OGH 7Ob576/93

OGH7Ob576/9314.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr. I. Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Susanne K*****, vertreten durch ihre Mutter Elisabeth K*****, infolge deren Revisionsrekurses gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 14.April 1993, GZ 22 a R 102/93-66, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 27. Jänner 1993, GZ 3 P 653/82-63, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der Beschluß des Rekursgerichtes dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Die am 24.August 1982 geborene mj. Susanne K***** wohnt bei ihrer Mutter. Ihr Vater war zuletzt auf Grund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 22. November 1989 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 4.800,-- verpflichtet. Seinem am 24. Oktober 1990 gestellten Antrag, die Unterhaltsbeiträge ab 1. November 1990 auf S 3.800,-- monatlich herabzusetzen, wurde nicht Folge gegeben.

Am 21. Juli 1992 stellte die Mutter den Antrag, die Unterhaltsbeiträge ab 1. Februar 1992 auf S 6.500,-- monatlich zu erhöhen.

Der Vater erklärte sich mit einer Erhöhung auf S 5.500,-- monatlich einverstanden und beantragte die Abweisung des Mehrbegehrens.

Mit Beschluß vom 27.Jänner 1993 erhöhte das Erstgericht die Unterhaltsbeiträge antragsgemäß. Es stellte fest, daß der Vater als Unfallchirurg sowohl selbständig als auch unselbständig erwerbstätig ist und von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Salzburg, im Zeitraum vom 1.Jänner bis 30.September 1992 ein monatliches Nettoeinkommen von S 56.722,27 bezogen hat. Er ist außer für die mj. Susanne für seine beiden aus erster Ehe stammenden, 1975 und 1978 geborenen Kinder sorgepflichtig und hat für seine geschiedene Ehefrau monatliche Zahlungen von S 3.500,-- zu leisten. Seine nunmehrige Ehefrau übt den Beruf einer medizinisch-technischen Assistentin aus.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß das Nettoeinkommen desjenigen, der für ein Kind im Alter von 10 bis 15 Jahren sorgepflichtig sei, mangels weiterer Sorgepflichten mit 20 % belastbar sei. Hievon seien im vorliegenden Fall je 2 % für die beiden Kinder aus erster Ehe abzuziehen. Daraus ergebe sich ein der Leistungsfähigkeit des Vaters entsprechender Prozentsatz von 16 % seines anrechenbaren Nettoeinkommens von S 56.722,--, sodaß dem Erhöhungsantrag zur Gänze zu entsprechen sei.

Die zweite Instanz gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge. Sie bestätigte die Erhöhung des Unterhaltsbeitrages auf S 6.200,-- monatlich, wies aber das restliche Erhöhungsbegehren von weiteren S 300,-- monatlich ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Von der vom Erstgericht herangezogenen Bemessungsgrundlage seien die vom Vater zu leistenden Beiträge an die Ärztekammer abzuziehen, die im Jahre 1992 S 105.124,-- und somit S 8.752,-- im Monatsschnitt betragen hätten. Es sei daher von einer Bemessungsgrundlage von S 47.970,-- auszugehen. Hievon stünden der mj. Susanne nach der Prozentsatzmethode nicht 16 %, sondern bloß 13 % zu, weil auch noch die Sorgepflichten für die geschiedene und für die nunmehrige Ehefrau des Vaters zu berücksichtigen seien. Die Sorgepflicht für die nunmehrige Ehefrau rechtfertige unter Bedachtnahme auf die Relation zwischen ihrem Einkommen und jenem des Vaters einen Abzug von 1 %. Im Hinblick auf den monatlich zu zahlenden Betrag von S 3.500,-- an die geschiedene Ehefrau sei ein weiterer Abzug von 2 % vorzunehmen. Daraus errechne sich ein Unterhaltsanspruch von - abgerundet - S 6.200,--. Die weiteren im Rekurs erhobenen Einwände des Vaters seien hingegen nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 14 Abs 1 AußStrG zulässig und auch berechtigt.

