Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens.
Text
Begründung
Der Kläger ist Inhaber des aufrechten Europäischen Patents 0030312 betreffend ein Verfahren zur Herstellung eines Gebißmodells. Österreich zählt zu den benannten Vertragsstaaten, für die das Europäische Patent erteilt worden ist.
Der Anspruch 1 des Europäischen Patents lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung eines Gebißmodells zur Anfertigung von Zahnersatzteilen wie Einlage-Gußfüllungen, Kronen, Brücken, Gebißprothesen und dgl., bei dem positive Nachbildungen der aus Modellwerkstoff gefertigten Zahnstümpfe über Stifte (22) lösbar an einem Sockel fixiert sind, wobei jeder Stift (22) in eine Aufnahme
(23) einer Sockelplatte (1) eingesteckt wird, danach ein Gebißabdruck
(8) mit dem Modellwerkstoff aufgefüllt wird und schließlich die an der Sockelplatte (1) fixierten Stifte (22) in den aushärtenden Modellwerkstoff teilweise eingetaucht werden, dadurch gekennzeichnet, daß diese Sockelplatte (1) aus einem formbeständigen Werkstoff allein den Modellsockel bildet, daß diese Sockelplatte (1) vor dem Ausfüllen des Gebißabdruckes (8) in eine exakt definierte Lage zum Gebißabdruck
(8) gebracht wird, daß anhand des Gebißabdruckes (8) die Positionen der Stifte (22) individuell festgelegt und an entsprechenden Stellen in die Sockelplatte (1) die Aufnahmen (23) für die Stifte eingearbeitet werden und daß nach dem Einsetzen der Stifte (22) in die Aufnahmen (23) die Sockelplatte (1) in eine solche Lage in bezug zu dem mit Modellwerkstoff aufgefüllten Gebißabdruck (8) gebracht wird, daß die Stifte (22) an den festgelegten Positionen in den aushärtenden Werkstoff eintauchen."
Für die im Anspruch 1 des Europäischen Patents genannte Sockelplatte besteht kein Sachpatent des Klägers.
In der Patentbeschreibung wird (ua) auf ein aus der US-PS 3937773 bekanntes Verfahren dieser Art verwiesen, bei dem schon eine Sockelplatte aus Kunststoff verwendet wird; zwei andere, aus Patenterteilungen bekannte Verfahren zur Herstellung eines Gebißmodells bedienten sich einer durchsichtigen Platte bzw einer Schaumstoffplatte als Hilfseinrichtung. Alle diese Verfahren seien aber sehr zeitaufwendig und in bezug auf die Positionierung der Stifte bzw Gummihülsen ungenau. Der Erfindung liege daher die Aufgabe zugrunde, das aus der US-PS 3937773 bekannte Verfahren so weiterzubilden, daß Gebißmodelle mit einem geringeren Zeitaufwand und höherer Genauigkeit als bisher hergestellt werden können. Insbesondere solle mit einfachen Mitteln eine exakt parallele Ausrichtung der Stifte an individuell ausgerichteten Positionen möglich sein. Diese Aufgabe werde erfindungsgemäß durch die Lehre des kennzeichnenden Teils des Anspruches 1 gelöst. Die Erfindung vereinige in sich die Vorteile der bekannten Verfahren, ohne zugleich deren Nachteile aufzuweisen. Durch die formschlüssige Festlegung der Stifte in Aufnahmen einer formstabilen Sockelplatte sei eine exakte Parallelführung der Stifte gewährleistet. Durch die individuelle Festlegung und Einarbeitung der Aufnahmen in die ursprünglich nicht vorgebohrte Sockelplatte werde gewährleistet, daß die Stifte später genau an den vorgesehenen Positionen in den Modellwerkstoff eintauchen, also meist auf die Kauflächenmitte ausgerichtet sind. Da die Sockelplatte bei dem erfindungsgemäßen Verfahren allein den Modellsockel bilde, entfalle das zeitraubende Abgipsen des Sockels. Das Modell könne beliebig oft von seinem Sockel abgenommen werden, ohne daß eine Erweiterung der Stiftaufnahmen zu befürchten sei. Da der Sockel formstabil sei, entspreche auch das Modell dem Original in einer Genauigkeit, die bisher nicht erreichbar war.
