OGH 6Ob532/93

OGH6Ob532/9328.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.pharm. Leontine S*****, *****, vertreten durch Dr. Ernst Pammer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Anton F*****, vertreten durch Dr. Christa Heller ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung und Gestattung (Streitwert S 30.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgerichtes vom 12.1.1993, GZ R 877/92-14, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Hainfeld vom 12.10.1992, GZ C 389/92 -6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.623,04 (darin S 603,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 12.4.1987 hat die Klägerin dem Beklagten die Liegenschaften EZ *****und *****des Grundbuches *****KG *****und EZ *****des Grundbuches *****KG **********verkauft. Im Punkt IV dieses Vertrages wurde vereinbart, daß der Käufer die Liegenschaften in dem Zustand, wie alles liegt und steht mit allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör und Inventar, so wie sie die Verkäuferin besessen und benützt hat oder zu besitzen und zu benützen berechtigt war, übernimmt. Nicht verkauft wurden die Einrichtung des Wohnhauses, das von der Klägerin und ihrem Ehegatten bewohnt wurde und an welchem dem Ehemann der Klägerin auf dessen Lebenszeit das uneingeschränkte Wohnrecht eingeräumt wurde, sowie zwei Pferde, welche nicht als Zubehör der Liegenschaft bezeichnet wurden. Über das Schicksal eines im Wohnhaus befindlichen, an zwei Seiten mit der Mauer fest verbundenen Kachelofens, der von einem Nebenraum aus beheizt werden kann, wurde anläßlich des Kaufvertrages nichts gesprochen.

Die Klägerin, die nach dem Tode ihres Mannes zur Räumung des Wohnhauses verpflichtet ist, begehrt die Feststellung, daß der Beklagte nicht Eigentümer der Kacheln sei, mit welchen der beschriebene Kachelofen verkleidet ist; ferner verlangt sie, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Entfernung dieser Kacheln durch die Klägerin zu gestatten. Der Beklagte wandte ein, der Kachelofen samt Verkleidung mit Kacheln sei als Liegenschaftszubehör in sein Eigentum übergegangen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, die Kacheln seien Zubehör im Sinne des § 294 ABGB, welche das rechtliche Schicksal der Hauptsache teilten. Nach dem Kaufvertrag sollte Zubehör und Inventar - mit Ausnahme lediglich der Einrichtung des Wohnhauses - auf den Käufer übergehen; Sonderrechte an den Kacheln seien nicht vereinbart worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Punkt IV des Kaufvertrages sei nach § 914 ABGB auszulegen. Eine besondere Absicht der Parteien sei nicht hervorgekommen. Die vom Eigentumsübergang ausgenommene "Einrichtung des Wohnhauses" sei nach der Übung des redlichen Verkehrs zu interpretieren. Unter Einrichtung und Hausrat seien nur die zur Führung des Haushaltes erforderlichen Gerätschaften und Möbel zu verstehen. Auch bei der Verwendung gleichgelagerter Begriffe in § 1101 Abs 1 ABGB und im Mietrecht (§ 25 MRG) sei jeweils nicht an einen Kachelofen oder ähnliche Dinge zu denken, die gleichsam einen "fixen Bestandteil" des Raumes darstellten. Auch die Heranziehung des § 297 ABGB zur Auslegung führe dazu, unter der "Einrichtung des Wohnhauses" nicht auch einen Kachelofen zu subsumieren, wenn die Ausnahme vom Eigentumserwerb nicht deutlich erklärt werde.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu der Frage, ob ein Kachelofen ein unselbständiger Bestandteil eines Hauses sei oder zu dessen "Einrichtung" gehöre, keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegen die Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht vor, denn die Frage, ob nach den im vorliegenden Einzelfall festgestellten Umständen und nach der Verkehrssitte ein mit der Mauer fest verbundener Kachelofen unselbständiger Bestandteil des Hauses ist oder zu dessen "Einrichtung" gehört, ist keine solche von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung und Lehre, daß sowohl selbständiger Bestandteil als auch Zubehör zwar sonderrechtsfähig sind, im Zweifel aber dem rechtlichen Schicksal der Hauptsache folgen (EvBl 1966/512 ua; Koziol-Welser II9, 14). Sowohl Bestandteile einer unbeweglichen Sache als auch deren Zubehör sind unbeweglich und gelten im Zweifel als mit der Hauptsache veräußert (§ 1047 ABGB). Auch wenn man, wie die Klägerin, die Kacheln eines Kachelofens wegen der Möglichkeit, sie tatsächlich und wirtschaftlich von der Restsache zu trennen und selbständig zu verwerten, als selbständigen Bestandteil ansehen will, ändert dies nichts daran, daß ein Sonderrecht daran anläßlich des Kaufvertrages nicht begründet wurde. Eine Subsumtion des gesamten eingemauerten Ofens oder bloß der darauf befindlichen Kacheln unter den Begriff "Einrichtung des Wohnhauses" kommt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht in Betracht.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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