OGH 6Ob553/93

OGH6Ob553/931.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Richard S*****, der mj. Marianne S***** und der mj. Elisabeth S*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Willibald S*****, vertreten durch Dr.Klaus und Dr.Ute Messiner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21.April 1993, GZ 3 R 182/93-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St.Veit/Glan vom 18.März 1993, GZ 2 P 56/91-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der drei Minderjährigen ist geschieden. Die Obsorge für sie kommt der Mutter zu. Aufgrund des im Einvernehmen der Eltern zustandegekommenen Beschlusses des Erstgerichtes vom 27.5.1992 war der Vater, der als Selbständiger einen Fleischereibetrieb führte, verpflichtet, ab 1.3.1992 monatliche Unterhaltsbeiträge von je S

1.500 für jedes der Kinder zu leisten.

Am 18.1.1993 stellten die Kinder, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft St.Veit/Glan als Unterhaltssachwalter, den Antrag, die Unterhaltsbeiträge ab 1.2.1993 für Richard auf S 3.200, für Marianne auf S 3.000 und für Elisabeth auf S 2.800 monatlich zu erhöhen, dies mit dem Vorbringen, die Einkommensverhältnisse des Vaters hätten sich geändert, er sei bei der Firma Billa in St.Veit beschäftigt und verdiene samt Nebengebühren monatlich S 23.000 netto. Überdies seien die Bedürfnisse der Kinder altersbedingt gestiegen. Die nicht berufstätige Mutter beziehe lediglich Notstandshilfe von monatlich S 7.400.

Mit Beschluß vom 4.2.1993 forderte das Erstgericht den Unterhaltsschuldner gemäß § 185 Abs 3 AußStrG auf, sich zum Erhöhungsantrag binnen 10 Tagen zu äußern, widrigenfalls angenommen werde, daß er dem Antrag keine Einwendungen entgegensetze. Diese Aufforderung wurde dem Antragsgegner am 11.2.1993 zugestellt. Am 24.2.1993 beantragten die Rechtsvertreter des Vaters, die Äußerungsfrist bis 10.3.1993 zu verlängern, "da es noch notwendig sei, daß der Vater mit ihnen und dem Masseverwalter Rücksprache halte".

Nachdem bis zum 18.3.1993 keine Äußerung eingelangt war, gab das Erstgericht dem Unterhaltserhöhungsbegehren statt. Der mj. Richard besuche die Handelsschule, die beiden Mädchen die Hauptschule. Die erhöhten Unterhaltsbeträge entsprächen den Bedürfnissen der Kinder. Der Unterhaltsbemessung sei das behauptete monatliche Nettoeinkommen des Vaters von S 23.000 zugrundezulegen, weil dieser keine Einwendungen erhoben habe. Dem Unterhaltsschuldner verblieben nach Abzug der Unterhaltsverpflichtungen monatlich noch S 14.000; mit diesem Betrag könne ohne weiteres das Auslangen gefunden werde.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters keine Folge. Es erhob nach den Rekursbehauptungen, daß mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 28.9.1992, 5 S 107/92, über das Vermögen des Unterhaltsschuldners das Konkursverfahren eröffnet und noch anhängig sei. Die Minderjährigen hätten Unterhaltserhöhungsansprüche für die Zeit nach der Konkurseröffnung geltend gemacht. Solche Ansprüche seien keine Konkursforderungen und könnten auch während des anhängigen Konkursverfahrens gegen den Gemeinschuldner anhängig gemacht und fortgesetzt werden. In jenen Bereichen, die das zur Konkursmasse gehörende Vermögen nicht beträfen, wie im Falle des § 5 KO, sei nicht der Masseverwalter, sondern ausschließlich der Gemeinschuldner verfügungsberechtigt. Eine Nichtigkeit durch Unterlassung der Zustellung des angefochtenen Beschlusses an den Masseverwalter liege daher nicht vor. Auch das rechtliche Gehör sei nicht verletzt worden, weil dem Unterhaltsschuldner unter Hinweis auf die Rechtsfolgen der unterlassenen Äußerung gemäß § 185 Abs 3 AußStrG ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zum Erhöhungsantrag geboten worden sei; diese habe er auch in der ohnehin verlängerten Frist nicht genützt. Die Neuerungen im Rekurs, das tatsächliche Einkommen liege unter dem zugrundegelegten Betrag und werde überdies an den Masseverwalter überwiesen, der nach Abzug und Überweisung der Unterhaltsbeiträge von je S 1.500 für die drei Kinder dem Gemeinschuldner nur einen für die Lebenshaltungskosten unbedingt erforderlichen geringeren Betrag zur Verfügung überlasse, seien unbeachtlich. Aus dem Fristerstreckungsantrag der Rechtsvertreter des Unterhaltspflichtigen hätte das Erstgericht zwar entnehmen können, daß offensichtlich ein Konkursverfahren anhängig sei; dem Antrag des Unterhaltspflichtigen auf Verlängerung der Äußerungsfrist sei aber nur zu entnehmen, daß er mit seinen Rechtsvertretern und dem Masseverwalter noch Rücksprache halten wolle. Dies bedeute aber weder eine Zustimmung noch eine Ablehnung des Erhöhungsbegehrens. Der bloße Hinweis auf ein Konkursverfahren ohne Darlegung der Folgen für die konkrete Vermögenslage des Unterhaltsschuldners biete für sich allein keinen Anhaltspunkt dafür, daß der zur Äußerung aufgeforderte Antragsgegner dem Unterhaltserhöhungsantrag entgegentrete. Da auch innerhalb der verlängerten Frist keine Äußerung erfolgt sei, habe das Erstgericht zu Recht § 185 Abs 3 AußStrG angewendet und das dem Tatsachenbereich zuzuordnende Vorbringen der Antragsteller zugrundegelegt. Bedenken an der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners seien nicht vorhanden gewesen, weil diesem gemäß § 5 Abs 1 KO vom Masseverwalter soviel zu überlassen sei, als es zu einer bescheidenen Lebensführung für ihn und seine gesetzlich Unterhaltsberechtigten unerläßlich sei. Es obliege auch dem Gemeinschuldner, vom Masseverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses eine Erhöhung des gewährten Unterhaltes zu erwirken, wenn der ihm bereits zuerkannte Betrag zur Deckung des für eine bescheidene Lebensführung für ihn und seine Familie unerläßlich Notwendigen nicht (mehr) ausreiche. Da die begehrten Unterhaltsbeträge die Regelbedarfssätze nicht überstiegen und sich auch im Rahmen der Richtsätze nach § 6 Abs 2 UVG bewegten, stellten sie ein nachvollziehbares Maß für eine unter dem Durchschnitt liegende und daher als bescheiden anzusehende Lebensführung im Sinne des § 5 KO dar.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil, soweit überblickbar, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle, inwieweit das Gericht in einem Unterhaltserhöhungsverfahren gemäß § 185 Abs 3 AußStrG von der im Antrag behaupteten Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners ausgehen dürfe, wenn es zwar von der Eröffnung des Konkurses über dessen Vermögen Kenntnis erlange, der Unterhaltsschuldner sich aber zum Erhöhungsbegehren nicht weiter äußere.