Als Werkstoff für die Sockelplatte eigneten sich verschiedenartige Materialien. Vom verwendeten Werkstoff hänge es ab, ob die Stifte ohne zusätzliche Maßnahmen direkt in die Sockelplatte eingedrückt oder vorher erwärmt werden. Besonders bevorzugt werde eine Ausführung, bei der in die Sockelplatte zunächst Führungsbohrungen eingearbeitet werden und die Stifte in diese Bohrungen in erwärmtem Zustand eingedrückt werden.
Im Anschluß daran werden die Erfindung und deren vorteilhafte Weiterbildungen an Hand der Zeichnungen - auszugsweise - wie folgt näher erläutert:
"Es zeigen:
Fig.1 einen Umriß einer Sockelplatte für ein Modell eines Unterkiefers. Fig.2 einen Umriß einer Sockelplatte für ein Modell eines Oberkiefers,
Fig.3 einen Schnitt durch die Sockelplatte nach Fig.1,
Fig.4 in vergrößerter Darstellung einen Auschnitt der Platte vor dem Fixieren des Stiftes,
Fig.5 einen Ausschnitt der Platte mit fixiertem Stift,
Fig.6 einen an der Platte befestigten Doppelzahnstumpf,
Fig.7 eine perspektivische Darstellung eines Ausrichtgerätes.
Fig.1 zeigt den Umriß einer Sockelplatte 1, nachstehend auch einfach Platte genannt, die zur Anfertigung eines Modells eines Unterkiefers gedacht ist. Die Platte 1 hat einen mehreckigen Umriß, der dem Gebißabdruck eines Unterkiefers wenigstens annähernd angepaßt ist. Die Seitenkanten der Platte 1 verlaufen wenigstens annähernd parallel zu den Tangenten der Außenflächen der letzten Backenzähne, Eckzähne und Frontzähne. Fig.2 zeigt eine entsprechend ausgebildete Platte für das Modell eines Oberkiefers. Natürlich sind auch andere Formen denkbar, insbesondere wenn nur ein Teilbereich eines Kieferteils in einem Modell dargestellt werden soll.
Die Platte 1 hat zwei parallel zueinander verlaufende Führungsflächen 3, 4, in die Führungsnuten 5 eingearbeitet sind. Außerdem ist senkrecht dazu eine Anschlagfläche 2 vorgesehen. Diese Flächen und Anschläge gewährleisten, daß die Platte 1 reproduzierbar immer wieder in die gleiche Position in einem Ausrichtgerät gebracht werden kann.
Die Platte 1 hat eine Dicke von etwa 10 mm. Sie ist aus einem formbeständigen Material hergestellt. Vorzugsweise verwendet man Acrylglas, das leicht, aber hart und bruchfest ist und sich gut bearbeiten läßt. Ein glasklarer Werkstoff erleichtert das Festlegen der Fixierpunkte für die Stifte. Man kann aber auch andere thermoplastische Kunststoffe verwenden, insbesondere Kunststoffe mit einem niedrigen Schmelzpunkt. Es eignen sich auch metallische Werkstoffe, beispielsweise Weichaluminium. Von den Eigenschaften des Plattenwerkstoffes hängt die Art und Weise ab, wie man die Stifte in der Platte fixiert.
Bevor anhand der Fig.3 bis 6 das Herstellungsverfahren näher erläutert wird, wird das in Fig.7 schematisch dargestellte Ausrichtgerät 10 beschrieben. Dieses Ausrichtgerät hat einen Auflageteller 11 für den in einem Abdrucklöffel 7 befindlichen Gebißabdruck 8. Über Führungsstangen 12 und eine Gewindespindel 13 ist ein Träger 14 vertikal verstellbar gelagert. Dieser Träger hat zwei parallel zueinander verlaufende Schenkel 15 mit Führungsleisten
16. Die beiden Schenkel 15 bilden zusammen mit einem Anschlagsteg 17 einen Rahmen 18 für die Platte 1. Die Platte 1 kann in Richtung des Pfeiles A in den Rahmen 18 eingeschoben werden, wobei die Führungsflächen passend an den Schenkeln und die Anschlagfläche 2 am Anschlagsteg 17 anliegt. Die Platte ist auch in vertikaler Richtung fixiert. Die Platte ist damit eindeutig im Rahmen und damit auch in bezug auf den darunter angeordneten Gebißabdruck 8 fixiert. Diese Ausgangslage ist jederzeit exakt reproduzierbar. Bei einem anderen in der Zeichnung nicht näher dargestellten Ausführungsbeispiel ist der Rahmen allseitig geschlossen, wobei die Form dem Plattenumriß entspricht. Die Platte ist dann in horizontaler Lage in allen Richtungen am Rahmen festgelegt und kann lediglich in vertikaler Richtung aus dem Rahmen entfernt werden. Wichtig ist, daß der Durchbruch im Rahmen größer oder allenfalls gleich ist dem Umriß des Gebißabdruckes......."
Nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen übt die Beklagte das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Europäischen Patentes des Klägers zwar nicht selbst aus; sie stellt aber Sockelplatten her und bringt diese in Verkehr. Sie vertreibt ihre Sockelplatten jedenfalls an Dental-Labors und Zahnarztpraxen, die über ein "Z***** II-Gerät", also ein von der deutschen Linzenznehmerin des Klägers hergestelltes und geliefertes "Ausrichtgerät" im Sinne der Patentbeschreibung, verfügen.
Die von der deutschen Linzenznehmerin des Klägers hergestellten und vertriebenen "Z***** Sockelplatten" und die Sockelplatten der Beklagten sind in ihrer Dimensionierung im Umriß gleich; in der Höhe ist die Sockelplatte der Beklagten geringfügig niedriger. Die in die Platten miteingegossenen Verstrebungen sind gleich situiert; ihre Dimensionierung ist ähnlich. Auch die geringe Ausnehmung - Rechteck mit aufgesetztem Halbkreis - ist bei beiden Sockelplatten in der Draufsicht gleich. In den Ausnehmungen befinden sich auch jeweils vier Bohrungen, wobei diejenigen der "Z*****-Sockelplatte" aus einer großen, kreisförmigen Durchtrittsbohrung, umgeben von drei kleineren Sackbohrungen bestehen, die Bohrungen der Sockelplatte der Beklagten aber eine sehr kleine kreisförmige Durchtrittsbohrung, umgeben von drei etwas größeren Sackbohrungen aufweisen. Die umgebenden Sackbohrungen sind auf beiden Platten etwa gleich groß; nur auf der Rückseite der Sockelplatte der Beklagten befinden sich noch drei weitere Sackbohrungen.
Der Kläger behauptet, daß die Beklagte, auch wenn sie das durch Anspruch 1 geschützte Verfahren nicht selbst ausübe, doch durch die Herstellung und den Vertrieb von exakt wie "Z*****-Sockelplatten" ausgebildeten Sockelplatten, welche die räumlich-körperlichen Merkmale gemäß Patentbeschreibung und Anspruch 1 aufweisen, sein Verfahrenspatent verletze. Im Sinne der Rechtsprechung zum patentrechtlichen "Teilschutz" greife die Beklagte mit der Herstellung und dem Vertrieb der Sockelplatten bereits in den Anspruch 1 des Europäischen Patentes des Klägers ein, stelle doch dieser in seinem kennzeichenden Teil ausschließlich auf eine solche Sockelplatte als maßgebliches Arbeitsmittel für das Verfahren ab. Die Merkmale des geschützten Verfahrens seien daher bereits an einer wie im Patent beschrieben ausgestalteten Sockelplatte funktionell erfüllt. Im übrigen dürften zwar die österreichischen Abnehmer der von der Linzenznehmerin des Klägers vertriebenen Sockelplatten diese zur Herstellung gemäß dem Verfahrenspatent verwenden; das gelte aber nicht für die österreichischen Abnehmer bloß des Bohrgerätes "Z***** II". Auch beliefere die Beklagte mit den Sockelplatten nicht nur die Besitzer eines solchen Bohrgerätes. Ihre Abnehmer griffen daher bei Verwendung der Sockelplatten zur Herstellung eines Gebißmodells nach dem für den Kläger geschützten Verfahren in das Patent ein. Dadurch, daß die Beklagte ihren Abnehmern, also den Patentverletzern, das ausschließlich zur Patentverletzung dienende Mittel - die Sockelplatten - an die Hand gebe, leiste sie jedenfalls einen unmittelbaren Beitrag zur Vornahme der Verletzungshandlungen.
Der Kläger begehrt daher, die Beklagte schuldig zu erkennen, das Herstellen, Feilhalten und/oder Inverkehrbringen von Sockelplatten mit folgenden räumlich-körperlichen Merkmalen zu unterlassen:
- die als Modellsockel für Gebißmodelle aus formbeständigem Kunststoff einen mehreckigen Umriß aufweisen, der dem Gebißabdruck eines Unter- oder eines Oberkiefers annähernd angepaßt ist;
- die zwei parallel zueinander verlaufende Führungsflächen, in die Führungsnuten (Zentriernuten) eingearbeitet sind, und senkrecht dazu eine Anschlagfläche aufweisen;
- die bestimmt und geeignet sind für die Durchführung eines Verfahrens zur Herstellung eines Gebißmodells zur Anfertigung von Zahnersatzteilen wie Einlage-Gußfüllungen, Kronen, Brücken, Gebißprothesen und dgl., bei dem positive Nachbildungen der aus Modellwerkstoff gefertigten Zahnstümpfe über Stifte lösbar an einem Sockel fixiert sind, wobei jeder Stift in eine Aufnahme der Sockelplatte eingesteckt wird, danach ein Gebißabdruck mit dem Modellwerkstoff aufgefüllt wird und schließlich die an der Sockelplatte fixierten Stifte in den aushärtenden Modellwerkstoff teilweise eingetaucht werden und vor dem Ausfüllen des Gebißabdruckes in eine exakt definierte Lage zum Gebißabdruck gebracht wird, wobei die Sockelplatte allein den Modellsockel bildet, wobei anhand des Gebißabdruckes die Positionen der Stifte individuell festgelegt und die Aufnahme für die Stifte an entsprechenden Stellen in die Sockelplatte eingearbeitet werden und wobei nach dem Einsetzen der Stifte in die Aufnahme die Sockelplatte in eine solche Lage in bezug zu dem mit Modellwerkstoff aufgefüllten Gebißabdruck gebracht wird, daß die Stifte an den festgelegten Positionen in den aushärtenden Werkstoff teilweise eintauchen.
Der Beklagten werde daher untersagt, insbesondere Sockelplatten gemäß Beilage E, die zur Durchführung des "Z*****-Verfahrens" geeignet und bestimmt sind und die in Beilage B dargelegten Merkmale aufweisen, herzustellen, feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen.
Der Kläger verbindet damit ein Rechnungslegungsbegehren sowie das Verlangen auf Zahlung eines - erst auf Grund der Rechnungslegung nach seiner Wahl zu beziffernden - angemessenen Entgeltes oder Schadenersatzes und ein Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung.
Unter Hinweis auf einen "sklavischen Nachbau" der Beklagten hat der Kläger unmittelbar vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz sein Unterlassungs- und Urteilsveröffentlichungsbegehren auch noch auf § 1 UWG gestützt.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens, weil sie in das Verfahrenspatent des Klägers nicht eingegriffen habe. Ein Sachpatent an den Sockelplatten bestehe nicht; diese seien bereits seit längerer Zeit bekannt und entsprächen dem Stand der Technik. Eine "mittelbare Patentverletzung" sei dem österreichischen Recht fremd. Die Beklagte beliefere mit ihrer Sockelplatte ausschließlich Personen, die ein "Z***** II-Gerät" erworben haben; mit dem Erwerb eines solchen Bohrgerätes sei aber bereits die Berechtigung zur Anwendung des Verfahrens nach dem Patent des Klägers verbunden.
Das Erstgericht nahm von weiteren Beweisaufnahmen Abstand und wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Mit dem Vertrieb der beanstandeten Sockelplatten greife die Beklagte nicht in das Verfahrenspatent des Klägers ein, erstrecke doch § 22 Abs 2 PatG die Wirkung dieses Schutzrechtes nur auf die durch dieses Verfahren unmittelbar hergestellten Gegenstände, hier also auf ein nach dem geschützten Verfahren hergestelltes Gebißmodell zur Anfertigung von Zahnersatzteilen. Die beanstandeten Sockelplatten seien im Rahmen eines Sachpatentes nicht schützbar, weil sie seit längerer Zeit bekannt seien und dem Stand der Technik angehörten. Zwar führe die Beklagte einen Teil des durch das Klagepatent geschützten Verfahrens durch, doch beträfen die Sockelplatten nicht den wesentlichen Teil der Gesamtlösung des Erfindungsgegenstandes. Beihilfe zur Patentverletzung durch Dritte liege schon deshalb nicht vor, weil hiezu die bloße Möglichkeit eines späteren Patenteingriffes durch Dritte nicht ausreiche. Eine "mittelbare Patentverletzung" sei in Österreich - anders als in der Bundesrepublik Deutschland - nicht Gegenstand des Patentschutzes. Da ein fehlender Patentschutz nicht durch § 1 UWG substituiert werden könne, für eine sittenwidrige Nachahmung eines fremden Produktes aber noch zusätzliche, hier nicht einmal behauptete, Momente erforderlich seien, liege auch der beanstandete Wettbewerbsverstoß nicht vor.
