Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.069,20 (darin enthalten S 3.178,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Parteien betreiben den Handel mit Waren aller Art für den täglichen Bedarf in der Form sogenannter Abholgroßmärkte für Wiederverkäufer und gewerbliche Verbraucher. Die Beklagte hält ihren Betrieb auch an Samstagen nach 12 Uhr - und zwar bis 18 Uhr - offen und beschäftigt während dieser Zeit fremde Dienstnehmer.
Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr beim Großhandel mit Waren aller Art zu unterlassen, ihre Geschäftsräumlichkeiten an Samstagen nach 12 Uhr offenzuhalten, wenn sie in dieser Zeit familienfremde Dienstnehmer in ihrem Betrieb beschäftigt. Das beanstandete Verhalten der Beklagten verstoße gegen § 3 ARG, welcher den Samstag-Frühschluß um 13 Uhr auch für den Großhandel vorsehe, und gegen Abschnitt V Z 3 des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs, welcher das Ende der Arbeitszeit für Arbeitnehmer im Großhandel an Samstagen um 12 Uhr anordne. Mit dem Verstoß gegen Vorschriften über die Öffnungszeiten für Verkaufsstellen sei auch ein Verstoß gegen § 1 UWG verbunden, weil sich die Beklagte damit einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern verschaffen wolle.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Die von der Klägerin behaupteten Verstöße seien ihr subjektiv nicht vorwerfbar, weil die genannten Vorschriften nach dem Gutachten namhafter Fachleute verfassungswidrig bzw nichtig seien.
Das Erstgericht gab der Klage zur Gänze statt. Die Beklagte habe sowohl gegen § 3 ARG als auch gegen Abschnitt V Z 3 des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs verstoßen; dieses Verhalten sei ihr auch subjektiv vorwerfbar. Ob die genannten Bestimmungen verfassungswidrig bzw nichtig sind, sei hier ohne rechtliche Bedeutung, weil alle Mitbewerber so lange an diese Bestimmungen gebunden seien, als diese nicht aufgehoben worden sind. Im übrigen schütze der gute Glaube, rechtmäßig vorzugehen, dann nicht vor dem Vorwurf sittenwidrigen Handelns, wenn der Täter alle Tatumstände gekannt hat, die bei objektiver Würdigung die Sittenwidrigkeit seiner Handlung ergeben.
Das Berufungsgericht erkannte die Beklagte schuldig, im geschäftlichen Verkehr beim Großhandel mit Waren aller Art das Offenhalten ihrer Geschäftsräumlichkeiten an Samstagen nach 13 Uhr zu unterlassen, wenn sie in dieser Zeit familienfremde Dienstnehmer in ihrem Betrieb beschäftigt; das Mehrbegehren, der Beklagten das Offenhalten in dieser Form an Samstagen in der Zeit von 12 Uhr bis 13 Uhr zu untersagen, wurde hingegegen abgewiesen. Zugleich wies das Berufungsgericht die Anträge der Parteien, § 3 Abs 2 ARG und Abschnitt V Z 3 des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs gemäß Art 89 Abs 2 B-VG beim Verfassungsgerichtshof anzufechten, zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Nach §§ 12 ff ARG könnten zwar durch Verordnung Ausnahmen vom Samstag-Sperrhalbtag zugunsten des Einzelhandels zugelassen werden, nicht aber zugunsten des Großhandels. Durch diese Differenzierung schränke aber das Gesetz den Großhandel in seiner Erwerbstätigkeit nicht unangemessen ein. Die Ausnahme für den Kleinhandel sei notwendig, um Letztverbrauchern das Einkaufen in einer Zeit zu ermöglichen, in der sie nicht berufstätig sind; dieser Aspekt gelte aber nicht für den Großhandel. Das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsausübung werde nur unter Gesetzesvorbehalt gewährleistet. Ein Gesetz könne zwar in dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrecht eingreifen, wenn ihm die versteckte Absicht innewohnt, die Ausübung eines Erwerbszweiges unmöglich zu machen; davon könne aber bei einem auf das Wochenende beschränkten Verbot der Beschäftigung familienfremder Dienstnehmer nicht die Rede sein. Gegen die genannten Bestimmungen des ARG bestünden daher keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Soweit der Unterlassungsanspruch auf eine Verletzung des § 3 Abs 2 ARG gestützt wird, sei er auch berechtigt. Abschnitt V Z 3 des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs enthalte hingegen kein Verbot, familienfremde Arbeitskräfte an Samstagen in der Zeit zwischen 12 Uhr und 13 Uhr zu beschäftigen. Die Anordnung, daß für Arbeitnehmer, die im Großhandel beschäftigt sind, an Samstagen die Arbeitszeit um 12 Uhr ende, begrenze nur die normale Arbeitszeit und besage lediglich, daß die zulässige Weiterbeschäftigung dieser Arbeitskräfte bis 13 Uhr nicht mehr in diese Normalarbeitszeit falle, sondern als Überstunde zu werten sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung der Klage abzuändern. Mit diesem Rechtsmittel verbindet die Beklagte auch die Anregung, der Oberste Gerichtshof möge die Aufhebung des § 3 Abs 2 ARG und des Punktes XVII Z 1 lit a der Anlage zur ARG-VO beim Verfassungsgerichtshof beantragen.