OGH 7Ob1564/93

OGH7Ob1564/9330.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der antragstellenden Partei A***** AG, ***** vertreten durch Dr.Karl F. Engelhart und Dr.Nikolaus Reininger, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin Marktgemeinde B*****, vertreten durch Dr.Walter Schlesinger, Rechtsanwalt in Baden, wegen S 61,392.724,28 s.A., infolge außerordentlichen Rekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2.Februar 1993, GZ 44 R 984/92-35, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Rekursgegnerin auf Zuspruch der Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit am 23.11.1988 eingelangtem Antrag begehrte die Antragstellerin die Festsetzung einer Entschädigung gemäß § 24 NÖ Raumordnungsgesetz in Höhe von mindestens S 61,392.724,28 s.A. Die Antragsgegnerin habe Grundstücke, die die Antragstellerin erworben habe, von Bauland-Kerngebiet auf Grünland-Sportgebiet umgewidmet. Der bei der Antragsgegnerin gestellte Entschädigungsantrag sei mit dem auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses vom 8.3.1988 ergangenen, der Antragstellerin am 23.8.1988 zugestellten Bescheid der Antragsgegnerin abgewiesen worden. Die dagegen von der Antragstellerin erhobene Vorstellung an das Amt der NÖ Landesregierung sei noch anhängig. Mangels entsprechender Übergangsbestimmungen sei die mit LGBl. vom 6.9.1988, Kundmachung 102/88 novellierte Fassung des § 24 NÖ Raumordnungsgesetz bereits auf vorliegenden Fall anzuwenden, sodaß die gerichtliche Antragstellung zulässig und notwendig sei.

Die Antragsgegnerin wendete Unzulässigkeit des Rechtsweges ein, weil die dreimonatige Frist des § 24 Abs. 3 NÖ Raumordnungsgesetz zur Einbringung des Antrages auf Festsetzung der Entschädigung bei Gericht erst ab Zustellung des Bescheides über die Vorstellung, über die noch nicht entschieden sei, zu laufen beginne. Überdies setze die Antragstellung bei Gericht voraus, daß zumindest irgendeine Festsetzung im Verwaltungsweg erfolgt sei. Eine gerichtliche Überprüfung von Bescheiden, mit denen der Antrag abgewiesen worden sei, sei nicht zulässig. Im übrigen sei die zitierte Bestimmung verfassungsrechtlich bedenklich. Die Antragsgegnerin beantragte daher, den Antrag wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen. Überdies begehrte sie auf Grund weiterer Einwände die Antragsabweisung.

Mit am 14.6.1991 eingelangtem Schriftsatz teilte die Antragstellerin mit, daß ihrer Vorstellung mit Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung vom 28.7.1989 stattgegeben und der angefochtene Bescheid zur Gänze behoben worden sei; die Sache sei zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Marktgemeinde B***** zurückverwiesen worden. Die dagegen von der Antragsgegnerin erhobene Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof sei mit Erkenntnis vom 30.1.1990 als unbegründet abgewiesen worden. Da der Bescheid der Antragsgegnerin vom 8.3.1988 nicht mehr Bestand habe, werde der auf diesen Bescheid gegründete Antrag auf Festsetzung einer Entschädigung zurückgezogen. Zugleich beantragte die Antragstellerin, die Antragsgegnerin zum Ersatz der Verfahrenskosten zu verpflichten.

Die Antragsgegnerin verweigerte die ihrer Ansicht nach gemäß § 24 Abs. 3 NÖ Raumordnungsgesetz erforderliche Zustimmung zur Rücknahme des Antrages und sprach sich gegen das Kostenbegehren der Antragstellerin aus. Hilfsweise begehrte sie, ihr die Verfahrenskosten zuzusprechen.

Mit Beschluß vom 11.9.1992 erklärte das Erstgericht, die Zurücknahme des Antrages auf Festsetzung einer Entschädigung zur Kenntnis zu nehmen, verpflichtete die Antragsgegnerin zum Kostenersatz an die Antragstellerin und wies das Kostenbegehren der Antragsgegnerin ab. Da der dem Antrag zugrunde liegende Bescheid nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre, sei die im § 24 Abs. 3 NÖ Raumordnungsgesetz vorgesehene Zustimmung der Gemeinde zur Rückziehung des Antrages nicht erforderlich.

