 GRBG eine Entscheidung über das Begehren auf Zuerkennung der Beschwerdekosten.

 

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