Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Kranke wurde am 1. März 1993 infolge freiwilliger Einweisung durch den praktischen Arzt ohne sein Verlangen mit der Diagnose "depressives Zustandsbild, Selbstmordgefahr" in der NÖ Landesnervenklinik Mauer nach dem Unterbringungsgesetz aufgenommen. Nach der Anhörung gemäß § 19 UbG am 2.März 1993 erklärte das Erstgericht die Unterbringung als nicht zulässig. Es liege zwar eine psychische Erkrankung, jedoch keine erhebliche und unmittelbare Selbstgefährdung vor.
Dem dagegen erhobenen Rekurs des Abteilungsleiters erkannte das Erstgericht die aufschiebende Wirkung nicht zu.
Das Gericht zweiter Instanz wies diesen Rekurs als unzulässig zurück und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Der Patient sei entlassen worden, seine Wiederaufnahme könne nicht mehr angeordnet werden. Dem Abteilungsleiter mangle es daher am Rechtsschutzinteresse.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Abteilungsleiters ist nicht berechtigt.
Wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausgeführt hat, setzt die Zulässigkeit eines Rechtsmittels in dem hier maßgeblichen Verfahren außer Streitsachen (§ 12 Abs 2 UbG) voraus, daß der Rechtsmittelwerber noch im Zeitpunkt der Entscheidung über sein Rechtsmittel durch die bekämpfte Entscheidung beschwert ist. In Fällen, in welchen der gerichtliche Beschluß das Grundrecht des Menschen auf persönliche Freiheit (Art 5 Abs 1 lit e MRK bzw. Art 2 Abs 2 Z 5 des B-VG über den Schutz der persönlichen Freiheit vom 29. November 1988, BGBl 684) berührt, billigt die Rechtsprechung dem in diesem Recht Beeinträchtigten auch noch nach Aufhebung freiheitsbeschränkender Maßnahmen - also nach Aufhebung der Unterbringung oder nach Durchführung einer Zwangsbehandlung - ein rechtliches Interesse an der Feststellung zu, daß die freiheitsbeschränkende Vorkehrung zu Unrecht erfolgt sei (SZ 60/12; 1 Ob 549/91).
Diese Erwägungen treffen aber gerade auf das Rechtsmittel des Abteilungsleiters schon deshalb nicht zu, weil dieser - seiner Stellung im Verfahren (§ 28 Abs 2 UbG) zufolge - im Gegenteil nur den Ausspruch, die (weitere) Unterbringung oder Behandlung für zulässig zu erklären, anstreben kann. Da die Unterbringung aufgehoben wurde und eine weitere Unterbringung gemäß § 30 UbG damit gar nicht in Betracht kommt, könnte in sachlicher Erledigung des Rechtsmittels des Abteilungsleiters nur ausgesprochen werden, daß die weitere Unterbringung zulässig gewesen wäre.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß der Abteilungsleiter nach richtigem Verständnis seiner Stellung und seiner Aufgaben im Verfahren nach dem UbG ebenso wie der Patientenanwalt ausschließlich die Interessen des Kranken zu verfolgen habe, die einerseits auf die wirksame ärztliche Behandlung und andererseits auf die bestmögliche Wahrung der persönlichen Freiheit des Kranken gerichtet seien und einander insoferne widersprechen könnten. Sowohl der Patientenanwalt als auch der Abteilungsleiter hätten nur die Interessen der Patienten zu wahren. Dem Abteilungsleiter komme im Verfahren nach dem UbG nicht etwa die Wahrung der Interessen des Krankenhausträgers oder der behandelnden Ärzte zu. Es wurde daher vom Obersten Gerichtshof in vergleichbaren Fällen das Rechtschutzinteresse des Abteilungsleiters an der sachlichen Klärung der Zulässigkeit der Unterbringung nach der Behandlung des Patienten verneint (2 Ob 550/91; 5 Ob 505/92; 2 Ob 566/92; 1 Ob 600/92; 6 Ob 568/92; 3 Ob 501/93; 1 Ob 518/93).
Der - wenngleich in anderem Zusammenhang - in EvBl 1992/145 und 1 Ob 599/92 geäußerten Ansicht, das Rekursrecht des Abteilungsleiters diene der Abwehr des durch eine gerichtliche Sachentscheidung gegen die Anstalt gerichteten Vorwurfs gesetzwidriger Vorgangsweise gegenüber einem Kranken, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen, da sich dafür dem Gesetz kein Anhaltspunkt entnehmen läßt; dessen Ziel ist vielmehr, die Voraussetzungen des Aufenthalts des Kranken im geschlossenen Bereich möglichst eingehend zu prüfen (NR: GP XVII RV 464, 27). Das Verfahren nach dem Unterbringungsgesetz dient daher nur der bestmöglichen Wahrung der Interessen des Kranken. Eine darüberhinausgehende Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Verhaltens der Beteiligten hat nicht in diesem Verfahren, sondern allenfalls in dem auch hinsichtlich der zwangsweisen Anhaltung zulässigen (JBl 1989, 113; Schragel, Amtshaftungsgesetz**2 Rz 102) Amtshaftungsverfahren zu erfolgen.
Da somit das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs des Abteilungsleiters zu Recht mangels Beschwer zurückgewiesen hat, war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
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