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Revision macht in erster Linie Bedenken gegen die Verfassungs(Gesetz-)Mäßigkeit des § 3 Abs 2 ARG und des Punktes XVII Z 1 der Anlage zur ARG-VO geltend. § 3 Abs 2 ARG wirke sich als Ladenschlußbestimmung aus. Mangels jeglicher Dispositionsgrundlage für den Großhandel, Nachfragesituationen an Samstag-Nachmittagen Rechnung zu tragen, liege darin ein inadäquater, sachlich nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsausübung. Punkt XVII Z 1 lit a ARG-VO sei hier im Rahmen der Beurteilung anzuwenden, ob eine Ausnahme vom Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Samstag-Nachmittagen für den Großhandel besteht. Das Fehlen einer - nach der Verordnungsermächtigung in § 12 ARG auch für den Großhandel im Fall der Notwendigkeit der Befriedigung dringender Lebensbedürfnisse möglichen - Ausnahme in der ARG-VO verstoße mangels sachlicher Rechtfertigung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser Verstoß bedeute im Zusammenhalt mit § 3 Abs 2 ARG auch einen unangemessenen Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsausübung.
Alle diese Argumente können aber beim Obersten Gerichtshof keine verfassungsmäßigen Bedenken gegen § 3 Abs 2 ARG erwecken. Die ARG-VO aber, welche den Großhandel nicht erfaßt, ist auf den vorliegenden Fall gar nicht anzuwenden.
§ 3 ARG legt die Wochenendruhe für Arbeitnehmer aller Art - mit bestimmten, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - fest. Gemäß § 3 Abs 2 ARG hat die Wochenendruhe für alle Arbeitnehmer spätestens Samstag um 13 Uhr, für Arbeitnehmer, die mit unbedingt notwendigen Abschluß-, Reinigungs-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten beschäftigt sind, spätestens Samstag um 15 Uhr zu beginnen. Weitere Ausnahmen sind durch §§ 10 bis 18 ARG bestimmt. Gemäß § 12 Abs 1 Z 1 ARG sind für Arbeitnehmer in bestimmten Betrieben durch Verordnung Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe für bestimmte Arbeiten zuzulassen, wenn dies zur Befriedigung dringender Lebensbedürfnisse notwendig ist. § 1 Abs 1 der auf Grund dieser Ermächtigung erlassenen ARG-VO bestimmt, daß während der Wochenend- und Feiertagsruhe Arbeitnehmer nur die in der Anlage angeführten Tätigkeiten während der jeweils angeführten Zeiträume ausüben dürfen; gemäß Abs 4 ist die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer auf das unbedingt notwendige Ausmaß zu beschränken. Punkt XVII Z 1 lit a der Anlage führt als zulässige Verkaufstätigkeiten an Samstagen alle Tätigkeiten in Verkaufsstellen im Sinne des § 1 Abs 1 bis 3 des Ladenschlußgesetzes BGBl 1958/156 (nunmehr ÖffnungszeitenG [ÖZG] 1991) an, soweit die jeweils geltenden Ladenschlußvorschriften ein Offenhalten dieser Verkaufsstellen vorsehen. Gemäß § 1 Abs 1 ÖZG gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes - mit hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - "für alle ständigen und nichtständigen für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen (Läden und sonstige Verkaufsstellen)", nicht aber für den Großhandel. Die geltenden Öffnungszeitenregelungen (idF der ÖZGNovelle 1991 BGBl 397) erlauben es dem Kleinhandel, die Verkaufsstellen von Montag bis Freitag von 6 Uhr bis 19.30 Uhr, am Samstag bis 13 Uhr offenzuhalten; innerhalb dieses Rahmens darf der Lebensmittelkleinhandel seine Verkaufsstellen 66 Stunden, der übrige Einzelhandel 60 Stunden pro Woche offenhalten. Auch ein Abendverkauf, der einmal in der Kalenderwoche bis 21 Uhr gestattet wird, ist in diesen Rahmen einzurechnen. Weiters erlaubt das Gesetz auch den monatlichen Einkaufssamstag bis 17 Uhr, dessen über 13 Uhr hinausreichende Öffnungszeiten allerdings nicht in den wöchentlichen Verkaufszeitenrahmen von 60 bzw 66 Stunden eingerechnet werden. In diese Vorschriften des ÖZG über die Verkaufstätigkeit an Samstagen greifen das ARG und die ARG-VO nicht ein. Das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz-BZG regelt nur die Zulässigkeit der Gewerbeordnung unterliegender Tätigkeiten an Sonntagen und Feiertagen, nicht aber auch an Samstagen.
Während also für den Kleinhandel Ausnahmen von Samstagsperrhalbtag bestehen, sieht § 3 Abs 2 ARG in Verbindung mit Punkt XVII Z 1 lit a der Anlage zur ARG-VO für den Großhandel generell den Samstag-Frühschluß der Arbeit um 13 Uhr vor. Der VfGH hat in seinem Erkenntnis vom 1.Dezember 1987, G 132, 133/87, G 181/87, G 183/87 (VfSlg 11.558), mit welchem die Absätze 1 und 3 des Ladenschlußgesetzes BGBl 1958/156 als verfassungswidrig aufgehoben wurden, ausgesprochen, daß eine gesetzliche Regelung, welche die Erwerbsfreiheit (Erwerbsantritt, Berufsausübung) beschränkt, nur zulässig ist, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist. Bei der Regelung der Berufsausübung ist größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum vorhanden als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf beschränken. Die Ziele, denen die Ladenschlußregelungen dienen, nämlich die Bedachtnahme auf die Interessen der Verbraucher sowie die wettbewerbsordnende und die sozialpolitische Funktion, liegen an sich im öffentlichen Interesse. Der Verfassungsgerichtshof kann dem Gesetzgeber nur entgegentreten, wenn dieser Ziele verfolgt, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind. Die Limitierung der zulässigen Offenhaltezeiten für Verkaufsstellen ist an sich ein taugliches Mittel zur Erreichung der genannten Ziele. Auch die Anordnung eines Sperrhalbtages ist hiezu an sich geeignet und sachlich gerechtfertigt; sie ist aber nicht mehr adäquat, wenn die Bestimmung, an welchem Halbtag der Sperrverpflichtung nachzukommen ist, einem Verwaltungsorgan übertragen wird.
Die gleichen Erwägungen haben auch zur Aufhebung der Absätze 1, 4 und 5 des § 2 LadenschlußG mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 21.6.1989, G 198, 234/88 geführt (JBl 1989, 713). Demgegenüber wurde § 3 Abs 1 LadenschlußG BGBl 1958/156 idF BGBl 1988/421 im selben Erkenntnis im Zusammenhang mit den Sonderregelungen für Verkaufsstellen bestimmter Art und den gebietlichen Sonderregelungen (§§ 5 und 6 LadenschlußG) und im Kontext mit Art II Z 1 der Novelle BGBl 1988/421 bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Erwerbsfreiheit und dem Gewicht der diesen Eingriff rechtfertigenden Gründe noch als verhältnismäßig angesehen und damit nicht als verfassungswidrig beurteilt, weil dem Unternehmer durch die Berechtigung, seine Verkaufsstellen einmal im Monat am Samstag bis 17 Uhr offenzuhalten, eine - zwar ziemlich eingeschränkte, aber doch vorhandene - Möglichkeit eigener Disposition eingeräumt war, welche damals allerdings nur wahlweise neben der Möglichkeit bestand, einmal pro Woche zwischen Montag und Freitag bis 20 Uhr offenzuhalten.
Auch § 2 Abs 1 ÖZG idF BGBl 1989/633a, welcher vorgesehen hatte, daß alle Verkaufsstellen des Einzelhandels an Wochentagen ab 18.30 Uhr geschlossen zu halten waren, wurde mit einem weiteren Erkenntnis des VfGH vom 9.10.1990, G 25 bis 30/90 (WBl 1991, 22) wegen unverhältnismäßigen Eingriffes in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf freie Erwerbsbetätigung als verfassungswidrig aufgehoben.
