OGH 7Ob512/93

OGH7Ob512/9321.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Ebner und Dr. Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Club ***** I*****, vertreten durch Dr. Hans Georg Mondel, Rechtsanwalt in Wien, Wipplingerstraße 14, wider die beklagten Parteien 1.) Josef H***** und 2.) Erna H*****, beide vertreten durch DDr. Manfred König, Rechtsanwalt in 5760 Saalfelden, Rathausplatz 3, wegen Lit. 57,104.000 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 8. Juli 1992, GZ 21 R 348/91‑42, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See vom 19. Juni 1991, GZ 5 C 455/90t‑32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0070OB00512.930.0421.000

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei Lit. 11,600.000,‑- samt 4 % Zinsen seit dem 3. Februar 1990, alle Beträge in österreichischen Schillingen zum Kurs der Wiener Börse am Zahlungstag, Devise Rom‑Brief, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das darüber hinausgehende Klagebegehren des Inhalts, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei weitere Lit. 45,504.000 samt 4 % Zinsen seit dem 3. Februar 1990 zu ersetzen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zuhanden des Beklagtenvertreters DDr. Manfred König Verfahrenskosten von S 93.714,50 (darin S 15.618,90 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist ein im Vereinsregister von Arezzo/Italien registrierter Verein, der ‑ insoweit als Reiseveranstalter ‑ mit den beklagten Parteien, die in Österreich ein Hotel betreiben, einen Beherbergungsvertrag abgeschlossen hat. Sie begehrt von den Beklagten den Ersatz eines Betrages von Lit. 57,104.000, den sie ihren Vereinsmitgliedern sowie einem italienischen Transportunternehmen wegen des Nichtzustandekommens der Urlaubsreise zu zahlen hatten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende, für das Revisionsverfahren relevante Feststellungen:

Zwischen den Streitteilen wurde ein Beherbergungsvertrag für den Zeitraum vom 26. Dezember 1989 bis zum 7. Jänner 1990 abgeschlossen, um Mitgliedern der klagenden Partei einen Urlaubsaufenthalt in Österreich zu ermöglichen. Bereits am 15. September 1989 hatte sich der Vereinsvorstand gegenüber seinen Mitgliedern für den Fall des Unterbleibens dieser Reise ‑ aus welchen Gründen immer ‑ neben der Rückzahlung der Anzahlungen auch zur Bezahlung von Strafgeldern (Pönale) in gestaffelter Höhe für den Fall verpflichtet, als sich die Unmöglichkeit der Durchführung der Reise erst weniger als 25 Tage vor dem geplanten Reiseantritt ergeben sollte.

Im Rahmen der Reisevorbereitungen schloß die klagende Partei darüberhinaus mit dem italienischem Reiseunternehmen M***** einen Beförderungsvertrag, mit dem die Bezahlung der Transportkosten unbeschadet der Durchführung der Reise ‑ insoweit daher als Vertragsstrafe ‑ vereinbart wurde. Über diese Vereinbarungen informierte die klagende Partei die Beklagten weder bei Vertragsabschluß noch zu einem späteren Zeitpunkt.

Aus dem Verschulden der Beklagten, die das gebuchte Quartier am 12. Dezember 1989 anderweitig vergeben hatten, unterblieb die Urlaubsreise, und zwar zur Gänze, da für die vorgesehene Zeit auch kein Ersatzquartier ausfindig gemacht werden konnte. Die klagende Partei bezahlte in der Folge neben der Rückerstattung der erhaltenen Anzahlungen Lit. 45,504.000 an Vereinsmitglieder als Pönale und Lit. 11,600.000 aus demselben Grund an das Transportunternehmen M*****. Eine anderweitige Verwendung der von M***** bereitgestellten Busse konnte nicht festgestellt werden.

In rechtlicher Beurteilung dieses Sachverhaltes bejahte das Erstgericht zwar die grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des Erfüllungsschadens, wies jedoch das Klagebegehren ab, weil die von der Klägerin zum Ersatz begehrten Strafgelder dem Erfüllungsschaden nicht zuzurechnen seien, da sie außerhalb der schutzwürdigen Interessensphäre der klagenden Partei liegen und die Beklagten nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge damit auch nicht haben rechnen können.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und erklärte die Revision im Hinblick auf die Frage der Reichweite des Rechtswidrigkeitszusammenhanges bei Vertragsverletzungen für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revision kommt teilweise Berechtigung zu.