Das Berufungsgericht faßte einen Aufhebungsbeschluß; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Feststellung des Erstgerichtes, daß die Sockelplatten seit längerer Zeit bekannt seien und dem Stand der Technik entsprächen, könne sich weder auf ein entsprechendes Beweismittel stützen noch betreffe sie eine im Sinne des § 269 ZPO notorische Tatsache. Diese Frage sei aber entscheidungswesentlich. Unstrittig sei nämlich, daß die Beklagte das patentgeschützte Verfahren nicht selbst anwendet, sondern nur ein für die Anwendung des Verfahrens notwendiges Hilfsmittel herstellt und vertreibt. Eine solche "mittelbare Patentverletzung" sei in der Bundesrepublik Deutschland seit 1.1.1981 durch § 10 dPatG gesetzlich geregelt. Mit dieser Bestimmung habe jedoch der deutsche Gesetzgeber nur eine von der Lehre und der Rechtsprechung des Reichsgerichtes und ihm folgend des Bundesgerichtshofes entwickeltes Rechtsinstitut geregelt und erweitert; dieses sei daher auch für den österreichischen Rechtsbereich durchaus anwendbar, zumal eine vorbeugende Unterlassungsklage im Gesetz (§ 147 Abs 1 PatG) ausdrücklich eingeräumt und auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes eine Haftung des Mittäters, Gehilfen oder Anstifters bejaht werde. Eine "mittelbare Patentverletzung" der Beklagten könnte aber nur dann vorliegen, wenn die beanstandeten Sockelplatten für sich allein bereits ein wesentliches Element der Erfindung verwirklichten. Das sei dann nicht der Fall, wenn sie im Sinne der Behauptungen der Beklagten bereits ein allgemein bekanntes und gebräuchliches technisches Erzeugnis wären. Diese Frage könne nur mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens geklärt werden. Im ersteren Fall liege eine Verletzung des Verfahrenspatentes des Klägers durch die Beklagte nur dann vor, wenn sie - abgesehen von der unstrittigen Kenntnis der Eignung ihrer Sockelplatten für die Anwendung des geschützten Verfahrens - diese zumindest fahrlässig angeboten und verkauft hätte, ohne sich über die Berechtigung ihrer Vertragspartner zur Benützung des geschützten Verfahrens zu informieren. Das bloße Herstellen, Anbieten und Verkaufen der Sockelplatten an vom Kläger zur Benützung seines patentgeschützten Verfahrens berechtigte Personen sei aber auch keine "mittelbare Patentverletzung". Über den Abnehmerkreis der Beklagten lägen unterschiedliche Parteienbehauptungen vor, so daß hiezu ergänzende Feststellungen erforderlich seien. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren erweisen, daß mit dem Besitz des Bohrgerätes noch keine Berechtigung zur Nutzung des geschützten Verfahrens verbunden war, dann sei eine drohende Patentverletzung durch die Abnehmer der Beklagten evident. Die Sache sei aber auch für den Fall der Verneinung eines Patenteingriffes noch nicht spruchreif, weil die angeführten fehlenden Feststellungen über das Verhältnis der beanstandeten Sockelplatten der Beklagten zum Erfindungsgedanken des Verfahrenspatentes des Klägers sowie über den Kundenkreis der Beklagten auch für den vom Kläger geltend gemachten Verstoß gegen § 1 UWG wegen "sklavischen Nachbaues" wesentlich seien.
Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils.