Nach den insoweit unwidersprochenen Behauptungen des Vaters (vgl. ON 7, AS 26) vereinbarte er in dem mit seiner ersten Ehefrau geschlossenen Scheidungsvergleich, ihr die bisher gemeinsame Ehewohnung zu überlassen und S 3.500,-- monatlich als Beitrag zur Abdeckung der auf der Eigentumswohnung aushaftenden Kredite zu zahlen. Diese Formulierung läßt vermuten, daß die Wohnung nun im Alleineigentum der ersten Ehefrau steht. Demnach ist anzunehmen, daß die monatlichen Zahlungen von S 3.500,-- der Vermögensbildung der ersten Ehefrau des Vaters - wenn schon nicht der Vermögensbildung des Vaters selbst (sollte die Wohnung in dessen Eigentum verblieben sein) - dienen.

Nach ständiger Rechtsprechung sind zwar im Durchschnittsfall innerhalb des Quotensystems konkurrierende Unterhaltspflichten gleichfalls durch prozentuelle Abstriche zu berücksichtigen und selbst dann nicht als absolute Beträge vorweg vom Einkommen abzuziehen, wenn sie in Exekutionstiteln verkörpert sind (8 Ob 531/91, 4 Ob 506/92 u.a.; vgl. auch Pichler in Rummel**2 I Rz 3a zu § 94 ABGB und Rz 5 a zu § 140 ABGB; Purtscheller-Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 15, 92, 240 je mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung). Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß Prozentsätze nur im Interesse der Gleichbehandlung gleich gelagerter Fälle herangezogen werden können. Besonders atypische Fälle erfordern eine den tatsächlichen Verhältnissen angepaßte individuelle Berücksichtigung der Bemessungskriterien (RZ 1992/49 u.a.; Purtscheller-Salzmann a.a.O., Rz 15).

Im vorliegenden Fall ist die Anwendung der Prozentsatzmethode bei Bewertung der Zahlungsverpflichtung des Vaters zugunsten der geschiedenen Ehefrau schon deshalb kein geeignetes Mittel, weil der vergleichsweisen Regelung über diesen Beitrag zur Kreditrückzahlung von (bloß) S 3.500,-- monatlich nicht ohne weiteres unterstellt werden kann, die Vergleichsparteien hätten damit den Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau in einem der Leistungsfähigkeit des ausgezeichnet verdienenden Vaters auch nur einigermaßen entsprechendem Umfang regeln wollen.

Es ist daher unter der durch keine anderen Anhaltspunkte widerlegten Voraussetzung, daß sich der Vater seiner geschiedenen Ehefrau gegenüber unabhängig von seiner tatsächlichen Einkommenshöhe zu einer gleichbleibenden monatlichen Zahlung von S 3.500,-- verpflichtet hat, der Betrag von S 3.500,-- vorweg von der Bemessungsgrundlage abzuziehen und sodann der altersentsprechende Prozentsatz für den Unterhalt der mj. Susanne unter prozentueller Berücksichtigung der weiteren Sorgepflichten des Vaters, die dieser nicht als zu nieder bemängelt hat, zu bilden. 15 % (anstatt 13 %) der Bemessungsgrundlage von S 44.470,-- (anstatt S 47.970,--) ergeben S 6.670,--.

Der begehrte und vom Erstgericht zuerkannte Unterhaltsbeitrag von S 6.500,-- monatlich für Susanne K***** ist daher der Leistungsfähigkeit des Vaters durchaus angemessen. Daß selbst dieser Betrag noch nicht die sogenannte Luxusgrenze für ein 10- bis 15-jähriges Kind, dessen Durchschnittsbedarf etwa bei der Hälfte liegt, überschreitet, hat bereits das Rekursgericht zutreffend ausgeführt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte