OGH 14Os45/93

OGH14Os45/9327.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.April 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Zawilinski als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard V***** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3.Februar 1993, GZ 6 c Vr 8.938/92-53, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr.Bierlein, des Angeklagten Gerhard V***** und des Verteidigers Dr.Flendrovsky zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Gerhard V***** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 12.April 1992 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Hermann K***** versucht, fremde bewegliche Sachen der Eva und dem Herbert H***** durch Einbruch in deren Hausboot mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Mit der Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Abweisung (S 315 iVm 331, 333) des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 3.Februar 1993 gestellten Beweisantrages auf Vornahme eines Augenscheines "beim gegenständlichen Hausboot zum Beweis dafür, daß sich die Vorgänge technisch nicht so ereignet haben können, wie der Zeuge H***** das in der letzten Hauptverhandlung dargestellt hat". Diesem Antrag mangelt es indes schon an einem konkreten Beweisthema, weil aus ihm nicht hervorgeht, welche bestimmten tatsächlichen Umstände durch den Augenschein bewiesen werden sollten. Dies läßt sich auch aus dem Zusammenhang nicht ableiten, weil der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung keine Angaben darüber machte, welcher konkrete Vorgang sich nicht so, wie vom Zeugen H***** geschildert, habe abspielen können. Damit fehlt aber bereits die Basis für die Überprüfung der Relevanz des Beweisantrages; die dazu erst in der Rechtsmittelschrift nachgetragenen Gründe tatsächlicher Art können keine Berücksichtigung (mehr) finden (Mayerhofer-Rieder, StPO3, § 281 Z 4 ENr. 18 und 41). Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers wurden somit durch die Abweisung des Beweisantrages nicht verletzt.

Mit der Mängelrüge (Z 5) behauptet der Angeklagte eine offenbar unzureichende Begründung der Feststellung seines auf Begehung eines Einbruchsdiebstahls gerichteten Vorsatzes, wobei er einzelne Argumente der Beweiswürdigung des Erstgerichtes bekämpft. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist jener Teil der Urteilsbegründung, wonach der Hund den Angaben der Zeugen Eva H***** und Herbert H***** zufolge, (zunächst) nicht gebellt habe (US 6), nicht aktenwidrig, weil beide Zeugen tatsächlich so ausgesagt haben (siehe S 291 f, 294). Die Äußerung des Zeugen Herbert H*****, daß der Hund gebellt habe, als sie die zweite Person gestellt hatten (S 293), bezog sich ersichtlich auf einen späteren Zeitpunkt. Auch mit der Behauptung, der vernehmende Polizist habe seine Angaben über das Betreten des Bootes unrichtig wiedergegeben, vermag der Beschwerdeführer keine Aktenwidrigkeit aufzuzeigen. Im Kern erschöpft sich das Beschwerdevorbringen seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach in einer - nach wie vor - unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer Schuldberufung; ein Begründungsmangel (Z 5) wird damit nicht aufgezeigt.

Genausowenig zielführend ist die Tatsachenrüge (Z 5 a) im Recht, welche gleichfalls darauf abzielt, die tatrichterlichen Feststellungen durch für den Beschwerdeführer günstigere zu ersetzen. Erhebliche sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen vermag sie nicht aufzuzeigen.

