OGH 9ObA37/93

OGH9ObA37/9331.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Gamerith als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Alfred Hoppi und Ignaz Gattringer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gernot B*****, Kaufmann, *****vertreten durch Dr. Hansjörg Mader und Dr. Christian Kunz, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei TOURISMUSVERBAND F*****, vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 279.785 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10.11.1992, GZ 5 Ra 210/92-61, womit infolge Berufung beider Parteien das Teilurteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 30.6.1992, GZ 42 Cga 228/90-53, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

11.565 (darin S 1.927,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob dem Kläger der auf Grund der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses vereinbarte Klagebetrag zusteht, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin, daß der Kläger noch vor dem Ende des Dienstverhältnisses rechtswirksam entlassen worden sei, ihm mangels rechtzeitiger Rückzession des Anspruches die aktive Klagelegitimation fehle und er keinen Anspruch auf die die gesetzlichen Zinsen übersteigenden höheren Verzugszinsen habe, entgegenzuhalten:

Nach dem (auf den vorliegenden Sachverhalt noch anzuwendenden) Tiroler Fremdenverkehrsgesetz 1976 idF der Wiederverlautbarung 1979, LGBl 1979/39, sind Fremdenverkehrsverbände Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs 2), deren Organe die Vollversammlung, der Ausschuß, der Vorstand und der Obmann sind (§ 5). Gemäß § 14 Abs 1 leg cit obliegt dem Ausschuß die Besorgung aller Angelegenheiten, die nicht der Vollversammlung (§ 9) oder dem Vorstand (§ 16) vorbehalten sind. Da diesen Organen keine Kompetenz in Personalangelegenheiten wie die Begründung und Beendigung von Dienstverhältnissen zugewiesen ist, fällt daher der Beschluß über die Entlassung des Geschäftsführers in die Zuständigkeit des Ausschusses. Diese gesetzlichen Bestimmungen sind insoweit eindeutig; die beklagte Partei hat sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen auch stets an diese Kompetenzaufteilung gehalten. Dienstverhältnisse wurden nur nach vorherigem Beschluß des Ausschusses eingegangen und die Lösung der Dienstverhältnisse wurde vom Ausschuß genehmigt, wobei die Genehmigung bei Entlassungen zum Teil auch nachträglich eingeholt wurde.

Der Obmann vertritt zwar den Fremdenverkehrsverband nach außen (§ 17 Abs 2 leg cit); er ist aber nur Leiter der gesamten Verwaltung des Verbandes und als Vollziehungsverantwortlicher an die Beschlüsse der Vollversammlung und des Ausschusses gebunden (§ 17 Abs 1 leg cit iVm dem gemäß § 39 Abs 3 leg cit geltenden § 19 der Mustergeschäftsordnung für die Tiroler Fremdenverkehrsverbände). Der Obmann der beklagten Partei war zwar berechtigt, die Entlassung des Klägers auszusprechen, da es sich dabei um eine unaufschiebbare Angelegenheit handelte; er wäre aber dann gemäß § 17 Abs 3 leg cit verpflichtet gewesen, die allein ausgesprochene Entlassung des Klägers dem Ausschuß unverzüglich zur nachträglichen Genehmigung zur Kenntnis zu bringen, zumal außerdem ein entgegengesetzter Beschluß des Ausschusses vom 5.8.1987 über die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses vorlag, der zu revidieren gewesen wäre. Entgegen den gesetzlichen Bestimmungen wurde der Ausschuß aber auch nachträglich nie mit der Entscheidung über die Entlassung des Klägers befaßt, obwohl dem Obmann der beklagten Partei bewußt war, daß er nicht berechtigt ist, das Dienstverhältnis des Klägers ohne entsprechende Zustimmung des Ausschusses zu beenden. Auch dem Kläger war dies bewußt. Diese eigenmächtige Vorgangsweise des Obmanns war sohin in den Organisationsvorschriften der beklagten Partei (§ 867 ABGB), die als gesetzliche Regelung auch im Außenverhältnis wirksam waren, nicht gedeckt und hatte zur Folge, daß die Entlassung des Klägers unwirksam geblieben ist. Da eine Entlassung die Rechtslage mit Wirkung ex nunc gestaltet, kommt eine nachträgliche Sanierung der ursprünglich fehlerhaften Entlassung etwa durch Genehmigung der Prozeßführung (auch auf Grund des lang andauernden Schwebezustandes) ebenso wenig in Betracht wie die Entlassung unter einer vom Willen des Dienstnehmers unabhängigen Bedingung (vgl 9 Ob A 191/91 = WBl 1992, 160 mwH; auch ZAS 1988/20 [Marhold]; Arb 10.808 ua).

Für das wirksame Zustandekommen eines Abtretungsvertrages müssen weder die Begriffe "Abtretung" noch "Zession" verwendet werden. Der Vereinbarung muß lediglich zu entnehmen sein, daß anstelle des Zedenten nunmehr der Zessionar Gläubiger der Forderung ist, daß also die Rechtszuständigkeit verändert werden soll. Dies gilt auch für die Rückzession; einer Verständigung des Zessus bedarf es nicht (vgl Ertl in Rummel, ABGB2 § 1392 Rz 1 ff). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war der die Raiffeisenkasse vertretende Rechtsanwalt beauftragt, mit dem Kläger über die Rückabtretung seiner arbeitsrechtlichen Ansprüche zu verhandeln. Soweit daher mit diesem eine Willenseinigung über die Rückzession der Ansprüche des Klägers zustandekam, kann diese Einigung nicht als bloße Einräumung des Klagerechtes abgetan werden.

Schließlich ist auch der Zuspruch höherer Verzugszinsen als Schadenersatz berechtigt. Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, daß der zuständige Ausschuß dem Kläger im Hinblick auf die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses die Zahlung von S

308.569 (in vier Raten) zugesagt hat. Der Kläger nahm einen Kredit in Höhe dieses Betrages auf und trat zur Sicherung des Kredites seine arbeitsrechtlichen Ansprüche an die Raiffeisenkasse ab. Dies war der beklagten Partei bekannt, nahm sie doch die ihr zugekommene Abtretungsanzeige unter ausdrücklichem Verzicht auf ein Kompensationsrecht zur Kenntnis. Da sie bis auf eine Teilzahlung von S 28.784 keine weiteren Zahlungen mehr leistete, stellte die Raiffeisenkasse das Darlehen samt den höheren Zinsen fällig und erwirkte gegen den Kläger ein Versäumungsurteil. Soweit sich die beklagte Partei weigerte, weitere Zahlungen zu leisten, nahm sie demgemäß die höhere Zinsenbelastung des Klägers in Kauf. Da aber andererseits selbst dem Obmann der beklagten Partei bekannt war, daß er zur Entlassung des Klägers ohne Befassung des Ausschusses nicht berechtigt ist, und diesbezüglich eindeutige gesetzliche Bestimmungen vorlagen, ist der Zahlungsverzug auf auffallende Sorglosigkeit zurückzuführen. Auf die Dauer des erstgerichtlichen Verfahrens und die einzelnen Verfahrensschritte kommt es dabei nicht an.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

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