Zutreffend gingen die Unterinstanzen davon aus, daß auf das vorliegende Rechtsverhältnis zwischen den beiden Parteien dem § 36 IPR gemäß österreichisches Recht anzuwenden ist.

Die Haftung für den behaupteten Schaden ist daher nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechtes zur Haftung für die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen zu beurteilen. Der Sonderbestimmung des Art.8 Nr. 2 EVHGB iVm § 345 HGB, nach der selbst bei einseitigen Handelsgeschäften ‑ wie hier ‑ auch für leicht fahrlässig zugefügte Schäden volle Genugtuung zu leisten ist, kommt bei der gegenständlichen Fallkonstellation keine gesonderte Relevanz zu.

Daß die Beklagten grundsätzlich für den Ersatz des Erfüllungsschadens einzustehen haben, ist nicht weiter strittig. Fraglich ist, inwieweit der geltend gemachte Anspruch diesem Erfüllungsschaden zugerechnet werden kann.

Daß die Haftung nicht uferlos sein kann, sondern eine Begrenzung der Zurechnung stattzufinden hat, ist, worauf bereits die Untergerichte hingewiesen haben, allgemein anerkannt. Zur Haftungsbegrenzung werden in ständiger Rechtsprechung die Adäquanzlehre und ‑ in Verbindung mit der Lehre vom Rechtswidrigkeitszusammenhang und größtenteils überschneidend damit ‑ die Lehre vom Schutzzweck der die Haftung begründenden Norm herangezogen. Nach der Adäquanztheorie hat der Schädiger nur für adäquat herbeigeführte Schäden zu haften, das heißt für solche, die nicht nur zurfolge einer ganz außergewöhlichen Verkettung von Umständen eingetreten sind (JBl 1986, 98 mwN). Unter diesem Aspekt kann der von der klagenden Partei behauptete Schaden nicht als inadäquate Folge der Vertragsverletzung der Beklagten angesehen werden, löste doch letztere die Schadensfolge, nämlich die Verpflichtung der klagenden Partei zur Zahlung eines Pönales aufgrund der zuvor getroffenen Vereinbarungen zwingend aus.

Da in zahlreichen Fällen Schäden, die nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegen, im Verhältnis zu schädigenden Handlungen nichtsdestoweniger unangemessen hoch sein können und demgemäß die Adäquanztheorie die Gefahr einer Ausuferung der Ersatzansprüche nicht wirksam hintanhalten kann, wurden als Instrument der Haftungsbegrenzung neben anderen Überlegungen vor allem die Lehre vom Rechtswidrigkeitszusammenhang und die Schutzzwecklehre entwickelt, der auch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in zahlreichen Entscheidungen gefolgt ist (vgl für viele JBl 1986, 98 und 101).

Prüft die Rechtswidrigkeitszusammenhangslehre nun im nachhinein, ob der Verstoß gegen die Norm tatsächlich den befürchteten Erfolg ausgelöst hat, mit anderen Worten, ob sich das Risiko realisiert hat, dem die Norm vorbeugen wollte oder ob der Schaden in einem Güterbereich eingetreten ist, dem gegenüber das Verhalten schon ex ante nicht die vorausgesetzte Gefährdung aufwies (Lange, Schadenersatz S 101 f, Welser, ÖJZ 1975, S 1 mwN), so geht die Lehre vom Schutz‑ oder Normzweck von der These aus, daß sowohl vertragliche Pflichten als auch die gesetzlichen Haftungsnormen und die hinter ihr stehenden Verhaltenspflichten dem Schutz bestimmter Interessen dienen (Lange aaO 106).

Die beiden Theorien sind insoweit ident, als die betreffende Haftungsnorm rechtswidriges Verhalten voraussetzt. War die in Frage stehende Verhaltenspflicht daher nicht zur Verhütung des entstandenen Schadens bestimmt, so beruht das Unwerturteil über die Handlung nicht auf dem Erfolg, aus dem die Ersatzpflicht abgeleitet werden soll. Die Schutzzwecklehre reicht aber insoweit darüber hinaus, als auch bei Ersatzpflichten aus erlaubtem Verhalten die Frage gestellt werden kann, ob sie zur Verhütung des entstandenen Schadens statuiert worden sind, ohne daß die Frage nach dem Verhältnis des Schadens zum Unwerturteil über jene Handlung, die die Ersatzpflicht auslöst, zu erörtern ist (Lange aaO 106).