Das Gericht zweiter Instanz hob aus Anlaß des Rekurses der Antragsgegnerin diesen Beschluß und das gesamte Verfahren als nichtig auf und wies den Antrag auf Festsetzung einer Entschädigung zurück. Es verpflichtete die Antragsgegnerin zum Kostenersatz und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Ansicht, daß die Grundlage für die Eröffnung des Rechtsweges durch die Aufhebung des Bescheides weggefallen und die Sache daher dem Wirkungskreis der ordentlichen Gerichte entzogen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Antragsgegnerin erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig.

Nach Lehre und Rechtsprechung setzt die Zulässigkeit eines Rechtsmittels eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers voraus. Eine solche liegt nur dann vor, wenn der Rechtsmittelwerber durch die angefochtene Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt wird.

Beantragt eine Partei die Sachentscheidung des Gerichtes, weist aber das Gericht, wie hier, aus formellen Gründen den Antrag zurück, so ist die Gegenpartei durch eine solche Entscheidung nicht beschwert. Sie hat grundsätzlich kein verfahrensrechtlich geschütztes Interesse, daß über den verfahrenseinleitenden Antrag der Gegenseite sachlich entschieden werde (JBl. 1978, 155; 3 Ob 10/80 u.a.).

Die Rechtsprechung hat zwar in den Fällen, in denen dem Sachantrag des Antragsgegners durch die Entscheidung erster Instanz entsprochen wurde und diese Entscheidung vom Rekursgericht als nichtig aufgehoben wurde, dem Antragsgegner die Beschwer für das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof zuerkannt (SZ 47/136; JBl. 1956, 183; ArbSlg. 8911; 8 Ob 537/80 u.a.). Im vorliegenden Fall wurde aber in erster Instanz nicht inhaltlich über den Sachantrag entschieden.

Die Entscheidung der zweiten Instanz entspricht vielmehr dem von der Antragsgegnerin in erster Instnaz gestellten Antrag auf Zurückweisung des Entschädigungsantrages wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges. Die Antragsgegnerin hat somit mit ihrem nicht bloß hilfsweise, sondern unbedingt gestellten Antrag in vollem Umfang Recht bekommen. Daß das Gericht zweiter Instanz das Vorliegen des Zurückweisungsgrundes mit anderer Begründung als die Antragsgegnerin bejaht hat, vermag an dem Ergebnis nichts zu ändern, daß die Antragsgegnerin durch die von ihr bekämpfte Entscheidung zweiter Instanz nicht beschwert ist (vgl. Fasching, ZPR2 Rz 1716).

Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Rechtsschutzinteresse auch nicht mit dem Interesse an der Beseitigung der Kostenentscheidung begründet werden (EvBl. 1964/369 u.v.a.).

Soweit der Revisionsrekurs die Kostenentscheidung der zweiten Instanz bekämpft und hilfsweise den Antrag stellt, das Kostenersatzbegehren der Antragstellerin abzuweisen, ist der Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs. 2 Z. 2 AußStrG - das gemäß §§ 24 Abs. 3 NÖ Raumordnungsgesetz i. V.m. § 24 Abs. 1 Eisenbahnenteignungsgesetz anzuwenden ist (vgl. SZ 33/73; SZ 40/11 u.a.) - unzulässig.

Der Revisionsrekurs war daher aus den angeführten Gründen zurückzuweisen, ohne daß auf die Frage seiner Zulässigkeit im Sinn des § 14 Abs. 1 AußStrG einzugehen war. Damit fehlt auch jede Grundlage für die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens, das im Revisionsrekurs angeregt wird.

Die gemäß § 24 Abs. 3 NÖ Raumordnungsgesetz i.V.m. § 30 Abs. 4 und Abs. 5 Eisenbahnenteignungsgesetz grundsätzlich zulässige Beantwortung des Revisionsrekurses war nicht zu honorieren, weil auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund der mangelnden Beschwer nicht hingewiesen wurde.

Stichworte