OGH 3Ob501/93

OGH3Ob501/9317.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Unterbringungssache der Anne Maria W*****, infolge Revisionsrekurses des Abteilungsleiters der Niederösterreichischen Landesnervenklinik Mauer gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten vom 18.November 1992, GZ R 816/92-11, womit der Rekurs dieses Abteilungsleiters gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Amstetten vom 30.Oktober 1992, GZ Ub 367/92-7, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht hat die Unterbringung der am 24.10.1992 in der psychiatrischen Abteilung einer Krankenanstalt aufgenommenen Kranken für unzulässig erklärt. Die Unterbringung wurde am 4.11.1992 durch den Leiter dieser Abteilung aufgehoben.

Mit Beschluß vom 18.11.1992 wies das Rekursgericht den vom Abteilungsleiter am 3.11.1992 gegen den Beschluß des Erstgerichtes eingebrachten Rekurs zurück und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Dem Abteilungsleiter fehle infolge der von ihm selbst veranlaßten Aufhebung der Unterbringung die Beschwer. Auch ein Erfolg des Rechtsmittels bewirke nämlich nicht, daß die Kranke wieder in die Anstalt aufzunehmen sei. Die Entscheidung über den Rekurs habe daher keine praktischen oder rechtlichen Folgen, weshalb dem Abteilungsleiter das Rechtsschutzinteresse fehle und dessen Rechtsmittel unzulässig sei.

Der vom Abteilungsleiter gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in den Entscheidungen vom 24.3.1992, 5 Ob 505/92, vom 27.8.1992, 6 Ob 568/92, und vom 9.9.1992, 2 Ob 566/92, ausgesprochen, daß dem Abteilungsleiter nach Aufhebung der Unterbringung und nach Ablauf der Frist, für die gemäß § 26 Abs 3 UbG die Unterbringung festgesetzt werden darf, das Rechtsschutzinteresse für ein Rechtsmittel gegen den Beschluß fehlt, mit dem die Unterbringung eines Kranken für unzulässig erklärt wurde. Die Rechtsprechung, wonach der Betroffene auch nach Aufhebung eines Freiheitsentzuges noch ein Rechtsmittelinteresse an der Feststellung habe, daß die Maßnahme ungerechtfertigt gewesen sei, gelte nicht spiegelgleich auch für den Abteilungsleiter, zumal über dessen Interessen im gerichtlichen Verfahren nach dem Unterbringungsgesetz nicht zu entscheiden sei (6 Ob 568/92; 2 Ob 566/92). Bei der Entscheidung über die Frage, ob die Unterbringung eines bereits aus der Anstalt entlassenen Kranken für zulässig erklärt hätte werden müssen, handle es sich um eine rein theoretische Entscheidung ohne jede praktische oder rechtliche Folge (5 Ob 505/92).

Hier ist es ohne Bedeutung, daß zur Zeit der Entscheidung des Rekursgerichtes die Frist, für welche die Unterbringung festgesetzt hätte werden dürfen, noch nicht abgelaufen war. Die Unterbringung wurde nämlich gemäß § 32 UbG vom Abteilungsleiter aufgehoben. Da in einem solchen Fall die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr vorliegen, kann auch vor Ablauf der für die erste Unterbringung zulässigen Frist eine neue Unterbringung nur dann für zulässig erklärt werden, wenn sich die Verhältnisse geändert haben und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Unterbringung ohne Verlangen des Kranken in einem neuen Verfahren geprüft wird. Dem Rekursgericht ist daher darin beizupflichten, daß die Entscheidung über den Rekurs des Abteilungsleiters für die hier untergebrachte Kranke nur mehr theoretische Bedeutung gehabt hätte. Ob die Rechtsansicht des Rekursgerichtes auch für andere Fälle der Aufhebung der Unterbringung zutrifft, in denen die für die Unterbringung zulässige Frist noch nicht abgelaufen ist, muß hier nicht erörtert werden.

Unter diesen Umständen ist auch das im Revisionsrekurs vorgetragene Argument nicht zielführend, wonach ein Interesse daran bestehe, durch die Rechtsprechung die Frage zu klären, ob die Unterbringung eines Kranken mit dem gleichen Krankheitsbild, wie es bei der hier in der Anstalt aufgenommenen Kranken bestand, zulässig ist. Die Gerichte sind nicht berufen, Rechtsfragen unabhängig von einer Beschwer des Rechtsmittelwerbers zu lösen.

Schließlich ist auch aus der im Revisionsrekurs ins Treffen geführten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 26.9.1991, 7 Ob 585/91, für den Standpunkt des Rekurswerbers nichts zu gewinnen. Sie erging nämlich über den Revisionsrekurs des Patientenanwalts und es wurde darin zur Frage des Rechtsschutzinteresses des Abteilungsleiters nicht ausdrücklich Stellung genommen. Soweit sie sich auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Feststellung der Unrechtmäßigkeit eines Freiheitsentzugs beruft, ist sie außerdem aus den dargelegten Gründen nicht maßgebend.

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