Mit der Rechtsrüge (Z 9 lit. a) macht der Beschwerdeführer geltend, daß das festgestellte (ihn betreffende) Verhalten noch keinen strafbaren Versuch des Einbruchsdiebstahls darstelle, weil es am Naheverhältnis zur Tatausführung mangle. Nach § 15 Abs. 2 StGB ist die Tat versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen oder einen anderen dazu zu bestimmen (§ 12 StGB), durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. Der strafbare Versuch setzt somit eine Handlung voraus, die durch ihren sinnfälligen Zusammenhang mit der beabsichtigten Deliktsverwirklichung auf diese direkt ausgerichtet ist und nach den zielgewollten Vorstellungen des Handelnden alsbald oder doch in unmittelbarer Folge in die Ausführung übergehen soll, mit anderen Worten ausführungsnah ist. In subjektiver Hinsicht wird gefordert, daß das verbrecherische Tätervorhaben schon in ein Stadium getreten ist, in dem angenommen werden kann, daß der Täter die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung überwunden hat, womit sein Vorsatz erst spezifisch vorwerfbar wird (siehe ÖJZ-LSK 1975/63, 64 = SSt. 46/22 = EvBl. 1975/283; Leukauf-Steininger, Komm.3, § 15 RN 6, 9 und 10 mwN).

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes beschlossen der Angeklagte V***** und Hermann K*****, einen Einbruchsdiebstahl in ein an der Donauinsel liegendes Hausboot ("Daube") zu begehen, zu welchem Zweck der Beschwerdeführer ein seiner Meinung nach zu diesem Zeitpunkt von seinen Besitzern (vorübergehend) nicht benütztes Boot über den Steg betrat und auf das Dach der (auf dem Boot befindlichen) Hütte kletterte, um einen geeigneten Eingang in das Hausboot zu finden (US 4). Damit hatte er die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung bereits überwunden und in dieser Bereitschaft eine Handlung gesetzt, die nach seinen zielgewollten Vorstellungen in unmittelbarer Folge in die Ausführung des beabsichtigten Deliktes übergehen sollte. Denn die Suche nach einer Öffnung in einem der im § 129 Z 1 StGB genannten Schutzobjekte, um dort unmittelbar einzubrechen oder einzusteigen, stellt entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht bereits eine ausführungsnahe Handlung zum Einbruchsdiebstahl dar. Der Schuldspruch wegen versuchten Einbruchsdiebstahls erfolgte somit frei von Rechtsirrtum.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten.

Dabei wertete es die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend, hingegen den Umstand, daß es beim Versuch blieb, als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren zumindest teilbedingte Nachsicht an.

Der Berufung kommt gleichfalls keine Berechtigung zu.

Die Behauptung des Berufungswerbers, der in Rede stehenden Straftat sei "kein intensiver Vorsatz zugrunde gelegen, sondern eine sich zufällig bildende Gelegenheit", vermag den damit relevierten Milderungsgrund nach § 34 Z 9 StGB nicht zu begründen. Verlockende Gelegenheit allein genügt nämlich dafür nicht; die Gelegenheit zur Begehung der betreffenden Straftat muß vielmehr in besonderem Maße nahe legen, daß ihr auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen könnte (EvBl. 1983/122 ua); davon kann jedoch vorliegend keine Rede sein. Bei dem Einwand hinwieder, daß von den vier Vorstrafen "zwei bezirksgerichtlichen keine besondere Bedeutung" zukomme, übersieht der Angeklagte - über den in den Jahren 1985 und 1986 (ua) wegen Eigentumsdelikten zunächst eine fünfmonatige und hierauf (als Zusatzstrafe) eine einjährige (jeweils bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe verhängt werden mußte -, daß die letzte (bezirksgerichtliche) Verurteilung im Jahr 1991 wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und damit jedenfalls wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung (§ 71 StGB) beruhenden strafbaren Handlung erfolgte.

Ausgehend von den sohin vom Erstgericht vollständig festgestellten Strafzumessungsgründen und unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung ist die über den Angeklagten in erster Instanz verhängte Freiheitsstrafe nicht überhöht.

Im Hinblick auf die nicht unerhebliche Vorstrafenbelastung des Angeklagten und die Wirkungslosigkeit bisheriger Abstrafungen fehlt es auch an den Voraussetzungen für die Gewährung teilbedingter Strafnachsicht. Zur Erreichung der Strafzwecke bedarf es des Vollzuges der über den Angeklagten verhängten Sanktion.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

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