Der Kläger stellt den Antrag, dem Rekurs der Beklagten nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger ist Inhaber eines aufrechten Europäischen Patentes betreffend ein Verfahren zur Herstellung eines Gebißmodells; er nimmt den Patentschutz für Österreich als benannten Vertragsstaat in Anspruch, weshalb das beanstandete Eingriffsverhalten der Beklagten ausschließlich nach österreichischem Patentrecht zu beurteilen ist. Danach erstreckt sich der Schutz eines Verfahrenspatentes auf jede Benützung des Verfahrens in der für den Erfindungsgegenstand bezeichnenden Art, wobei aber dessen Wirkung nach § 22 Abs 2 PatG ausdrücklich auch auf die durch das patentierte Verfahren unmittelbar hergestellten Gegenstände erweitert ist, so daß Erfindungsgegenstand und Schutzbereich bei Verfahrenspatenten weiter sind, als es der eigentlichen Erfindung entspricht (Friebel-Pulitzer, Österreichisches Patentrecht2, 218). Der vorliegende Fall ist aber dadurch gekennzeichnet, daß der Kläger der Beklagten gar nicht die ohne seine Zustimmung unter Benützung des geschützten Verfahrens erfolgte Herstellung von Gebißmodellen und deren Vertrieb, also nicht das unbefugte Anwenden seines Verfahrenspatents oder dessen unbefugtes Anbieten zur Anwendung, und auch nicht den Vertrieb durch das geschützte Verfahren unmittelbar hergestellter Gebißmodelle vorwirft, sondern das Herstellen und den Vertrieb von Sockelplatten, also von Hilfsmitteln, mit denen Dritte Gebißmodelle unter Anwendung des für ihn geschützten Verfahrens herstellen können. Damit nimmt der Kläger die Beklagte nicht als Täterin oder Mittäterin einer Verletzung seines Verfahrenspatentes in Anspruch, ist doch das Herstellen, Anbieten und Inverkehrbringen von Vorrichtungen und Hilfsmitteln zur Ausübung eines geschützten Verfahrens noch kein Anwendung des Verfahrens, sondern erst deren bestimmungsgemäßer Gebrauch durch den Dritten (Bruchhausen in Benkard, dPatG8, 392 Rz 49 zu § 9 mwH). Da es in diesem Zusammenhang unstrittig ist, daß der Kläger für die Sockelplatten kein Sachpatent besitzt, hängt die Entscheidung auch nicht von der Frage ab, ob ein derartiges Sachpatent schon deshalb nicht erteilt werden könnte, weil die Sockelplatten seit längerer Zeit bekannt sind und dem Stand der Technik entsprechen. Ob das Berufungsgericht die entsprechenden Feststellungen des Erstgerichtes hätte übernehmen müssen, weil sie auf dem Fachwissen des erstgerichtlichen Senates beruhten, braucht demnach nicht mehr geprüft zu werden, betrifft doch der geltend gemachte Mangel des Berufungsverfahrens keinen entscheidungsrelevanten Umstand.
Mit Recht wendet sich aber die Beklagte gegen die Übernahme der von der deutschen Lehre und Rechtsprechung schon vor dem 1.1.1981 entwickelten Grundsätze zur sogenannten "mittelbaren Patentverletzung" auf den vorliegenden Fall. Das österreichische PatG kennt keine dem § 10 dPatG 1981 entsprechende Regelung. Richtig ist, daß schon seit dem Ende der 20iger Jahre in der Rechtsprechung des Reichsgerichtes das Rechtsinstitut der "mittelbaren Patentverletzung" als besondere, gesetzlich nicht geregelte Form der Teilnahme an einer dem Patentinhaber vorbehaltenen Benützungshandlung entwickelt und vom Bundesgerichtshof fortgeführt worden ist (Bruchhausen aaO 410 Rz 1 zu § 10). Diese "besondere" Teilnahmeform geht über die Tatbestände der Anstiftung und der Beihilfe insoweit hinaus, als sie in subjektiver Hinsicht Fahrlässigkeit statt Vorsatz (beim unmittelbaren und/oder beim mittelbaren Verletzer) genügen läßt (Meier-Beck, Ersatzansprüche