OGH 10ObS86/93

OGH10ObS86/9311.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Mag.Margarethe Peters (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Friedrich Wienerroither (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Erna H*****, vertreten durch DDr.Manfred Nordmeyer, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, wegen Witwenpension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.Februar 1993, GZ 12 Rs 3/93-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 5.November 1992, GZ 27 Cgs 173/92-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht ist richtig (§ 48 ASGG).

Sie entspricht dem § 258 Abs 4 ASVG in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung der 44. ASVGNov BGBl 1987/609 und der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates (SSV-NF 1/63; 2/11, 27; 3/64, 83; 4/51, 75, 115, 161; 5/98, 127; 6/43, 99, 132). Dabei betrafen die schon vom Berufungsgericht bezogenen Entscheidungen SSV-NF 5/98 und 10 Ob S 186/92 (= SSV-NF 6/99) dem vorliegenden vergleichbare Fälle, in denen der Versicherte zur Zeit seines Todes seiner nach § 55 Abs 3 EheG mit dem Ausspruch nach § 61 Abs 3 leg cit geschiedenen Frau aufgrund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor Auflösung der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung keinen Unterhalt zu leisten hatte, sondern erst die eingeantworteten Erben aufgrund einer erst nach dem Tod des Versicherten eingebrachten Klage bzw einer bewilligten Wiederaufnahme eines zur Zeit des Todes des Versicherten durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossenen Verfahrens verurteilt wurden, für die Zeit des Todes des Erblassers Unterhaltsbeiträge zu leisten.

Daß im nunmehrigen Fall im zwischen der geschiedenen Ehegattin des Versicherten und seinen Erben geführten Rechtsstreit diese nicht nur unter Beschränkung der Haftung mit der Höhe des Wertes der von ihnen übernommenen Nachlaßaktiven ua für die Zeit des Todes des Versicherten zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen verurteilt wurden, sondern auch urteilsmäßig festgestellt wurde, daß der Versicherte zu seinen Lebzeiten und im Zeitpunkt seines Todes der Klägerin gegenüber unterhaltspflichtig war, ändert daran nichts, daß der Versicherte seiner geschiedenen Frau zur Zeit seines Todes nicht aufgrund eines gerichtlichen Urteiles Unterhalt oder einen Unterhaltsbeitrag zu leisten hatte. Die Revisionswerberin verkennt, daß es für den Anspruch eiens früheren Ehepartners des Versicherten auf Witwen(Witwer)pension nicht ausreicht, wenn ihm der Versicherte zur Zeit seines Todes aufgrund des Gesetzes (§§ 66 ff EheG, im Falle des § 69 Abs 2 leg cit auch § 94 ABGB) unterhaltspflichtig war - das wurde im Rechtsstreit zwischen der Klägerin und den gesetzlichen Erben des Versicherten mit Urteil des Obersten Gerichtshofes 20.2.1992 8 Ob 532/92 festgestellt -. § 258 Abs 4 ASVG setzt vielmehr voraus, daß der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt (Unterhaltsbeitrag) aufgrund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor Auflösung (Nichtigerklärung) der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung zu leisten hatte.

Der erkennende Senat hat schon zu SSV-NF 5/98 begründet, warum § 258 Abs 4 ASVG selbst in Fällen, in denen die Ehe nach § 55 EheG mit dem Ausspruch nach § 61 Abs 3 leg cit geschieden wurde, auch im Hinblick auf die begünstigende Regelung des § 264 Abs 5 ASVG nicht teleologisch dahin reduziert werden kann, daß kein qualifizierter Unterhaltstitel erforderlich ist.

Zur Frage, ob im Zeitpunkt des Todes des Versicherten bereits ein Urteil, allenfalls sogar ein rechtskräftiges Urteil vorliegen muß, oder ob im Fall der späteren Stattgebung des Klagebegehrens bereits die Einbringung der Klage bei Lebzeiten des Versicherten genügt, mußte auch im vorliegenden Fall nicht Stellung genommen werden.

Nach der RV zur 51.ASVGNov 932 BlgNR 18. GP 49 liegt der Zweck der formalen Erfordernisse des § 258 Abs 4 ASVG einerseits darin, daß den Sozialversicherungsträgern die materielle Prüfung des Grundes, insbesondere aber der Höhe des Unterhaltsanspruches erspart bleiben soll. Andererseits sollen damit Manipulationsmöglichkeiten zu Lasten der Sozialversicherungsträger verhindert werden. Die Volksanwaltschaft habe darauf hingewiesen, daß diese Ziele in Wahrheit nicht erreichbar seien. Durch die in der RV vorgeschlagene Novellierung der zit Gesetzesstelle soll nunmehr - um Härtefälle zu vermeiden - ein Anspruch auf Hinterbliebenenpension auch dann entstehen, wenn für eine bestimmte Zeit nachweislich bis zum Tod des (versicherten) Ehepartners regelmäßig tatsächlich Unterhalt geleistet worden ist und die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert hat. Die Witwen(Witwer)pension soll nämlich auch gebühren, wenn der (die) Versicherte zur Zeit seines (ihres) Todes Unterhalt geleistet hat, und zwar regelmäßig zur Deckung des Unterhaltsbedarfs ab einem Zeitpunkt nach der Rechtskraft der Scheidung bis zu seinem (ihrem) Tod, mindestens während der Dauer des letzten Jahres vor seinem (ihrem) Tod, wenn die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert hat.

Mangels einer tatsächlichen Unterhaltsleistung würde der Klägerin auch nach der vorgesehenen Novellierung des § 258 Abs 4 ASVG keine Witwenpension gebühren.

Der Oberste Gerichtshof hat § 258 Abs 4 ASVG nicht nur in vielen Fällen angewendet (s va die schon zit, in SSV-NF veröffentl E), sondern auch wiederholt ausdrücklich dargelegt, daß er gegen diese Bestimmung aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit keine Bedenken hat (SSV-NF 2/27; SVSlg 35.576; SSV-NF 4/126; 5/98, 127; 6/43). Auch die Ausführungen in der Revision konnten beim erkennenden Senat solche Bedenken, die Voraussetzung für einen Antrag auf Aufhebung dieser Gesetzesstelle beim Verfassungsgerichtshof nach Art 89 Abs 2 B-VG wären, nicht hervorrufen. Deshalb war der diesbezüglichen Anregung der Revisionswerberin nicht zu entsprechen.

Der nicht berechtigten Revision war nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Im Hinblick darauf, daß die angefochtene Entscheidung der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entspricht, war der Revisionswerberin auch kein teilweiser Ersatz der Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zuzubilligen.

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