Die angeführten Gründe, die zur Aufhebung von Bestimmungen des LandeschlußG geführt haben , lassen sich aber auf § 3 Abs 2 ARG und dessen Konsequenz, daß die Verkaufsstellen des Großhandels an Samstag-Nachmittagen generell geschlossen zu halten sind, weil familienfremde Dienstnehmer in dieser Zeit nicht beschäftigt werden dürfen, nicht übertragen. Diese Regelung, welche nicht den Zugang zu einem Beruf, sondern lediglich seine Ausübung beschränkt, ist ein verhältnismäßig weniger schwerer Eingriff in das Grundrecht der Freiheit der Erwerbsausübung. Die sozialpolitischen Ziele, die mit der Regelung der Wochenendruhe von Arbeitnehmern verfolgt werden, liegen zweifellos im öffentlichen Interesse; Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer können auch einen Eingriff in das genannte Grundrecht rechtfertigen. Die Anordnung des Beginns der Wochenendruhe ist aber ohne Zweifel auch ein taugliches Mittel zur Erreichung dieses sozialpolitischen Ziels. Die damit verbundene weitgehende Beschränkung der Freiheit der Erwerbsausübung erscheint im Hinblick auf die durch die Verordnungsermächtigungen geschaffenen Ausnahmemöglichkeiten - insbesondere diejenigen der §§ 12 ff ARG - gerechtfertigt, wird doch den Unternehmen damit keineswegs jegliche Dispositionsmöglichkeit genommen. Daß aber eine solche Ausnahmebestimmung zugunsten des Großhandels bisher nicht erlassen wurde, kann die Annahme eines Grundrechtsverstoßes nicht rechtfertigen. Die ARG-VO enthält keine ausdrückliche Bestimmung, wonach Ausnahmen vom Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Samstag-Nachmittagen zugunsten des Großhandels nicht verfügt werden dürfen; gemäß § 1 Abs 1 ARG-VO im Zusammenhalt mit Punkt XVII Z 1 lit a der Anlage dazu wurde nur verfügt, daß zu bestimmten Verkaufstätigkeiten des Einzelhandels an Samstag-Nachmittagen Arbeitnehmer beschäftigt werden dürfen. Eine für bestimmte Gewerbe angeordnete Ausnahme besagt aber noch nichts für andere, davon nicht betroffene Gewerbe. Enthält die ARG-VO in ihrem Ausnahmenkatalog für den Großhandel keine solche Ausnahme, dann ist sie insoweit gar nicht anwendbar. Hat ein Gericht aber eine Norm nicht anzuwenden, dann fehlt es auch an der Voraussetzung für eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof im Sinne des Art 89 Abs 2 B-VG.
Daß die Beschäftigung familienfremder Arbeitnehmer an Samstag-Nachmittagen gegen § 3 Abs 2 ARG verstößt, stellt die Revision nicht in Abrede; die Beklagte meint nur, daß das gesetzwidrige Verhalten mangels subjektiver Vorwerfbarkeit keinen Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründen könne. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 56/2 = ÖBl 1983, 40; ÖBl 1986, 121; ÖBl 1986, 155; ÖBl 1990, 108; ÖBl 1992, 21) verlangt aber das jedem Vorwurf eines sittenwidrigen Verhaltens begrifflich innewohnende moralische Unwerturteil jedenfalls dort eine subjektive Komponente auf der Seite des Beklagten, wo der ihm angelastete Wettbewerbsverstoß aus der Verletzung einer gesetzlichen Vorschrift abgeleitet wird; nur eine subjektiv vorwerfbare Mißachtung einer solchen Vorschrift rechtfertigt die Annahme einer über die bloße Verantwortlichkeit nach der übertretenen Verwaltungsvorschrift hinausgehenden unlauteren, gegen die guten Sitten verstoßenden Wettbewerbshandlung. Ob also eine Verletzung einer (hier ihrer Auswirkung nach) gewerberechtlichen Vorschrift gegen § 1 UWG verstößt, hängt somit vor allem davon ab, ob dies Auffassung des Beklagten über den Umfang seiner Befugnisse durch das Gesetz so weit gedeckt ist, daß sie mit gutem Grund vertreten werden kann (SZ 56/2; ÖBl 1986, 155; ÖBl 1990, 108 ua). Die Rechtsprechung über das Erfordernis diese subjektiven Vorwerfbarkeit kann aber auf verfassungsrechtliche Bedenken des Beklagten gegen die mißachtete Vorschrift nicht angewandt werden. Schon im Hinblick auf die zwingende Anordnung des Art 140 Abs 7 B-VG, wonach ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz auf die vor seiner Aufhebung verwirklichten Tatbestände (mit Ausnahme des Anlaßfalles) weiterhin anzuwenden ist, sofern nicht der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht, können Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes einen dagegen begangenen Verstoß niemals als "aus guten Gründen vertretbar" erscheinen lassen (4 Ob 32/89; vgl auch SZ 61/41).
Der Revision war sohin ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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