Rechtliche Beurteilung

Dem Revisionsrekurs kommt keine Berechtigung zu.

Die Ausführungen des Rekursgerichtes sind zutreffend. Nach § 185 Abs 3 AußStrG ist das Gericht zwar nicht seiner Pflicht enthoben, die rechtlichen Voraussetzungen für eine Stattgebung des Begehrens des Antragstellers zu prüfen, darf aber das Schweigen des zur Äußerung aufgeforderten Beteiligten dahin verstehen, daß dieser dem Antrag nicht entgegentritt und das dem Tatsachenbereich zuzuordnende Vorbringen nicht bestreitet. Die Verfahrensvereinfachung nach § 185 Abs 3 AußStrG verbietet sich nur dann, wenn das Kindeswohl eine amtswegige Aufklärung bzw Erhebung der erforderlichen Entscheidungsgrundlagen erheischt oder der Akteninhalt gegen die Richtigkeit des Vorbringens des Antragstellers spricht oder auch dann, wenn aus besonderen Gründen anzunehmen ist, daß der zur Äußerung Aufgeforderte ungeachtet seines Schweigens dem Antrag entgegentritt. Solche Gründe liegen hier keineswegs vor. Aus der bloßen Mitteilung im Antrag des Unterhaltspflichtigen auf Verlängerung der Äußerungsfrist, es sei noch eine Rücksprache mit seinen Rechtsvertretern und dem Masseverwalter erforderlich, kann keineswegs darauf geschlossen werden, er trete dem Unterhaltserhöhungsantrag jedenfalls entgegen. Der erkennende Senat hat schon in seiner Entscheidung 6 Ob 573/92 dargelegt, daß ein nach dem Gesetz zur Unterhaltsleistung Verpflichteter in einem Verfahren für den Wegfall oder die Minderung seiner Leistungsfähigkeit behauptungs- und beweispflichtig ist und dieser verfahrensrechtlichen Obliegenheit nicht schon mit dem bloßen Hinweis auf die erfolgte Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen genügt, weil die Konkurswirkungen die Leistungsfähigkeit des Gemeinschuldners zur Erbringung eines bestimmten titelmäßig festgelegten oder begehrten Unterhaltsbetrages zwar herabsetzen können, aber nicht müssen. Die Auswirkungen des Konkurses über das Vermögen eines Unterhaltspflichtigen auf seine Leistungsfähigkeit und damit auf die konkrete Unterhaltszahlungspflicht sind nach der Zusammensetzung der Unterhaltsbemessungsgrundlagen (Vermögen, Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit) und nach der Höhe der Unterhaltsleistungen unterschiedlich. Der Antragsgegner in einem Unterhaltsfestsetzungsverfahren ist daher behauptungs- und beweispflichtig, welche konkreten Auswirkungen ein über sein Vermögen eröffnetes Konkursverfahren auf seine ohne die Konkurseröffnung anzunehmende Leistungsfähigkeit ausübt. Wenn vom Antragsteller lediglich ein monatliches Nettoeinkommen des Unterhaltsschuldners aus unselbständiger Tätigkeit von S 23.000 behauptet wird und der begehrte Unterhalt sich noch dazu im Rahmen der Regelbedarfssätze hält, die als nachvollziehbares Maß für eine bescheidene Lebensführung im Sinne des § 5 KO anzusehen sind (3 Ob 544/92), sind die Grundlagen für eine Entscheidung über den gestellten Erhöhungsantrag auch dann ausreichend, wenn dem Gericht aus dem Akteninhalt die Tatsache der Konkurseröffnung über das Vermögen des Unterhaltsschuldners bekannt ist. Unterbleibt eine konkrete Äußerung des Antragsgegners - im vorliegenden Fall wurde ja sogar eine Rücksprache mit dem Masseverwalter angekündigt -, kann jedenfalls davon ausgegangen werden, daß dem Unterhaltsschuldner von dem behaupteten Nettoeinkommen im Sinne des § 5 Abs 1 KO soviel belassen wird, daß er die geforderten Unterhaltsbeträge auch leisten kann.

Die Vorinstanzen haben daher zu Recht die Bestimmung des § 185 Abs 3 AußStrG angewendet.

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