gegenüber dem mittelbaren Patentverletzer, GRUR 1993, 1 ff [1]). Es ist daher auch nicht verwunderlich, daß die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein solches "Rechtsinstitut" bisher nicht übernommen hat, fehlen doch im österreichischen Rechtsbereich für eine derartige Erweiterung der Teilnahmeform an fremdem Rechtsbruch jegliche gesetzlichen Grundlagen. In Österreich ist es vielmehr ein allgemeiner, nicht nur im Wettbewerbsrecht (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 511.1; WBl 1991, 330 mwN), sondern auch im Immaterialgüterrecht (Urheberrecht: ÖBl 1991, 181; Patentrecht: ÖBl 1963, 65) vertretener, aus § 1301 ABGB ableitbarer Rechtsgrundsatz, daß auch Mittäter, Anstifter und Gehilfen ebenso haften wie der Täter selbst. "Gehilfe" im Sinne der angeführten Rechtsprechung ist aber nur, wer den Täter bewußt fördert (Gamerith, Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen "Gehilfen", WBl 1991, 305 ff [311 f und 313 f]; WBl 1991, 330). Da der "Gehilfe" im Sinne des § 1301 ABGB eine adäquate Ursache für die Störungshandlung eines anderen setzt, muß er auch die Tatbestände, die sein rechtswidriges Verhalten begründen, kennen, also Kenntnis vom beabsichtigten Rechtsbruch des Dritten haben oder diesen jedenfalls in Kauf nehmen (vgl Gamerith aaO 315 f insbesondere zum "selbständigen Gehilfen"). Es bedarf daher keiner Übernahme des von der deutschen Rechtsprechung entwickelten Rechtsinstitutes der "mittelbaren Patentverletzung"; soweit es das Berufungsgericht auch auf eine fahrlässige Teilnahme an fremder Patentverletzung ausgedehnt wissen will, steht dem schon die österreichische Rechtslage entgegen.
Damit ist aber für die Beklagte noch nichts gewonnen, legt ihr doch der Kläger der Sache nach gerade die Begehung von Patenteingriffen durch Beihilfe zur Last. In diesem Zusammenhang kann es nicht zweifelhaft sein, daß die von der Beklagten hergestellten und feilgehaltenen Sockelplatten ein notwendiges Mittel für die Anwendung des Verfahrenspatentes des Klägers sind. Ist nämlich die Herstellung von Gebißmodellen ohne Sockel oder Sockelplatte gar nicht möglich, worauf schon in der Patentbeschreibung im Rahmen der Darstellung bisher bekannter - anderer - Verfahren hingewiesen wurde, so besteht ja gerade der Lösungsgedanke des vorliegenden Verfahrenspatentes darin, daß die Sockelplatte aus einem formbeständigen Werkstoff allein den Modellsockel bildet und vor dem Ausfüllen des Gebißabdruckes in eine exakt definierte Lage zum Gebißabdruck gebracht wird, so daß an Hand des Gebißabdruckes die Positionen der Stifte individuell festgelegt und an entsprechenden Stellen in die Sockelplatte die Aufnahmen für die Stifte eingearbeitet werden können; damit wird erreicht, daß nach dem Einsetzen der Stifte in die Aufnahmen die Sockelplatte nur noch in eine solche Lage in bezug zu den mit Modellwerkstoff ausgefüllten Gebißabdruck gebracht werden muß, daß die Stifte an den festgelegten Positionen in den aushärtenden Werkstoff eintauchen. Auf diese Weise können Gebißmodelle mit einem geringeren Zeitaufwand und mit höherer Genauigkeit als bisher hergestellt werden, und es wird insbesondere mit einfachen Mitteln eine exakt parallele Ausrichtung der Stifte an individuell festgelegten Positionen ermöglicht. Hat daher die Beklagte die Sockelplatten hergestellt, in Verkehr gebracht und feilgehalten, um damit ihren Abnehmern die unbefugte Anwendung des Verfahrenspatentes des Klägers zur Gebißherstellung zu ermöglichen, fiele ihr eine Patentverletzung durch Beihilfe zur Last.