Damit spielt die Schutzzwecklehre vor allem bei Schäden aus Vertragsverletzungen eine bedeutsame Rolle, gemäß ihrem Grundgedanken, "daß jede gesetzliche Pflicht oder Vertragspflicht bestimmten Interessen dient und daß nur der Schaden, der diesen geschützten Interessen zugefügt wird, dem Schuldigen zugerechnet werden soll" (so bereits Rabel, Das Recht des Warenkaufs Band I S 497; vgl dazu auch Larenz 14 Schuldrecht, S 441 f).

Liegen bestimmte, mit einer Vertragsverletzung in ursächlichem Zusammenhang stehende Schäden außerhalb dieser geschützten Interessen, ist für sie nicht zu haften. Demnach haftet auch derjenige, der eine Vertragspflicht verletzt, seinem Vertragspartner für daraus entstandene Schäden nur insoweit, als jene Interessen verletzt sind, deren Schutz die übernommene Vertragspflicht bezweckt (JBl 1984, 41).

Zu fragen ist daher, ob der geltend gemachte Anspruch sich als Ausgleich von Interessensverletzungen solcher Art darstellt, die vom Vertrag geschützt sein sollten. Diese Frage ist anerkanntermaßen im Wege der (ergänzenden) Vertragsauslegung zu ermitteln (vgl Welser, ÖJZ 1975, S 2 mwN; Lange aaO, 109; JBl 1986, 98).

Im vorliegenden Fall wurde zwischen den Parteien ein sogenannter Beherbergungsvertrag mit Schutzwirkung gegenüber Dritten (nämlich jenen Mitgliedern des klagenden Vereins, die im Hotelbetrieb der Beklagten ihren Urlaub verbringen wollten), abgeschlossen, der in den in Österreich geltenden Gesetzen nicht ausdrücklich geregelt ist. Es handelt sich um einen Vertrag, der Elemente des Mietvertrags, aber auch solche des Dienst‑, Werk‑ und Kaufvertrages enthält und damit eine Beurteilung als Vertrag sui generis rechtfertigt: einer einheitlichen Leistung (Zins) stehen Gegenleistungen gegenüber, die unter verschiedene Vertragstypen fallen (vgl SZ 52/189 mwN).

Die Vereitelung dieses Vertrages aus dem Verschulden der Beklagten verpflichtet diese nach § 920 ABGB zum Ersatz des Erfüllungsschadens. Dazu zählt der Ersatz des positiven Schadens, dem grundsätzlich auch Verbindlichkeiten, die durch die Nichterfüllung entstehen, zuzurechnen sind (vgl Ehrenzweig, Schuldrecht I2 S 256).

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hatte die klagende Partei als Folge der Vertragsverletzung durch die Beklagten Pönalezahlungen teils an Vereinsmitglieder, teils an ein Transportunternehmen zu leisten. Insoweit wurde sie an ihrem Vermögen in adäquater Weise geschädigt. Ihrer rechtlichen Natur nach handelt es sich bei diesen Zahlungen um Konventionalstrafen. Nach dem für die Beurteilung der Schadenersatzpflicht anzuwendenden österreichischen Recht ist eine solche Vertragsstrafe ein pauschalierter Schadenersatz, der an die Stelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung (oder Schlechterfüllung) tritt (Reischauer in Rummel II2 Rz 1 mit Judikaturzitaten). Sie setzt nach § 1336 ABGB eine grundsätzliche Schadenersatzpflicht voraus und kann daher auch für immaterielle Schäden vereinbart werden, sofern diese nach dem Gesetz zu ersetzen sind. In Fällen, in denen nach dem Gesetz ‑ bzw nach Ansicht der Rechtsprechung aufgrund des Gesetzes ‑ ideeller Schaden nicht zu ersetzen ist, gebührt eine Konventionalstrafe für derartige Schäden gleichwohl, sofern dies dem Willen der Parteien entspricht (Reischauer aaO, Rz 6).