Im vorliegenden Fall ist es unstrittig, daß die Beklagte ihre Sockelplatten an Dental-Labors und Zahnarztpraxen vertreibt, welche über ein "Z***** II"-Gerät, also über eine Vorrichtung im Sinne eines serienmäßig gefertigten Ausrichtgerätes zur Anwendung des geschützten Verfahrens, verfügen. Während aber die Beklagte vorbringt, sie habe ihre Sockelplatten ausschließlich an solche Personen vertrieben, die mit dem Erwerb eines "Z***** II"-Gerätes auch die Befugnis erworben hätten, Gebißmodelle nach dem patentgeschützten Verfahren herzustellen, behauptet der Kläger demgegenüber, daß die Beklagte auch Personen beliefert habe, die nicht Besitzer des Bohrgerätes "Z***** II" gewesen seien, und daß selbst die Erwerber eines solchen Bohrgerätes das patentgeschützte Verfahren nur mit den von seiner Lizenznehmerin vertriebenen Sockelplatten anwenden dürften. Da zu diesem gegensätzlichen Vorbringen der Parteien keine Feststellungen getroffen wurden, erweist sich die Aufhebung des Ersturteils als unumgänglich. Da der Beklagten ein Patenteingriff durch Beihilfe zur Last gelegt wird, obliegt dem Kläger die Beweislast dafür, daß sie mit dem Vertrieb der Sockelplatten die von ihren Abnehmern beabsichtigte Patentverletzung bewußt gefördert hat; die Beklagte muß daher auch in Kenntnis des Umstandes gewesen sein, daß selbst Besitzer des Bohrgerätes "Z***** II" nicht schlechthin zur Anwendung des Verfahrenspatentes befugt waren, sondern diese Befugnis auf die Verwendung der von der Lizenznehmerin des Klägers hergestellten Sockelplatten eingeschränkt war. Letzteres setzt allerdings eine entsprechende - einschränkende - Vereinbarung beim Kauf des Bohrgerätes voraus, weil andernfalls die entgeltliche Veräußerung einer für die Anwendung des geschützten Verfahrens notwendigen Vorrichtung durch den Lizenznehmer die Gestattung der Anwendung des geschützten Verfahrens bereits indiziert, kann doch eine solche Vorrichtung in anderer Weise gar nicht sinnvoll benützt werden. Der Kläger wird demnach auch den Nachweis zu erbringen haben, daß seine Lizenznehmerin den Käufern des Bohrgerätes "Z***** II" gegenüber die Erlaubnis zur Benützung des geschützten Verfahrens ausdrücklich vom Bezug weiterer Hilfsmittel, insbesondere der Sockelplatten, von ihr selbst abhängig gemacht hat und daß die Beklagte von einer derartigen, den Käufern der Bohrgeräte überbundenen Verpflichtung auch Kenntnis gehabt oder sich dieser Kenntnis bewußt verschlossen hat. Soweit die Beklagte auch an Nichtbesitzer von Bohrgeräten "Z***** II" Sockelplatten geliefert haben sollte, obliegt dem Kläger der Beweis dafür, daß derartige Abnehmer mit den Sockelplatten das geschützte Verfahren anwenden wollten und auch angewendet haben, was die Beklagte zumindest in Kauf genommen hätte.
In jedem Falle wird das Erstgericht zu beachten haben, daß das Unterlassungsbegehren des Klägers in der vorliegenden Form zu weit gefaßt ist, so daß es im Falle einer Klagestattgebung auf die der Beklagten zum Vorwurf gemachte Beihilfe zu Patentverletzungen Dritter einzuschränken sein wird; überdies enthält es ein - überflüssiges - identisches Doppelverbot, ist doch sein zweiter Teil durch die Verweisung auf Beilage B - ausgenommen deren Punkt 7 - mit dem ersten Teil inhaltsgleich. Soweit aber der letzte Punkt in Beilage B auf Anspruch 14 des Klagepatentes abstellt, ist darauf zu verweisen, daß der Kläger bisher nur eine Verletzung des Anspruches 1 durch Beihilfe behauptet hat.
Daraus ergibt sich, daß die Aufhebung des Ersturteils durch das Berufungsgericht im Ergebnis - wenn auch aus einem anderen Grund - berechtigt war. Zutreffend rügt aber der Beklagte, daß eine Aufhebung zur Prüfung des vom Kläger noch zusätzlich geltend gemachten Rechtsgrundes - Verstoß gegen § 1 UWG wegen "sklavischen Nachbaues" der Sockelplatten - nicht mehr erfolgen durfte. Da nämlich der Kläger den Unterlassungs- und den Urteilsveröffentlichungsanspruch auf zwei verschiedene Rechtsgründe gestützt hatte, seine Berufung aber nur noch Ausführungen zum Rechtsgrund der Patentverletzung durch Beihilfe, aber keine gesetzmäßige Ausführung zum Rechtsgrund der Wettbewerbsverletzung enthalten hatte, durfte sich das Berufungsgericht mit dieser Frage nicht mehr auseinandersetzen (EvBl 1985/154; MietSlg 39.767 ua).
Dem Rekurs mußte demnach im Ergebnis ein Erfolg versagt bleiben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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