Nach dem Urteilssachverhalt wurde eine Konventionalstrafe für den Fall der Nichterfüllung des Vertrages zwischen den Streitteilen nicht vereinbart. Es wurde auch nicht darauf hingewiesen, daß die klagende Partei ihrerseits mit Dritten Vertragsstrafen abbedungen hätte. Ob im vorliegenden Fall daher die von der klagenden Partei tatsächlich geleisteten Pönale von den Beklagten zu ersetzen sind, hängt im Sinne der obigen Ausführungen in erster Linie davon ab, inwieweit sie vom Schutzzweck der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung, hier also des Beherbergungsvertrages, umfaßt sind.

Die Tatsache, daß die klagende Partei im Fall der Nichterfüllung des Beherbergungsvertrages an Dritte Konventionalstrafen zu leisten hat, läßt für sich allein noch keine Aussage über die Zurechenbarkeit dieser Zahlungen zum Schutzbereich des Vertrags zu. Es ist daher zu prüfen, welche Interessen durch die Verfahrensstrafen geschützt werden sollten. Diese Prüfung führt zu unterschiedlichen Ergebnissen:

Was zunächst die von der klagenden Partei mit den Transportunternehmen getroffene Vereinbarung anlangt, auch für den Fall der Annullierung der Urlaubsreise den vollen Preis zu entrichten, dient diese Vereinbarung den Interessen des Transportunternehmens zur Vermeidung eines Verdienstentganges durch die Nichtbeanspruchung der bereitgestellten Beförderungsmittel. Eine solche vertragliche Absicherung muß im Rahmen eines Transportleistungsunternehmens als üblich gelten. Andererseits war auch die klagende Partei verhalten, für die Durchführung der Urlaubsreise rechtzeitig organisatorische Vorkehrungen zu treffen. Die Sicherstellung von Zu‑ und Rückreise an und vom Zielort - nämlich dem Hotelbetrieb der Beklagten - zumal für eine größere Reisegruppe steht somit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Beherbergungsvertrag als Voraussetzung dessen Nutzung und ist schon deshalb vom Schutzzweck dieses Vertrages mitumfaßt. Schäden, die der klagenden Partei daher durch die Nichteinhaltung des Beherbergungsvertrages deshalb erwachsen, daß hiedurch auch die bereits vorbestellte Reise hinfällig wird und deswegen dem Transportunternehmen eine Vertragsstrafe zu bezahlen ist, sind ihr daher als positiver Schaden zu ersetzen.

Nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes bezahlte die klagende Partei an das Transportunternehmen M***** einen Betrag von Lit. 11,600.000. Die Behauptungs‑ und Beweislast dafür, daß der Geschädigte den eingetretenen Schaden hätte mindern können und daß er somit gegen seine ihm obliegende Schadenminderungspflicht verstoßen hätte, trifft ‑ entgegen der Auffassung der Berufungsinstanz ‑ jedoch nicht den Geschädigten, sondern, wie der Revision zuzugeben ist, den die Verletzung dieser Pflicht geltend machenden Schädiger (vgl JBl 1985, 427; JBl 1956, 180). Die Konstatierung des Erstgerichtes, daß "nicht feststehe, daß der oder die Busse bei der Firma M*****, die für die beiden Fahrten nach Österreich und zurück vorgesehen waren, (nicht) anderweitig verwendet werden konnten", geht daher zu Lasten der Beklagten. Einwendungen dahingehend, daß die klagende Partei ihrer Schadensminderungspflicht etwa deshalb nicht nachgekommen wäre, weil sie eine (nach italienischem Recht allenfalls mögliche) Mäßigung der Konventionalstrafe nicht angestrebt hätte, wurden nicht erhoben. Der geltend gemachte Ersatzanspruch besteht daher im Betrag von 11,600.000 Lire zu Recht.

Anders verhält es sich mit der von der klagenden Partei gegenüber ihren Mitgliedern vereinbarten ‑ und bezahlten ‑ Konventionalstrafe. Nach ihrem eigenen Vorbringen in erster Instanz ‑ und nach dem offensichtlichen Zweck dieser Absprache - sollte damit ausschließlich der Entgang des Urlaubsgenusses abgegolten werden. Da der Urlaub jedoch ebenso wie sonst die der Erholung dienende Freizeit keinen verwertbaren Geldwert hat und in Geld nicht aufwiegbar ist, dient die in Rede stehende Konventionalstrafe ausschließlich dem Ausgleich ideellen Schadens.

Die vom (deutschen) Bundesgerichtshof vor dem Inkrafttreten der Bestimmung des § 651 f dBGB vertretene ‑ umstrittene ‑ "Kommerzialisierungsthese", auf die sich die Revisionswerberin beruft, wonach auch die Beeinträchtigung einer Urlaubsreise einen Vermögenschaden darstelle, wird von der österreichischen Rechtsprechung abgelehnt (vgl Koziol, Haftpflichtrecht2 I 46 mwN in FN 187).

Ein ideeller Schaden aber kann nach ständiger Rechtsprechung nur dort in Betracht kommen, wo eine gesetzliche Grundlage vorhanden ist. Das ist, wie der Oberste Gerichtshof zuletzt in der in JBl 1989, 792 publizierten Entscheidung ausgesprochen hat, bei einem Urlaubsentgang nicht der Fall. Eine dem § 651 f BGB entsprechende, für den Reisevertrag geltende Vorschrift - dessen sinngemäße Anwendung die Revisionswerberin reklamiert ‑, wonach der Reisende vom Reiseveranstalter auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen kann, wenn die Reise vereitelt (oder erheblich beeinträchtigt) wird, ist dem österreichischen Recht fremd, so daß sich die Diskussion erübrigt, ob ein vertaner Urlaub auch außerhalb des Reisevertragsrechtes unabhängig davon in Geld zu entschädigen ist, ob man einen Vermögensschaden bejaht (JBl 1989, 793). Im übrigen ist auch nach italienischem Recht der immaterielle Schaden nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen zu ersetzen (Art 2059 Codice civile).

Die Zubilligung einer Entschädigung für ideellen Schaden bei Freiheitsentziehung und Notzucht (SZ 48/69; JBl 1980, 372; JBl 1986, 114), mithin für die Beeinträchtigung höchstpersönlicher Güter, bedeutet noch nicht die Anerkennung der Ersatzfähigkeit des inmateriellen Schadens schlechthin.

Damit ergibt sich bei Prüfung der Reichweite des vertraglichen Schutzes, daß die zum Ersatz begehrte Konventionalstrafe in Wahrheit immaterielle Interessen schützt, die mangels gesetzlicher Grundlage nicht mit Erfolg geltend gemacht werden können, weshalb es aber auch nicht mehr darauf ankommt, ob der Anspruch auf (störungsfreien) Urlaub vom Schutzzweck eines Beherbergungsvertrages der vorliegenden Art auch bei weitester Auslegung umfaßt sein könnte.

Ebenso wenig kommt aus diesem Grunde auch der Argumentation der Vorhersehbarkeit von Stornierungsgebühren, mit denen die Beklagten nach Ansicht der Revisionswerberin jedenfalls hätte rechnen müssen, Bedeutung zu, zumal das Klagebegehren zu keinem Zeitpunkt auf die Bezahlung einer ‑ im übrigen auch nach dem Vorbringen der klagenden Partei nicht vereinbarten ‑ Stornogebühr gestützt wurde. Der Hinweis auf Art 74 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (BGBl 1988/96), der das Erfordernis der Voraussehbarkeit der möglichen Folgen der Vertragsverletzung für die vertragsbrüchige Partei als Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen stipuliert, versagt schon deshalb, da dieses Übereinkommen grundsätzlich nur auf Kaufverträge über Waren anzuwenden ist (Art 1‑3).

Die Revision befindet sich daher in Ansehung eines Teilbetrages von 11,600.000 Lire im Recht, erweist sich im übrigen aber als unbegründet, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

Da die klagende Partei schlußendlich mit etwa 1/5 ihres Begehrens durchdrang, mit 4/5 dagegen unterlag, hat sie den Beklagten 3/5 ihrer ‑ mit S 156.190,82 ‑ den Ansätzen nach richtig ‑ verzeichneten Prozeßkosten, somit S 93.714,50 einschließlich USt, zu ersetzen.

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